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Alt 19-10-2006, 19:26   #1
Auf Wunsch gelöscht
TBB Family
 
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Exclamation Warum der YouTube-Gründer Deutschland verließ

Jawed Karim ist 27 Jahre alt und einer der drei Gründer des Videoportals YouTube. Er ist Deutscher, lebt aber in den USA. Dorthin ist seine Familie 1992 ausgewandert - um vor der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland zu fliehen.

Berlin/Hamburg - Als Google Anfang Oktober YouTube kaufte, hielten zwei Gründer des Videoportals ihr Gesicht ins Rampenlicht: Die US-Amerikaner Chad Hurley und Steven Chan. Kurz nach dem 1,65 Mrd. Dollar-Deal veröffentlichten sie einen Videoclip, in dem sie sich artig bei den YouTube-Nutzern für deren Unterstützung bedankten. Doch ein Gründer fehlte: Jawed Karim, 27 Jahre alt, Sohn eines Chemikers aus Bangladesh und einer deutschen Biochemikerin. Er ist heute noch deutscher Staatsbürger, lebt aber in den USA.

Karim hatte sich mit Hurley und Chan regelmäßig in der Nähe der Stanford University getroffen, gemeinsam heckten sie die Pläne für das Videoportal aus. YouTube wurde erfolgreicher, holte Investoren an Bord, die Nutzerzahlen stiegen – und Karim stieg aus. Auch die Überredungsversuche der Kollegen konnten ihn nicht zum Bleiben bewegen. „Mein einziges Interesse war, dem Unternehmen dabei zu helfen, in Gang zu kommen, es umzusetzen und Geld dafür zu finden“, sagte er der Zeitung „USA Today“. Immerhin behielt er genügend Aktien, so dass er nun von dem Google-Deal kräftig profitiert.

In der DDR unerwünscht

Jawed Karim, jung, ideenreich und erfolgreich. Dass er seine Begabung nicht in Deutschland einsetzte, ist laut einem Bericht der Wochenzeitung „Die Zeit“ in erster Linie auf den Ausländerhass zurückzuführen, den seine Familie hier verspürte. Karim wurde 1979 in Merseburg in DDR geboren. Sein Vater Naimul Karim kam aus Bangladesh, arbeitete als Chemiker in Deutschland. Doch zunehmend fühlte sich die Familie in der DDR nicht mehr willkommen. „Wir passten nicht ins Bild“, sagte Jaweds Mutter, Christine Karim, der „Zeit“. Sie stammt aus Wernigerode im Harz, hatte ihren Mann beim Studium kennen gelernt. Ausländer aus Bangladesh schienen in der DDR nicht mehr willkommen zu sein.

Die Familie wanderte 1982 nach Westdeutschland aus. „Die Leute sagen mir jetzt immer, was für ein Glück, dass ihr raus durftet. Ich wäre aber eigentlich gern geblieben, das war ja meine Heimat“, zitiert das Blatt Christine Karim. Ihr Mann arbeitete fortan bei dem Technologieunternehmen 3M in Neuss. Wie viele westdeutsche Kinder bekam der kleine Jawed einen Commodore-Heimcomputer geschenkt. Laut „Zeit“ achteten die Eltern darauf, dass er sich nicht zu viel damit beschäftigte. Aber sein Talent im Umgang mit Computern war zu erkennen.

Die Übergriffe in den 90ern

Dann kamen die 90er Jahre, die Zeit der fremdenfeindlichen Übergriffe in Mölln, Rostock und Hoyerswerda. „Das war 1992 eine schlimme Situation in Deutschland“, so Christine Karim zur „Zeit“. Die ausländerfeindliche Stimmung belastete die Familie. Da passte es, dass der Vater ein Jobangebot aus den USA bekam, aus St. Paul im Bundesstaat Minnesota. Die Familie packte die Koffer, Jawed musste Lebewwohl am katholischen Gymnasium in Dormagen sagen.

In Minnesota fühlten sich die Karims willkommen. „Die Leute interessierten sich für uns. Wir waren jetzt Einwanderer und wollten ein Teil dieser Gesellschaft werden. Und das ging nur durch sehr viel harte Arbeit“, zitiert die „Zeit“ Christine Karim. Die Mutter ist heute als Professorin für Biochemie tätig.

Zukunftspläne

Auch Jawed krempelte die Ärmel hoch. Noch vor YouTube entwickelte er das Internet-Bezahlsystem PayPal mit. Für diese Firma bezahlte die Verkaufsplattform Ebay im Jahr 2002 insgesamt 1,5 Mrd. Dollar. Fast soviel, wie vor wenigen Tagen YouTube einbrachte. Eigentlich hat der 27-Jährige ausgesorgt. Doch er hat noch Ziele. Derzeit beendet er in Stanford sein computerwissenschaftliches Studium. Später möchte er Professor werden. Genug zu erzählen hat er seinen Studenten in jedem Fall.
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"Mittagessen? Nur Flaschen essen zu Mittag!"
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