Thema: Primacom
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Alt 22-12-2004, 08:15   #28
OMI
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Teil 2

- Die Durchsetzung der Wertung, dass das Second Secured Facility Agreement nach deutschem Recht sittenwidrig ist, hängt maßgeblich davon ab, in welchem Land eine Klage in Bezug auf das Second Secured Facility Agreement zuerst rechtshängig wird, da sich daraus unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe hinsichtlich der Einwirkungsintensität der deutschen Wertordnung (Sittenwidrigkeit des Second Secured Facility Agreements) ergeben. Entscheidet zuerst ein englisches Gericht, so ist die Einwirkungsintensität der deutschen Rechtsordnung und damit auch der nach deutscher Wertordnung vorliegenden Sittenwidrigkeit des Kreditvertrags geringer ausgeprägt, weil in diesem Fall die Wertungen zur Sittenwidrigkeit durch den Grundsatz überlagert werden, dass ausländische Gerichtsentscheidungen grundsätzlich anzuerkennen sind. - Würde keine englische gerichtliche Entscheidung vorliegen, die in Deutschland anerkannt werden müsste, sondern würde ein deutsches Gericht die Sittenwidrigkeit des Second Secured Facility Agreement im Rahmen eines Erstprozesses überprüfen, d.h. die Gerichtsstandsvereinbarung wäre unwirksam, so wäre Art. 6 EGBGB als Maßstab des inländischen Ordre-public zu prüfen. Das Second Secured Facility Agreement verstößt u.E. gegen den deutschen Ordre-public-Grundsatz gemäß Art. 6 EGBGB, weil die Höhe der Zinssätze, in denen die Kreditvermittlungskosten und Bearbeitungsgebühren zu berücksichtigen sind, die Vereinbarung von Zinseszinsen sowie zusätzlich von Verzugszinsen und die knebelnden Vertragsbedingungen zu Lasten der PrimaCom AG und der PrimaCom Management GmbH sowie die mögliche Gefährdung außenstehender Gläubiger gegen § 138 BGB sowie gegen § 248 BGB verstoßen. Es ist uns zwar keine Rechtsprechung bekannt, die einen vergleichbaren grenzüberschreitenden Sachverhalt (Deutschland-England) zum Gegenstand hatte, aber es ist durchaus möglich, dass ein deutsches Gericht als Rechtsfolge des Verstoßes gegen Art. 6 EGBGB i.V.m. §§ 138, 248 BGB im Sinne der BGH-Rechtsprechung zu reinen Inlandssachverhalten entscheiden würde, dass das Darlehen unter dem Second Secured Facility Agreement der PrimaCom AG bis zu dem Zeitpunkt belassen wird, in dem es bei Gültigkeit des Vertrages zurückzuzahlen wäre, ohne für die Zeit der Überlassung der Darlehensvaluta Zinsen fordern zu können. Der Rückzahlungszeitpunkt ist der 31. März 2010. - Würde eine englische gerichtliche Entscheidung vorliegen, die in Deutschland anerkannt werden müsste, so wäre die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen den deutschen Ordre-public die Ablehnung der Anerkennung der ausländischen Entscheidung gemäß Art. 34 Nr. 1 EuGVVO. Der anerkennungsrechtliche Ordre-public (Art. 34 Nr. 1 EuGVVO) ist restriktiver als der kollisionsrechtliche Ordre-public (Art. 6 EGBGB). Vor diesem Hintergrund ist es problematisch, ob ein deutsches Gericht im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens in vollständiger Ausführlichkeit die Sittenwidrigkeit des Second Secured Facility Agreement prüfen würde. Gemäß Art. 36 EuGVVO darf eine ausländische Gerichtsentscheidung keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden (Verbot der révision au fond). Nichtsdestotrotz kann u.E. im Anerkennungsverfahren der Einwand der Sittenwidrigkeit des Second Secured Facility Agreement gemäß § 138 BGB vorgetragen werden. Ob dieser Einwand erfolgreich sein wird, wird das deutsche Gericht im Anerkennungsverfahren rechtskräftig entscheiden. 1.4 Sonderprüfungsauftrag Nr. 4 Die Feststellungen der Sonderprüfung zum Sonderprüfungsauftrag Nr. 4 "es soll geprüft werden, ob sich die Kreditgeber treuwidrig verhalten, wenn sie statt einer Wandlung in Geschäftsanteile der PrimaCom Management GmbH den Abschluss des PSA fordern" lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Unserer Ansicht nach bestehen gegenüber der PrimaCom AG und der PrimaCom Management GmbH von Seiten der Darlehensgeber unter dem Second Secured Facility Agreement Treuepflichten. Der Grund hierfür ist, dass sich die wirtschaftliche Situation des PrimaCom Konzerns im Vergleich zu der bei Abschluss des Second Secured Facility Agreements zugrunde gelegten, prognostizierten Entwicklung auf Basis des konzernbezogenen EBITDA nicht verschlechtert hat, sondern sich das konzernbezogene EBITDA kontinuierlich verbessert und zudem die Recht aus der Share Option quasi-gesellschafterliche Verhaltensanforderungen begründen. Zwar ist es aus unserer Sicht nicht treuwidrig, die Share Option nicht auszuüben. Auch in der Forderung des Abschlusses des PSA durch die Kreditgeber können wir keine Verletzung einer Treuepflicht erkennen. Hierzu sind bisher keine gerichtlichen Entscheidungen ergangen. Aber die Treuepflicht hat nach unserer Meinung zur Folge, dass eine schuldhafte und rechtswidrige Verletzung derselben eine Schadensersatzpflicht begründen kann. Solange die Verletzungshandlung oder der pflichtwidrige Zustand andauert, kann ein Unterlassungsanspruch gegeben sein. Dieser Unterlassungsanspruch kann z.B. eine Stillhaltepflicht der Kreditgeber gegenüber den Kreditnehmern bewirken. Dies bedeutet, dass die Kreditgeber bestimmte Handlungen und Aktivitäten nicht vornehmen dürfen. - Die Grundsätze eigenkapitalersetzender Darlehen bzgl. der PrimaCom Management GmbH sind auf die Kredite der PrimaCom Management GmbH anwendbar. § 30 Abs. 1 GmbHG ist einschlägig, so dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft an Apollo und JP Morgan nicht ausgezahlt werden darf (Rückzahlungsverbot). Die Rückzahlung ist ausgeschlossen, soweit und solange die Mittel zum Ausgleich einer Unterbilanz und auch weitergehender Überschuldung dienen. Grundsätzlich erstreckt sich das Verbot nicht auf einen darüber hinausgehenden Darlehensbetrag. Ohne Berücksichtigung insolvenzrechtlicher Vorschriften ist eine Rückforderung also ausgeschlossen, soweit und solange die Rückzahlung zu einer Minderung des satzungsmäßigen Stammkapitals führen würde. Zinsansprüche laufen weiter, dürfen aber ebenfalls nicht geltend gemacht werden. Die Verwertung von Sicherheiten muss unterbleiben. Die PrimaCom Management GmbH befindet sich in einer Krise, so dass die Verpflichtungen aus dem Second Secured Facility Agreement für die Dauer der Krise gestundet sind. Gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG müssen Zahlungen, welche dem Rückzahlungsverbot gemäß § 30 GmbHG zuwider geleistet sind, der Gesellschaft erstattet werden (Erstattungsanspruch). - Die Grundsätze eigenkapitalersetzender Darlehen verbunden mit der Erhaltung des Grundkapitals (§ 30 GmbHG analog) sind unserer Ansicht nach auch im Verhältnis der darlehensgebenden Banken zu der PrimaCom AG anzuwenden. Die darlehensgebenden Banken können Zahlungsansprüche gegen die PrimaCom AG deshalb nicht geltend machen, soweit dies gemäß § 30 GmbHG analog (Erhaltung des Grundkapitals) zu einer Minderung des Grundkapitals führen würde. Im Übrigen entsprechen die Rechtsfolgen den soeben bei der PrimaCom Management GmbH dargestellten. - Eine Finanzierung des PrimaCom Konzerns über den Finanzmarkt durch neue Banken war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Second Secured Facility Agreements nicht möglich. Deshalb kann bereits zu diesem Zeitpunkt von einer Kreditunwürdigkeit des PrimaCom Konzerns im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts ausgegangen werden. Somit können seit März 2002 die Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts hinsichtlich des Second Secured Facility Agreements als gegeben angesehen werden. Spätestens jedoch seit dem 8. Juni 2004 befindet sich die PrimaCom AG in der Krise, weil vor und während der Hauptversammlung der PrimaCom AG die Anmeldung der Insolvenz bei einem Scheitern der Übernahme des Konzerns durch die Kreditgeber in Erwägung gezogen wurde.

- Exkurs: § 117 AktG Gemäß § 117 AktG ist derjenige, der vorsätzlich unter Benutzung seines Einflusses auf die Gesellschaft insbesondere ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats dazu bestimmt, zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Aktionäre zu handeln, der Gesellschaft zum Ersatz des der Gesellschaft daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Aus der Haftungsnorm des § 117 AktG ergibt sich eine haftungsbewehrte Pflicht, schädigende Einflussnahmen auf die Gesellschaft zu unterlassen. Diese Pflicht resultiert ohne Rücksicht auf eine Gesellschafterstellung des Täters und auch unabhängig davon, ob der hierbei benutzte Einfluss ein spezifisch gesellschaftsrechtlich vermittelter ist oder nicht. Im Falle einer mitgliedschaftlichen Täterstellung, d.h. beispielsweise bei Quasi-Gesellschaftern, kann eine entsprechende Haftung auch aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht hergeleitet werden. Die Haftung aus § 117 AktG und die Haftung aus einer schuldhaften und rechtswidrigen Treuepflichtverletzung finden somit nebeneinander Anwendung. Als Einflussnehmer auf die Gesellschaft gemäß § 117 AktG kommen Vertragspartner der Gesellschaft, wie z.B. Kreditgeber, in Betracht. Der Einfluss kann auf geschäftlichen oder sonstigen Beziehungen zu der Gesellschaft gegründet sein, z.B. aus der Machtstellung als Kreditgeber. Eine unmittelbare Einflussnahme des Kreditgebers auf einzelne geschäftliche Entscheidungen ist mit erheblichen Risiken für den Kreditgeber behaftet. Mit einem solchen Eingriff in Einzelentscheidungen wird dem Kreditnehmer die unternehmerische Freiheit im Interesse des Kreditgebers beschnitten. Ebenfalls mit erheblichen Risiken behaftet sind generelle Einflussnahmen auf die Wahrnehmung der Unternehmerfunktion durch den Vorstand. Folgender Sachverhalt ist u.E. für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 117 AktG geeignet: Um die Steuerlast bis zum einem Betrag von EUR 4,6 Mio. (Betrag durch LKC nicht geprüft) zu reduzieren, hat der Vorstand der PrimaCom AG und die Geschäftsführung der PrimaCom Management GmbH im Jahr 2004 beschlossen, einige Tochtergesellschaften zu verschmelzen. Die geplante Transaktion wäre unter Erzielung der gewünschten steuerlichen Entlastungseffekte nur bis zum 31. August 2004 möglich gewesen. Der Ter-min ist verstrichen, weil die Darlehensgeber unter dem Second Secured Facility Agreement, denen der Vorgang zur Zustimmung vorgelegt wurde, den Sachverhalt langwierig prüften. Die Nichterteilung der rechtzeitigen Zustimmung durch die Darlehensgeber unter dem Second Secured Facility Agreement zu der Verschmelzung könnte geeignet sein, dass eine Schadensersatzpflicht gemäß § 117 Abs. 1 AktG ausgelöst wurde. Die Details des gesamten Vorgangs, insbesondere die zeitliche Komponente, d.h. die Rechtzeitigkeit der Zustimmung, müssten jedoch umfassender geprüft werden, um die exakten Erfolgsaussichten dieses Schadenersatzanspruchs abschätzen zu können. 1.5 Sonderprüfungsauftrag Nr. 5 Die Feststellungen der Sonderprüfung zum Sonderprüfungsauftrag Nr.5 "es soll geprüft werden, ob eine Ad-hoc-Mitteilungspflicht schon am 16.02.2004 bestand, und wann die Verlustanzeige nach § 92 Abs. 1 AktG hätte erfolgen müssen" lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Da der PSA ein mehrstufiger Entscheidungsprozess innerhalb des Unternehmens war, stellte sein Abschluss eine Tatsache im Sinne der Ad hoc-Mitteilungspflicht erst dann dar, als die unternehmensinterne Entscheidungsfindung abgeschlossen war. Da das Zustandekommen des PSA nicht alleine von einer Zustimmung des Aufsichtsrats, abhing, war der maßgebliche Zeitpunkt des "Eintretens" der Tatsache und damit die Pflicht zur Ad hoc-Publizität der faktische Abschluss des Rechtsgeschäfts vor dem Notar am 16. April 2004 durch den Vorstand. - Unterstellt man, dass die bilanzielle Berücksichtigung des PSA zwischen dem Vorstand und den Wirtschaftsprüfern diskutiert und vor allem die Bildung der Drohverlustrückstellung vom Zustandekommen des PSA abhängig gemacht wurde, würde als frühester Feststellungszeitpunkt des Verlusts des hälftigen Grundkapitals der 16. April 2004, mit notariellem Abschluss des PSA, als spätester Feststellungszeitpunkt jedoch der 19. April 2004, mit der Erteilung des uneingeschränkten Bestätigungsvermerks, gelten. - Die Einladung zur Hauptversammlung am 8. Juni 2004 wurde im elektronischen Bundesanzeiger unter "gerichtliche und sonstige Bekanntmachungen" am 30. April 2004 veröffentlicht. In dieser Einladung ist unter TOP 2 der Tagesordnung "Anzeige des Vorstands gemäß § 92 Abs. 1 AktG, dass ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals besteht" die Verlustanzeige inhaltlich zutreffend erfolgt. Sowohl bei der Annahme des Fristbeginns für die "Unverzüglichkeit" am 16. April 2004 (notarieller Abschluss des PSA), als auch erst recht bei einem angenommenen Fristbeginn am 19. April 2004 (Testat der Wirtschaftsprüfer) wäre die unverzügliche Einberufung der Hauptversammlung und die Verlustanzeige innerhalb von 14 Tagen erfolgt, womit der Vorstand seiner Pflicht aus § 92 Abs. 1 AktG ordentlich und gewissenhaft nachgekommen ist. Ende der Zusammenfassung. Der Prüfungsbericht ist auf der Homepage www.primacom.de unter Investor Relations - Publikationen - Sonderprüfungsbericht - einzusehen. Rückfragehinweis: PrimaCom AG Investor Relations T.: +49(0)6131 944 522 E-Mail: investor@primacom.de Ende der Mitteilung

euro adhoc 22.12.2004 08:08:20 --------------------------------------------------------------------- Emittent: PrimaCom AG

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Quelle: DPA-AFX
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