Thema: Primacom
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Alt 22-12-2004, 08:15   #27
OMI
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Primacom seit Tagen wieder auf dem Weg nach oben!
Heute eine aktuelle meldung:


22.12.2004 09:05:27
euro adhoc: PrimaCom AG (deutsch)


euro adhoc: PrimaCom AG / Sonstiges / Wirtschaftsprüfersozietät LKC Kemper Czarske v. Gronau Berz legen Prüfungsbericht vor
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Ad hoc-Mitteilung übermittelt durch euro adhoc. Für den Inhalt ist der Emittent verantwortlich. ---------------------------------------------------------------------
Die Hauptversammlung der PrimaCom AG hat am 08. Juni 2004 als Gegenantrag zu dem abgelehnten Purchase and Sale Agreement (zu dessen Inhalt vgl. AdHoc-Mitteilung der PrimaCom AG vom 16. April 2004) einem Antrag auf Durchführung einer Sonderprüfung zugestimmt mit folgenden Prüfungsaufträgen: 1. "Es soll untersucht werden, ob Vorstand und Aufsichtsrat im Hinblick auf den abgeschlossenen PSA, dem wir heute unter TOP 5 zustimmen sollen, ihren Sorgfaltspflichten nachgekommen sind." 2. "Es soll insbesondere geprüft werden, ob Liberty oder UPC in diesem Zusammenhang Sondervorteile gewährt oder in Aussicht gestellt worden sind. Daher soll vor allem untersucht werden, ob es bereits Absprachen im Hinblick auf den Verkauf von Unternehmensbestandteilen, hier vor allem Multikabel, gibt." 3. "Es soll weiter geprüft werden, ob die Second Secured Facilitiy sittenwidrig ist, insbesondere im Zusammenhang mit den hohen Beraterkosten." 4. "Es soll geprüft werden, ob sich die Kreditgeber treuwidrig verhalten, wenn sie statt einer Wandlung in Geschäftsanteile der PrimaCom Management GmbH den Abschluss des PSA fordern." 5. "Es soll geprüft werden, ob eine Ad-hoc-Mitteilungspflicht schon am 16.02.2004 bestand, und wann die Verlustanzeige nach § 92 Abs. 1 AktG hätte erfolgen müssen." Die zum Sonderprüfer bestellte Wirtschaftsprüfersozietät LKC Kemper Czarske v. Gronau Berz in Grünwald bei München hat am 21. Dezember 2004 den Bericht über das Ergebnis dieser Sonderprüfung gemäß § 145 Abs. 5 AktG fertig gestellt. Der Inhalt dieses Berichtes lässt sich wie folgt zusammenfassen: 1.1 Sonderprüfungsauftrag Nr. 1 Die Feststellungen der Sonderprüfung zum Sonderprüfungsauftrag Nr. 1 "es soll untersucht werden, ob Vorstand und Aufsichtsrat im Hinblick auf den abgeschlossenen PSA, dem wir heute unter TOP 5 zustimmen sollen, ihren Sorgfaltspflichten nachgekommen sind," lassen sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem PSA nicht mit der erforderlichen Stimmenmehrheit zugestimmt worden ist, wie folgt zusammenfassen: Bei der Prüfung der aufgeworfenen Rechtsfrage eines möglichen Sorgfaltspflichtverstoßes der Leitungsorgane der PrimaCom AG war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Prüfungsfragen durch die Aktionäre zu einem Zeitpunkt formuliert wurden, in dem diese noch nicht absehen konnten, dass dem PSA durch die Hauptversammlung nicht mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt werden würde. Unabhängig von der Frage, ob die Leitungsorgane bei der Planung und Vorbereitung des PSA die Interessen der Gesellschaft auf bestmögliche Weise vertreten und gefördert haben und ob sie dabei immer berücksichtigt haben, dass sie als Vorstände und Aufsichtsräte der PrimaCom AG primär dieser Gesellschaft gegenüber und nicht ausschließlich dem Geschäftsbetrieb der Tochtergesellschaften oder ihren Geschäftsführungspositionen verpflichtet gewesen sind, ist folgende Grundwertung des Aktienrechts zu beachten.

Wäre dem PSA mit der erforderlichen Mehrheit zugestimmt worden und dieser vollzogen worden, so wäre für die Beantwortung der Sonderprüfungsfrage zu berücksichtigen gewesen, dass eine Veräußerung des gesamten Geschäftsbetriebs und die anschließende Liquidation der Gesellschaft eine zulässige Desinvestitionsentscheidung der Aktionärsversammlung - und damit gerade nicht ein sorgfaltswidriger Entschluss des Vorstands - auf Basis einer größtmöglichen gesetzlichen Zustimmungsquote gewesen und einer materiellen Beschlusskontrolle nicht zugänglich wäre. Da dem PSA jedoch nicht zugestimmt worden ist und dieser bis dahin schwebend unwirksame Vertrag endgültig unwirksam geworden ist, ist auf eine hypothetische Beurteilung eines Sorgfaltspflichtverstoßes - zudem unter der Prämisse des vorstehenden Ergebnisses - bei Vertragsdurchführung nicht einzugehen. Die Frage der Anwendung der notwendigen Sorgfalt der Leitungsorgane ist daher auf Einzelfragen im Zusammenhang mit der Planung und der Vorbereitung des PSA zu reduzieren.

Im Rahmen dieser Einzelfragen war es weder sorgfaltswidrig, dass der Vorstand den PSA grundsätzlich anstrebte, noch dass er dies ohne vorherige Einwilligung der Hauptversammlung tat. Nach dem Scheitern des PSA war als derartige Einzelfrage zu beurteilen, ob der Vorstand für die entstandenen Beraterkosten aufzukommen hat und ob die Auswahl der Berater gewissenhaft erfolgte. Die Sonderprüfung ist hier zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beauftragung sämtlicher Berater nicht zu beanstanden ist, auch wenn die Beauftragung der Fa. Kane Reece hier kritisch zu beurteilen ist; eine Einschätzung die aber durch die Schlechtleistung der Fa. Kane Reece überlagert wird. Ein Sorgfaltspflichtverstoß des Vorstands durch einen möglichen Bruch seiner Verschwiegenheitsverpflichtung gegenüber der Gesellschaft durch die Zustimmung zu mehreren Due Diligence-Prüfungen ist nach unserer Einschätzung nicht gegeben; zum einen da die Preisgabe auch sensibler Informationen im konkreten Fall der Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebes gegen eine umfassende Entschuldung durch das Interesse der Gesellschaft trotz anschließender Liquidation gedeckt wäre, zum anderen flankierten Verschwiegenheitsvereinbarungen die jeweiligen Prüfungen und ferner haben nach unserer Auffassung keine ungewöhnlich sensiblen Daten ihren Niederschlag in den jeweiligen Berichten gefunden. Ein Sorgfaltspflichtverstoß des Vorstands durch die Präferenz für den PSA anstelle der Suche nach alternativen Lösungsmöglichkeiten kann nicht nachgewiesen werden, da sich der Vorstand mit Hilfe der Beratung von Morgan Stanley durchaus um Alternativen zur Refinanzierung bemüht hat. Ob hierbei die Verhandlungsposition der SSF-Gläubiger falsch eingeschätzt und überbewertet wurde, ob Alternativen daher zu schnell abgelehnt bzw. nicht detailliert genug geprüft wurden oder ob andere Angebote (bewusst) nicht wahrgenommen wurden, ist den Unterlagen nicht zu entnehmen. Die bisher fehlende Bemühung um die (gerichtliche) Beseitigung der belastenden und blockierenden Kredite, stellt auch keinen Sorgfaltspflichtverstoß dar, da sich der Vorstand sowohl mit der Beauftragung der Beratungsgesellschaft Morgan Stanley, als auch mit der ständigen Beauftragung rechtlicher Berater, in diesem Punkt entlasten kann. Sorgfaltspflichtverletzungen des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit seiner Zustimmung zum PSA sind nach unseren Prüfungsfeststellungen nicht ersichtlich. 1.2 Sonderprüfungsauftrag Nr. 2 Die Feststellungen der Sonderprüfung zum Sonderprüfungsauftrag Nr.2 "es soll insbesondere geprüft werden, ob Liberty oder UPC in diesem Zusammenhang Sondervorteile gewährt oder in Aussicht gestellt worden sind. Daher soll vor allem untersucht werden, ob es bereits Absprachen im Hinblick auf den Verkauf von Unternehmensbestandteilen, hier vor allem Multikabel, gibt." lassen sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem PSA nicht mit der erforderlichen Stimmenmehrheit zugestimmt worden ist, wie folgt zusammenfassen: Die Firmengruppe Liberty/UGC/UPC einschließlich diverser Tochterfirmen hat bereits im Juli 2003 ihr Interesse bekundet, die Firma Multikabel einschließlich deren Muttergesellschaft PrimaCom Netherlands Holding B.V. von der PrimaCom Management GmbH zu erwerben. Der Liberty-Gruppe kam es nicht darauf an, speziell mit der vorgeschalteten Strukturmaßnahme des PSA die Kontrolle über die Fa. Multikabel zu erlangen; man wäre auch bereit gewesen, die Firma direkt von der PrimaCom Management GmbH zu erwerben. Nach dem Erwerb eines Anteils der Kreditforderungen (SSF) gegen die PrimaCom AG durch die Apollo-Gruppe war aus Sicht der Liberty-Gruppe ein Einstieg auf direktem Weg nicht mehr möglich. Die Liberty-Gruppe verhandelte daraufhin mit den Firmen Apollo und JP Morgan, bzw. denen zurechenbaren Tochtergesellschaften separat über einen Erwerb der Fa. Multikabel nach dem Vollzug des PSA. Die Veräußerung der Fa. PrimaCom Netherlands Holding B.V. einschließlich deren Tochtergesellschaft Multikabel an die von der Liberty/UGC/UPC-Gruppe kontrollierte Gesellschaft UGC Europe B.V. war bereits endverhandelt und die Verträge unterschriftsreif. Der Kaufpreis sollte - in Abhängigkeit von einigen Variabeln - rund EUR 430 Mio. betragen. Der damalige Vorstand der Gesellschaft, Herr Prof. Dr. Schwenkedel und Herr Dr. Kircher, war in die eigentlichen Verhandlungen über diesen Verkauf nicht involviert. Ihnen und den rechtlichen Beratern der PrimaCom AG wurden die vollständig ausgehandelten Verträge nur zur Einholung ergänzender Informationen zur Vervollständigung einzelner vertraglicher Bestimmungen überlassen. Die Durchsicht der den Sonderprüfern überlassenen Unterlagen und die Auswertung von körperlichem und elektronischem Schriftverkehr führte nicht zu der Erkenntnis, dass neben der vorgesehenen - aber nicht durch die PrimaCom AG selbst oder durch eine von dieser beeinflussbaren Gesellschaft durchzuführenden - Veräußerung der Tochtergesellschaft Multikabel an die Liberty/UGC/UPC-Gruppe Sondervorteile an Aktionäre der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem PSA vorgesehen waren oder versprochen worden sind.

1.3 Sonderprüfungsauftrag Nr. 3 Die Feststellungen der Sonderprüfung zum Sonderprüfungsauftrag Nr. 3 "es soll weiter geprüft werden, ob die Second Secured Facilitiy sittenwidrig ist, insbesondere im Zusammenhang mit den hohen Beraterkosten" lassen sich wie folgt zusammenfassen: Nachfolgend stellen wir die entsprechenden rechtlichen Folgerungen bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit nach deutschem Recht für zwei verschiedene Konstellationen dar, deren Eintritt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wahrscheinlich ist: - Das Second Secured Facility Agreement ist unter Zugrundelegung der deutschen Rechtsordnung sittenwidrig. - In dem Second Secured Facility Agreement ist jedoch die Anwendung englischen Rechts vereinbart. Die Prüfung der Wirksamkeit der Wahl der englischen Rechtsordnung beurteilt sich nach englischem Recht. Diese Rechtswahl ist nach unserer Auffassung wegen des hier gegebenen Bezuges zum englischen Rechtskreis (Banken) anzuerkennen.

- Die Anwendung englischen Rechts kann jedoch teilweise durch die grundlegenden Wertungen der deutschen Rechtsordnung ("Ordre-public-Grundsatz") durchbrochen werden, so dass trotz der vertraglichen Rechtswahl die deutsche Rechtsordnung und deren Maßstäbe auf die Sittenwidrigkeit eines Kreditvertrages anzuwenden sind. - Die deshalb auf das Second Secured Facility Agreement anzuwendenden Grundwertungen zur materiellrechtlichen Sittenwidrigkeit werden jedoch durch die Gerichtsstandsvereinbarung überlagert. Danach sind Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf das Second Secured Facility Agreement durch die PrimaCom Gruppe vor englischen Gerichten zu führen. In einem Feststellungsverfahren kann u.E. gleichwohl die Unwirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung vor einem deutschen Gericht geprüft werden. Die Gerichtsstandsvereinbarung ist eine sog. "hinkende" Gerichtsstandsvereinbarung, weil die Gerichtsstandsvereinbarung lediglich zugunsten der darlehensgebenden Banken dahingehend geschlossen wurde, dass die geregelte Zuständigkeit (d.h. die Zuständigkeit der englischen Gerichte) für die darlehensgebenden Banken eine fakultative und für die PrimaCom AG eine ausschließliche ist. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass im vorliegenden Fall aufgrund der durch die Gerichtsstandsvereinbarung bewirkten prozessualen Ungleichbehandlung der Vertragsparteien die Unwirksamkeit der "hinkenden" Gerichtsstandsvereinbarung festgestellt wird.
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Schöne Grüße
OMI
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