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Alt 03-03-2012, 21:50   #119
Benjamin
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ifo/Sinn: Griechenland bei Einführung der Drachme unterstützen

17.02.12

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Präsident des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat sich für einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone ausgesprochen und vorgeschlagen, das Land bei der Wiedereinführung der Drachme zu unterstützen.

"Die Umstellung wird allerdings Turbulenzen mit sich bringen. Die 130 Milliarden Euro sollte man als Übergangshilfe gewähren, vor allem zur Rekapitalisierung der Banken", sagte Sinn in einem Interview mit dem Wall Street Journal Deutschland. Sinn zufolge wäre ein Euro-Austritt im Interesse des Landes. Das Risiko eines Auseinanderbrechens der Eurozone werde von interessierter Seite übertrieben, sagte der Ökonom.

"Griechenland hat keine Möglichkeit, innerhalb des Euroraums wettbewerbsfähig zu werden. Es müsste seine Preise dazu um 31 Prozent senken, um auf das Niveau der Türkei zu kommen, aber das würde das Land an den Rand des Bürgerkriegs stoßen", sagte Sinn. Die Politik der EU, Griechenland um jeden Preis in der Eurozone zu halten, nannte der ifo-Präsident "nicht überzeugend". "Man kann dem Land nicht diese Sparpolitik oktroyieren, aber man kann es auch nicht ewig alimentieren."

Auch mit den jüngsten Sondermaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) ging Sinn hart ins Gericht. Die weitere Lockerung der Sicherheitenregeln bei Repo-Geschäften und die Refinanzierungsgeschäfte mit dreijähriger Laufzeit seien Maßnahmen, die es den südlichen Ländern ermöglichten, den Kapitalmarkt durch die Druckerpresse zu ersetzen. Außerdem verhinderten sie die letztlich notwendige Anpassung der relativen Preise und damit der Wettbewerbsfähigkeit.

"Wir haben in den Peripheriestaaten überhaupt noch keine Anpassung der relativen Preise gesehen", kritisierte er. Eine Ausnahme bilde Irland, wo die relativen Preise um 16 Prozent gesunken seien, fügte er hinzu. In Spanien seien sie vielleicht um 1 Prozent zurückgegangen.

Dass die Länder der Euro-Peripherie starke Mittelabflüsse verzeichnen, also Refinanzierungsprobleme haben, ist nach Sinns Darstellung ein für den Abbau der Außenhandelssalden notwendiger Prozess, den die EZB mit ihrer Politik stört. "Deutschland braucht Inflation und der Süden braucht Deflation", sagte er. Allerdings sei Deflation für den Süden schwerer zu ertragen als Inflation für Deutschland. "Das Problem ist dabei die deutsche Stabilitätskultur, und so bleibt dem Süden die Deflation nicht erspart", erläuterte Sinn.

Sinns Fazit zu Griechenland: "Es gibt nur einen Weg - sie müssen austreten". Ein Vorteil wäre Sinn zufolge, dass die Bankschulden der Unternehmen dann automatisch abgewertet würden. Für die Umwandlung der Auslandsschulden in Drachme sei nur ein Gesetz notwendig.

Der ifo-Chef sieht durchaus ein gewisses Risiko, dass ein Ausscheiden Griechenlands letztlich zum Auseinanderbrechen der Eurozone führt. Er sagte: "Das Risiko eines Auseinanderbrechens der Eurozone existiert, es wird aber von denen maßlos übertrieben, die diese Papiere (Euro-Staatsanleihen) in den Büchern haben. Es heißt: Wenn ihr Deutschen euer Portemonnaie nicht aufmacht, geht die Welt unter. Nichts geht unter, nur ein paar Vermögensportfolios." Sinn zufolge ist jeder auf einen Austritt Griechenlands vorbereitet und ein Überschwappen auf Irland "ausgeschlossen". Dass Portugal gefährdet sei, wolle er zugeben.


Die kurzfristigen Konjunkturperspektiven Deutschlands sieht der ifo-Präsident optimistisch. "Es ist durchaus möglich, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal wieder wächst, denn die Schwellenländer ziehen wieder an und der Investitionsboom in Deutschland setzt sich fort", sagte er.

Eine Beteiligung der EZB an einem Schuldenschnitt für Griechenland lehnt der ifo-Präsident übrigens ab, weil es der Zentralbank verboten sei, Staaten zu finanzieren. Zu einem möglichen Verkauf der im EZB-Portfolio befindlichen Staatsanleihen sagte Sinn: "Wenn die EZB diese Papiere abgibt, dann zum Nennwert." Die EZB müsse das tun, weil sie mit dem Kauf der Staatsanleihen auch das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands auf sich genommen habe.
-Von Todd Buell und Hans Bentzien, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 29725 300, Hans.Bentzien@dowjones.com

DJG/hab/chg/apo/mrf
Quelle: http://www.dowjones.de/site/2012/02/...C3%BCtzen.html
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