Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 04-05-2003, 10:09   #16
OMI
Gründungsmitglied
 
Benutzerbild von OMI
 
Registriert seit: Sep 2000
Ort: Bayern
Beiträge: 82.694
04.05.2003, 10:28
Pfizer - Riese im Sonderangebot (EuramS)
Pfizer ist nach der Fusion mit Pharmacia der mit Abstand größte Pharmakonzern der Welt. Im Aktienkurs spiegelt sich diese Ausnahmestellung jedoch nicht wider. Warum Anleger die Situation zum Einstieg nutzen sollten.


Tatsache ist doch: Selbst wenn ein Glas sauberes Wasser am Tag Aids heilen würde, könnten wir die Krankheit im südlichen Afrika nicht ausrotten. Es gibt dort enorme Infrastrukturprobleme zu überwinden." Henry A. "Hank" McKinnell einmal von einer unbekannten Seite. Der Pfizer-Chef könnte stundenlang über das Thema "Medikamente für Entwicklungsländer" referieren. Wie Firmen Container voller gespendeter Arzneimittel verschicken und feststellen, dass diese den Flughafen Amsterdam nie verlassen haben, sondern gleich auf dem Schwarzmarkt gelandet sind. Wie er selbst zum damaligen Präsidenten Kenias, Daniel Arap Moi, sagte, er werde das Land nur in das Aids-Hilfsprogramm von Pfizer aufnehmen, wenn es keine Korruption gebe. Und wie Moi dann angestrengt die Wand anstarrte.Die Öffentlichkeit kennt den Boss des weltgrößten Pharmakonzerns anders: Als knallharten Kritiker europäischer Gesundheitspolitik. Als Boss eines höchst erfolgreichen, aggressiv expandierenden Unternehmens. Als der, der durch zwei Fusionen - im Jahr 2000 mit Warner-Lambert und jetzt mit Pharmacia - Pfizer zu dem gemacht hat, was es heute ist.


Und der Konzern kann sich durchaus sehen lassen: Gemessen am Börsenwert sind die Amerikaner locker doppelt so groß wie die Nummer 2 und 3 der Pharmabranche, Glaxo SmithKline und Merck & Co. Pfizer verfügt über zehn Blockbuster, also Arzneimittel, die mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz im Jahr erzielen. Fünf kommen sogar auf über zwei Milliarden, drei auf über drei Milliarden und der Cholesterinsenker Lipitor - der in Deutschland Sortis heißt - schaffte 2002 mehr als sieben Milliarden Dollar Umsatz weltweit. Von den zehn meistverkauften Medikamenten der Welt vermarktet Pfizer vier.


Auch die Finanzen beeindrucken. Im vergangenen Jahr kletterte der Umsatz um zwölf Prozent auf 32,4 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn stieg um 17 Prozent auf 9,1 Milliarden Dollar. Im ersten Quartal 2003 verdoppelte sich der Gewinn auf Grund von Verkäufen, der Umsatz wuchs um zehn Prozent. Der Konzern hat die besten Bonitäts-Ratings und wird dieses Jahr für elf Milliarden Dollar eigene Aktien zurückkaufen.


Einen Ausblick will McKinnell im Juni geben: Nachdem sich der Vollzug der Pharmacia-Fusion wegen Untersuchungen der Wettbewerbsbehörden um mehr als drei Monate verzögert hat, muss noch viel gerechnet werden. Die ältere Prognose, in den kommenden drei Jahren den Umsatz um jeweils zehn Prozent zu steigern, steht. Doch an den Börsen machte sich zuletzt Skepsis breit: Das Wachstum, insbesondere das des Megasellers Lipitor, werde sich verlangsamen, einigen Blockbustern drohe Konkurrenz durch Nachahmerprodukte, und überhaupt sei zweifelhaft, ob ein Konzern dieser Größe die anvisierten Steigerungsraten halten könne - so die Bedenken. Dementsprechend entwickelte sich der Aktienkurs: Seit Mitte Juli 2002, als der Zusammenschluss mit Pharmacia bekannt gegeben wurde, sank der Kurs um vier Prozent. Mit einem 04er-KGV von 14,7 gehört Pfizer zu den günstigeren Pharma-Aktien, obwohl der Konzern eindeutiger Weltmarktführer ist.


Zum jetzigen Zeitpunkt also keine schlechte Kaufgelegenheit. Denn vieles spricht dafür, dass der Pharmariese seine Versprechen einlösen kann. Bereits jetzt lässt sich in groben Zügen der neue Pfizer-Konzern erkennen: McKinnell konzentriert sich ganz auf Pharmazeutika, bereits verkauft wurden die Sparten Fischfutter, Süßigkeiten und Rasierer. Der Konzern soll verschlankt werden, auch Forschung und Entwicklung sind davon nicht ausgenommen.


Die Integration von Warner-Lambert war mustergültig: "Bereits 24 Stunden nach der offiziellen Übernahme von Warner-Lambert hatten sie bereits alle Anpassungen vollzogen - bis hin zu den Bildschirmschonern, auf denen dann Pfizer stand", meint ein amerikanischer Fondsmanager anerkennend. Es ist absehbar, dass es bei Pharmacia ähnlich rund läuft. Einige Experten erwarten, dass die Synergie-Effekte höher ausfallen könnten als angekündigt. Mit der Eingliederung von Warner-Lambert sparte Pfizer noch im vergangenen Jahr 1,8 Milliarden Dollar, 200 Millionen mehr als prognostiziert. Auch die Gefahr von Generika-Konkurrenz für die umsatzstärksten Medikamente ist bei Pfizer nicht so groß wie bei anderen in der Branche. Über Pharmacia kamen zwei weitere lukrative Arzneien - gegen Arthritis - ins Portfolio, deren Patentschutz noch lange läuft. Und die neuen Potenzpillen Cialis und Levitra der Konkurrenz dürften Pfizers Viagra-Umsatz (2002: 1,7 Milliarden Dollar) kaum ernsthaft schaden. Nicht einmal ein Viertel der betroffenen Männer lässt sich überhaupt behandeln. Der Markt ist also weit von einer Sättigung entfernt. Selbst Glaxo-SmithKline-Chef Jean-Pierre Garnier erklärte bereits, das Potenzial von Levitra, das wahrscheinlich noch dieses Jahr in den USA zugelassen wird, sehe er "vor allem bei Patienten, die Viagra nicht oder nur ein einziges Mal benutzt haben".


Pfizers eigene Forschung, aus der seit Jahren kein größeres Produkt mehr hervorgegangen ist, plant zudem 20 Zulassungsanträge in den kommenden fünf Jahren (siehe Interview). Zudem unterhält der Konzern mehr als 2000 Kooperationen mit Biotech- und anderen Pharma-Unternehmen. Nicht zuletzt dank der Größe und Schlagkraft seiner Vertriebsmannschaft gelang es dem Koloss in den vergangenen Jahren immer wieder, die Firmen mit den attraktivsten Produkten als Partner zu gewinnen - so zum Beispiel Serono mit dem Multiple- Sklerose-Mittel Rebif oder die Firma Neurocrine mit ihrem viel versprechenden Schlafmittel Indiplon, das in der letzten klinischen Testphase ist.Gute Voraussetzungen für eine Neubewertung der Aktie, die heute auf demselben Niveau wie 1998 notiert. Selbst beim knallharten Pfizer-Chef Hank McKinnell gibt es zweite Chancen: Mit Kenias neuem Präsident Mwai Kibaki verhandelt er wieder.


von Julia Groß / Euro am Sonntag
Quelle: finance-online
__________________
Schöne Grüße
OMI
OMI ist offline   Mit Zitat antworten