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Alt 20-08-2015, 08:58   #736
Benjamin
TBB Family
 
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Zitat:
Zitat von Mustang Beitrag anzeigen
Den wenn die Wirtschaftliche Lage sich wirklich so zuspitzt sehe ich schwarz. Den EZB und FED haben Ihr Pulver alles Verschossen.
Das sehe ich übrigens völlig anders! Gerade kommt die Meldung rein, die Steuereinnahmen in D wären (mal wieder) deutlich höher reingekommen als erwartet. D hat derzeit eine Spitzenkonjunktur!

Die spannenden Peak-Fragen lauten imo,
  1. was vorliegt, also ob wir damit jetzt in D das Ende des Wachstums (den Wachstums-Peak) erreicht haben, oder ob das nur ein Konjunktur-Peak ist, also das klassische Spiel der Konjunkturzyklen noch eine ganze Weile so weitergeht?
  2. wann es vorliegt, also ab wann a) die Finanzmärkte und b) die Realwirtschaft die Auswirkungen zeigen.
Dieser Peak (sei es ein Konjunktur-Peak oder das das Ende des Wachstum-Peak) ist noch nicht belegt, dazu müsste noch mehr Zeit verstreichen und Daten auf den Tisch kommen. Wer den Peak jetzt bereits ausruft, macht das imo sehr spekulativ. Ein Indikator für einen Wachstums-Peak können imo sehr wohl die Aktienmärkte sein, weil diese i.d.R. 6-9 Monate in die Zukunft blicken und evtl. eine kollektive Weisheit besitzen können (aber evtl. trotzdem am Ende falsch liegen können). Und auch dann bleibt leider die Frage, ob das alles nur Bestandteil eines normalen Konjunkturzyklusses ist oder doch eben "das Ende des Wachstums" ist.

Was mir persönlich durch den Kopf geht ist eher, dass die Zentralbanken diese "Liquidität raushauen-Nummer" zwar gerne weiter durchführen möchten, aber im Markt selber diese Liquidität nur noch deutlich vermindert nachgefragt wird - und damit kaum noch etwas bringt, praktisch wirkungsfrei bleibt, weil "der Markt" nun ggf. allmählich die Einschätzung gewinnt, dass wir gerade am Konjunktur-Peak sind bzw. in einigen Staaten (China, etc.) bereits dahinter liegen könnten:
  • Die Fed kauft zwar nicht mehr (wenn ich das richtig erinnere), zögert aber auf unbestimmte Zeit mit der Zinserhöhung: Neutrale Position
  • Die EZB kauft nach wie vor jeden Monat für zig Milliarden € Anleihen auf dem Sekundärmarkt und beliefert auch noch diese Euro-Retter mit beliebigen Geldbeträgen, die alle bei irgendwelchen Banken landen, die das dann wieder angelegen wollen.
  • Die BoJ hat neulich angekündigt, noch mehr Liquidität rauszuhauen, um endlich nachhaltige Effekte zu erzielen. Der japanische Premier steht unter Druck.
  • China gibt gerade dreistellige Milliardenbeträge frei für Stützungsmaßnahmen und hätte das Geld für noch viel mehr.
Beispiel: In China zeigt imo der Shanghai Composite Index (bildet chinesische A- und B-Aktien in Renminbi ab), dass dieser voraussichtlich den Peak im Juni diesen Jahres hatte und seitdem als Trend abwärts läuft; jetzt gerade seit dem Juli-Verlaufstief macht dieser Index imo klar ein Korrekturmuster, das durch eine Fortsetzung des Abwärtstrends (noch im August/September diesen Jahres) abgelöst werden sollte, siehe http://www.ftor.de/tbb/showpost.php?...34&postcount=7.
Sofern die folgenden Voraussetzungen gegeben sein sollten, dann sollte China den Wachstum-Peak wohl tatsächlich hinter sich haben:
  1. Diese charttechnische Interpretation stimmt.
  2. Der "besondere" Aktienmarkt in China korreliert (zeitversetzt) tatsächlich mit der Entwicklung des tatsächlichen wirtschaftlichen Wachstums dort.
  3. Die beachtlichen Stützungsmaßnahmen des Aktienmarkts und Investitionsmaßnahmen mittels staatlich veranlasstem Geld bringen keine nachhaltige Wirkung.
"EZB und FED haben Ihr Pulver alles Verschossen" ist also falsch, weil die Zentralbanken auf der Angebotsseite von Geld unendlich viel Geld drucken und damit anbieten können. Das Problem ist nicht die Angebotsseite von Geld über die Zentralbanken (die können unendlich viel anbieten), es ist die Nachfrageseite von Geld (bzw. Krediten), also Anleger, Investoren (wenn die all das Geld nicht mehr wollen)!!! Ab dieem Zeitpunkt sind die Zentralbanken vollständig machtlos, weil (zwar ein potenter, aber eben) kein aktiver Marktteilnehmer mehr.

Da der Markt für die Preisbewertung von Werten wie Aktien i.d.R. 6-9 Monate in die Zukunft blickt, könnte es imo gut sein, das wir jetzt an diesem Zeitbereich sind: Dem Zeitbereich des Wachstum-Peaks und damit des Einfrierens der Kreditmärkte weltweit (wegen Oberhand gewinnender Zweifel an einem nachhaltig fortgesetzten Wachstum). Ab diesem Zeitbereich wird der Besitz von Kreditverpflichtungen als Bedrohung, nicht mehr als Chance verstanden.

Selbst alles mögliche gedruckte Geld der Welt hilft dann nicht mehr, die Konjunktur anzuschieben, weil das gedruckte Geld nur über das Mittel der Kreditvergabe das Licht der Welt erblickt. Diese Kredite müssen irgendwann zurückgezahlt werden und mit diesem Wissen auch von jemandem auf der Investitionsseite mit dieser Verpflichtung zur Rückzahlung "unterschrieben" werden. Wer einen Kredit nimmt, geht damit immer auch ein Risiko ein: Er könnte bei schlechtem Konjunkturverlauf nicht in der Lage sein, es überhaupt/mit Profit zurückzuzahlen. Die Einschätzung dieses Risikos bestimmt die Höhe der Kreditumsätze im Markt, und damit des wirtschaftlichen Wachstums.
Wenn nun aber diesbezüglich das Vertrauen "im Markt" fehlt, dass diese Rückzahlung inkl. Zinsen + Profit in der Zukunft möglich sein wird, dann stockt dieser Prozess: Es wird nicht mehr investiert, keine Kredite mehr nachgefragt, keine Anleihen mehr gekauft. Der Anleihemarkt weltweit zeigt bereits eine deutliche Abnahme an Umsätzen je Zeiteinheit, ein Indikator für diesen Effekt.

Dann hilft es auch nicht, dass auf der Angebotsseite über die Zentralbanken ganze Ozeane an Geld mit sehr günstigen Kreditkonditionen (nahe 0% Zinsen) angeboten werden: Wenn auf der Investitions- bzw. Anlegerseite das entsprechende Wachstumsvertrauen fehlt, wird all das viele Geld nicht nachgefragt werden. Die Folge: Ab diesem o.g. Zeitpunkt entwickelt sich eine Rezession, evtl. Depression. Und wenn dann noch zu viele Anleger gleichzeitig den Ausgang suchen, dann kann das zum Crash führen.

Es wird ab dem o.g. Zeitbereich auch nicht (lange) helfen, wenn unsere Politiker in D sich als antizyklische Spekulanten verstehen und im Namen der Steuerzahler aus völlig unbewiesenen, ideologischen Glaubenssätzen heraus ("ohne die EU-Struktur bricht unser Wohlstand zusammen") unglaubliche Risiken für die Zukunft verbindlich eingehen, Risiken, die ein "normaler Marktteilnehmer" zu dem Zeitpunkt nie und nimmer unterschreiben würde. Solche Politiker spekulieren auf immerwährendes Wachstum und an die selig machende Zentralstruktur der EU; sie glauben offenbar wirklich an das Märchen der bekannten Bäume, die tatsächlich bis in den Himmel wachsen werden.
Imo ist es gerade umgekehrt: Gerade wegen jener für D immer teurer werdenden zentralistischen (u. undemokratischen) EU-Strukturen bricht unser Wohlstand in D irgendwann beschleunigt zusammen: Wenn wir als Exportnation dann kaum noch exportieren können (also immer weniger Einnahmen generieren), aber unsere Importkosten und die im Zusammenhang des demografischen Wandels entstehenden Kosten (Ausgaben) nicht durch vorbereitende Maßnahmen clever reduziert haben (siehe Beispiel dazu unten). Wir sollten diese erfreulichen Handelsbilanzüberschüsse von D nicht wie bislang vergeuden durch die Finanzierung von irgendwelchen Anlagen in Drittstaaten (die wohl später nie werden zurückgezahlt werden können), und in überholte Zentralstrukturen der EU, deren Ende doch absehbar ist. Wir sollten besser hier bei uns in D diese Handelsbilanzüberschüsse investiv ausgeben, um unsere eigene Zukunftstauglichkeit zu stärken (durch die nachhaltige Vermeidung von Kosten), z. B. durch Investitionen in die komplette Energieautarkie Deutschlands durch erneuerbare Energieerzeugung + durch verstärkte Energieeffizienz im Wohnungsbereich, also unabhängig machen von Öl-, Gas- u. Kohleimporten. Dafür sich einzusetzen wäre clever von unseren Politikern im Bundestag; was diese hingegen bislang machen, das ist imo unglaublich verantwortungslos!

Deutschlands größte Spekulanten sind imo damit nicht irgendwelche Hedgefond-Manager, sondern es sind die Chefs von CDU/CSU, SPD und Grünen im Deutschen Bundestag, allen voran Angela Merkel, unsere Kanzlerin!!!

Also, am tatsächlichen Ende des Wachstums helfen weder Zentralbanken (die sind dann machtlos) noch Politiker (deren Verantwortungslosigkeit ist gedeckelt durch den (späteren) Volkszorn und dem eigenen Wusch, wiedergewählt zu werden).
Am tatsächlichen Ende des Wachstums hilft gar nichts mehr, dann kommt naturgesetzlich der Crash.
Die einzige Hoffnung bis zum "Crash-Nachweis" besteht darin, dass es hoffentlich nur ein normaler Konjunkturzyklus ist - und eben (noch) nicht das tatsächliche Ende des Wachstums.

Sorry, ist evtl. zu lang geraten und einigen Lesern bereits alles bekannt, aber vielleicht nicht bei allen Lesern hier.

Geändert von Benjamin (20-08-2015 um 11:47 Uhr)
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