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Alt 18-05-2003, 12:03   #20
OMI
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18.05.2003, 09:29
Deutsche Telekom - Eine gute Verbindung (EuramS)

Zum ersten Mal nach sechs Minus-Quartalen in Folge schreibt die Telekom wieder schwarze Zahlen. Mit dem guten Ergebnis hat VorstandKai-Uwe Ricke auch die Analysten überrascht. Jetzt muss er aufpassen, dass er den Konzern nicht lahm spart


Sauber hat er das gemacht. Wenn Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke sich übermorgen in der Köln-Arena den Fragen der versammelten T-Aktionäre stellt, wird einiger Unmut über zurückliegende Kursverluste verraucht sein. Denn die Zahlen, die Ricke vergangene Woche vorgelegt hatte, waren nicht nur sauber, sondern rein: Die Telekom hat nach sechs Quartalen mit Nettoverlusten und nach dem Katastrophenjahr 2002 mit Sonderabschreibungen über 24,6 Milliarden Euro endlich wieder echte Gewinne eingefahren. Nach Steuern blieb den Bonnern von Januar bis März ein Plus von 100 Millionen. Rechnet man Veräußerungserlöse hinzu, sind es gar 853 Millionen.


"Das erste Quartal zeigt, dass wir den Turnaround eingeleitet haben", stellte sich Ricke stolz der Öffentlichkeit. Die Zahlen überraschten auch Experten: Analysten hatten im Schnitt mit 550 bis 600 Millionen Euro Verlust gerechnet. Den neuen Glanz übertrug der Telekom-Boss dann auch gleich auf den Ausblick für das Gesamtjahr: "Ich hoffe, am Jahresende sagen zu können, dass die Telekom trotz des schwierigen Umfelds wieder schwarze Zahlen schreibt." Experten gingen bislang davon aus, dass das Unternehmen nicht vor 2004 in die Gewinnzone zurückkehren werde.


Was die in der Vergangenheit arg gebeutelten T-Aktionäre (siehe Kasten rechts) besonders beruhigt: Ricke ist auf dem besten Weg, die Schulden des Konzerns bis zum Jahresende wie versprochen auf 50 bis 53 Milliarden Euro zu senken. Im abgelaufenen Quartal kam er zusammen mit Finanzchef Karl-Gerhard Eick diesem Ziel ein großes Stück näher. Beachtliche 4,8 Milliarden Euro Schulden fegte das Team aus der Konzernbilanz. 56,3 Milliarden sind nun noch übrig. Auch der starke Euro half: Allein 400 Millionen Schulden in US-Dollar und britischen Pfund wurden die Bonner durch die Stärke der Einheitswährung los.


Letztlich entscheidend aber waren weitere zwei Milliarden, die der Konzern an freiem Cash im Vierteljahr verdiente. Im Vorjahresquartal blieben Rickes geschasstem Vorgänger Ron Sommer nur 300 Millionen Euro an freien Mitteln zum Schuldenabbau. Neben der Wachstumssparte T-Mobile (operatives Wachstum 25 Prozent) stützte auch das im Vorjahr schwache Festnetzgeschäft T-Com den Konzern mit einem operativen Gewinnsprung von 18 Prozent.


Gute Karten hat Ricke damit auch bei den Bonitätsprüfern. Spätestens im kommenden Jahr, stellte Standard-&-Poor’s-Direktor Guy Deslondes kürzlich in Aussicht, dürfte die Bonitätseinstufung der Telekom wieder steigen. Nach den exzellenten Zahlen hat der Konzern sogar Chancen, bereits früher ein Upgrade zu erhalten. "Wenn das zweite Quartal gut läuft, dann ist eine Verbesserung sehr gut möglich", sagte ein Analyst zu EURO.


Der im November 2002 angetretene Ricke hat sich jetzt endgültig als knallharter Sparmeister bewährt. Die Direktive des Chefs ist auch in puncto Investitionen eisern: Im ersten Quartal investierte der Konzern nur bescheidene 909 Millionen Euro. Rickes Befürchtung: Im zweiten Halbjahr könnte die Konjunktur weiter schwächeln, das jetzt noch reichlich fließende Cash möglicherweise zum Teil wieder versiegen.


Doch bei einem Investitions/Umsatz-Verhältnis von sechs Prozent kann der 41-Jährige kaum bleiben. "Nötig sind etwa zehn Prozent, um konkurrenzfähig zu bleiben", sagt ein Analyst. Sprich: Ricke muss aufpassen, dass er das Sparprogramm nicht überdreht.Noch aber gefällt der aufräumende Telekom-Chef den Aktionären: Der Kurs der T-Aktie kletterte allein vergangenen Donnerstag um 5,6 Prozent. Rickes große Premiere in der Köln-Arena am Dienstag sollte eine rundum saubere Sache werden.


GEWINNE IM NETZ Bald schwarze ZahlenEr hat schon eine erstaunliche Serie hingelegt: Seit Anfang 2001, mit Beginn seiner Vorstandstätigkeit bei dem Internet-Provider, weist T-Online-Chef Thomas Holtrop steigende operative Ergebnisse aus. In den ersten drei Monaten 2003 fuhr er 76 Millionen Euro ein und lag damit deutlich über den Analysten-Schätzungen.Zwar sanken im ersten Quartal die Werbeeinnahmen der Telekom-Tochter. Längere Online-Zeiten während des Irak-Kriegs und ein starkes Geschäft mit dem breitbandigen Internet-Service DSL glichen die Anzeigenschwäche aber mehr als aus. Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der DSL-Kunden von 2,1 auf etwas über drei Millionen. Folge: Die Margen von T-Online steigen.


Noch allerdings schreibt Holtrop keine schwarzen Zahlen. Nach Steuern stehen im abgelaufenen Quartal 30 Millionen Euro Miese in den Büchern. Vor Steuern jedoch blieb bereits ein Gewinn von zwei Millionen Euro. Noch in diesem Jahr dürfte T-Online nach Schätzungen von Analysten zumindest in einem Quartal echte Gewinne schreiben. Und spätestens im kommenden Jahr, sagt Finanz-Vorstand Rainer Beaujean, werde das Unternehmen Nettogewinne an die Telekom (T-Online-Anteil: rund 72 Prozent) liefern. Die Bilanz ist kerngesund: Im ersten Quartal flossen rund 120 Millionen Euro Cash in die Kasse. Inzwischen hat der Internet-Provider rund 3,8 Milliarden Euro auf der hohen Kante.


IM VISIER VON JUSTITIA Die Telekom und der Verdacht, Aktionäre über den Tisch gezogen zu habenSeit nunmehr drei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Bonn wegen "Kapitalanlagebetrug und Bilanzfälschung" gegen die Telekom: Im Verkaufsprospekt des Konzerns zur dritten Tranche der T-Aktie sollen Immobilienbestände mit überhöhtem Wert angesetzt worden sein. Vergangenen Montag hat die Wiesbadener Kanzlei Doerr, Kühn, Plück & Thoeren beim Landgericht Frankfurt die mit 1500 Klägern bislang größte Sammelklage in Deutschland angestrengt. Inzwischen haben sich laut Rechtsanwalt Ralf Plück weitere 1400 Kleinanleger angeschlossen. Die Zeit drängt: Am 26. Mai verjährt die Prospekthaftung der Telekom.


"Wir wollen das eingesetzte Kapital samt Gebühren zurück", sagt Plück. Die Kosten des Zivilverfahrens: "Bei 10000 Euro eingesetztem Kapital fallen für den Kläger bei einer Niederlage etwa 600 Euro Gerichts- und Anwaltskosten an", rechnet der Jurist vor.Damit ist die Sammelklage deutlich günstiger als eine Einzelklage. Die Erfolgsaussichten steigen freilich damit nicht. Denn selbst den Staatsanwälten ist es bisher offensichtlich nicht gelungen, handfeste Beweise für Mauscheleien der Bonner zu finden. Zur Anklage kam es jedenfalls nicht. "Eine Zivilklage ist derzeit nicht sinnvoll", meint Stefan Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Anlegern, denen das Kostenrisiko zu hoch ist, die aber die Verjährungsfrist nicht verstreichen lassen wollen, rät die DSW zu einem Güteverfahren bei der Öffentlichen Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle (ÖRA). "Die Frist für eine Prospekthaftungsklage verlängert sich mit einem Güteantrag um zirka sechs bis acht Monate. Sollte die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich Anklage erheben, würden wohl Fakten bekannt, die auch die Zivilklagen voranbringen könnten", sagt Kurz.


von Stephan Bauer / Euro am Sonntag
Quelle: finance-online
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