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Alt 27-09-2002, 11:53   #33
arpad
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Für die 39. Kalenderwoche 2002

Sehr geehrte Damen und Herren,
die USA werden den Irak angreifen! Mit oder ohne UN-Unterstützung. Das kann bereits heute mit Sicherheit gesagt werden, nachdem Präsident George Bush der Öffentlichkeit am vergangenen Freitag die neue Nationale Sicherheitsstrategie seiner Administration vorlegte. Dieses Papier, das in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein wird, wurde in der deutschen Presse fast gänzlich übersehen. Darin ist jedoch unmißverständlich zu lesen, daß die Amerikaner in Zukunft für sich beanspruchen, Regime und Diktaturen, die demokratische Staaten bedrohen, präventiv (!) zu entmachten und anschließend zu demokratisieren. Egal wie Sie zu Amerika stehen, es lohnt sich, dieses Papier zu lesen, da Sie es nicht ignorieren können. Den Link dazu finden Sie hier: http://www.whitehouse.gov/nsc/nss.pdf

Doch zurück zum Anleihenmarkt:

Moody's glaubt an mehr Junk-Bond Ausfälle. Bis zum Ende des Jahres, so die Schätzung der Ratingagentur, wird die Rate der Ausfälle unter den risikoreichsten Anleihen voraussichtlich auf 9,8% steigen, da sich im 2. Halbjahr die Rate wieder beschleunigen wird. Noch im Juli lag die Prognose von Moody's bei nur 8,8%. Daß noch einige dicke Fische bis zum Ende des Jahres in Konkurs gehen, ist nicht ganz aus der Luft gegriffen:

Vorsicht bei EDS! Der zweitgrößte Computerdienstleister mußte am vergangenen Freitag eine umfangreiche Gewinnwarnung aussprechen. Wie sich nach einigen Recherchen herausstellte, hat Electronic Data Systems die Grenzen der amerikanischen Rechnungslegung sehr weit gedehnt. So wurden z.B. in großem Umfang Umsätze gebucht, die noch nicht vereinnahmt wurden. EDS beruft sich auf die Möglichkeit, bei längeren Projekten, wie z.B. im Flugzeugbau üblich, zukünftige Umsätze in den laufenden Perioden den real entstehenden Kosten gegenüberzustellen. Das ist grundsätzlich erlaubt, aber offensichtlich hat EDS zu wenig unternehmerische Vorsicht walten lassen. Rechnen Sie daher bitte mit einer Herabstufung durch die Ratingagenturen.

Besonders am kurzen Ende ist EDS anfällig. Das Unternehmen finanziert seinen operativen Liquiditätsbedarf durch Tagesgeld. Für rund 200 Mio. Dollar sucht EDS täglich einen Käufer, vollzieht also fortlaufend einen sogenannten Roll-Over. Die minimale Zeitperiode sichert dem Unternehmen für seine Tagesliquidität den geringst möglichen Zinssatz. Wenn sich jedoch kein neuer Käufer findet, müssen die 200 Mio. Dollar ad-hoc zurückgezahlt werden. Wie bei einem Jongleur, der daneben greift. Zwar haben wir EDS nicht zum Kauf empfohlen, raten aber dringend zum Verkauf. Der bereits in Gang geratene Sell-Off kann sich ohne weiteres noch beschleunigen.

Der Streit zwischen Bertelsmann und Zomba beginnt zu eskalieren! Im Anleihen Ticker 24 hatte ich Ihnen geschrieben, daß das amerikanische Erfolgslabel Zomba, das Künstler wie Britney Spears, 'N Sync, R. Kelly, Michael Bolton und die Backstreet Boys im Programm hat, eine Put-Option gegen den Medienkonzern ausgeübt hat. Danach muß Bertelsmann die verbleibenden 80% des Unternehmens auch noch übernehmen. Der Preis richtet sich nach der wirtschaftlichen Performance der letzten 3 Jahre von Zomba. Gründer Clive Calder kommt danach auf einen Preis von 3 Mrd. Dollar. Insbesondere da die Sterne der Zomba-Künstler langsam zu verglühen beginnen, ein ausgesprochen hoher Preis. So sieht das inzwischen auch Bertelsmann und versucht den Preis zu drücken. Aus Kreisen, die Calder nahestehen, verlautete, daß Bertelsmann den Preis auf 2,4 Mrd. Dollar drücken will.

Die 1 Mrd. Euro Anleihe, die Bertelsmann zur Finanzierung des Zomba-Kaufes emittieren wollte, scheiterte übrigens kläglich am Kapitalmarkt. Zuerst reduzierte Bertelsmann das Volumen auf 750 Mio. Euro, konnte aber dennoch nicht genügend Interessenten finden. Letztlich ging der Deal still und heimlich Ende Juli über die Bühne und Bertelsmann konnte gerade noch 200 Mio. Euro einsammeln. Handwerklich einfach schlecht gemacht.

Update zu Petroplus: Die Margen-Schere hat in dieser Woche begonnen, sich auszuweiten.


Quelle:FM Research
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arpad
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