Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 07-10-2002, 16:33   #36
arpad
TBB Family
 
Benutzerbild von arpad
 
Registriert seit: Sep 2001
Beiträge: 6.800
Für die 40. Kalenderwoche 2002

Sehr geehrte Damen und Herren,
Pimco spielt in Brasilien das alte "Pump and Dump" Spiel. Der einflußreiche Fondsmanager Bill Gross und sein Kollege Mohamed El-Erian von Pacific Investment Management sind sich sicher, daß es keinen Ausfall des Schuldendienstes in Brasilien geben wird. Angeblich kauft Pimco, die mit dem Total Return Fund den größten Anleihen-Fonds der Welt verwaltet, brasilianische Anleihen, da das aktuelle Niveau so attraktiv sei. Jemand, der 60 Mrd. Dollar verwaltet, hat selbstverständlich einiges an Gewicht und kann Kurse kurzfristig nach Belieben nach oben oder unten treiben. Wer allerdings dem bullischen Ausblick von Pimco Glauben schenken will, sollte wissen, daß sich im Besitz der Pimco Fonds brasilianische Anleihen mit einem Nennwert von knapp 1 Mrd. Dollar befunden haben, bevor die Kurse in Brasilien einbrachen. Daß Bill Gross und sein Kollege El-Erian nun versuchen gute Miene zum bösen Spiel zu machen, ist verständlich, schließlich müssen sie ihre Gewichtung in Brasilien abbauen und das mit möglichst geringen Verlusten.

Am Sonntag sind Präsidentschaftswahlen in Brasilien. Der Kandidat der Sozialdemokraten, der charismatische Gewerkschaftsführer Lula da Sila, liegt meilenweit vorne. Nach der jüngsten Umfrage von Toledo & Associates würden 46,3% der Bevölkerung aktuell da Silva wählen. In der letzten Umfrage, die vor zwei Monaten vorgenommen wurde, erreichte da Silva "nur" 33,6% der Wählerschaft. Zwar konnte sich Jose Serra, der Gegenkandidat der regierenden Partei, zwischenzeitlich auch verbessern, aber seine Umfragewerte erreichten zuletzt nur 17,6%. Serra liegt damit an zweiter Stelle hinter da Silva. Auch die anderen Fakten sprechen weiterhin gegen Brasilien.

Rund 80% der Staatsschulden sind entweder im Dollar und Euro oder an die aktuellen Zinsen gekoppelt, die fortlaufend steigen. Die Devisenabhängigkeit ist wie eine Schlinge, die sich immer enger um den Hals der brasilianischen Regierung zieht. Ende August beliefen sich die Schulden des Staates auf 1,05 Billionen Reais. Jede Abwertung der Währung gegenüber dem Dollar um ein Hundertstel (!) erhöht den Schuldendienst um 3,5 Mrd. Reais. Seit bekannt wurde, daß da Silva kandidieren wird, ist der Wert des Real gegenüber dem Dollar in der Spitze um 175 Centavo gefallen. Allein die Währungsveränderung hat also den Schuldendienst auf dem Papier um 613 Mrd. Reais verteuert.

45% der Gläubiger erwarten aktuell einen Schuldenausfall in Brasilien. Das hat die jüngste Umfrage der US-Investmentbank J.P. Morgan Chase ergeben. Das ist eine extrem negative Quote. Das Risiko, daß Brasilien zum zweiten Argentinien wird, kann sozusagen der Wahrscheinlichkeit eines Münzwurfes gleichgesetzt werden. Sicherlich gibt es einige Hoffnungen, die ich nicht verschweigen will. So ist es möglich, daß da Silva nach seiner voraussichtlichen Wahl, im Zweifel findet übrigens am 27. Oktober eine Kandidaten-Stichwahl statt, die Kapitalmärkte beruhigt, also eine kapitalistische und keine sozialistische Wirtschafts- und Geldpolitik fährt. Das ist jedoch ein dünner Strohhalm. Hoffnung besteht auch noch, daß der IWF wieder die Feuerwehr spielt und für die privaten Gläubiger die Kastanien aus dem Feuer holt. Doch unterm Strich bleibt es dabei: In Brasilien überwiegen die Risiken die Chancen.

Wie erwartet, meldet ProSieben Sat.1 einen schwachen Ausblick für 2002. Die Flaute am deutschen Werbemarkt hält an und daran wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern, so die Meldungen in dieser Woche aus Unterföhringen. Die jüngste Studie der Prognos AG, von ProSieben Sat.1 in Auftrag gegeben, kommt zu dem Ergebnis, daß der Gesamtwerbemarkt in Deutschland um 7,4% in 2002 fallen wird. Da das 3. Quartal für ProSieben Sat.1 "enttäuschend" verlaufen ist, senkte das Management die Prognose für das Jahres-EBITDA von 200 auf 140 bis 160 Mio. Euro. Diese neue Prognose sorgte am Aktienmarkt für eine Verstärkung des negativen Trends, wenngleich der Anleihenmarkt mit etwas mehr Gelassenheit auf die Meldung reagierte. Im Gegensatz zum Management, das sich ein anderes Ergebnis erwartet hatte, waren die verhaltenen Aussichten für 2002 am Anleihenmarkt bereits weitestgehend in den Kursen eingepreist worden.

Zwei interessante High-Yield Anleihen habe ich noch für Sie:

Fairchild Semiconductor Anleihen bieten effektive Renditen von 9 bis 10%. Sie wissen, daß die zyklische Halbleiterbranche momentan schwer unter Beschuß steht. Der sich im 1. Halbjahr abzeichnende zarte Aufschwung scheint von der Nachfrageschwäche im 2. Halbjahr wieder abgewürgt zu werden. Dennoch sollte man innerhalb des sehr breit angelegten Halbleitermarktes differenzieren, um nicht alle Unternehmen über einen Kamm zu scheren. Besonders stark belastet sind Hersteller von herkömmlichen DRAM-Speichermodulen und PC-Prozessoren und Ausrüster der Halbleiterbranche im allgemeinen. Im Branchenvergleich überdurchschnittlich gut entwickeln sich dagegen Hersteller von Flash-Speichern, passiven Halbleitern und sogenannten "embedded chips". Zur letzteren Gruppe gehört Fairchild.

Fairchild wurde obendrein vor wenigen Tagen von Moody's lobend erwähnt. Die Ratingagentur bestätigte insbesondere, daß die Liquidität des Unternehmens für die kommenden 12 bis 18 Monate gesichert sei und der Cash-Flow insgesamt neutral bzw. eventuell sogar positiv ausfallen wird. Auch mit ihren Quartalsergebnissen hat sich Fairchild in diesem Jahr vom Rest der Branche deutlich abgehoben. Um jedoch das Investitionsrisiko dieser Spekulation so gering wie möglich zu halten, empfehle ich, den kommenden Quartalsbericht in zwei Wochen abzuwarten und danach über einen Einstieg zu entscheiden. Die Analystenkonferenz von Fairchild ist für den 17. Oktober avisiert. Ich werde daher im Anleihen-Ticker am 18. Oktober über einen Kauf endgültig entscheiden.

Mit Tower Automotive kommt ein alter Bekannter wieder ins Rennen. Ich hatte die Wandelanleihen des Automobilzulieferers, einem Hersteller von PKW-Rahmen, im Juli mit einer Performance von 21,85% zum Verkauf gestellt. Mittlerweile ist der Aktienkurs wieder erheblich gefallen und hat eine breite Unterstützung gefunden. Das macht sich auch im Kurs der Wandelanleihen bemerkbar, der bei 87 bis 88% aktuell einen Boden bildet. Ich wage daher einen spekulativen Einstieg. Die Anleihe mit der WKN 394 573 hat eine Fälligkeit zum 1. August 2004. Der fest Kupon liegt bei 5%. Die effektive Rendite bis Endfälligkeit liegt aktuell bei 12,22% bei einem Briefkurs von 88,56%. Das Volumen der Anleihe liegt bei 200 Mio. Dollar und der Nennwert liegt bei 1.000 Dollar. Das Rating ist "B3" bzw "B+", also eine risikoreiche Hochzinsanleihe.


Quelle:FM Research
__________________
Schöne Grüße
arpad
arpad ist offline   Mit Zitat antworten