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Alt 13-09-2002, 15:57   #29
arpad
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Für die 37. Kalenderwoche 2002

Sehr geehrte Damen und Herren,
mit einem "Nein" der Iren platzt die Konvergenzspekulation am Anleihenmarkt. Auf den ersten Blick besteht zwischen der Abstimmung in Irland und der Kursentwicklung von osteuropäischen Anleihen scheinbar kein Zusammenhang, doch auf den zweiten Blick erinnert die aktuelle Situation an den berühmt berüchtigten Schmetterlingseffekt der Chaos-Theoretiker, die der Theorie anhängen, daß ein Schmetterling in China einen Hurrikan in der Karibik auslösen kann.

Wenn die Citigroup allerdings eine Umfrage in Auftrag gibt, um herauszufinden, ob die Iren für eine Ratifizierung der Beschlüsse von Nizza stimmen oder nicht, dann stellt sich sehr schnell eine Verbindung zwischen beiden Ereignissen ein. Denn mit Salomon Smith Barney betreibt die Citigroup eine der größten Investmentbanken der Welt, die offensichtlich die Auswirkungen der Abstimmung für so wichtig hält, daß sie den Ausgang der Abstimmung schon vor dem Ereignis gewichten können will. Da die Abstimmung im Zweifel wie im letzten Jahr zugunsten eines "Nein" ausfallen wird, aktuell sind noch gut ein Drittel der Wähler unentschlossen, ist die Wahrscheinlichkeit, daß der avisierte Beitritt der osteuropäischen Kandidaten im Jahr 2004 nicht zu machen ist, stark gestiegen.

Steigende Unsicherheit würde jedoch in Osteuropa die Kurse purzeln und die Renditen steigen lassen. Sie müssen bedenken, daß der Anleihenmarkt die Renditen der sichersten Beitrittskandidaten, und damit in übertragener Weise auch das Investitionsrisiko, bereits seit längerem auf das Niveau von Ländern wie Deutschland oder Frankreich gesenkt hat. Das ist selbstverständlich unsinnig, aber dennoch die Wahrheit. Sie müssen also mit ersten Gewinnmitnahmen im Vorfeld der Wahl in Irland, deren Datum aber nur grob feststeht, nämlich "im Herbst" und "spätestens bis Jahresende", und nach einem "Nein" sogar mit einer deutlichen Abwärtsbewegung rechnen. Das konkrete Vorgehen werde ich im kommenden Anleihen-Compass 10/02, der am Mittwoch, den 2. Oktober, in Ihren Briefkästen liegen wird, besprechen.

Bei den Finanzdienstleistern wird es Zeit zu ernten, denn die Performance ist reif für Gewinnmitnahmen. Die gesamte Gruppe ist ein Verkauf geworden, was aus den überkauften Kursen und den extrem niedrigen effektiven Renditen bis Endfälligkeit resultiert. Da die "Flucht in Qualität" seit August zusehends an Fahrt verliert, ist es ratsam die ungewöhnlich hohe Performance, die in der Regel im zweistelligen Bereich liegt, durch einen Verkauf in bare Münze umzuwandeln. Aktuell ergeben sich folgende Performanceergebnisse:

AIG (Rating: Aaa/AAA): Performance: 10,68%, Theoretische Jahresperformance: 7,75%

Dexia (Rating: Aaa/AAA): Performance: 10,69%, Theoretische Jahresperformance: 10,29%

Fortis (Rating: A2/A): Performance: 10,87%, Theoretische Jahresperformance: 11,28%

ING (Rating: Aa2/AA-): Performance: 10,42%, Theoretische Jahresperformance: 7,58%

Neder Waterschapsbank (Rating: Aaa/AAA): Performance: 7,69%, Theoretische Jahresperformance: 7,98%

Ich stelle grundsätzlich alle oben genannten Anleihen zum Verkauf. Überstürzte Eile beim Verkaufen ist aber bisher noch nicht notwendig. Ich werde zudem im kommenden Anleihen-Compass noch einmal kurz auf die Hintergründe aller Unternehmen eingehen.

Im Gegenzug erweitere ich, wie seit längerem avisiert, mein Portfolio an Junk-Bonds mit kurzen Durations um die ProSieben Anleihe mit Fälligkeit zum 4. März 2005. Die festverzinsliche Inhaberschuldverschreibung weist aktuell einen Kupon von 5,5% und eine effektive Rendite bis Endfälligkeit von 14% bei einem Kurs von 83% aus. Der Nennwert liegt bei 1.000 DM also 511,29 Euro. Das Volumen der Anleihe liegt bei 250 Mio. DM, weswegen der Handel auch hauptsächlich über die deutschen Börsenplätze unter der WKN 350 409 abgewickelt wird. Die Anleihe selbst hat kein Rating, aber die ProSieben SAT.1 Media AG wird von Moody's mit Ba3 und einem negativen Ausblick bewertet.

Die hohe und sehr attraktive effektive Rendite bis Endfälligkeit resultiert selbstverständlich aus dem hohen Risiko und der Unsicherheit, was mit dem Hauptgesellschafter von ProSieben, der KirchMedia GmbH passieren wird. Da aber die Sportrechte und die Beteiligung an ProSieben allgemein als die "Perlen" der KirchMedia gelten, wird sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein potenter Gesellschafter finden, womit das Risiko bereits erheblich sinken würde. Ein weiteres und bisher ungeklärtes Risiko besteht für ProSieben aber in der zukünftigen Beschaffung von neuen Filmlizenzen. Hier muß mit der Zeit entschieden werden, wie sich dieses Risiko im einzelnen ausprägt.

Update zu Petroplus: Die Margen-Schere engt sich weiter ein.


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arpad
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