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Alt 07-12-2008, 00:58   #19
Benjamin
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Golfstrom streckt seine warmen Hände zum Himmel
Von Joachim Müller-Jung

12. März 2008


Macht die Rechnung nicht ohne den Golfstrom, so geht die Litanei der Klimaforscher seit Jahren. Eine Mahnung, die in dem Kälte klirrenden Kinostreifen „The Day After Tomorrow“ mit dem schnellen Zusammenbruch des Warmwasserstroms im Nordatlantik und dem daraus folgenden Eiszeiteneinbruch über der Nordhalbkugel zum Menetekel des Klimawandels ausgebaut wurde.

Inzwischen weiß man es in der Wissenschaft besser. Eine Abschwächung der „Warmwasserheizung für Europa“ hält man zwar für wahrscheinlich, ein regelrechter Kollaps aber wird fürs Erste nahezu ausgeschlossen. Das heißt aber nicht, dass der Golfstrom deswegen für die Forschung uninteressant wird. Schon gar nicht für die Meteorologen, wie in einer Veröffentlichung in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Nature“ deutlich wird. Demnach soll der Golfstrom über den Transport riesiger Warmwassermengen nämlich nicht nur Klima und Wetter im Norden beeinflussen, sondern er generiert auch quasi als atmosphärisches Spiegelbild davon gewaltige Winde und Wolkenbänder, die bis in höhere Luftschichten von mehr als elf Kilometer reichen und so nach Auffassung der Forscher - mehr oder weniger stark - das Wetter fern des Atlantiks beeinflussen.

Über den Globus transportiert

Eine amerikanisch-japanische Gruppe will das jetzt nach detaillierten Analysen von Satellitenbildern und anschließenden Computersimulationen erstmals nachgewiesen haben. Ausgangspunkt der Aufwärtsstürme ist das krasse Temperaturgefälle, das der Golfstrom im Nordatlantik bildet. Durch das so erzeugte Luftdruckgefälle entstehen an den nördlichen Fronten des Wasserstroms Winde, die über den Warmwasserstrom hinwegziehen und sich dabei weiter aufheizen. Diese großen Massen Warmluft steigen nach oben, sie produzieren ein regelrechtes Regenband über dem Zentralatlantik und dringen bis in die obere Troposphäre vor.

In diesen Luftschichten werden weitere Wolken gebildet, die Luftströme spalten sich auf. Ein Teil gelangt bis in die extrem starken Strahlströme - die Jetstreams - und werden so den neuen Modellen zufolge quasi über den Globus transportiert. Besonders beeindruckend ist bei dem Naturschauspiel der Weg, den Wind und Wolken über dem Golfstrom nehmen. Offensichtlich folgen sie jedenfalls im unteren Teil ziemlich exakt dem Strömungsmuster im Wasser. Welche Wetterphänomene in Europa und anderswo auf die neu entdeckten Golfstromwinde zurückzuführen sind, ist allerdings noch unklar.
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