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Alt 30-09-2004, 21:09   #17
Starlight
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Sorgen und Nöte zum Quartalsende

Die New Yorker Börsen haben einen ereignisreichen Donnerstag, und sie nehmen die neuesten Nachrichten nicht gut auf. Die Indizes notieren reihum tief rot, die Quartalsbilanz ist schwach, die Unsicherheit vor einem Rededuell der Präsidentschaftskandidaten und vor dem Arbeitsmarktbericht ist hoch.

Schon das Hauptthema des Tages ist eine kleine Sensation – im negativen Sinne, wohlgemerkt. Experten auf dem Parkett können sich nicht daran erinnern, wann ein Dow-Wert zuletzt an einem Tag 25 Prozent seines Marktwertes verloren hat. Der Pharmazeut Merck schafft das heute nach dem überraschenden Rückruf seines erfolgreichsten Präparates. Dass Vioxx zwar manchen Arthritiskranken hilft, andere aber in einen frühen Herztod treibt, macht Unternehmen und Anlegern zu schaffen.

Und doch spiegelt die Katastrophe bei einem Blue Chip nicht das Ausmaß der Unsicherheit wieder, dass den Markt dieser Tage umtreibt. Ein Blick auf das konjunkturelle Umfeld fällt am Donnerstag wieder einmal recht nichts sagend aus. Höhere durchschnittliche Einkommen stehen erneut mehr Arbeitslosen gegenüber – ein Blick auf den großen Arbeitsmarkbericht am morgigen Freitag dürfte Klarheit bringen. Die Zahlen der vergangenen Wochen lassen indes nicht auf allzu gute Berichte hoffen.

Das wiederum dürfte es erneut für Präsident George W. Bush schwierig machen, die Wähler von seiner Wirtschafts- und Steuerpolitik zu überzeugen. Zunächst ist dies aber auch nicht notwendig, an diesem Donnerstagabend wird sich der Präsident im ersten von drei Rededuellen mit seinem demokratischen Herausforderer John F. Kerry in Sachen Außenpolitik messen.

Die Debatte in Miami gehört zu den Schlüsselstunden des laufenden Wahlkampfes. Nachdem ein äußerst schwach organisierter demokratischer Wahlkampf zahlreiche Chancen ausgelassen hat, den Kandidaten Kerry zu positionieren, dürfte am Abend die letzte Stunde schlagen. Schafft es Kerry in dem hart umkämpften Sonnenstaat, mit kurzen und prägnanten Antworten eine klare politische Linie aufzuzeigen, dann dürfte er in den Umfragen zwei Monate vor dem Stichtag noch einmal Boden gut machen. Kann er sich hingegen in Miami nicht profilieren, steigen die Chancen auf eine Wiederwahl von George W. Bush beträchtlich.

Die Wall Street schaut gespannt auf die Debatte, wenngleich für zahlreiche Anleger der zweite Schlagabtausch viel wichtiger sein dürfte: In wenigen Tagen treffen sich Bush und Kerry erneut, um über die Wirtschaftspolitik zu debattieren und damit über die Krise an der Heimatfront.

Die spiegelt sich an diesem Donnerstag erneut in der Quartalsbilanz nieder. Während Dow und S&P-500 auf Sicht der letzten drei Monate fast 4 Prozent verloren haben und damit so schlecht dastehen wie seit anderthalb Jahren nicht mehr, hat es die Hightechs zuletzt noch heftiger getroffen: Die Nasdaq ist im dritten Quartal um fast 8 Prozent eingebrochen, das haben Anleger seit zwei Jahren nicht mehr gesehen.

Die Stimmung auf dem Parkett ist zum Quartalsende angespannt, umso mehr, als es zum Wochenschluss noch einmal darum geht, ob der Dow vier- oder fünfstellig schließen wird. Bei 10 000 Punkten liegt eine wichtige psychologische Grenze für den Index. Wird sie vor dem Wochenende nach unten durchbrochen, drohen weitere Einbußen gleich zu Beginn des vierten Quartals. Dieses steht ohnehin unter einem schlechten Stern, technische Indikatoren zeigen die Möglichkeit auf, dass der Dow wieder bis auf 9600 Punkte stürzen kann.

Der Startschuss ins letzte Viertel des laufenden Jahres fällt am Freitag mit dem Arbeitsmarktbericht. An der Wall Street bleibt es spannend.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.
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