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Alt 21-02-2003, 09:53   #77
arpad
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die 08. Kalenderwoche 2003

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Deutsche Telekom geht den gleichen Weg wie France Telecom und KPN. Aus Sicht der Gläubiger war die Plazierung der 2,3 Mrd. Euro Pflichtwandelanleihe sehr zu begrüßen. Da die Anleihe bei Fälligkeit automatisch in Aktien umgewandelt wird, ist die Emission eigentlich eine Kapitalerhöhung und keine Erhöhung der Schulden. Die Kurse der Telekom-Anleihen sprangen entsprechend an, sind aber mittlerweile ohne Zweifel stark überkauft. Die Aktien erlitten dagegen einen schweren Rückschlag, denn:

Auch die großen Aktienfonds nahmen das Angebot mit Begeisterung auf. Sie verkauften Teile ihrer T-Aktien Positionen und tauschten den Erlös in die Pflichtwandelanleihe mit dem Vorteil, nun 6,5% Zinsen p.a. zu kassieren, um die Anleihe drei Jahre lang zu halten. Das hätten die Fonds ansonsten mit ihren T-Aktien aufgrund der Dominanz der Telekom am Kapitalmarkt auch tun müssen, hätten aber keinen Zins dafür kassiert.

ThyssenKrupp ist dagegen "Toast", wie die Amerikaner sagen. Wie im Vorfeld von vielen Marktteilnehmern befürchtet, stufte Standard & Poor's das Rating auf Junk. Daß ThyssenKrupp gleich von "BBB" auf "BB" fiel, war sicherlich ein harter Schlag. Gespannt kann man nun auch auf die Entscheidung von Moody's sein, die ThyssenKrupp immer noch mit "Baa1" bewerten, wenngleich mit negativem Ausblick.

Die Herabstufung von ThyssenKrupp paßt jedoch perfekt ins Gesamtbild! Wenn Sie die umfangreichen Herabstufungen am deutschen Kapitalmarkt der letzten vier bis acht Wochen zu einem großen Bild zusammenfassen, kann man ohne weiteres sagen, daß die Ratingagenturen am Eingang zum deutschen Kapitalmarkt ein großes Warnschild aufgestellt haben mit der Aufschrift: "Sie verlassen den kapitalistischen Sektor - Betreten auf eigene Gefahr!"

Hier geht es nicht mehr um einzelne Korrekturen. Die Ratingagenturen setzen um, was sich bereits abzeichnete, als man ankündigte, das "AAA" Rating der deutschen Staatsanleihen mit negativen Ausblick zu überprüfen. Das greift selbstverständlich auch auf den Markt der deutschen Unternehmensanleihen über. Ich bin mir sicher: Neben ThyssenKrupp können Sie auch bei der Allianz, Bayer und HeidelbergCement in Zukunft mit einer Herabstufung rechnen.

Die Lage in Südamerika entwickelt sich wie erwartet:

Brasilien erhöhte die Zinsen - wie letzte Woche avisiert. Zum fünften Mal seit vergangenem Oktober erhöhte die brasilianische Notenbank in dieser Woche den Leitzins bzw. die Selic Target Rate um 1% auf nun 26,5%. Damit wurde der höchste Stand seit Mai 1999 erreicht. Doch der Schritt war notwendig, denn Brasilien muß die fast schon galoppierende Inflation in den Griff bekommen, um der steigenden Belastung aus dem enormen Schuldenberg Einhalt zu gebieten.

Kurzfristig schaut der Markt nun auf die anstehende Tranche der Weltbank. In der kommenden Woche rechnet die Regierung mit einem Kredit der Weltbank in Höhe von 505 Mio. Dollar. Das erste frische Geld, daß der neue Präsident Lula da Silva von den multinationalen Organisationen bekommt. Der Präsident kooperiert bisher ohne Zweifel sehr gut mit Institutionen wie der Weltbank und dem IWF, was wichtig für die Kursentwicklung der Staatsanleihen ist. Die Institutionen wiederum sind sehr entgegenkommend, da sie hoffen, mit da Silva wenigstens einen linksgerichteten Führer in Südamerika zu haben, der nicht durchdreht.

Erfreuliche Nachrichten erreicht uns aus Argentinien:

Die Gläubiger von Telecom Argentina sind in die Offensive gegangen. Ich berichtete Ihnen in der vergangenen Woche, daß die Telefongesellschaft die Gläubiger der ausgefallenen Anleihen mit einem Abschlag von 50% auf den Nennwert abspeisen wollte. Statt dessen haben die Gläubiger dazu aufgerufen, ein Konkursverfahren einzuleiten, um die Schulden in Eigenkapital umzuwandeln und somit die Altaktionäre aus dem Unternehmen zu drängen. Primäres Ziel des Aufrufes ist natürlich, den Schuldner unter Druck zu setzen und ein besseres Angebot herauszuholen. Hinter Telecom Argentina stehen übrigens als größte Anteilseigner France Telecom und Telecom Italia.

Nichts neues dagegen im Osten:

Die avisierte Russen-Eurobond Emission rutscht immer weiter nach hinten. Rußland, das seit dem Ausfall von 1998 keine Anleihen im Ausland plaziert hat, hatte im Dezember noch den Erlös von einer 1,25 Mrd. Dollar Anleihe budgetiert, gleichzeitig aber angemerkt, daß die Emission nur kommt, wenn der Preis pro Barrel Rohöl 2003 unter 20 Dollar fällt. Davon ist der Ölmarkt weiter weg denn je. Die Ölfutures notieren in New York zwischen 35 und 37 Dollar pro Barrel für die Lieferung im April. Daher plant die russische Regierung nun weitere Tilgungen von Auslandsschulden in 2003.

Noch ein paar kurze Randbemerkungen zum Schluß:

Australien hat sein "AAA" Rating wieder! Da kann man nur sagen: Herzlichen Glückwunsch!

Das Rating von Nevada Power, wozu auch die Anleihen von Sierra Pacific Resources zählen, ist von Moody's als "stabil" bestätigt worden.

EDS hatte dagegen weniger Glück: Das Rating wurde von Moody's um zwei Stufen auf "Baa2" reduziert.


quelle:FM Research
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arpad
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