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Alt 01-06-2002, 22:57   #6
Champ
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Zusammenfassung meines Systems

Hallo Leute.

Nachdem ich die Zusammenfassung meines Handelssystems jetzt endlich fertiggestellt habe, bin ich gespannt auf Eure Antworten. Jede sachliche Anregung kann mir nur helfen, Fehler zu beheben.

Bis dann
Champ



Ausgangslage und Trading-Idea

Angefangen, mich mit dem Thema Börse zu beschäftigen, habe ich erst mit der Neuemission von T-Online im April 2000. Nichtsahnend und fasziniert von der Möglichkeit schnelles Geld zu verdienen, habe ich mich daraufhin in Technologiewerte gestürzt und mir natürlich eine blutige Nase geholt. Während nun meine Aktien im Herbst / Winter 2000 / 2001, als alle noch von der Nasdaq 5000 redeten und schrieben, Tag für Tag an Wert verloren und sich auch bei den allgemeinen Markterholungen nicht wirklich nach Norden bewegten, fiel mir anhand von Kurslisten auf, dass es immer wieder Aktien gab, die sich entgegen des Markttrends über Tage hinweg positiv entwickelten und insoweit Gewinnpotential aufwiesen.

Aufgrund dieser Beobachtungen habe ich mir dann überlegt, dass es doch eine Möglichkeit geben muss, solche Papiere mit Aufwärtspotential herauszufiltern und von denen zu trennen, die sich gar nicht oder gen Süden bewegen. Zielsetzung war somit letztendlich ein Handelssystem, das neben dieser Trennung exakte Entrys und Exits vorgibt. Ein Handelssystem, das die hohe Volatilität am Neuen Markt gewinnbringend ausnutzt und insbesondere bei schlechter Marktlage die Anzahl der Verlust-Trades begrenzt.



Bestimmung des Entry-Signals

Nach Studium diverser Literatur (z.B. Hit and Run Strategien von Jeff Cooper) bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das Entry-Signal ein bestimmter prozentualer Anstieg über das Vortags-Close sein soll, nachdem die Aktie über einen gewissen Zeitraum davor gar nicht oder nicht um eben diesen Prozentsatz gestiegen war. Das gesteigerte Interesse des Marktes an der jeweiligen Aktie sollte sich insoweit in diesem prozentualen Anstieg wiederfinden.

Obwohl sowohl der Zeitraum davor als auch die Größe des Anstiegs eigentlich frei wählbar sind, weil sich der weitere Aufbau des Handelssystems an dem gewählten Einstiegspunkt orientiert, habe ich eine große Anzahl verschiedener Kombinationen getestet.

Des beste Ergebnis brachte ein 5 %tiger Anstieg, nachdem die Aktie an mindestens zwei Tagen davor gar nicht oder zumindest im Hoch um weniger als 5 % gestiegen war.



Auswertungen

Untersucht habe ich sämtliche Aktien des Neuen Marktes von Januar 1999 bis Februar 2002. Maßgeblich waren dabei ausschließlich die XETRA-Kurse, da die im Parketthandel gestellten Geld- oder Briefschlusskurse, zu denen kein Umsatz zustande gekommen war und die teilweise erheblich von den XETRA-Kursen abweichen, das Gesamtbild hätten verfälschen können.

Während dieses Untersuchungszeitraumes, der alle Phasen beinhaltet, die es an der Börse gibt, also neben Hausse und Baisse auch unvorhergesehene Ereignisse wie am 11.09. letzten Jahres, gab es insgesamt 17.963 Entry-Signale. Diese 17.963 Signale habe ich im Hinblick auf eine bessere Differenzierung zunächst in 32 Teilsysteme unterteilt. Grundlage dieser 32 Teilsysteme waren sämtliche Kombinationsmöglichkeiten von fünf verschiedenen technischen Kennzahlen am Tag vor dem Entry-Signal. Dabei verteilte sich die Gesamtzahl der Signale ungleich auf die Teilsysteme (von 13 bis 3.597).

Bei der Auswertung habe ich nun die Signale in vier verschiedene Kategorien eingeteilt, nämlich Verlierer, Gewinner, sogenannte Big-Trades mit einem Gewinn > 10 % und sogenannte Top-Trades mit einem Gewinn > 20 %. Da ich bei der Auswertung mit einer Slippage von 4 % für Transaktionskosten, schlechteren Kauf und schlechteren Verkauf gearbeitet habe, wurden alle Signale mit einer Differenz zwischen Verkauf und Kauf von weniger als 4 % als Verlierer, einer Differenz von 4 % bis 13,99 % als Gewinner, einer Differenz von 14 % bis 23,99 % als Big-Trades und einer Differenz von über 24 % als Top-Trades eingestuft.

Das Gesamtergebnis belief sich auf insgesamt 32 % Gewinner (5.774 Signale) und insgesamt 68 % Verlierer (12.219 Signale). Von den Gewinnern waren 26 % Big-Trades (1.509 Signale) und 30 % Top-Trades (1.723 Signale).

Bezüglich der 32 Teilsysteme fiel das Ergebnis sehr differenziert aus. Dabei betrug die schlechteste Gewinnquote 13 % und die beste Gewinnquote 47 %.

Interessant war festzustellen, dass in 12 der 32 Teilsysteme der Quotient von Gewinn- und Verlustpotential zwischen 1,82 und 5,63 lag, was ja nichts anderes bedeutet, als dass bei diesen Teilsystemen der mögliche Gewinn um bis zum fast sechsfachen größer war als der mögliche Verlust. Unter der Annahme jeden Trade gemacht zu haben, wäre somit auch ohne Optimierung schon ein nicht unbedeutender Gewinn übrig geblieben.

Weniger überraschend war die Feststellung, dass sich Gewinner und Verlierer je nach Gesamtmarktentwicklung häuften, ohne dass es Zeiten ohne jegliches Gewinnpotenzial gegeben hätte.



Bestimmung des Exit-Signals

Nach dem Entry-Signal sollte auch das Exit-Signal einen objektiven und messbaren Wert erhalten. Für den Einstiegstag konnte das nur ein bestimmter Prozentsatz unter dem Open sein. Für die Folgetage habe ich dann einen bestimmten Prozentsatz unter dem letzten höchsten Close nach Einstieg gewählt.

Bei der Auswertung war festzustellen, dass das Fallen des Kurses unter den entsprechenden Exit-Kurs in über 90 % aller Fälle weiteres Verlustpotential eröffnete bzw. die Aktie sich in eine Seitwärtsbewegung begab und somit totes Kapital darstellte.

Das Erreichen des Exit-Kurses und der damit verbundene Ausstieg aus dem Papier stellte also mit größter Wahrscheinlichkeit die Sicherung des bisher erzielten Gewinns bzw. im schlechteren Fall die Vermeidung eines noch größeren Verlustes dar.

Die Auswertungen haben dabei für die 32 Teilsysteme verschiedene Prozentsätze für das Exit-Signal ergeben.



Optimierung

Obwohl das Handelssystem wie oben bereits beschrieben in 12 der 32 Teilsysteme gewinnbringend arbeitet, habe ich zur Vermeidung unnötiger Verluste eine Optimierung vorgenommen. Als Werkzeug benutzte ich dabei die Kombination von bis zu 46 technischen Kennzahlen mit Wert vom Tag vor dem Entry-Signal. Zur besseren Übersicht habe ich dabei die 32 Teilsysteme gestaffelt nach Trendstärke, gemessen am ADX, auf insgesamt 204 Untersysteme aufgeteilt.

Bei der Optimierung war festzustellen, das z.B. in bestimmten RSI-, Stochastik- oder CCI-Bereichen fast ausschließlich Verlierer zu finden waren.

Durch Eliminierung dieser hauptsächlich verlustbringenden Bereiche konnte das o.g. ursprüngliche Gesamtergebnis auf insgesamt 86 % Gewinner (3.971 Signale) und insgesamt 14 % Verlierer (648 Signale) verbessert werden. Von den Gewinnern waren 29 % Big-Trades (1.161 Signale) und 35 % Top-Trades (1.386 Signale).

Bezüglich der 32 Teilsysteme fiel das Ergebnis wie schon bei der Grundauswertung differenziert aus. Dabei betrug die schlechteste Gewinnquote 75 % und die beste Gewinnquote 100 %.

Unterm Strich waren durch Anwendung dieses optimierten Handelssystems Kursgewinne von insgesamt 87.819 % möglich. Dabei flossen die verbliebenen Verlierer mit einem Durchschnittswert von 8 %, die einfachen Gewinner mit einem Durchschnittswert von 5 % sowie die Big-Trades und Top-Trades in tatsächlicher Höhe abzüglich Slippage in die Berechnung mit ein. Diese Werte sind für jedermann nachzurechnen.



Fertigstellung des Handelssystems

Nach Beendigung der Auswertungen habe ich aus den gewonnenen Erkenntnissen (auch) zur (späteren) Überprüfung der Ergebnisse Handelssysteme für die von mir benutzte Software (Market Maker 98) programmiert.

Die hieraus daraufhin entwickelten 204 Formelfilter liefern mir nach täglicher Aktualisierung der XETRA-Kurse und -Umsätze eine Liste mit den Wertpapieren, die sich in einer ähnlichen charttechnischen Situation befinden, wie die erfolgreichen Trades des optimierten Handelssystems. Sollte dann am nächsten Handelstag das o.a. Entry-Signal erfolgen, kommt es zu einem limitierten Kauf.



Out-of-Sample-Daten

Es ist immer einfach, ein auf historische Kursdaten abgestelltes Handelssystem so zu optimieren, dass es ein verdammt gutes Ergebnis liefert. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass es auch in der Zukunft funktioniert. Fraglich ist daher, zu welchen Ergebnissen es mit Out-of-Sample-Daten kommt.

Seit Ende März bin ich mit meinem Handelssystem im Markt. Bis zum einschließlich 07.05. gab es dabei nicht viel zu gewinnen. Ohne Optimierung hätte es in diesem Zeitraum 741 Entry-Signale gegeben, von denen lediglich ca. 8 % zu einem Gewinn geführt hätten. Mit dem optimierten Handelssystem kam es in dieser Zeit tatsächlich zu 80 Trades, von denen 25 erfolgreich waren. Das entspricht einer Quote von ca. 31 %.

Obwohl dieses Ergebnis zu einem Minus in meinem Depot geführt hat, war das optimierte Handelssystem dahingehend erfolgreich, dass es über 92 % der Verlierer ausgeschlossen hat.

Vier richtig gute Handelstage (08.05. sowie 13.05. Bis 15.05.) haben meinem Depot dann eine deutlich positive Performance verschafft.

In der Realität war darüber hinaus festzustellen, dass man nach Eintritt des Kaufsignals in der Regel im Bereich des Entry-Kurses und oftmals auch besser kaufen konnte.

Die Verkaufskurse waren unter der Voraussetzung, dass ich restriktiv mit StopLoss gearbeitet habe, nah am Exit-Kurs. Ohne StopLoss kommt man oft nicht schnell genug raus aus dem Papier.

Der durchschnittliche Verlierer brachte ein Minus von 7,35 %, die Gewinner durchschnittlich ein Plus von 17,34 %.

Außerdem war festzustellen, dass der Exit-Kurs wie schon bei den historischen Daten in über 90 % der Fälle richtig gesetzt war.
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