Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 18-10-2004, 19:44   #47
Starlight
TBB Family
 
Benutzerbild von Starlight
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 34.578
Barbie, G.I. Joe und die amerikanische Jugend

Die amerikanische Jugend hat es nicht leicht dieser Tage, und das spiegelt sich in den Quartalszahlen zweier Spielzeug-Riesen wieder. Mattel und Hasbro haben mit ihren Verkäufen entäuscht: Hasbro bilanziert ungenügende Nachfrage nach dem Plastik-Heroen G.I. Joe, und bei Mattel bleibt die Barbie im Regal liegen.

Dass sich beide Puppen nicht verkaufen, könnte als Hinweis auf die Unentschlossenheit einer Jugend gelesen werden, die zwischen zwei unseligen gesellschaftlichen Strömen treibt. Auf der einen Seite steht ein Präsident, der sein Land in einen sturen Krieg getrieben hat, den eine breite Mehrheit spätestens seit dem Auftauchen jüngster Hintergrundberichte der Geheimdienste nicht mehr unterstützt.

Während sich die internationale Gemeinschaft sicher ist, dass es im Irak weder Massenvernichtungswaffen gab noch eine direkte Verbindung zur Al-Kaida, während die Nachrichtensendungen auch ein starkes Jahr nach der berühmten „Mission accomplished“-Rede von George W. Bush von toten Soldaten berichten, will man das Ganze im Wohnzimmer doch nicht mehr nachspielen. Amerikas Kinder legen G.I. Joe zurück in die Box und schieben ihn hinter den Schrank – der Krieg im Irak lässt sich nicht ganz so leicht beseitigen.

Doch nicht nur der Krieg macht den Amerikanern Sorgen. Auch ein gesellschaftlicher Wandel, der immer weiter weg von der Informations- und Technik-Elite und hin zu TV-Sensationen, Videospiel und Teenie-Idolen führt, stellt die Zukunft der einstigen… pardon: einzigen Supermacht in Frage. Die New York Times hat die zunehmende Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt aus Indien und China erst am Wochenende so begründet: „Bill Gates ist in China Britney Spears. In den USA hingegen ist Britney Spears Britney Spears.“

Sinkende Umsatzzahlen bei Barbie lassen jetzt wieder darauf hoffen, dass junge Amerikanerinnen nicht ausschließlich auf eine Halbwelt aus dem Modediktat der Paris Hilton und dem Schock-Fernsehen um rülpsende Verlobte setzen. Auch dass der Hersteller Mattel steigende Umsätze nach Fisher-Price-Artikeln ausweist, unterstreicht den Trend.

Der kommt natürlich spät: Wer heute (nicht) mit Barbie und G.I. Joe spielt, der signalisiert zwar eine gewisse Bereitschaft zum Umdenken. Bis die Kinder an der Macht sind und nach Joe auch die übrigen G.I.s, und nach Barbie auch die übrigen Britneys und Hiltons ausrangiert werden können, wird es aber noch einige Jahre dauern.

Lars Halter - © Wall Street Correspondents Inc.
Starlight ist offline   Mit Zitat antworten