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Alt 08-02-2006, 20:31   #418
Starlight
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Werbung und Medaillen

Dabei sein ist alles? Von wegen. In den USA zählt nur der Sieg. Das war vor einigen Tagen beim Super Bowl so, wo die heldenhaften Pittsburgh Steelers gegen irgendein längst vergesses Team gewannen. Und das wird bei der anstehenden Olympiade so sein, was den zu General Electric gehörenden Sender NBC vor ein Problem stellt.

Amerikanische Sportler nämlich mögen auch in Turin recht gut abschneiden. Allerdings sind die Medaillenchancen längst nicht so hoch wie bei den Sommerspielen. Zuletzt in Athen hat die US-Auswahl sämtliche Medaillenrekorde gebrochen, und das ganze Land sah begeistert zu.

Nach Turin schickt man mit dem zuletzt auf Schlagzeilen abonnierten Ski-As Bode Miller und den Einkunstläuferinnen Sasha Cohen und Michelle Kwan zwar auch einige Top-Favoriten, allerdings werden die Sportler unter dem Star-spangled Banner die Spiele wohl nicht so dominieren wie im Sommer. Zu stark ist die Konkurrenz aus den skandinavischen Ländern, zu zahlreich sind Rand-Sportarten (Curling, etc…) von denen die meisten Amerikaner noch nie gehört haben.

Das hat direkte Auswirkungen auf das Fernsehpublikum. Die Fans sind nämlich nur mit Goldmedaillen und Sieger-Hymnen bei der Stange zu halten. Entsprechend werden die Einschaltquoten für Turin deutlich unter denen für Athen liegen. Das wiederum hat finanzielle Folgen: Experten rechnen kurz vor Eröffnung der Spiele damit, dass Corporate America etwa 900 Millionen Dollar in Fernseh-Werbung stecken wird. Das sind rund 20 Prozent mehr als bei den Winterspielen vor vier Jahren in Nagano, aber satte 33 Prozent weniger als während der Sommerspiele in Athen eingenommen wurden.

Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Spiele in den nächsten Wochen noch immer das Fernseh-Ereignis Nummer Eins sein werden. Die großen Kunsumartikler lassen es sich nicht nehmen, einmal vor einem im Geiste vereinten Publikum zu werben. Dass auf Sofas im ganzen Land nicht Yankees- gegen Red-Sox-Fans streiten, sondern alle Zuschauer hinter dem Team USA stehen, soll die Resonanz auf die Werbung verbessern.

Entsprechend großzügig investieren Coca-Cola und McDonald’s, und der Kreditkartenriese Visa nutzt die Gelegenheit gar zur Einführung eines neuen Mottos. Nach 20 Jahren wird „It’s everywhere you want to be“, abgelöst, denn der Spruch ist obsolet geworden. Längst sind Kreditkarten so verbreitet, dass auch die Konkurrenz überall akzeptiert wird. „Life takes Visa“ heißt es künftig, während der Olympiade läuft die neue Kampagne an.

Einer der größten Werbekunden von NBC ist aber: NBC selbst. Für den Fernsehsender aus der GE-Familie sind die Olympischen Spiele nämlich mehr als eine Einnahmequelle. Nachdem die Quoten des Netzwerks in den letzten Jahren stetig gefallen sind, nutzt man das außergewöhnlich große Publikum zur Vorstellung einiger neuer Sendungen, die dann ab März anlaufen sollen. TV-Kritiker, die erste Folgen der neuen Serien gesehen haben, glauben an eind starke Saison für den Sender – unter anderem dank der starken Eigenwerbung während der Spiele.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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