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Alt 21-09-2004, 19:07   #7
Starlight
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Wo steht der Markt?

Wo steht der Markt?


Von Jochen Steffens
Heute Abend ist, wie gesagt, Zinsentscheidung in den USA. Höchst interessant sind die Bewegungen der Märkte im Vorfeld. Der Dax zeigt sich erstaunlich stabil, drückt sich aber etwas um die 4000er Marke, an der mit 3998,50 Punkten zunächst vorbeischrabbelte. Der Euro hingegen zeigt sich stärker und klettert auf Werte um die 1,2266 Dollar. Das beeinflusst wiederum den Goldpreis, der auch leicht auf 409 Dollar zulegen konnte.

Wissen die Devisenhändler etwas, das wir nicht wissen? Nein, aber die Zinserhöhung um 25 Basispunkten ist bereits im Markt eingepreist. Die Devisenhändler gehen davon aus, dass diese Zinserhöhung den Dollar nicht sonderlich stärken wird. Dafür sind die schwächenden Faktoren, wie das US-Handelsbilanzdefizit und die US-Staatsverschuldung zu gravierend.

Sie wissen, ich liebäugele damit, dass die Fed die Zinsen unverändert lässt. Es wäre angesichts der deflationären Tendenz der vernünftigste Schritt. Das Problem: Sollte die Fed die Zinsen nicht senken, könnte der Markt das als Eingeständnis in die wirtschaftliche Schwäche auffassen – je nach dem, welche Äußerungen Alan Greenspan im Anschluss von sich gibt.

Damit wären wir bei Old Greeny, der die Geschicke der Weltwirtschaft seit so vielen Jahren in seinen Händen hält. Wir alles wissen, dass die wahrscheinlichste Variante eine weitere Zinserhöhung ist, gefolgt von mehr oder weniger undurchsichtigen Statements, die von den Analysten mehr oder weniger eindeutig interpretiert werden.

In letzter Zeit führten die Statements von Alan Greenspan häufig zu einem kurzen Kursrückgang, der ebenso schnell wieder aufgekauft wurde. Das kann auch diesmal wieder so sein.

Auch der Ölpreis, der durch die Yukos Krise und die beginnende Unsicherheit im Iran gerade mal wieder seine letzten Hochs anpeilt, kann den Markt weiter in der aktuellen Konsolidierungsphase halten. Generell kann ich jedoch immer nur feststellen, dass der Markt trotz dieser Faktoren ausgesprochen stabil bleibt! Und das ist insoweit ein bullishes Zeichen.

Die Konsolidierungsphase gibt uns die Gelegenheit, uns einmal einen idealtypischen Trendverlauf anzusehen.


Idealtypischerweise verläuft ein Aufwärtstrend in 3 Phasen:

In der ersten Phase kaufen die starken Hände gegen die allgemeine Marktunsicherheit den Markt. Die Kurse steigen. Die häufigste Frage, die sich ein geneigter Laie in dieser Phase stellt, ist: "Wieso steigen die Märkte, bei solch schlechten Nachrichten?"

Diese Phase haben wir gerade hinter uns!

In der zweiten Phase begreift der breite Marktkonsens der Großanleger (Fonds, Institutionellen, Vermögensverwalter), dass sich der Markt stabilisiert hat. Sie steigen ein. Die häufigste Frage, die sich der geneigte Laie in dieser Phase stellt, ist: "Wo finde ich sichere Anlagen in die ich vorsichtig einsteigen kann?"

Diese Phase haben wir sozusagen noch vor uns.

Die dritte Phase ist die Übertreibungsphase. Diese Phase ist davon gekennzeichnet, dass wirklich jedem so langsam aufgeht, dass sich der Markt in einem Aufwärtstrend befindet. Kaum einer redet noch von Gefahren, der Markt und das Umfeld haben sich deutlich verbessert. Der geneigte Laie fragt jeden, den er kennt oder nicht kennt: Wo gibt es Aktien, die noch Potential haben, so kleiner desto besser und wer gibt mir noch etwas Kredit (passend zu Übertreibungsphase etwas übertrieben formuliert).


Diese Phase ist noch weit entfernt. Aber ich schreibe es schon einmal, vielleicht nehme ich Ende des Jahres noch einmal Bezug auf diese Phase. Die jeweiligen Phasen werden von kürzeren oder längeren Konsolidierungsphasen voneinander getrennt.

Natürlich ist das der idealtypische Verlauf und selten verläuft an den Börsen etwas idealtypisch. Trotzdem ist dieses Phasenmodell eine gute Landkarte, an der Sie ersehen können, wo sich ein Markt befindet: Aktuell in der Konsolidierungsphase zwischen Phase eins und Phase zwei.

Noch eins zum Umsatz: In der ersten Phase ist der Umsatz dürftig, in der zweiten Phase nimmt er stetig zu, die Ordergrößen steigen und in der letzten Phase steigt er dramatisch an, obwohl hier gerne die umgesetzten Ordergrößen wieder etwas sinken (Hier kaufen die Kleinanleger, während die starken Hände anfangen zu verkaufen).

Der Dow hat nun mit seiner Konsolidierung die 10200er Marke erreicht, das ist soweit erwartet. Hier wird sich nun entscheiden, ob es weiter geht oder nicht. Sollte der Dow (nachhaltig) unter die 10.000er Marke fallen, dann wird es bearisher. In diesem Fall müsste die bullishe Einschätzung überdacht werden. Bis dahin gilt jedoch: Es geht weiter!

Und so fallen die Worte unseres alten Grünspans, im Englischen auch "verdigris" genannt, wieder einmal in eine marktentscheidende Phase ... wie so oft ... hm – seltsam ...


Quelle: Instock
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