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Alt 18-06-2003, 07:53   #62
nokostolany
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FRANKFURT (dpa-AFX) - An diesem Mittwoch (18. Juni) fällt die Pariser
Strafkammer das Urteil im Prozess wegen Bilanzfälschung gegen den französischen
Notenbankchef Jean-Claude Trichet. Nach Einschätzung von Experten fällt damit
auch eine Vorentscheidung über die Nachfolge von Wim Duisenberg an der Spitze
der Europäischen Zentralbank (EZB). Die französische Regierung ist bisher nicht
von Trichet als ihrem Kandidaten für den Posten des obersten europäischen
Währungshüters abgerückt.

Trichet benötigt nach Einschätzung von Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der
Bremer Landesbank, einen Freispruch, um den Posten an der Spitze der EZB
antreten zu können. Sollte es vor der Pariser Strafkammer allerdings zu einer
Verurteilung kommen, "halte ich es für geeignet, auf Trichet zu verzichten",
sagte Hellmeyer. Es passe einfach nicht zur Position des EZB-Präsidenten, wenn
dem Amt nach einer Verurteilung "ein derartiger Makel anhafte".

BEIHILFE ZUR BILANZFÄLSCHUNG

Die Staatsanwaltschaft hält es für erwiesen, dass sich Trichet zu Beginn der
90er Jahre als Leiter des französischen Schatzamtes der Beihilfe zur Vorlage
gefälschter Bilanzen und der Verbreitung von Falschinformationen strafbar
gemacht hat. Es geht um Bilanzfälschungen bei der ehemals staatlichen Großbank
Credit Lyonnais SA <PCL.PSE> <LYNA.FSE>. Damals sollten Verluste der Bank
verschleiert werden. In ihren Plädoyer forderte die Staatsanwaltschaft für
Trichet eine Bewährungsstrafe von mindestens zehn Monaten. Der Anwalt des
französischen Notenbankchefs forderte dagegen einen Freispruch.

Prozessbeobachter geben Trichet noch Chancen. Eine Reihe von Zeugen,
darunter der ehemalige französische Premierminister und Finanzminister Raymond
Barre, entlasteten Trichet. Der 60-jährige Angeklagte selbst hatte "niemals
Zweifel an der Seriosität des Zahlenwerks" der Credit Lyonnais.

EZB-GELDPOLITIK BLEIBT UNVERÄNDERT

Dennoch werden bei einer möglichen Verurteilung Trichets auch
Alternativkandidaten für die Posten des EZB-Chefs gehandelt. Nach Einschätzung
von Experten gelten der ehemalige Vizepräsident der EZB, Christian Noyer und der
Präsident der Osteuropabank, Jean Lemierre, als aussichtsreichste Kandidaten.
Für Volker Hellmeyer von der Bremer Landesbank sind "beide Alternativen
möglich". Dabei spiele die Personalie an der Spitze der Notenbank für die
Strategie der EZB aber keine große Rolle. "Egal wer letztendlich an der Spitze
der EZB stehen wird, die bisherige Politik der EZB wird sich nicht grundsätzlich
ändern", sagte Hellmeyer.

Eigentlich sollte Duisenberg bereits am 9. Juli seinen Chefsessel bei der
EZB räumen. Die EU-Finanzminister hatten sich aber bei einem Treffen im April
geeinigt, die Amtszeit des 67-jährigen Niederländers für einige Monate zu
verlängern./jkr/js/sit



Quelle: News (c) dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH
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