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Alt 16-06-2005, 09:15   #114
Benjamin
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Stand: 9. Juni 2005 Erneuerbare Energien

Wie der VDEW Deutschlands Vorreiterrolle bei den Erneuerbaren kippen will

Informationspapier zum VDEW-Vorschlag eines "Intergrationsmodells"

Auf seinem Kongreß am 8. Juni 2005 in Berlin stellte der VDEW (Verband der Elektrizitätswirtschaft) einen "Diskussionsvorschlag zur künftigen Förderung erneuerbarer Energien" vor. Danach soll das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgeschafft und durch ein anderes Instrument ersetzt werden. Hier einige Erläuterungen zu den Vorschlägen des VDEW und was dies für die Erneuerbaren Energien in Deutschland bedeutet.


1. Was ist das EEG und wie funktioniert es?

Das EEG ist die gesetzliche Grundlage für den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich in Deutschland. Das EEG verpflichtet die Stromnetzbetreiber, Anlagen, die Strom aus Erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Geothermie) erzeugen, vorrangig an ihr Netz anzuschließen sowie den erzeugten Strom abzunehmen und zu vergüten. Den Preis für den Strom regelt das EEG; er ist für i.d.R. 20 Jahre gültig. Der Preis ist je nach Energiequelle (Wind, Sonne etc.), Anlagegröße und teilweise Standort (z.B. zwischen Wind an der Küste und im Binnenland) unterschiedlich hoch. Auf diese Weise ermöglicht das Gesetz für die unterschiedlichen Energieträger und Erzeugungsarten jeweils eine kostendeckende und technologiespezifische Vergütung und vermeidet zugleich Mitnahmeeffekte. Durch die Abnahmepflicht und kalkulierbare Vergütung besteht für die Anlagenbetreiber eine hohe Investitionssicherheit, die zu dem erfolgreichen und kostengünstigen Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland geführt hat.

Die weit überwiegende Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten nutzt vergleichbare Gesetze (sog. Einspeiseregelungen) für die Markteinführung der Erneuerbaren Energien.


2. Was schlägt der VDEW vor ?

Der VDEW will in einer ersten Phase ein sogenanntes Bonusmodell mit dem Kennzeichen der "Eigenvermarktung" einführen. Die Produzenten von Strom aus Erneuerbaren Energien müssten sich danach selbst Abnehmer suchen und mit diesen einen Preis aushandeln. Zusätzlich sollen die Anbieter Erneuerbarer Energien für jede Kilowattstunde produzierten Strom einen festgelegten Bonus erhalten, ähnlich der Regelung im existierenden Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz. Drüber hinaus sollen verpflichtend Herkunftsnachweise für Strom aus Erneuerbaren Energien eingeführt werden, wie sie heute bereits freiwillig nach Regeln des EEG erstellt werden können.

Im zweiten Schritt strebt der VDEW ein europaweites Quotenmodell an. Dieser Schritt soll "möglichst bald" eingeführt werden. Spätestens für diesen Zeitpunkt sieht der VDEW die Abschaffung der Abnahmeverpflichtung und des Vorrangs für Erneuerbare Energien vor. Bei einem Quotenmodell wird ein bestimmter Anteil (Quote) von Strom aus Erneuerbaren Energien am gesamten Stromverbrauch festgelegt, die eine Gruppe von Akteuren -Unternehmen, Netzbetreiber oder Endverbraucher- erreichen soll. Meist wird dieses System mit einem Zertifikathandel kombiniert: jede Kilowattstunde Strom aus Erneuerbaren Energien wird mit einem Zertifikat versehen.

Gelingt es einem Unternehmen nicht, seine Quote zu erfüllen, so muss es eine bestimmte Anzahl von Zertifikaten erwerben.
Parallel dazu soll eine Regelung entsprechend dem EEG für sehr kleine Anlagen erhalten bleiben.


3. Warum schlägt der VDEW einen Wechsel vor ?

Es ist nicht klar, was der VDEW mit einem Wechsel bezweckt. Wir haben in Deutschland mit dem EEG ein exzellentes Gesetz, das weltweit Beachtung findet und nachgeahmt wird. Es sorgt für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, ist billiger als andere Regelungen und ist ein schlankes Gesetz, ohne viel Bürokratie. Die von dem VDEW vorgeschlagenen Modelle führen erfahrungsgemäß zu höheren Preisen für Strom aus Erneuerbare Energien und damit höheren Kosten für die Verbraucher. Darüber hinaus wird der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strommarkt erheblich gefährdet. Das zeigen die Erfahrungen aus Ländern, die keine Einspeiseregelung haben. Es droht ein Stillstand mit den unter Kapitel 5 beschriebenen Folgen.


4. Kriterien für ein Instrument zur Markteinführung Erneuerbarer Energien im Strommarkt

Ein Instrument zur Markteinführung Erneuerbarer Energien muss vor allem effizient und effektiv sein. D.h., es muss möglichst geringe Kosten verursachen und zu geringen Mitnahmeeffekten sowie zu einem deutlichen Ausbau der Erneuerbaren Energien führen. Es sollte die durch die Massenproduktion möglichen Kostensenkungen nutzen. Im Einzelnen sollte ein Instrument:

Einen zügigen Ausbau der Erneuerbaren Energien ermöglichen
Deutschland hat sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Reduktion der Treibhausgase in der Periode 2008-2012 um 21% gegenüber dem Jahr 1990 verpflichtet. Hierzu soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien einen wesentlichen Beitrag leisten.
Der deutsche Ausbau der Erneuerbaren Energien erfolgt in Rahmen einer europaweiten Strategie: Deutschland hat gemäß den in der EU-Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (RL 2001/77/EG) festgelegten nationalen Richtzielen die Vorgabe, bis 2010 mindestens 12,5 % des Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen. Dieses Ziel muss und will Deutschland erfüllen. Entsprechend wurde es in das EEG aufgenommen. Mit einem Anteil der Erneuerbaren Energien von 9,3 % ist Deutschland auf einem guten Weg, das Ziel zu erreichen - solange die günstigen Bedingungen anhalten. Das Wachstum muss aber fortgeführt werden, um im Jahr 2020 das im EEG festgeschriebene Ziel des Anteils der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch von mindestens 20 Prozent zu erreichen.

Weder ein Bonusmodell noch ein Quotenmodell haben bisher in den Ländern, wo sie eingesetzt wurden, zu einem nennenswerten Ausbau der Erneuerbaren Energien geführt. So wurden beispielsweise im Quotenland Italien, in dem die Erträge für Strom aus Windkraft besonders hoch sind (siehe unten), im Jahr 2003 nur rund 100 MW und im Jahr 2004 nur rund 140 MW Windleistung dazugebaut. Im Vergleich dazu war in Deutschland in 2004 insgesamt eine Windleistung von rund 16.600 MW installiert, der Zubau betrug im Jahr 2003 rund 2.600, im Jahr 2004 rund 2.000 MW. Befürworter von Quotenmodellen argumentieren, dass sie einen zielgenauen Ausbau durch eine entsprechende Festlegung der Quote ermöglichen. Allerdings stimmt diese Behauptung nicht mit den tatsächlichen Erfahrungen überein. In Großbritannien beispielsweise lag 2003 die Quote bei 3 %, wurde aber mit erreichten 1,8 % deutlich unterschritten. Dagegen wird Deutschland seine Ausbauziele mit Hilfe des EEG erreichen können.

Fortsetzung folgt...
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