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Alt 17-08-2002, 13:52   #1
crazy_coco
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F O N D S S C H L I E S S U N G E N-- Schwindsucht grassiert

Schwindsucht grassiert


Konsolidierung in der Fondsbranche - viele Fonds mit schrumpfendem Anlagevolumen werden einfach geschlossen. Das verunsichert die Investoren. Doch am Ende könnte die Börsenbaisse für die Branche zu einer entscheidenden Verbesserung führen.


Nicht alle Fonds können die Durststrecke überwinden


Mehr als siebzig Fonds sind seit Jahresbeginn bereits vom deutschen Markt gefegt worden - und der Negativtrend hält an. Wenn Anleger enttäuscht abwandern, werden einstmals "interessante Investmentideen" von den Fondsgesellschaften reihenweise ad acta gelegt. Betroffen sind in erste Linie Produkte mit einem zumindest eng begrenztem, oft auch exotischem Anlagehorizont und einer – häufig daraus resultierenden – schlechten Performance.

Enttäuschte Anleger ziehen hier ihre Gelder ab, bis das Fondsvolumen so weit schrumpft, dass das Produkt für sein Mutterhaus zum Zusatzgeschäft wird. Und in dem Fall ist es mittlerweile für die Gesellschaften auch nicht mehr peinlich, einen Fonds zu beerdigen.

Eigene Gesetze auf dem Friedhof der Fonds

Eine Frage, der sich auch private Aktienanleger stellen müssen: Wer hat sie nicht im Portfolio, die grauenerregenden Aktien-Grabsteine. Auf dem vermutlich größten unter ihnen prangt das rosa T und darunter die Inschrift: "Wir hatten uns so viel von Dir erhofft".

Hat ein Anleger erst einmal 90 Prozent Verlust mit der Telekom-Aktie gesammelt, belässt er sie mit der Hoffnung auf bessere Zeiten einfach im Depot. Vielleicht, irgendwann einmal, zieht der Kurs der Depotleiche auf dem Aktienfriedhof ja noch einmal an. Viele, die meinen, es sich leisten zu können, ersparen sich lieber den schmerzhaften Verkauf mit Verlust und belassen eine einstmals lieb gewonnene Aktie schlicht unter ferner liefen im Depot.

Dem Fondsanleger, per se eigentlich viel eindeutiger auf Langfristanlage festgelegt, bleibt diese Wahl oft nicht. Die Fondsgesellschaft kann nämlich ohne sein Einverständnis den Fonds seiner Wahl schließen und vom Markt nehmen.
Die Branche reagiert sehr empfindlich"

Hatte der Fonds-Investor beim Einstieg noch darauf gesetzt, dass der Fondsmanager durch ein ruhiges Händchen und geschicktes Reagieren auf Markttrends die Rendite stetig mehren möge, entwickelt sich vielfach das genaue Gegenteil: Gegen Salami-Crashs und Zwei-Jahres-Baisse kommt kaum ein Fondsmanager an.

Für Fonds mit Milliarden-Volumina ist das ärgerlich aber nicht existenzbedrohend. Für kleinere Fonds führt ein schrumpfendes Anlagevolumen aber mittlerweile fast zwangsläufig zum Aus: "Ein Publikumsfonds braucht ein Volumen von mindestens 10 Millionen Euro, damit er sich rentiert", sagt beispielsweise Bernd Wagner, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Universal Investment (UI). Alle UI-Fonds, die unter dieser Grenze liegen, stehen laut Wagner "auf dem Prüfstand". Laut dem Fondsresearch-Institut Feri Trust sind von 5400 in Deutschland zugelassen Fonds 850 mit weniger als 10 Millionen Anlagevolumen ausgestattet.

Verschärft kontrolliert wird momentan bei allen Fondsgesellschaften. Noch vor zwei Jahren glänzten die meisten von ihnen mit satten Vermögens- und Performancezuwächsen. Damals konnte beispielsweise ein hochriskanter Fonds wie der Nordasia.com, der nur asiatische Internet-Werte ins Portfolio nahm, zwei Milliarden Euro schon zum Marktstart einsammeln. Die Börse galt als Quell der wundersamen Geldvermehrung - doch mit der Baisse an den Aktienmärkten kehrte auch im Club der Fonds der Katzenjammer ein.

"Die Gesellschaften reagieren jetzt sehr empfindlich auf sinkende Volumina", beobachtet Thomas Bieler, Anlageexperte bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Udo Behrenwaldt, Sprecher der Geschäftsführung bei Deutschlands größter Fondsgesellschaft DWS, sieht "die deutsche Fondsbranche in einer Phase der Konsolidierung".

Switch-Angebote genau prüfen

Das rigorose Aussondern von Fonds, die nicht mehr profitabel sind, beginnt jetzt auch bei den großen Gesellschaften. Ein Beispiel ist der des DVG Internet Global. Bereits im August des Vorjahres stoppte die zuständige Fondsgesellschaft DWS die Ausgabe neuer Anteile. Nun wird der Fonds zum 29. November 2002 komplett geschlossen. Hintergrund sei das niedrige Fondsvolumen, so DWS-Sprecher Carsten Böhme.

Anleger können zwar kostenlos in den DWS-Fonds Internet-Aktien Typ O wechseln. Der Fonds allerdings ist auch regulär ohne Ausgabeaufschlag erhältlich, die jährliche Verwaltungsgebühr liegt mit 1,5 Prozent allerdings an der oberen Spanne des Marktüblichen. Anleger sollten – nicht nur bei diesem Switch-Angebot – prüfen, wie attraktiv das kostenlose Wechselangebot tatsächlich ist (siehe Service-Liste: "Was tun, wenn ein Fonds schließt?").

Für Andreas Fink, Sprecher beim Bundesverband Deutscher Investmentgesellschaften (BVI), ist die Lage auf dem Fondsmarkt trotz der 71 vom BVI registrierten Schließungen seit Jahresbeginn (im Vorjahreszeitraum waren es nur 21) nicht besorgniserregend. Zumal seit Jahresbeginn auch 230 Fonds neu aufgelegt worden seien.

Trotzdem sieht der BVI-Experte ein Problem bei den Fondsschließungen: "Viel wäre gewonnen, wenn der Gesetzgeber auch in Deutschland die Zusammenlegung von Fonds gestatten würde", sagt Fink. Während in anderen Ländern die Aktien von zwei Fonds zusammengelegt werden dürfen, muss in Deutschland das komplette Portfolio eines Fonds verkauft werden, wenn er vom Markt genommen werden soll.

Quelle: Managermagazin
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