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Alt 07-05-2003, 07:45   #175
Stefano
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Unhappy

hola,

Ein fast geplatzter Traum
Weil die Frankfurter Eintracht in der Rückrunde nicht auf Touren kam, rückt der Aufstieg nach dem 2:3 in Mainz in weite Ferne.


Nur eine Halbzeit nach dem Abpfiff eines dramatischen Derbys waren die üblichen Schönwetter-Redner wieder in ihrem Element. Peter Fischer zum Beispiel, der nie um Worte verlegene Präsident von Eintracht Frankfurt. Der sagte, kaum war der FSV Mainz 05 nach einem glücklichen, aber verdienten 3:2-Erfolg um drei Punkte der Eintracht enteilt, folgendes: "Ich weiß schon, am letzten Spieltag sitzen wir alle 15 Minuten vor Schluss zusammen mit dem Radio am Ohr und hören, wie es auf den anderen Plätzen steht. Und ich werde in den Vip-Raum gehen, weil da der Empfang besser ist." Es ist doch immer wieder schön zu sehen, dass manchen Menschen die Zuversicht nie ausgeht.

Natürlich haben alle jene Recht, die jetzt sagen, dass noch lange nicht klar ist, wer dem 1. FC Köln und dem SC Freiburg in die Bundesliga folgen werde, ob sie nun Fischer heißen oder Jürgen Klopp oder Willi Reimann oder alle Spieler von Eintracht Frankfurt. Natürlich ist noch keine Entscheidung gefallen, drei Spiele stehen noch aus, und gerade die Mainzer wissen sehr genau, was alles an einem letzten Spieltag so passieren kann. Allein: Es fehlt ganz stark der Glaube, dass die Eintracht noch mal die Kurve kriegt.

Nein, die Frankfurter Eintracht hat im schmucken Mainzer Bruchweg-Stadion die Möglichkeit vertan, den Aufstieg in die Erstklassigkeit aus eigener Kraft zu schaffen. Nun ist sie entscheidend abhängig von den Spielausgängen der Mainzer und des Tabellenvierten, der Spielvereinigung Greuther Fürth. Und es sind wohl nicht nur allein die drei Punkte Differenz auf einen Aufstiegsplatz, die die Frankfurter zurückwerfen, sondern es ist vor allem der "psychologische Vorteil" (Markus Beierle), der Frankfurt lähmt und Mainz Beine macht. Die Rheinhessen haben es allein in der Hand, jetzt den Aufstieg zu packen.

Nimmt man nur dieses Spiel vor 18 700 Zuschauern in einer prickelnden, spannungsgeladenen Atmosphäre, dann haben die Null-Fünfer "in einem Spiel mit Spaß ohne Ende" (Jürgen Klopp) hochverdient die Nase vorn im Aufstiegsrennen. Sie waren das aggressivere und spielerisch bessere Team und sie waren das Team, das den Sieg mehr wollte. Da war mehr Leidenschaft, mehr Wille, mehr Mut als bei der Eintracht. Die Mainzer, das musste später auch Reimann einräumen, "haben mehr in die Offensive investiert" als die Frankfurter. Die hatten sich im wesentlichen, "es war ja ein Auswärtsspiel" (Fischer), darauf konzentriert, die Partie zu verwalten: Sie reagierten nur, statt selbst zu agieren. Das war an diesem lauen Abend gegen wie aufgedreht spielenden Mainzer zu wenig.

Natürlich war der Mainzer Sieg glücklich, natürlich haben Unvermögen oder Schusseligkeit ihren Teil dazu beigetragen. Torwart Oka Nikolov etwa sah beim ersten und beim dritten Tor nicht besonders gut aus, Markus Beierle köpfte einen Ball ins eigene Tor. Doch dies ändert nichts an der Tatsache, dass Mainz 05 völlig zu Recht erstmals seit 17 Jahren gegen den großen Nachbarn gewonnen hatte. Dessen ungeachtet hat Eintracht Frankfurt den Aufstieg sicherlich nicht in diesem Spiel verpasst. Viel mehr als diese Niederlage in der vorletzten Minute schmerzen die Punktverluste etwa gegen St. Pauli, Ahlen, Trier, Aachen oder Union Berlin. Das waren Spiele, in denen die Eintracht, obwohl besser, nicht clever genug agiert und Zähler leichtfertig und ohne echte Not aus der Hand gegeben hatte.

In der Rückschau fällt auch auf, dass die Mannschaft in der Rückrunde nicht an die guten Leistungen aus der Hinserie hat anknüpfen können, als sie 33 Punkte sammelte. In 14 Spielen hat es für die Eintracht danach nur zu vier Siegen gereicht, gegen Fürth, Karlsruhe, Duisburg und Lübeck. Dagegen standen acht Unentschieden und zwei Niederlagen. 20 Punkte in 14 Spielen sind einfach zu wenig, um sich entscheidend an der Spitze abzusetzen.

Die Gründe für den Einbruch in der zweiten Hälfte sind schnell genannt: Der Eintracht ist die Luft ausgegangen. David Montero ist das beste Beispiel. In der Hinrunde gehörte der glatzköpfige Mittelfeldmotor noch zu jenen Spielern, die mit ihrer Dynamik, ihrer Physis dem Spiel den Stempel aufdrückten. Zuletzt wirkte Montero ausgelaugt und müde. Hinzu kamen Verletzungen (Kryszalowicz, Jones), Formschwankungen (Bürger, Streit) und ein Abgang (Guie-Mien).

Über weite Strecken der Saison profitierte die Mannschaft von ihrer Einstellung, von ihrem Willen und ihrer Disziplin, weniger von ihrer Kreativität und Spielfreude. Diese sehr lauf- und arbeitsintensive Spielweise forderte über kurz oder lang ihren Tribut. Ohnehin war die Eintracht in jedem Spiel dazu verdammt, bis an die Grenzen zu gehen. Leicht ist ihr ein Sieg nie gefallen.

Nun muss sie auf Ausrutscher hoffen. "Wenn wir am Freitag gegen Mannheim gewinnen", sagt Reimann, "sieht alles schon wieder ganz anders aus."Es klang wenig hoffnungsvoll. q: e-hp
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Ciao Stefano

Ich wurde nicht gefragt...ob ich geboren werden wollte...
Ich werde nicht gefragt...ob ich sterben will...
also lasst mich LEBEN...wie ich es will...!
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