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Alt 21-01-2004, 21:17   #134
cade
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Holsten-Brauerei AG - Der Startschuss ist gefallen - 20.01.2004
Übernahmeangebot der Carlsberg-Gruppe läutet neue Runde im Kampf um die Vorherrschaft auf Deutschlands Biermarkt ein

(smartcaps-Redaktion Frankfurt am Main)


Es hatte etwas von der Situation vor einem 100-Meter-Rennen. Die Kontrahenten im Kampf um die Führung auf dem deutschen Bier- und Getränkemarkt standen in den Startlöchern und schienen auf das entscheidende Signal zu warten. Nach monatelangem Poker ist nun offenbar der Startschuss gefallen. Mit dem Übernahmeangebot der dänischen Carlsberg-Gruppe an die Aktionäre der Holsten Brauerei scheint die lang erwartete Umgestaltung des deutschen Bier- und Getränkemarktes einen neuen Schub zu bekommen. Außer bei Holsten (der Nummer Zwei) bahnen sich beim drittgrößten deutschen Bierproduzenten Brau und Brunnen und anderen Branchengrößen umfassende Veränderungen an.

Die dänische Carlsberg (u.a. Diebels Alt) bietet über ihre deutsche Tochter allen Holsten-Aktionären 38 Euro pro Inhaberaktie an. Zugleich gab das Unternehmen bekannt, dass es sich bereits über 50% der Holsten-Anteile auf diesem Weg gesichert habe. Branchenkenner gehen davon aus, dass der bisherige Hauptaktionär bei Holsten, Christian Eisenbeiss, seine gesamten Anteile (48,37%) an Carlsberg verkaufen wird. Wenn alle Aktionäre das Angebot annehmen, wird Carlsberg nach eigenen Angaben rund 1,0 Mrd. Euro für die Hamburger Brauerei bezahlen.

Bitburger kauft König Pilsener und Licher

Nach einer erfolgreichen Übernahme soll Holsten Vermögenswerte im Volumen von knapp 630 Mio. Euro verkaufen. Unter anderem will die Bitburger Brauerei die bisherigen Holsten-Marken König und Licher für 469 Mio. Euro übernehmen. Nach Bitburger-Angaben wäre das Geschäft die bisher größte Akquisition der Unternehmensgeschichte. Der Deal soll zustande kommen, wenn die Kartellbehörden zustimmen und wenn es Carlsberg gelingt, mindestens 75% der Holsten-Anteile einzusammeln.

Darüber hinaus will sich Carlsberg auch vom Mineralwassergeschäft von Holsten trennen. Die in diesem Bereich aktive Holsten-Tochter Hansa-Brunnen hatte erst Anfang Januar die vollständige Übernahme der Heemann-Gruppe bekannt gegeben. Wenn die Verkäufe wie geplant abgewickelt werden, behält Carlsberg unter anderem die Pilsmarken Astra, Holsten, Feldschlösschen und Lübzer. Die Deutschland-Zentrale der dänischen Bier-Gruppe soll von Mönchengladbach nach Hamburg, dem Sitz der Holsten AG, verlegt werden.

Brau und Brunnen plant Übernahmen

Neben Holsten dürfte die Brau und Brunnen AG für Gesprächsstoff an Theken und in Banker-Büros sorgen. Deren Vorstandschef Michael Hollmann kündigte in einem Zeitungsinterview an, der Dortmunder Bier- und Getränkekonzern wolle in den kommenden sechs bis acht Wochen zwei bis drei Übernahmen - laut Hollmann „richtige Knaller" - vollziehen. Die Geschäfte könne Brau und Brunnen mit eigenen Aktien und neuen Krediten finanzieren.

Anfang Dezember vergangenen Jahres waren monatelange Verhandlungen über einen Verkauf der Mehrheit des Konzerns (u.a. Jever, Sion-Kölsch) an die Dresdner Radeberger gescheitert. Die Bankengruppe HVB blieb auf ihrem gut 56%igen-Anteil sitzen (siehe smartcaps-Bericht vom 4. Dezember 2003: Brau und Brunnen AG - Suche nach neuem Besitzer geht weiter). Mit seiner Äußerung, er gehe davon aus, Brau und Brunnen werde im Jahr 2005 möglicherweise „in eine Partnerschaft eingebracht" , dürfte Hollmann die Gerüchtküche weiter angeheizt haben. Nach einem harten Sanierungskurs will der in der jüngsten Vergangenheit defizitäre Konzern im laufenden Jahr über 20 Mio. Euro Gewinn erzielen und im kommenden Jahr wieder eine Dividende ausschütten.

Biermarkt bleibt zersplittert

Auch wenn die nun diskutierten Geschäfte abgewickelt sein sollten, bleibt der deutsche Biermarkt zersplittert. Selbst deutschlandweit bekannte Marken wie Krombacher oder Veltins sind im Vergleich zu international agierenden Brauriesen wie Anheuser-Busch oder SAB Miller kleine Fische. Und neben ihnen versuchen unzählige kleine und mittelständische Familienbrauereien, in einem insgesamt schrumpfenden Markt zu bestehen. Experten rechnen damit, dass vielen von ihnen in absehbarer Zeit die Luft ausgehen dürfte. Auf der anderen Seite schaffen es immer wieder auch kleine und kleinste Unternehmen, durch innovative Produkte lukrative Marktnischen zu besetzen.

Wer jetzt noch ein Stückchen vom Milliarden-Kuchen der Holsten-Übernahme abbekommen möchte, kommt zu spät. Nach Bekanntgabe des Angebots legte die Aktie am Dienstagvormittag binnen kurzer Zeit um knapp 10% zu und notierte an allen Börsenplätzen knapp unter jenen 38 Euro, die Carlsberg den Aktionären bietet. In den vergangenen Tagen war der Kurs der Aktie um rund ein Drittel nach oben geschnellt, nachdem er zuvor innerhalb weniger Monate um die Hälfte auf unter 25 Euro abgestürzt war. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will diese Entwicklung nun unter die Lupe nehmen.



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viele grüsse

cade
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