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Alt 16-03-2014, 12:26   #63
Benjamin
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Ukraine-Krise: Putin, der Verlierer

Ein Kommentar von Nikolaus Blome
Freitag, 14.03.2014

Zitat:
Der Westen macht in der Ukraine-Krise einen Denkfehler: Er redet sich ein, dass Wladimir Putin die Agenda bestimmt oder gar den Machtpoker gewonnen hat. In Wahrheit hat Russland schon jetzt auf ganzer Linie verloren.

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/auslan...-a-958597.html

Die Argumentation:

1. Russland befindet sich - je nach gewählter Kennzahl - auf dem Stand eines Schwellen- oder Entwicklungslandes. Es braucht zur Modernisierung ausländische Investitionen und Know-how. Davon schneidet Wladimir Putin sein Land ab, zum eigenen Schaden.

2. Statusverlust: Der "Vorschuss" (Aufnahme in den Zirkel der wichtigsten Industriestaaten der Welt (G7, G8)) ist weg.

3. Für die Anrainer Russlands hat Putin kein Angebot, das diese auch nur annähernd so attraktiv fänden wie das europäische: Wohlstand und Freiheit.

4. Die Europäische Union dachte nicht im Traum daran, das Land je aufzunehmen. Jetzt treibt Putin die Ukraine weiter denn je nach Westen, und er zwingt die EU, eine Mitgliedschaft des Landes erstmals in Erwägung zu ziehen.

5. Vor der Krise war die Ukraine gegenüber Russland relativ "folgsam", der Status der russischen Flottenteile auf der Krim war gesichert.
Nach der Krise bleibt nur noch der gesicherte Flottenzugang zum warmen Meer.

6. Der westliche Block weitet sich faktisch mehrere hundert Kilometer weiter nach Osten aus bis an die (z. T. neu erweiterte) Grenze Russlands. Putins Ziel war das Gegenteil.

Zitat:
Die Europäer müssen nun erkennen, dass sie das Spiel gewonnen haben - egal ob sie es ursprünglich spielen wollten oder nicht. Die "Neue deutsche Außenpolitik" sollte nicht länger grübeln, wie Putin zur Umkehr bewegt werden kann. Sondern überlegen, was sich mit diesem Sieg Kluges anfangen lässt.
http://cdn1.spiegel.de/images/image-...eryV9-lxrt.jpg
Gasleitungen aus Russland in die Ukraine

(Ende SPIEGEL ONLINE-Auszug)
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http://media1.faz.net/ppmedia/aktuel...arzen-meer.jpg
Karte Ukraine / Pipelines und Wirtschaftszonen im Schwarzen Meer
Zitat:
Wenn Russland die Krim annektiert, hat das auch Folgen für die Pipeline-Projekte in der Schwarzmeerregion. Dort stoßen grundverschiedene Interessen aufeinander. Russland versorgt Europa heute größtenteils über Gasleitungen, die durch die Ukraine laufen – diese Abhängigkeit will Moskau beenden. Dazu dient einerseits das Projekt North Stream in der Ostsee, andererseits South Stream im Schwarzen Meer. Ursprünglich sollte die South-Stream-Leitung auf direktem Weg vom russischen Dschubga nach Varna in Bulgarien laufen, doch dann hätte wieder die Ukraine ein Mitspracherecht gehabt und Durchleitungsgebühren verlangen können.
Zitat:
Russland schmiedete deshalb 2011 einen Deal mit der Türkei, die neue Trasse läuft durch ihre Wirtschaftszone. Gehört die Krim erst wieder zu Russland, erweitert sich auch dessen Wirtschaftszone, während der Ukraine nur noch ein kleiner Sektor bleibt. Im Prinzip ist es dann sogar möglich, South Stream so zu führen, wie es Janukowitsch immer wollte: über die Krim. Das würde die Kosten dramatisch senken, denn die Leitung könnte in weniger tiefem Wasser verlegt werden, zusätzliche Pumpstationen an Land würden ihre Kapazität erhöhen. Es ist ungewiss, ob das von Gasprom geführte Pipeline-Konsortium die Trassenführung noch einmal überdenkt. Die Planungen sind weit vorangeschritten, die Röhren wurden schon bestellt und sollen vom Herbst an verlegt werden.
Zitat:
Sicher ist hingegen, dass sich ein anderes Pipeline-Vorhaben mit der russischen Annexion der Krim erledigt. Es heißt White Stream und sollte Erdgas aus Turkmenistan über das Kaspische Meer und Georgien nach Rumänien und in die Ukraine liefern.
zitiert aus diesem Artikel: Das Sprungbrett ins Mittelmeer, Von Thomas Gutschker, 09.03.2014, http://www.faz.net/aktuell/politik/a...-12837819.html

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Die Krim-Krise schadet vor allem Russland selbst und dem Rubel!
Von Gerhard Heinrich


Zitat:
Die Putin-Regierung hat mit ihrem aktuellen Kurs offenbar nachhaltig das Vertrauen der Investoren verspielt. Der Rubel wird trotz möglicher zwischenzeitlicher Erholungsphasen langfristig unter Abwertungsdruck bleiben.
(....)
am 3. März die russische Notenbank Bank Rossii auf den Plan: Mit massiven Rubelkäufen und einer Erhöhung des Leitzinses von 5,5 auf 7,0 Prozent kämpft sie gegen eine mögliche Abwertungsspirale an. Bislang ohne großen Erfolg, obwohl dies die stärkste Zinsanhebung seit der Russland-Krise 1998 war. Viele Anleger fürchten nun noch drastischer Maßnahmen, wie z.B. Kapitalkontrollen, und das verstärkt die Kapitalflucht. Doch es ist gar nicht die Krim-Krise allein: In den letzten Jahren ist einfach zu wenig geschehen, um die strukturellen Probleme der russischen Wirtschaft anzugehen. Das Wachstum war 2013 so schwach wie seit 1999 nicht mehr und 2014 gibt es kaum Aussicht auf Besserung. Im Gegenteil: Die Zinsanhebung könnte die Konjunktur ausbremsen.
Devisen-Trader Redaktion http://www.devisen-trader.de
zitiert nach: http://de.finance.yahoo.com/nachrich...080934087.html

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Russland hat nur ein BIP in Höhe desjenigen von Italien - und ist daher also keine Großmacht:



Im BIP pro Kopf (Dollar-Index) liegt Russland zwischen Italien und Brasilien. Damit lassen sich keine attraktiven Angebote an Anrainerstaaten machen:




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Herkunft des Erdgas in Deutschland:


Bildquelle: BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft www.bdew.de, zitiert aus: http://www.kwh-preis.de/herkunft-des...in-deutschland


Anteil Gas am Energiemix Deutschland 2011:


Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/Fi...hland_2011.png

Das bedeutet, dass Gas aus Russland nur 6,3% am Energiemix Deutschland 2011 ausmacht.

Ein denkbarer Gasboykott Russlands wäre also beileibe keine nationale Katastrophe - wenngleich die einzelnen Gaskunden dann besonders im Winter natürlich u. U. arge Probleme bekämen (wirtschaftliche Sekundärschäden). Sie würden nach Kompensationsmaßnahmen durch die Politik rufen - was jede Menge mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde. In Rede steht im Übrigen ja bereits eine Ausweitung der US-amerikanischen Flüssiggas-Exporte (aus Fracking-Quellen, also unter Umwelt-Sauerei - preisgünstig - gewonnenes Erdgas) per Schiffe - ähnlich wie Öltanker. Falls das klappen würde, käme der russische Gasanteil ohnehin unter Druck.



Umgekehrt wird in Russland der Anteil der Öl- und Gasexporte am BIP ohnehin sinken von 17% (2010) auf 13% (2020) - und also die verfügbare finanzielle Liquidität im Staat tüchtig reduzieren:

Bis zum Jahr 2020 werden die Einnahmen Russlands aus den Öl- und Gasexporten um vier auf 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sinken.

Das kündigte der Vizepremier und Finanzminister Alexej Kudrin am Donnerstag in der Industrie- und Handelskammer an. Nach seinen Worten wird die Öl- und Gasförderung in den nächsten Jahren entweder sehr schwach oder gar nicht wachsen.

Quelle: 09/12/2010 (RIA Novosti), http://de.ria.ru/business/20101209/257853383.html

Geändert von Benjamin (06-05-2014 um 07:28 Uhr)
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