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Alt 07-08-2005, 20:52   #34
Aphex
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Re: Umstellungen im DAX, MDAX, SMAX und TecDAX

Wette auf Aufstieg (EurAmS)

Am 5. September entscheidet die Deutsche Börse über Auf- und Absteiger in DAX, MDAX, TecDAX und SDAX. Welche Firmen sich Hoffnungen machen dürfen, welche gefährdet sind.

von Tobias Meister

Der Call-Center-Spezialist D+S Europe hatte gute Argumente, um Investoren die Kapitalerhöhung schmackhaft zu machen: Wenn die Plazierung der neuen Aktien gelinge, wäre das Unternehmen mit einem Schlag reif für den SDAX, betonte das Management. "Während der Präsentationen war das ein wichtiger Punkt", erinnert sich Robert Suckel, Geschäftsführer des Analystenhauses SES Research. Viele Investoren hätten denn auch aus genau diesem Grund gezeichnet.

Die D+S-Aktie befindet sich, angetrieben von der Aufstiegsspekulation, seit Wochen in einem stabilen Aufwärtstrend. "Viele Investoren kaufen bei Aufnahmekandidaten bereits im Vorfeld", erklärt Suckel. Kommt es dann tatsächlich zur Indexaufnahme, legen die Aktien meistens eine Verschaufpause ein. Ob die Spekulation bei D+S aufgeht, zeigt sich am 5. September. Dann tagt der Arbeitskreis Aktienindizes der Deutschen Börse und bestimmt über Auf- und Absteiger im DAX, MDAX, SDAX und TecDAX. Entscheidungsgrundlage ist die Rangliste der Deutschen Börse für den Primestandard im Monat August. Die Kommission, die aus zwölf meist von Großbanken rekrutierten Mitgliedern besteht, prüft hauptsächlich zwei Kriterien: den Gesamtwert aller frei handelbaren Aktien und die Handelsumsätze. Das Regelwerk ist umfassend: Es gibt Muß-Bestimmungen wie die Fast-Entry- und Fast-Exit-Regeln. Ein Unternehmen fliegt zwangsläufig aus dem DAX (Fast Exit), wenn es bei Marktkapitalisierung und Börsenumsatz nicht mehr zu den 45 Bestplazierten gehört (45/45-Regel). Umgekehrt wird eine Aktiengesellschaft zwingend in den DAX aufgenommen, wenn sie in beiden Kategorien Platz 25 oder besser belegt (25/25-Regel).

So einfach ist es in der Praxis meistens nicht. Im Regelfall prescht keine Firma so weit vor oder fällt so stark zurück. Dann greift für die Aufnahme die 30/30-Regel, für den Rauswurf die 40/40-Formel. Allerdings gibt es auch Ermessensspielraum. "Die Kommission beabsichtigt immer, die Kontinuität zu wahren", erklärt Indexexpertin Sandra Schiller von der Commerzbank. Damit soll vermieden werden, daß die Indizes alle paar Monate komplett umgekrempelt werden. Vor allem ein ständiges Rein und Raus einzelner Werte wäre nicht im Sinne der Deutschen Börse. Bezüglich des DAX gibt es derzeit zwei Spekulationen: Zum einen wird nach der Übernahme durch Unicredit die HVB früher oder später aus dem Index weichen. Zum anderen steht seit vergangener Woche auch Altana auf dem Prüfstand. Das Unternehmen will nach der Übernahme der Eckart-Gruppe seine Chemiesparte 2006 separat an die Börse bringen. Die Abspaltung führt zu einer Verkleinerung der Marktkapitalisierung. Da Altana nach der Juli-Liste beim Börsenwert ohnehin nur auf Rang 32 und bei den Handelsumsätzen auf Platz 27 steht, wird es eng für einen Verbleib im DAX.

"Es ist aber eher unwahrscheinlich, daß der Arbeitskreis die beiden Werte schon jetzt aus dem Index nimmt", erklärt Schiller. Zumal die Nachrückerkandidaten Merck und Puma noch längst nicht die Fast-Entry-Kriterien erfüllen. Sollte es im Herbst nicht klappen, dürfte sich die Enttäuschung freilich in Grenzen halten. Die Aktien waren zuletzt wegen ihrer ausgezeichneten Geschäftserfolge gefragt. Dies allein führte zu den Kursgewinnen, die Merck und Puma für die DAX-Aufnahme qualifizieren könnten. Und mittelfristig bleibt die DAX-Phantasie ohnehin erhalten. "Anleger sollten den Kauf einer Aktie nicht von einer Indexaufnahme abhängig machen. Stimmt fundamental alles, ist die Indexaufnahme nur das i-Tüpfelchen", sagt deshalb auch SES-Fachmann Suckel.

Bei Absteigern ist dagegen Vorsicht geboten. Oft sind es operative Probleme, die zum nachlassenden Interesse der Investoren und damit zu Rückschlägen bei Börsenwert und Handelsvolumen führen. Während Branchenbeobachter davon ausgehen, daß der Arbeitskreis am 5. September im DAX (noch) alles beim alten läßt, wird sich im MDAX einiges tun. Börsenneuling MTU erfüllt die Auflagen für einen Fast Entry. Auch Fuchs Petrolub, Indus und EM.TV könnten vom SDAX aufrücken. Zu den abstiegsgefährdeten Unternehmen zählen vor allem Beru und Fielmann. Fast interessanter für kurzfristige Indexspekulationen sind allerdings die Aufsteiger in TecDAX und SDAX. Hintergrund: Potentielle Aufsteiger in DAX und MDAX stehen bei den großen Investoren bereits unter Beobachtung, viele sind schon investiert. Anders ist das bei Firmen, die in der Öffentlichkeit bislang kaum eine Rolle spielen und plötzlich als Indexkandidaten gehandelt werden. Und: Viele Fonds dürfen nur in Werte investieren, die in einem Index vertreten sind.

Für die Unternehmen ist ein Indexaufstieg deshalb fast immer ein Schritt nach vorne. "Seit der SDAX-Aufnahme haben uns viel mehr institutionelle Investoren auf dem Radar", sagt Lars Schriewer, Sprecher des kürzlich in den Small-Cap-Index aufgestiegenen Immobilienspezialisten Vivacon. Und auch die Geschäfte laufen besser. "Wenn wir heute eine Immobilie verkaufen wollen, kennen uns die meisten Interessenten schon vom Laufband bei N-TV."

Als mögliche Nachrücker in den TecDAX stehen Tele Atlas und Solon in den Startlöchern, Hintergrund: Micronas hat angekündigt, das Listing in Frankfurt aufzugeben. T-Online wird wieder in den Telekomkonzern integriert, und auch Mobilcom will die Tochter Freenet von der Börse nehmen. Bis das passiert, kann es aber noch etwas dauern. Deshalb gelten auf Grund der Juli-Rangliste vorerst Teles und Elmos als potentielle Absteiger. Noch größer ist das Gerangel im SDAX. Nicht mehr zu retten scheinen Baader, Hornbach, Dürr, Teleplan und Villeroy & Boch. Investierte Anleger sollten hier den Kursverlauf und die Nachrichten aus den Firmen gut beobachten. Sichere Aufrücker sind Grammer und D+S Europe. Aber auch Curanum, Sanacorp und Plasma Select dürfen sich Hoffnung machen.

Quelle: finanzen.net - 07.08.2005
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