Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 28-04-2003, 07:30   #14
OMI
Gründungsmitglied
 
Benutzerbild von OMI
 
Registriert seit: Sep 2000
Ort: Bayern
Beiträge: 82.693
28.04.2003, 08:08
Cash-Werte: Lockrufe aus vollen Kassen (EurAmS)
Kaum war der Neue Markt tot, stiegen die Kurse einiger Firmen, die noch auf viel Geld sitzen. Ein gefüllter Tresor allein ist aber noch kein Geschäftsmodell. Wo echte Chancen winken.


von Tobias Schorr, Euro am Sonntag 17/03


Schon komisch: Kaum war der Neue Markt tot und begraben, fingen die Aktienkurse einiger einst dort notierten Firmen plötzlich an zu laufen. Unternehmen, von denen manche dachten, sie würden nie wieder von ihnen hören. Eines wie der IT-Dienstleister Syskoplan. Seit Ende März hat die Aktie ein Plus von 24 Prozent gemacht.


Was diese überraschend wieder entdeckten Werte gemeinsam haben: Ihre Kassen sind derart prall gefüllt, dass die Liquidität zum Teil deutlich über dem Börsenwert liegt. Was inzwischen immer mehr Investoren in diese Aktien lockt, ist der Umstand, dass sich der Börsenwert eigentlich dem Cash-Bestand annähern müsste. „Die Unternehmen, die ihre Erlöse aus dem Börsengang nicht sinnlos verprasst haben, bieten für Anleger wieder hohe Chancen“, behauptet denn auch Marcus Moser, Geschäftsführer des Research-Hauses GBC Research.


Allerdings: Der Cashbestand allein sagt noch gar nichts. „Interessant sind Unternehmen mit gesunden Fundamentaldaten“, so Moser. Das heißt: niedriger Verschuldungsgrad, kein hoher Abschreibungsbedarf und ein möglichst positiver Cash-Flow. „Wichtig ist auch die Cash-Burn-Rate“, ergänzt der Spezialist. Diese gibt an, mit welcher Geschwindigkeit die finanziellen Mittel durch laufende Kosten verbrannt werden. Beispiel Broadnet Mediascape. Das Unternehmen hat zwar 40 Millionen Euro in der Kasse, ist an der Börse aber nur mit gut 17 Millionen bewertet. Zu Recht. Denn schwarze Zahlen oder ein positiver Cash-Flow sind nicht in Sicht.


Doch es gibt auch Firmen mit viel Geld auf der hohen Kante, niedrigem Börsenwert und einem gesunden Geschäft. Wie Syskoplan. 27,4 Millionen kostet das Unternehmen an der Börse, genauso viel hat es derzeit in der Kasse. Vor allem aber verdient der Software-Spezialist für die Beziehung von Firmen zu ihren Kunden (Customer Relationship) Geld. 2002 machte Syskoplan 40 Cent Gewinn je Aktie, 2003 sollen es nach Schätzungen des Analysehauses SES Research 48 Cent werden. „Das profitable operative Geschäft gibt es derzeit umsonst“, urteilt Felix Ellmann von SES Research.


Syskoplan stellt als System-Integrator keine eigene Software her, sondern arbeitet als Partner mit SAP, IBM und Microsoft zusammen. Zwei Drittel ihres Geschäfts macht die Firma mit der maßgeschneiderten Anpassung von SAP-Software an die Bedürfnisse der Kunden. Ein Bereich, dem weiterhin hohe Wachstumsmöglichkeiten nachgesagt werden. Das Forschungsinstitut Dataquest erwartet jährliche Zuwachsraten im zweistelligen Bereich. Auf Grund der derzeitigen Investitionszurückhaltung kämpft Syskoplan freilich mit Umsatzrückgängen. Für 2003 erwartet SES ein Minus von sechs Prozent auf knapp 48 Millionen Euro. Dennoch sieht man den fairen Wert der Aktie bei 11,80 Euro. Am Freitag schloss sie bei 6,05 Euro.


Auch die Multimedia-Agentur SinnerSchrader hat mehr Cash in der Tasche, als die Firma an der Börse kostet: 26 Millionen Euro liquide Mittel stehen 20 Millionen Marktwert gegenüber. Auch operativ läuft es nach langer Durststrecke wieder besser. Nach einem Fehlbetrag von 26,1 Millionen erzielte der Internet-Dienstleister im ersten Halbjahr einen Überschuss von 100000 Euro – vor allem durch Kostenreduzierung und Stellenabbau. Der Umsatz schrumpfte jedoch von 8,7 auf 6,6 Millionen. „Im Gesamtjahr wollen wir operativ schwarze Zahlen schreiben“, gibt sich Sprecherin Julia Kretschmann vorsichtig optimistisch.


Für risikobereite Anleger liegt der Reiz gerade in solchen Turnaround-Kandidaten. United Internet hat es vorgemacht. Seit der Web-Dienstleister in die schwarzen Zahlen gekommen ist, gehört der TecDAX-Wert mit einem Plus von 60 Prozent seit Jahresbeginn zu den Top-Performern unter den 110 deutschen Standardwerten.


Eine ähnliche Story könnte auch der DSL-Anbieter QSC schreiben. Obwohl er eigentlich als Geldvernichter gilt. Der Börsengang im April 2000 spülte ihm 283 Millionen Euro in die Kasse. Ende 2002 waren davon noch 87,6 Millionen übrig. „Ende 2003 rechnen wir mit rund 50 Millionen Euro an liquiden Mitteln“, sagt QSC-Sprecher Arne Thull.


Das Unternehmen konzentriert sich hauptsächlich auf schnelle Internet-Anbindungen für Geschäftskunden. In dem ständig wachsenden Markt steht QSC damit nicht in direkter Konkurrenz zur United-Internet-Tochter 1&1, die sich auf das Privatkundengeschäft spezialisiert. Doch auch bei QSC, die vor allem in den Aufbau von Netzwerken investiert, ist Land in Sicht. Im vierten Quartal dieses Jahres soll der Break-even auf Ebitda-Basis (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) erreicht werden. Ab 2004 sei mit schwarzen Zahlen zu rechnen. Das entspräche der Planung, die die Kölner zum Börsengang präsentiert hatten. Der Blick in den Geldbeutel allein genügt eben doch nicht.


Quelle: finance-online
__________________
Schöne Grüße
OMI
OMI ist offline   Mit Zitat antworten