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Alt 24-02-2005, 21:05   #6
Starlight
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Bären geben Vollgas


Der Pessimissmus der befragten Anleger steigt auf den höchsten Stand seit August 2003. Viele Marktteilnehmer dürften aber ohnehin nicht voll investiert sein und warten auf eine günstige Gelegenheit zum Wiedereinstieg.


Bull-Bear-Index vom 24. Februar 2005

Bullish: 37 Prozent
gegenüber Vorwoche: -3 Prozentpunkte

Bearish: 46 Prozent
gegenüber Vorwoche: +7 Prozentpunkte

Neutral: 17 Prozent
gegenüber Vorwoche: -4 Prozentpunkte


Adieu DAX, das wars. So oder ähnlich müssen viele Händler in den vergangenen 24 Stunden reagiert haben, als deutsche Standardwerte zu ihrer zweiten Korrektur in diesem Jahr ansetzten. Die Teilnehmer unserer Befragung haben sich auch diesmal keineswegs passiv verhalten. Bereits Anfang Januar, als sich die erste Kurskorrektur zu entfalten begann und den DAX rund vier Prozent nach unten drückte, machten sie aus ihrer pessimistischen Einstellung keinen Hehl. Nun ist die Situation ähnlich. Bislang hat der Leitindex fast drei Prozent von seinem jüngsten Hoch verloren und notiert nun praktisch auf dem gleichen Niveau, das zu Jahresbeginn vorherrschte. Doch die Stimmung ist viel schlechter geworden. Sie ist, gemessen an unserem Bull/Bear-Index, sogar regelrecht eingebrochen. Die Befragten überbieten sich geradezu in ihrem Pessimismus. Ein einfacher Blick auf die Grafik genügt, um zu sehen, dass die Bären derzeit Vollgas geben. Man muss schon sehr weit in die Historie zurückblicken, um vergleichbar niedrige Stimmungswerte zu finden. Einen tieferen Stand unseres Stimmungsbarometers gab es zuletzt im August 2003.

Bei solchen Extremwerten stellt sich natürlich die Frage, was die Investoren so bearish gestimmt hat. Am DAX selbst kann es eigentlich nicht gelegen haben; der notierte bis vor kurzem noch auf einem Eineinhalbjahreshoch. Für Aktienanleger wäre dies prinzipiell ein Grund sich zu freuen - vorausgesetzt, man ist voll investiert. Und genau daran zweifeln wir schon seit längerem. Genauer gesagt, seit Jahresbeginn. Damit wäre bereits der erste Grund für den gegenwärtigen Pessimismus ausgemacht: Eine merkliche Untergewichtung, die, wie gesehen, bei steigenden Aktienkursen dazu geführt hat, dass sich ein ausgeprägter Vorbehalt gegenüber einem steigenden DAX unter den mittelfristigen Händlern ausgebildet hat. Dieser hat nun einen weiteren Höhepunkt erreicht.

Für die jüngste bearishe Attacke sind aber andere Faktoren verantwortlich. Wer bislang schon nicht bereit war, auf steigende Kurse zu setzen, wird sich beim gegenwärtigen fundamentalen Umfeld erst recht nicht umstimmen lassen. Viele haben es sogar mit der Angst zu tun bekommen. Plötzlich kam der Ölpreis seinem Rekordhoch des vergangenen Jahres bedrohlich nahe, der Euro hat sich wieder kompromisslos seinen Weg nach oben gebahnt und einige Techniker verkündeten, dass der DAX sein Jahreshoch bereits hinter sich gelassen hat. Dem nicht genug, hob auch noch Alan Greenspan mahnend den Finger und warnte vor zu hoher Risikobereitschaft. Schon kamen viele Marktteilnehmer ins Grübeln, ob sie die Inflationsgefahren nicht unterschätzt haben. Sie wendeten sich umgehend von den Aktien-, besonders aber von den Rentenmärkten ab. Dabei hat der FED-Chef lediglich angemerkt, dass ihm die niedrigen Renditen ein Rätsel seien, mehr nicht.

Der dargelegte exzessive Pessimismus der Akteure ist also nichts anderes als eine konsequente Transformation von Angst. Angst vor fallenden Kursen. Während die ersten Pessimisten sich bei Kursen um 4.220 bis 4.240 Punkten auf eine Baisse einschossen, sind die neuen Verkäufe wahrscheinlich 130 Punkte höher in den Markt geflossen. Diese Engagements sind fruchtbarer Boden für eine handfeste Short-Squeeze. Die Bären sind es dann aber auch, die bei der oben genannten Unterstützungszone, spätestens aber vor den Jahrestiefs, ihre Gewinne absichern und damit den DAX vor dem Absturz bewahren werden.

Quelle: Gianni Hirschmüller, cognitrend /FAZ
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