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Alt 10-12-2008, 19:15   #920
Starlight
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Später Ruhm für einen Frack-Schneider
Mittwoch, 10. Dezember 2008

Noch nie war ein gewählter US-Präsident vor seiner Vereidigung so präsent wie Barack Obama in den letzten Wochen. Der Demokrat, der am 20. Januar ins Weiße Haus einziehen wird, bekommt mehr Geheimdienst-Briefings und hält mehr Pressekonferenzen als der scheidende Amts-Inhaber. Entsprechend hält das Obama-Fieber an; die Amis sind heiß auf ihren neuen Präsidenten.

Der Wirbel um Barack Obama hat historische Ausmaße. Zur Vereidigung werden zig Millionen Amerikaner in Washington, D.C. erwartet. Tickets für die Zeremonie vor dem Kapitol sind längst nicht mehr zu haben, für Karten zu den offiziellen Bällen werden Rekordpreise gezahlt – und schon sechs Wochen vor dem großen Event spekuliert Amerika darüber, was die First Family am Tag der Amtseinführung wohl tragen wird.

Die First Lady, die stilistisch bereits mit Jackie Kennedy verglichen wird, wird von Designern aus aller Welt umworben. Die Website Women´s Wear Daily veröffentlicht exklusive Entwürfe von Isaak Mizrahi, Badgley Mishka, Diane von Fürstenberg, Nicole Miller und anderen, die Michelle Obama mal in den Nationalfarben Rot-Weiß-Blau, mal in eleganter Silhoutte sehen. Ein Entwurf kommt von Karl Lagerfeld für Chanel, der die First Lady aber wohl nicht ausstatten wird; Mrs. Obama wird wohl einen amerikanischen Ausstatter wählen – der Symbolik wegen. Heiß im Rennen: Oscar De La Renta, der interessanterweise auch Laura Bush ausstattet, mit Henry Kissinger befreundet ist und damit politisch nicht einzuordnen ist.

Entwürfe für die Töchter Malia und Sasha kommen von Reem Acra, Olive Juice und der Vogue-Expertin Plum Sykes.

Weniger Spekulationen ranken sich um die Mode des künftigen Präsidenten. Insidern zufolge soll sich Barack Obama für einen elegangten Frack von Hart Schaffner Marx entschieden haben. Der Traditionsschneider hat sein Hauptquartier in Obamas Heimatstadt Chicago, er ist durch und durch gewerkschaftlich organisiert, und hat das „Gold Trupeter Black Tuxedo“ für 895 Dollar im Angebot.

Mit dem Frack rückt ein Unternehmen in die Schlagzeilen, das ein branchentypisches Schicksal hat. Hart Schaffner Marx wurde 1872 von den Brüdern harry und Max Hart gegründet. Man stellte zunächst feine Herrenmode her, ab dem Ersten Weltkrieg auch Uniformen für das US-Militär. Das Unternehmen wuchs rapide; inden Sechziger- und Siebzigerjahren unter anderem durch weitsichtige Akquisitionen, die dem Hersteller eine ganze Reihe Boutiquen und Ladenketten einbrachten.

Spätestens seit TV-Legende Johnny Carson seiner Show 1966 einmal in Mode von Hart Schaffner Marx moderierte und das Unternehmen später dessen Namen für eine eigene Reihe lizensierte, wurde der Name US-weit bekannt. Weitere Lizenzlinien mit den Namen der Golf-Stars Jack Nicklaus und Bobby Jones taten ein weiteres, später auch Verträge mit Christian Dior und Nino Cerutti.

In den Neunzigerjahren fiel es Hart Schaffner Marx immer schwerer, preislich mit der Konkurrenz mitzuhalten. Die Manufaktur der edlen Kleider wurde nach Fernost, Mexiko und Costa Rica verlegt. Das trieb die Gewinnmargen noch einmal an, doch zur Zeit plagen das Traditionshaus große Sorgen. Quartal für Quartal schreibt man Verluste, für das laufende Geschäftsjahr wird ein Minus von rund 10 Millionen Dollar erwartet – daran ist wohlgemerkt vor allem die aktuelle Rezession schuld, die es nicht nur Hart Schaffner Marx, sondern auch der Konkurrenz schwer macht, Kleidung im mittleren und gehobenen Preissegment an den Mann zu bringen.

Wenn Barack Obama am 20. Januar 2009 in einem Frack des Unternehmens vereidigt wird, dürfte das zumindest US-weit für Schlagzeilen sorgen – und dem Geschäft vielleicht neuen Zulauf bringen. Der Aktie des Mutterhauses Hartmax wird das indes nicht viel nützen: Sie wurde Ende November an der New York Stock Exchange aus dem Handel genommen, nachdem sie mehr als einen Monat lang für Pennies gehandelt hatte und die Marktkapitalisierung unter den NYSE-Grenzwert von 25 Millionen Dollar gefallen war. An der Chicagoer Börse ist das Papier weiter erhältlich.
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