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Alt 09-09-2003, 21:51   #12
cade
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HV-Bericht CYCOS AG - letzter Teil



Abstimmungen

Nach dieser für so manchen Aktionär doch sicher länger als erwartet dauernden, bezüglich der zu geringen Informationstiefe teilweise mit lauten Protesten quittierten dritten Hauptversammlung der Cycos AG erfolgte die Abstimmung zu den 7 Tagesordnungspunkten, die alle mit großer Mehrheit genehmigt wurden.

Das gezeichnete Kapital (7.699.999 Euro) ist eingeteilt in 7.699.999 Aktien. Auf der Hauptversammlung vertreten waren insgesamt 73,692 Prozent ( 5.674.267 Aktien).


Im Einzelnen waren dies die Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses (TOP 1), die Entlastung von Vorstand (TOP 2) und Aufsichtsrat (TOP 3) und die Wahl des Abschlussprüfers KPMG (TOP 4). Ferner wurden Beschlüsse über die Wahl der Aufsichtsratmitglieder (TOP5), über die Änderung des GJ und entsprechende Satzungsänderung(TOP 6) und über Aktualisierungen der Satzung(TOP 7) getroffen.

Hier die Ergebnisse im einzelnen:

_______ Enthaltung _____ Ja __________ Nein

Top 2 _____ 398 _____ 5.316.012 _____ 106.068
Top 3 ____4.244 _____ 5.553.143 _____ 106.023
Top 4 _____ 603 _____ 5.640.699 ______ 22.108
Top 5 _____ 683 _____ 5.642.367 ______ 20.360
Top 6 _____ 488 _____ 5.642.959 ______ 19.963
Top 7 ____1.758 _____ 5.643.249 ______ 18.403





Fazit : Nach Übernahmen werden Aktionäre oft zu billig abgespeist. Trotzdem kann es sich lohnen, in Abfindungskandidaten weiter investiert zu bleiben.

Großaktionäre versuchen fast immer, möglichst geringe Abfindungen zu zahlen. Viele arbeiten dabei mit allen Tricks, ihre Juristen nutzen Gesetzeslücken zulasten der Anleger aus.
Gutachter überbieten sich darin, den Wert von Unternehmen möglichst niedrig erscheinen zu lassen.

Besonders bitter wird das, wenn Aktionäre faktisch gezwungen werden, ein zu niedriges Abfindungsangebot anzunehmen. Das ist regelmäßig beim so genannten Squeeze-out der Fall: Ein Großaktionär, der mehr als 95 Prozent vom Aktienkapital eines Unternehmens besitzt, kann die restlichen Aktionäre hinausdrängen und das Unternehmen vom Kurszettel streichen lassen (Delisting).

Zieht sich ein Unternehmen von der Börse zurück, dann lohnt es sich für Anleger, nicht gleich das erste Abfindungsangebot anzunehmen: Oft legt der Käufer nach. So zahlte sich beim Autoschlossproduzenten Kiekert oder jüngst beim Kabrioverdeckbauer Edscha Geduld aus.

Aufkäufer mit Branchenkenntnis haben oft ein gutes Gespür dafür, Werthaltiges günstig einzukaufen. Sie geben nur dann ein Angebot ab, wenn das Zielunternehmen an der Börse unterbewertet ist.
Großaktionäre nehmen Firmen nicht von der Börse, weil sie unattraktiv sind, sondern weil sie künftige Erträge nicht mehr mit anderen Aktionären teilen wollen.

Dabei kommen den Übernehmern in der Regel folgende Sachverhalte zu gute:
Kaum einer der lukrativen Kandidaten für einen Börsenrückzug steht im Rampenlicht. Institutionelle Investoren können sie nicht kaufen, weil ihre Börsenumsätze viel zu gering sind. Analystenresearch lohnt sich nicht. Bankberater empfehlen diese Aktien deshalb so gut wie nie. Weil die Aktien wenig gehandelt werden, können schon kleine Orders Kurse massiv bewegen.

Oft sind die Anwärter auf ein Delisting substanzstarke Unternehmen mit bewährtem Geschäftsmodell und guten Wachstumsaussichten. Viele besitzen Immobilien, die nur zu einem geringen Wert in der Bilanz stehen. Legen die Mehrheitsaktionäre ein gutes Angebot vor, ist die Spekulation aufgegangen.

Knausern sie, dann beginnt die zweite Phase des Delistings – eine Phase, in der Anleger ebenfalls noch aufspringen können. Wenn die Abfindung nämlich zu niedrig erscheint, können Aktionäre die Offerte vor Gericht prüfen lassen. Bisher dauerten die so genannten Spruchkammerverfahren, in denen über Abfindungen entschieden wird, im Schnitt sieben Jahre – so lang will natürlich kaum ein Aktionär warten. Doch das ändert sich jetzt: Ein neues Gesetz soll vom 1. September an die Verfahren deutlich abkürzen.

Streit um die Abfindung gibt es bei Squeeze-outs praktisch immer. Die Gutachten der Wirtschaftsprüfer, mit denen Unternehmen ihren Geiz begründen, erinnern an die besten Zeiten am Neuen Markt. Damals errechneten alle Analysten der Konsortialbanken bei einem Börsengang wie durch ein Wunder immer denselben fairen Wert für den Börsenkandidaten.
Jetzt treiben die Wirtschaftsprüfer dasselbe Spiel bei Squeeze-outs.

Die Richter in den Spruchkammern sehen dies offenbar anders: Als Untergrenze einer Abfindung sehen sie den „durchschnittlichen Börsenkurs innerhalb der letzten drei Monate“ vor dem Angebot.
Einer der häufigsten Zankpunkte im Geschacher um die Abfindung der Aktionäre wirkt auf den ersten Blick skurril: Es geht um Zinssätze. Das liegt an den Rechenmethoden, mit denen ein Unternehmen bewertet wird. Dessen Wert ergibt sich im Wesentlichen als Summe der Erträge, die das Unternehmen in den kommenden Jahren erwirtschaftet. Mit dem Zinssatz wird der Zeitfaktor korrigiert: Eine Million Euro, verdient im Jahr 2010, sind aus heutiger Sicht weniger wert als eine Million Euro im Jahr 2003. Der Gutachter muss die Zinsen abziehen, die ein Anleger erwirtschaften würde, wenn er die Million heute risikolos in Anleihen anlegen würde. Je höher der Zinssatz, desto niedriger ist der heutige Wert der künftigen Erträge. In einer nahezu kartellartigen Absprache rechnen Gutachter heute mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent – obwohl die fast risikolose 30-jährige Bundesanleihe nur 4,9 Prozent bringt.

Viel Spielraum haben Gutachter zudem bei den Risikozuschlägen. Je höher das Risiko ist, dass ein Unternehmen die geschätzten Erträge nicht liefert, desto höher der Zuschlag.

Wenn Aktionäre versuchen, im Spruchkammerverfahren bessere Offerten zu erzwingen, werden sie von erbosten Vorständen häufig als Erpresser beschimpft, weil sie wichtige Entscheidungen blockieren. Allerdings wehren sie sich offenbar zu Recht dagegen, mit einem Butterbrot abgespeist zu werden. Neun von zehn Spruchverfahren enden damit, dass Großaktionäre ihre Abfindungsangebote nachbessern müssen.

Aus diesen Gründen sollten Aktionäre jetzt auch genau überlegen,ob sie sich mit diesem viel zu niedrigen Übernahmeangebot abfinden sollten oder auf einen nachhaltigen Turnaround bei der Cycos AG setzen.


Gruß Kamischke


Hinweis: Die in den Berichten zur HV enthaltenen Antworten und Zahlen wurden von mir nach bestem Gewissen wiedergegeben.
Aufgrund der Länge der HV (über 6 Stunden) bleibt aber der ein oder andere Fehler nicht aus.
Falls hier irgendwo ein Zahlendreher enthalten sein sollte oder die ein oder andere Aussage von mir anders interpretiert worden ist,als vielleicht dargestellt, so bitte ich das zu entschuldigen.
Laut meinen Informationen soll noch ein unabhängiger Bericht über die HV der Cycos AG bei GSC Research erscheinen.


Klick => http://www.gsc-research.de/public/contents/home.cfm
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viele grüsse

cade
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