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Alt 25-08-2008, 16:45   #7
Benjamin
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In wenigen Jahren wird Strom vom eigenen Solarmodul ebenso viel kosten wie der Strom vom Versorgungsunternehmen - und danach wird das Solarmodul für den Besitzer im lukrativer.


Energie: Photovoltaik-Experte Eicke Weber erwartet Gleichheit mit Netzstrom zwischen 2013 und 2015
"Solarstrom wird billiger"

VDI nachrichten, Düsseldorf, 22. 8. 08, mg -


Der weltweite Energiebedarf steigt beständig. Schon jetzt verknappen sich fossile Brennstoffe. Künftig werden mehr Energien aus erneuerbaren Quellen stammen. Prof. Eicke Weber, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, setzt große Hoffnung auf Solarzellen aus einem speziellen Material: leicht aufgereinigtes Silizium, kurz "umg-Si". Dies senke den Preis und die bei der Herstellung verbrauchten Energien.

VDI nachrichten: Herr Professor Weber, Deutschland spielt weltweit in der Solartechnik eine führende Rolle.

Weber: Wir sind der World Champion. Wir haben sogar die Japaner überholt - weil dort genau das passiert ist, was einige politische Kräfte auch hier wollten: die Förderung drastisch zu reduzieren. Der größte PV-Hersteller ist jetzt in China, der zweitgrößte in Deutschland.

VDI nachrichten: Sind die Aussichten nach den Korrekturen am Erneuerbare-Energien-Gesetz weiterhin gut?

Weber: Wir haben keine andere Wahl. Bis 2050 muss ein großer Teil unserer Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Wir erleben derzeit eine Verknappung fossiler Energien. Die Spekulation an den Rohstoffmärkten nimmt nur vorweg, was Fachleute für die Zukunft erwarten.

VDI nachrichten: Reicht die Versorgung mit Silizium für die von Ihnen projektierte weltweite PV-Kapazität von 20 Terawatt?

Weber: Wir werden nie einen Mangel an Silizium haben, dem zweithäufigsten Element der Erdkruste. Auch an metallurgischem Silizium besteht kein Mangel: Jährlich werden davon mehr als 1 Mio. t erzeugt, zu beinahe vernachlässigbaren Kosten von 1 $ bis 3 $ pro kg. Hochreines Halbleiter-Silizium kostet bis zu 400 $ pro kg.

VDI nachrichten: Sie plädieren für leicht aufgereinigtes, "upgraded metallurgical-grade", Silizium, um das Wachstum der PV-Industrie zu sichern.

Weber: Das metallurgische Si verhält sich elektrisch wie ein Metall, wegen der Verunreinigungen mit Bor und Phosphor. Die muss man aus der Schmelze heraus mindern. Dazu gibt es weltweit genügend Kapazitäten. Noch 2008 wird "umg-Si" erstmals verkauft werden. Für 2009 sind viele Tausend Tonnen pro Jahr geplant, angestoßen durch die Solartechnik.

VDI nachrichten: Manche Experten meinen, auch das hochreine Halbleiter-Si stünde ausreichend zur Verfügung.

Weber: Mein Punkt ist, dass da ein markanter Unterschied besteht, vor allem im Preis und auch in der für die Herstellung verbrauchten Energie. Außerdem im Kapitalbedarf: Für jährlich 1000 t hochreines Si muss man um die 100 Mio. $ investieren. Und wir brauchen in Zukunft nicht 10 000 t, sondern 100 000 t pro Jahr.

VDI nachrichten: Noch sind nicht alle Probleme der PV-Fertigung mit umg-Si gelöst.

Weber: Wir haben demonstriert, dass sich mit umg-Si gute Solarzellen machen lassen. Die höhere Verunreinigungskonzentration im Vergleich zum hochreinen Silizium ist für die Prozesstechnik eine Herausforderung. Aber kein "show stopper".

VDI nachrichten: Sind die Wirkungsgrade von umg-Si vergleichbar?

Weber: Richtig. Mit umg-Si wird man ein halbes Prozent Effizienz einbüßen. Statt 15 % also 14,5 %. Die Prozesskosten, mit thermischen Bearbeitungsschritten, sind nur geringfügig höher. Ich kann mir vorstellen, dass um 2020 etwa 30 % des PV-Marktes vom umg-Si dominiert werden.

VDI nachrichten: Zur Preis-Lernkurve der Si-PV-Module. Involviert sie eine Abfolge von "Generationen"?

Weber: Grundsätzlich gibt es eine Kostensenkung von 20 % bei verdoppeltem Produktionsvolumen. Das gilt ab 1980 und ist bis 2020 extrapolierbar. Nur sind in den letzten Jahren die Preise nicht entsprechend gefallen, weil die Solarfirmen wegen der Silizium-Verknappung zu konstanten Preisen verkaufen konnten. Sobald genügend Si im Markt ist, auch umg-Si, wird die Kurve nach unten gehen.

VDI nachrichten: Was ist "grid parity" - Preisgleichheit in den Netzen?

Weber: Da gibt es zwei Definitionen: Gleichheit mit den Tarifen für Haushaltsstrom. Oder Gleichheit mit anderen Erzeugungsarten. Für den Verbraucher ist wichtig, wann Gleichheit mit seinem Strompreis erreicht wird, weil dann die Einspeisung nicht mehr lukrativ ist. Dann ist es besser, mit dem PV-Strom die eigene Rechnung zu begleichen.

VDI nachrichten: Und gesamtwirtschaftlich gesehen?

Weber: Volkswirtschaftlich wird das Einspeisegesetz keine Zusatzkosten bewirken, sobald die Einspeisevergütung unter den Strompreisen liegt. Das ist eine Lernkurve, die dazu führt, dass wir konkurrenzfähig mit anderen Arten der Stromerzeugung werden. Beobachten Sie, was dagegen mit den Öl-, Gas- und Kohlepreisen geschieht.

VDI nachrichten: Preisgleichheit ist das Ziel?

Weber: Das Ziel kommt uns durch steigende Energiepreise entgegen. Der Optimist sagt, 2013 haben wir Gleichheit, der Pessimist 2015. Aber der Punkt wird bald erreicht, auf jeden Fall.

WERNER SCHULZ

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Eicke Weber

Prof. Dr. Eicke Weber
(58) ist Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg und Lehrstuhlinhaber für Angewandte Physik und Solarenergie an der Universität Freiburg. Von 1983 bis 2006 lehrte er an der University of California in Berkeley. Weber beschäftigt sich als Physiker und Materialwissenschaftler von Weltruf seit 30 Jahren mit Strukturen und Defekten in Silizium und III-V-Halbleitern wie GaAs und GaN.

Weber leitet die am 22. Oktober beginnende internationale Kongressreihe Solar Summits Freiburg, die sich mit "umg-Si" befasst. W. S.
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