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Alt 09-01-2004, 10:42   #1
Vogtlandsiggi
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Ende Der Party

Ende der Party
Datum: Mittwoch, 07.Januar. @ 17:57:23 CET
Thema: Kolumnen von J. Felger


...oder zumindest eine Verschnaufpause!


Daueroptimisten fühlen sich gestärkt

Ein gesunder Zweckoptimismus kann ja im Allgemeinen nicht schaden. Allerdings sollte man es nicht übertreiben, indem man negative Meldungen völlig ausblendet. So mancher Anleger hat sich schon gewundert, dass Aktienkurse nicht in den Himmel wachsen. Es sei dem Investor geraten, sich nicht von unwissenden Daueroptimisten irre führen zu lassen, auch wenn sich jetzt anscheinend alles zum Guten wendet. Die derzeitige ökonomische Entwicklung der Wirtschaftsmacht Nummer Eins USA kann man, wenn man deren neue statistischen Daten zum BSP betrachtet, mit einem Anwachsen um 8,2 % auf den ersten Blick getrost als fantastisch gut bezeichnen.

US-Haushaltsdefizit beunruhigend

Die Rechnung wird allerdings auf dem Fuße folgen. Bush bläht seinen Staatshaushalt auf wie selten gesehen und erzielt im Jahr 2003 ein vermutlich 550 Mrd. USD schweres Rekord-Haushaltsdefizit. Das sind 5 % des BSP der US-Wirtschaft. Da fühlt man sich an die Gepflogenheiten im "alten Europa" erinnert, wo ähnliche Größenordnungen allerdings ohne Kriege und ohne wahrgenommene Bedrohung von außen zu Stande kommen. Deutschland oder Frankreich können in Sachen Haushaltsführung aber nicht der Maßstab sein. Hinzu kommt, dass man in den USA zuvor noch drei Jahre hintereinander Haushaltsüberschüsse erzielt hat. Die Bürger in der derzeit generell dynamischeren Wirtschaft USA werden sich in wenigen Jahren mit einer höheren Abgabenlast konfrontiert sehen. Dann nämlich, wenn die Zinszahlungen der staatlichen Wohltaten bzw. Untaten anfallen werden. Die nächste Rezession ist vorprogrammiert. Staatliche Nachfrage erzeugt kein dauerhaftes Wachstum, sondern verdrängt nur die effizientere private Wirtschaft. Wer nicht an das wundersame keynesianische Multiplaktionsprinzip glaubt, dem sollte das klar sein.

Steuerentlastungen in den USA zur Unzeit

Die US-Wirtschaftspolitik hat allerdings auch einen angebotsorientierten Aspekt. Die Steuererleichterungen erinnern gar an die Politik des Reaganomics. Damals, Mitte der 80er Jahre wurden die Höchststeuersätze der Einkommenssteuer in den USA von 70% auf 28% gesenkt. Eine enorme Veränderung. Auch die heutigen Steuererleichterungen sind zu begrüßen, denn sie haben einen langfristigen positiven Effekt auf die Wirtschaft. Das US-Haushaltsdefizit des Jahres 2003 rührt hauptsächlich von den stark erhöhten Verteidigungsausgaben, die auch die Ausgaben der Mammutbehörde Homeland Security und andere Veränderungsmaßnahmen betreffen. Die steuerpolitischen Einnahmeausfälle kommen zur Unzeit.

Kaum veränderter Arbeitslosenstand

Die Höhe der Arbeitslosigkeit reagiert auffällig wenig auf das exorbitant gute ökonomische US-Wirtschaftswachstum - in den USA und vor allem in Europa. Jetzt da auch die Produktivität einen massiven Schub erfährt und die Arbeitslosigkeit nicht so recht sinken will, treten bereits die Wachstumskritiker auf den Plan und bemängeln die weiterhin relativ geringe Nachfrage nach Arbeitskräften. Eine Wiederauferstehung der Diskussion im Sinne des "Club of Rome" ist wieder en vogue. Das Internet sei schuld an der Misere und rationalisiere Arbeitsplätze weg. An dieser Stelle sei jedoch an die Erfindungen des Computers, des Fließbandes, des Rades usw. usw. erinnert, die alle ähnliche Effekte hätten haben müssen. An diesem Ansatz einzig richtig ist: Das Wirtschaftswachstum, das wir im Moment in den USA erleben, ist tatsächlich nicht "nachhaltig". Das Wirtschaftswachstum wirkt sich auch nicht in befriedigendem Maße auf den privaten Konsum aus, der so wichtig für gesunde Steigerungen des BSP ist.

US-Währung und Gold reagieren nicht erwartungsgemäß

Zwei weitere eindeutige Zeichen des Marktes, die gegen eine Euphorisierung sprechen, sind der fallende USD und der steigende Goldpreis. Offensichtlich verschmäht die Welt derzeit den USD, der weiterhin an Wert verliert. Im Gegensatz zu früheren Aufschwüngen, fließen erstaunlich wenig neue Investitionen in die anscheinend so vielversprechende US-Wirtschaft. Auch festverzinsliche Anlagen sind aufgrund des geringen Zinsniveaus in den USA verständlicherweise wenig gefragt. Gold ist der klassische Barometer für wirtschafts- und geopolitische Spannungen. Das Paradoxon ist, dass trotz des Börsenbooms seit März 2003 eine nahezu ungebrochene Aufwärtsbewegung des Preises zu verzeichnen ist - und dies trotz eines fallenden USD, in dem das Edelmetall gehandelt wird. Eine besondere Beachtung finden Gold, dessen Derivate oder Goldaktien bei Vermögensverwaltern und Anlegern derzeit trotzdem nicht. Dies deutet darauf hin, dass es hier noch Potenzial für einen weiteren Anstieg gibt.

Das Durchbrechen der Marke von 4000 Punkten im DAX ist charttechnisch ein positives Zeichen für die weitere Entwicklung. Auch der Nasdaq Composite hat die 2000 Punkte überschritten. Der Frankfurter Finance Newsletter glaubt aber aufgrund der obigen Ausführungen nicht, dass der seit März 2003 stattfindende Aufwärtstrend durchgehend anhalten wird und die genannten Marken dauerhaft überwunden wären. Die nächsten Wochen werden sehr spannend werden. Die Euphorie kommt inzwischen auch massiv bei den Kleinanlegern an. Das ist der Hinweis einer Überhitzung.

Jürgen Felger
Chefredaktion
www.frankfurterfinance.de
Frankfurter Finance Newsletter
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