Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 09-01-2004, 15:37   #3
crazy_coco
TBB Family
 
Benutzerbild von crazy_coco
 
Registriert seit: Apr 2002
Beiträge: 13.479
Sieben Gründe zur Skepsis


Von Dirk Harbecke
Die Experten aus Banken, Medien und Wissenschaft sind sich einig, dass die Konjunktur im laufenden Jahr weiter an Schwung gewinnt, die Unternehmen ihre Gewinne steigern und sich so die Kursrallye seit dem vergangenen Frühling als überaus berechtigt erweist. Offenbar steht uns ein Jahr bevor, in dem das Geldverdienen ein Kinderspiel wird. Aktien kaufen, liegen lassen und die Zeit mit Sinnvollerem als der Börse verbringen.

Hinter den Kulissen sieht es derzeit leider anders aus. Bei den Strategie-Beratungen der großen Banken und Vermögensverwalter belasten die Sorgen, ob uns wirklich ein so leichtes Investment-Jahr bevorsteht. Auch ich neige wieder zur Skepsis. Neben den klassischen Argumenten wie Aktien-Bewertung oder Konjunktur sind mir in den vergangenen Tagen sieben wesentliche Gründe eingefallen, lieber vorsichtig zu sein – selbst wenn die Börsen in den nächsten Wochen weiter steigen sollten:

1. Über-Optimismus der Banken und Newsletter
Ein exzellenter Kontra-Indikator, wenn man sich daran erinnert, welch grauenhafte Ratschläge die Analysten und Anlage-Profis in den vergangenen Jahren von sich gaben.

2. Aktien technisch "überkauft"
Den Untersuchungen des renommierten Analysedienstes "Investors Intelligence" zufolge sind die Aktienmärkte bereits seit Ende Mai aus technischer Sicht "überkauft", was auf eine Korrektur hindeutet.

3. Verkäufe der Unternehmensinsider
In den vergangenen Monaten stand das Verhältnis von Aktien-Verkäufen zu -Käufen der Unternehmensinsider in den USA bei 20 zu 1. Offensichtlich haben die Vorstände und leitenden Mitarbeiter kein allzu großes Vertrauen, dass ihre Unternehmen den an der Börse bezahlten Preis auch wirklich wert sind.

4. Steigende Zinsen
Wenn die Konjunktur wirklich anzieht, werden die Zinsen über kurz oder lang steigen. Das ist Gift für die Aktienkurse und verteuert Kredite.

5. Rückkehr der Inflation
Die Preise an den Rohstoffmärkten klettern seit Monaten und weisen deutlich auf eine steigende Inflation hin. Verstärkt wird die Bedrohung durch die Liquiditätsschwemme an den Märkten, verursacht durch niedrige Leitzinsen der Notenbanken. In Europa wird der Preiseffekt derzeit noch durch den fallenden Dollar gedämpft, der aber wiederum die Exporteure belastet.

6. Terrorismus
Die Meinung an den Märkten ist einstimmig: Es wird weitere Terror-Anschläge geben, deren Auswirkungen nicht prognostizierbar sind. Eine bedrückende Unsicherheit, die leider berücksichtigt werden muss.

7. Vorgezogene Börsengänge
Die Suchmaschine Google will bereits im April an die Börse gehen, früher als erwartet. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die begleitenden Investmentbanken den Börsenaufschwung noch rechtzeitig mitnehmen wollen, ehe es zu spät ist. Kurz vor dem Platzen der Spekulationsblase im Frühjahr 2000 sah es ähnlich aus. Die Zahl der Neuemissionen stieg beständig, die Bänker drängten zur Eile.


Die Bewertung der Internetaktien und die Angst vor einer neuen Spekulationsblase werden auch das Thema meiner nächsten Kolumne sein.


Dirk Harbecke ist Börsenexperte und Finanzkolumnist.

© instock
__________________


liebe Grüße von Coco
crazy_coco ist offline   Mit Zitat antworten