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Alt 02-12-2008, 17:17   #917
Starlight
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Bushs Versagen in der Hypotheken-Krise
Dienstag, 2. Dezember 2008

Es sind nur noch Tage, bis George W. Bush das Weiße Haus für immer räumt, und die Mehrheit der Amerikaner kann es kaum erwarten. Vergessen wird man den ungeliebten Präsidenten und seine korrupte Gang nicht so schnell, denn die Regierung hinterlässt einen Scherbenhaufen – vieles hätte man verhindern können, unter anderem die aktuelle Finanzkrise.

Das geht aus Untersuchungen der Associated Press hervor, die in den letzten Wochen offizielle Protokolle und Unterlagen in bezug auf die Kreditkrise recherchiert hat. Danach ist ganz klar: Zahlreiche Experten haben die Bush-Regierung schon ab 2005 vor riskanten Geschäften im Hypothekenmarkt gewarnt. Man müsse die Branche stärker als bisher regulieren, forderten viele. Schließlich wurden Konzepte erarbeitert – und fallen gelassen. Der Grund: Die Industrie machte sich gegen die neuen Regelungen stark; vor allem die Firmen, die heute auf Milliarden-Spritzen angewiesen oder pleite sind.

So hatte man etwa darüber nachgedacht, die Anteile von Risiko-Hypotheken mit variablen Zinssätzen in den Portfolios der Großbanken mit einem Grenzwert zu belegen. Doch es gab Gegenstimmen. „Diese Hypotheken sind als Anlagen sicherer als viele Kredite mit festen Zinssätzen“, sagte etwa David Schneider einem Ausschuss in Washington. Schneider war seinerzeit Hypotheken-Chef bei Washington Mutual – seither ist das Unternehmen mit der größten Bankenpleite in der US-Geschichte berühmt geworden.

Experten hatten auch geraten, die Vergabepraxis für Risiko-Hypotheken zu prüfen. Und zu verbieten, dass etwa ein interessierter Kunde einen Kredit bekommt, den er sich nicht leisten könnte. Solche Einschränkungen passten den Banken nicht, denn die hatten sich längst auf Hypotheken ohne Anzahlungen spezialisiert, tricksten mit minimalen Monatsraten und sukzessiv steigender statt fallender Verschuldung. Solche Einschränkungen durch die Regierungen seien „exzessiv und würden weitere Innovation im freien Markt verhindern“, monierte Mary Jane Seebach, die PR-Chefin von Countrywide Financial. Das Unternehmen ist heute pleite.

„Ein freier Markt garantiert, dass unterschiedliche Institutionen ihre eigenen Wege gehen“, versicherte auch Joseph Polizzotto, der als Berater bei Lehman Brothers fungierte. Auch diesen Laden gibt es nicht mehr.

Den Banken gelang es binnen mehrerer Monate, sämtliche harten Vorschläge aus den Gesetzentwürfen zu entfernen. Man brauche sie nicht, so die vorherrschende Meinung in der Branche. Allein der freie Markt könne seine Regeln bestimmen… bis nun die Regierung mit Milliarden-Zuschüssen auf Kosten des Steuerzahlers eben diesen Markt freikaufen musste.

Auch in anderen Belangen hat die Bush-Regierung bekanntlich versagt. Dem Automobil-Sektor hätte man etwa vor Jahren mit strengeren Anforderungen an den Benzinverbrauch auf die Sprünge helfen können. Auch hier scheint nach jahrelanger Blingheit jetzt nur noch ein Bailout möglich. Eine Wanderung durch die Branchen deckt noch viele Katastrophen auf; einige dürften die USA über Jahre hinaus verfolgen.

Die Bush-Regierung hat nicht nur Amerika gespalten, und das Land in eine tiefe Krise geführt. Sie hat auch dauerhaft das Bild von den Republikanern als wirtschaftlich kompetente Partei zerstört. Amerika blickt jetzt nach vorne. Die Feiern rund um die Vereidigung von Barack Obama dürften die größten werden, die das Land je gesehen hat.
© Inside Wall Street
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