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Alt 06-04-2005, 14:50   #65
Stefano
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"Der Charakter ist nicht schmutzig genug"

Frankfurter Rundschau: Herr Funkel, nach der Niederlage in Ahlen haben Medien, Fans und Verantwortliche kein gutes Haar an Ihrer Mannschaft gelassen. Wie tief sitzt den bei Ihnen die Verbitterung?

Friedhelm Funkel: Na ja, es ist nicht das erste Mal, dass wir verloren haben. Man ärgert sich, man ist frustriert, aber wir werden das Fußball spielen nicht einstellen. Sehen Sie sich die Duisburger an, die verlieren in Trier. Meinen Sie, die fühlen sich besser? Am Sonntag geht's gegen Unterhaching, da müssen wir sehen, dass wir nicht noch weiter an Boden verlieren.

Moment, Sie wollen uns doch nicht allen Ernstes erzählen, Sie sind en passant zur Tagesordnung übergegangen. Unseren Informationen nach sollen Sie die Mannschaft am Montagmorgen sogar ordentlich zusammengefaltet haben.

Ich habe die Fehler sehr klar angesprochen.

Das ist alles? Kein lautstarkes Donnerwetter?

Nein, Lautstärke kann kein Gradmesser sein. Die Ansprache war klar und deutlich, jeder einzelne Spieler bekam aufgezeigt, was er falsch gemacht hat. Gerade nach so einem Spiel ist das bitter nötig. Gestern hatten die Spieler einen Tag frei, um den Kopf freizubekommen. Damit ist Ahlen abgehakt. So ist das im Fußball. Niederlagen gehören einfach dazu, und unsere Mannschaft ist nicht so stark, dass sie locker durch diese Liga marschiert. Wir müssen immer wieder mit Rückschlägen rechnen. Die haben wir bisher gut weggesteckt, und das werden wir auch dieses Mal tun.

Sie wirken sehr gefasst. Unmittelbar nach dem Spiel in Ahlen waren Sie noch mächtig angefressen.

Das ist doch normal. Nach so einer Partie ist man emotionalisiert, da kriecht Ärger in einem hoch. Wir haben eine große Chance verpasst. Und man braucht auch nicht überheblich tönen: ,Die hauen wir weg, die machen wir platt.' Aber als Frankfurter Eintracht sollte man in der Lage sein, in Ahlen zu gewinnen.

Woran lag es dann?

Man muss konzentriert spielen. Wir aber waren viel zu ängstlich und haben schlimme Fehler gemacht. Das darf einfach nicht passieren. Sehen Sie sich den katastrophalen Fehlpass von Christopher Reinhard an, der Junge muss daraus lernen. Und manchmal ist so ein Lernprozess schmerzhaft.

Haben Sie solch eine Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtsspielen in ihrer langen Laufbahn schon einmal erlebt?

Ja klar, mit Uerdingen, da haben wir in einem Jahr nur einmal auswärts gewonnen und in der folgenden Saison sieben Begegnungen in der Fremde für uns entschieden - dabei hatten wir nichts anders gemacht.

Und doch rätselt ganz Frankfurt über die zwei Gesichter der Mannschaft. Sie müssen doch Antworten haben, oder nicht?

Im Fußball ist nicht alles erklärbar, wenn es erklärbar wäre, dann könnten wir es auf Knopfdruck abstellen.

Aber Sie müssen doch irgendwas ändern: Die Spieler hart anfassen, sie einschwören, viel mit ihnen sprechen oder gar nichts. Irgendwas versuchen.

Das wäre doch purer Aktionismus und Populismus. Es gibt kein Patentrezept. Wir trainieren gut, wir bereiten uns gut vor - mehr können wir nicht machen.

Noch mal: Sie müssen doch versuchen, dieser Schwäche Herr zu werden.

Ja, was glauben Sie denn? Aber man muss doch auch die Fakten sehen: Wir haben große Probleme, wenn wir auf einen sehr aggressiven Gegner treffen. Da haben wir nicht die Typen, die auf dem Platz so richtig dagegenhalten. Zu Hause, wenn wir das Spiel selbst machen, wenn sich der Gegner zurückzieht und wir ein bisschen mehr Platz haben für den Spielaufbau, dann klappt das; wenn der Gegner stört, haben wir Probleme. Das ist einfach so .

Also doch eine Frage der Mentalität.

Genau. Der Charakter der Mannschaft ist gut, aber er ist auf dem Platz nicht schmutzig genug.

Wie meinen Sie das?

Da muss man den Gegner auch mal verbal attackieren, ihn provozieren, ihn beschimpfen. Ich habe das als Spieler früher auch gemacht. Das traut man mir ja heute gar nicht mehr zu, aber auf dem Platz war ich kein lieber Kerl. Da muss es mal ordentlich krachen, verdammt. Hinterher ist alles wieder vergessen. Da müssen die Jungs noch lernen. Und wir werden reagieren. Wir werden unsere Bemühungen intensivieren, einen Spielertyp zu verpflichten, der diesen Anforderungen gerecht wird.

Nun sind auch Sie nach dem Spiel in Ahlen für Taktik und Aufstellung kritisiert worden. Wie gehen Sie damit um?

Generell sehe ich das gelassen, ich kann gut mit Kritik umgehen, aber die jetzt erhobenen Vorhaltungen sind faktisch falsch.

Ihnen wurde vor allem vorgehalten, das taktische Konzept schon nach einer Minute über den Haufen geworfen und Chris aus dem Mittelfeld zum Libero gemacht zu haben. Auch die vielen Umstellungen sind bemängelt worden.

Es war klar, dass wir mit einer Viererkette spielen, wenn Ahlen mit drei Angreifern kommt. Und wenn Ahlen zwei Spitzen aufbietet, wir mit drei Mann hinten agieren. Wobei Chris sich bei Ballbesitz immer miteinschalten sollte, um einen Mann mehr zu haben. Also Libero spielte er schon mal gar nicht. Und dass ich die Mannschaft immer ändere, stimmt auch nicht. Im Vergleich zum Fürth-Spiel war es eine Position. Da schreibt Ihr irgendwas, ob es richtig ist oder nicht, ist völlig egal. Da ärgert man sich natürlich, und man hat als Trainer kaum eine Möglichkeit, das richtig zu stellen. q: frankfurter rundschau
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Ciao Stefano

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