Helmut Schmidt – Der deutsche Kanzler“
Er lebe höher
Früher „Schmidt Schnauze“, heute Kanzler der Herzen: Zum 90. Geburtstag setzt das ZDF dem Bundeskanzler a.D. schon zu Lebzeiten ein Denkmal. Verdient hat er es sich.
Von FOCUS-Redakteurin Beate Strobel
Gewohnte Pose – Helmut Schmidt in der ZDF-Dokumentation „Der deutsche Kanzler"Sich feiern lassen wollte er nicht, auf „Festspiele“ anlässlich seines Geburtstages verzichtet er gerne. Am 23. Dezember möchte er wie jedes Jahr „drei alte Freunde und ihre Eheweiber“ in Hamburg zum Essen einladen. Wer 90 wird und ein Leben wie das seine hinter sich hat, dessen Ego braucht die Ehrenbekundungen der Weltöffentlichkeit nicht mehr.
Egal – er bekommt sie trotzdem. Die vielleicht letzte Gelegenheit, Altkanzler Helmut Schmidt noch einmal richtig hochleben zu lassen, will und darf sich kein Medium entgehen lassen. Für das ZDF haben sich TV-Reporter Ruprecht Eser und „Zeit“-Korrespondent Gunter Hofmann drei Stunden lang der Gefahr des Passivrauchens ausgesetzt, um eines der begehrten, weil raren, Schmidt-Interviews zu führen. „Der deutsche Kanzler“, betiteln sie die daraus entstandene Dokumentation, als könne es keine Kanzler neben ihm geben. Eine Überhöhung, für deren Rechtfertigung sie nur eine Stunde Sendezeit haben. Sie nützen sie gut.
Schwer muss es gewesen sein, die vielleicht acht ereignisreichsten Jahre der jüngeren deutschen Geschichte auf 60 Minuten einzudampfen. Wie im Zeitraffer jagen die Ereignisse einander, bis sie fast zu einer einzigen großen Herausforderung verschwimmen: Das politische Ende Willy Brandts, RAF-Terror, die Entführung Schleyers und der „Landshut“, Energiekrise, Nachrüstung, Atomwaffenstreit, Misstrauensvotum – Schmidt, so scheint es, muss kaum Zeit zum Ausatmen gehabt haben in diesen Jahren. „Über die Kanzlerjahre“, sagte der Regierungschef a.D. kürzlich selbst, „kann ich nur sagen: Sie waren anstrengend“.
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