hey börsengeflüster,
dann machen wir das fass mal auf
daran, dass ich horrorszenarien entworfen habe ala “DAX in einem quartal auf 3000”
etc kann ich mich nicht erinnern. alles was ich sage ist, dass der DAX zum jahresende 2% niedriger notieren könnte als heute, möglicherweise auch darunter. ich falle als kontraindikator nach deinen “marktpsychologischen” erwägungen also schon mal aus.
auch dass auf dem parkett oder im begleitenden wirtschaftsboulevard zZ die bären regieren, kann ich nicht erkennen. wie kommst du zu der meinung das wäre so?
warum ich den DAX zum jahresende niedriger sehe kann ich dir gerne erläutern.
bekanntermassen hängen wir an der wallstreet, eigene bewegungen der europäischen märkte gegen den DOW sind so selten gewesen, dass man sie praktisch vernachlässigen kann.
wie sehen also die rahmenbedingungen in usa aus? das ist in einem wort zusammenzufassen: katastrophal.
das doppeldefizit ist oft genug besprochen, die risiken des immobilienmarktes sind bekannt, der auftragseingang ist bescheiden, die arbeitsmarktdaten sind in reihe schlechter als erwartet und die unternehmensgewinne nach wie vor durch hedonic pricing geschönt. das angebliche wirtschaftswachstum von über 4% findet nur auf dem papier statt (würde deutschland nach den selben massgaben rechnen wie usa wären wir ein boomland...).
dazu kommt jetzt noch der zinstrendwechsel. ich hatte 0,5 % anhebung erwartet, aber greenspan will bushs wiederwahl offenbar doch stärker unterstützen. die folge ist, wie ich in einem anderen beitrag schon beschrieben habe, eine schnellere inflationierung des dollars als ich erwartet habe. und so oder so werden die zinsanhebungen weitergehen. auf mittlere sicht ist das nicht zwingend schlecht für aktien, aber eine unterstützung für den aktienmarkt ist es andererseits in keinem fall.
das alles zusammengenommen, mit dem hintergrund, dass das durschnitts-kgv von DOW aktien bei über 20 liegt (!!!), lässt mich keine grossen bewegungen nach oben erwarten. im gegenteil, ein DOW von 7500 bis 8000 wäre im langfristigen durchschnitt fair bewertet.
wo sollte also ein starker kaufdruck für den DAX herkommen? noch dazu, wo wir hier zusätzlich mit rekordarbeitslosigkeit, ständigen steuer- und abgabenanhebungen, konsumflaute, marktsättigung, osteuropäischer konkurrenz, billigpreisschlachten etc zu kämpfen haben?
das ist mein szenario, vielleicht irre ich mich, vielleicht nicht.
ich hoffe nur, dass du nicht einer von den bullen bist, die folgende klassische kombinationsfehler machen:
- kaufen wenn der markt steigt (the trend is your friend)
UND
- kaufen wenn der markt fällt (nur antizykliker gewinnen langfristig)
- die hälfte der börse ist psychologie, die andere hälfte ist charttechnik (fundamentaldaten, was ist das?)
persönlich nehme ich hier übrigens gar nichts, ein börsenboard lebt schließlich von unterschiedlichen meinungen.
grüße, jay
ps: stockpicking betreibe ich in jeder marktphase. aber statt wie in zeiten, in denen ich steigende kurse erwarte, 10 aktien zu halten, habe ich derzeit nur 3. short auf den DAX gehe ich aber auch nicht, weil ich wie gesagt nicht mit einem crashartigen szenario rechne, sondern mit schwankungen die zum jahresende eine seitwärtsbewegung ergeben.