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Alt 27-01-2006, 21:30   #406
Starlight
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Rückblick: Dumm und dümmer

Die Zeit der Jahresrückblicke ist eigentlich vorbei. Doch lohnt es sich, auch Ende Januar noch eine Ausnahme zu machen. Ein amerikanisches Wirtschaftsmagazin zieht nämlich eine ganz besondere Bilanz: Die 100 dümmsten Business-Momente.

Ein Blick in die seitenlange Liste von „Business 2.0“ zeigt, dass sich amerikanische Unternehmen und Unternehmer eine ganze Reihe enormer Dummheiten erlaubt haben. Mancher lag mit einer ganzen Produkt- oder Marketingstrategie gehörig daneben, andere wiederum ließen sich in rufschädigenden Situationen erwischen… am Ende gilt für alle: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Amerika lacht über:

Conrad Black, den ehemaligen CEO von Hollinger. Der sah sich einer Betrugsklage gegenüber und soll der Firma zig Millionen unterschlagen haben. Um die Anklage zu schwächen, schlich sich Black in die Firmenzentrale und klaute kurzerhand mehrere Boxen mit Dokumenten. Zu dumm: Die Überwachungskamera sah zu und lieferte dem Gericht Bilder, die Black wirklich nicht mehr rechtfertigen konnte.

Ein anderer CEO of Abwegen war Harry Stonecipher. Der Flugzeugriese Boeing hatte ihn angeheuert, um nach dem Pentagon-Skandal wieder Moral in das Unternehmen zu bringen. Stonecipher selbst war indes eine schlechte Wahl. Kaum im Chefsessel angelangt, begann er eine Affäre mit einer Mitarbeiterin – und verstoß so gegen den Kodex der Firma, den er selbst eingeführt hatte. Stonecipher musste gehen.

Kürzer waren die Abenteuer des Robert McCormick. Der CEO des Internet-Providers soll sich im New Yorker Strip-Club Scores für 241 000 Dollar vergnügt haben – zahlen wollte er nicht. Nach einer Klage von American Express gestand er, wenigstens 20 000 Dollar in Drinks und erotische Tänze investiert zu haben. Das reichte allerdings für eine Kündigung.

Doch nicht alle Pannen sind den Chefs anzulasten. Bei manchen Unternehmen ging die ganze Strategie daneben. Der Cornflakes-Riese General Mills sprang auf den Gesundheits- und Fitnesszug auf, ohne allzu sehr über sein eigenes Produkt nachgedacht zu haben. So warb man für „gesunde“ Flocken wie „Cocoa Puffs“ und „Count Chocula“ und ließ in TV-Spots sogar den „Lucky-Charms“-Wichtel Hanteln stemmen – den sportlichen Dreh nahm den Zuckerbomben allerdings kein Kunde ab.

Einen Werbe-Fauxpas historischer Güte leistete sich Wal-Mart. Nachdem ein lokales Gremium in Arizona gegen den Bau eines neuen Super-Centers gestimmt hatte, schaltete der Einzelhändler doppelseitige Anzeigen mit dem Bild einer Bücherverbrennung unter den Nazis. Bildunterschrift: „Wollen wir uns von der Regierung vorschreiben lassen, was wir lesen sollen? Nein. Also sollen wir uns auch nicht vorschreiben lassen, wo wir einkaufen können.“ Die Proteste ließen nicht lange auf sich warten, Wal-Mart plädierte auf Ignoranz: Man habe die historische Bedeutung des Fotos verkannt.

Apropos Werbung: American Airlines hatte bei einem Preisausschreiben 24 Freiflüge als ersten Preis ausgelobt, wollte dem Gewinner aber die anfallenden Steuern und Gebühren nicht erstatten. Der hätte somit auf seinen Gewinn 19 000 Dollar zahlen müssen – 800 Dollar pro Flug – und lehnte dankend ab.

Ein weitere Werbefeldzug ging dem New Yorker Radiosender WQHT97 daneben. Bei Live-Veranstaltungen hatten die Moderatoren Konzertkarten an Frauen vergeben, die sich in Ohrfeigen-Wettbewerben beweisen wollten – diese Gewaltaktion ging dem Staatsanwalt zu weit. Eine Strafe von 240 000 Dollar dürfte dem Sender wie eine gewaltige Ohrfeige erschienen sein.

Ein anderer Radiosender scheiterte derweil an einem Porträt über Bob Marley. Eine qualitativ hochwertige Dokumentation, so der Sender in einem Brief an die Stiftung des Reggae-Stars, könne nur gelingen, wenn man mit ihm ein persönliches Interview bekäme. In der Zeitplanung sei man flexibel. Nun, Bob Marley ist weniger flexibel, schließlich ist er seit einem Vierteljahrhundert tot.

Wir fassen zusammen: Ganz schön verrückt, was manchem Unternehmen passierte. Und wo wir bei „verrückt“ sind. Die Firma Vermont Teddy Bear steckte zum Valentinstag einen Plüschbären in eine Zwangsjacke und verkaufte ihn samt Anstaltsdokument mit der Diagnose: Verrückt nach Dir! Der Verband der geisitg Behinderten beschwerte sich und hatte Erfolg: Vermont nahm den Bären vom Markt – was direkt zum cleversten Geschäfts-Moment des Jahres führte. Sammler verkaufen den verrückten Bären nun auf Ebay – für 300 Dollar.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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Alt 30-01-2006, 20:29   #407
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Prozessauftakt: USA gegen Enron

Nicht dass in dieser Woche nicht genug los wäre. In Washington tagt die Notenbank und spricht der Präsident, in Wien debattiert die Opec, an der Wall Street endet ein volatiler Monat – und trotzdem blickt alles nach Houston, Texas. Dort beginnt an diesem Montag der Prozess gegen Ken Lay und Jeffrey Skilling, die ehemaligen Chefs von Enron.

Es ist nicht der erste Enron-Prozess. Bereits siebzehn Top-Manager sind seit dem Zusammenbruch des Energieriesen Ende 2001 verurteilt worden oder haben sich schuldig bekannt. Allein der Prozess gegen die beiden CEO, Firmengründer Kenneth Lay und seinen Nachfolger für sechs Monate, Jeff Skilling, ließ lange auf sich warten. Mehr als vier Jahre liegt der größte Wall-Street-Skandal aller Zeiten nun zurück. Man wartet gespannt auf den Tag der Abrechnung.

Um es vorweg zu nehmen: Gegen Jeff Skilling, der vor seiner Zeit als CEO schon Chef des operativen Geschäfts war, liegen 31 Anklagepunkte vor, gegen Ken Lay sind es 11 Punkte. Befindet das Gericht die Angeklagten in allen Punkten für schuldig, dürften die Ex-Bosse für den Rest ihres Lebens hinter Gitter wandern.

Tausende amerikanischer Anleger und Enron-Mitarbeiter dürften das als große Genugtuung sehen. Denn sie blicken auf ein düsteres Kapitel zurück. Die meisten Geschädigten hatten bereits für General Electric gearbeitet, als dessen Ableger in Portland, Oregon, 1997 von Enron übernommen wurde. GE-Rentenpläne wurden in Enron-Pläne umgewandelt und fast ausschließlich in Enron-Aktien investiert. Als die Aktie im Herbst 2001 ihren Sturz begann, wurden die Mitarbeiterkonten eingefroren und Tausende mussten zusehen, wie sich ihre Ersparnisse in Luft auflösten. Sie alle dürften auf hohe Strafen für Lay und Skilling hoffen.

Doch genau das ist das Problem zum Prozessauftakt. Die Verteidigung hat zunächst beantragt, die Verhandlung zu verlegen – in Houston können Lay und Skilling keinen fairen Prozess erwarten. Das mag stimmen, immerhin haben allein in der texanischen Großstadt mindestens 4000 Einwohner Job und Altersvorsorge verloren. Doch anderswo sieht es nicht besser aus.

Ein großer Teil der Bevölkerung im westlichen Teil der USA steht Enron alles andere als neutral gegenüber. Während der Energiekrise nach der Deregulierung der Märkte zahlte so mancher Bürger Wucherpreise an Enron. Kalifornien traf es besonders hart. Enron verschickte Millionen von Kilowattstunden in andere Staaten und sorgte für eine künstliche Knappheit am Pazifik. In den Fabriken standen die Fließbänder still, in Krankenhäusern fielen Maschinen und in Labors die Kühlschränke aus. In Läden im ganzen Staat wurde es dunkel, Ampeln fielen aus. Derweil scherzte Skilling: Anders als Kalifornien sei die Titanic wenigstens hell erleuchtet untergegangen.

Einen Schaden von mehr als 10 Milliarden Dollar hat der Staat Kalifornien bis heute nur etwa zur Hälfte wieder gutgemacht.

Und dann wären da auch noch die Leute in Chicago. Auch sie dürften nicht gut auf Enron zu sprechen sein. Die Stadt war Hauptsitz des Bilanzprüfers Arthur Andersen, der nach dem Skandal um Enron gemeinsam mit dem Stromkonzern unterging. Die Verstrickung einzelner Mitarbeiter in den Enron-Betrug hatte die Glaubwürdigkeit der Agentur beschädigt, der sämtliche Kunden davon liefen. Arthur Andersen war bald pleite, und 28 000 Mitarbeiter standen auf der Straße.

Weitere Enron-Opfer finden sich an der Wall Street und in Konzernen im ganzen Land. Der Betrug beim Stromkonzern war es schließlich, der die Verabschiedung des Bilanzgesetzes Sarbanes-Oxley nach sich zog. Die verschärften Vorschriften für börsennotierte Unternehmen kosten Corporate America Millionen.

Nun haben Kenneth Lay und Jeffrey Skilling verfassungsmäßig ein Recht auf einen fairen Prozess mit unvoreingenommenen Geschworenen. Der ist ihnen in Houston nicht sicher. Anderswo aber auch nicht. Entsprechend lange wird es dauern, bis zunächst einmal die zwölfköpfige Jury steht. Wie lange sich der Prozess "USA vs. Lay/Skilling" hinziehen wird, steht ohnehin in den Sternen.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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Alt 30-01-2006, 20:37   #408
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Telekommunikations-Ausrüster geben starke Signale

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Alt 31-01-2006, 18:05   #409
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Abschied von Alan Greenspan

Viel ist geschrieben worden über Alan Greenspan in den letzten Tagen. Wenn der scheidende Notenbank-Chef am Dienstagnachmittag die Federal Reserve in Washington, D.C. verlässt, dann geht eine Ära zu Ende. Die Greenspan-Jahre waren gute Jahre für die US-Konjunktur, doch wird der „Magier“ auch gerne überschätzt.

Es gibt kaum einen Experten heutzutage, der sich allzu kritisch über Alan Greenspan äußern bag. Der Kauz hat über anderthalb Jahrzehnte an der Spitze der Notenbank eine gottgleiche Aura aufgebaut, die ihm keiner streitig machen will. Zumal Greenspan es keineswegs leicht hatte, in seine nun über alle Kritik gestellte Position zu kommen.

Im Gegenteil: Als Greenspan 1987 sein Amt antrat, kommentierte der Wirtschaftsjournalist Jude Wanniski in der USA Today, er habe „nicht die notwendige Kompetenz, die Geschicke der Notenbank zu leiten“. Solche pauschale Kritik verbeitet sich heute natürlich, seine Kompetenz hat Greenspan ja lange genug bewiesen.

Denn die Bilanz seiner Amtszeit ist beeindruckend. Unter Greenspans Führung sah die US-Konjunktur die zwei längsten Wirtschaftsaufschwünge und die zwei mildesten Rezessionen ihrer Geschichte. Arbeitslosigkeit und Inflation waren in den zwanzig Jahren vor Greenspan auf deutlich höheren Niveaus. Der „Leidensindex“, der Inflation und Arbeitslosigkeit vereinfachend zusammenfasst, fiel während Greenspans Amtszeit auf durchschnittlich 8,6 Prozent zurück. Vorher, zwischen 1967 und 1987, hatte der Durchschnitt bei 13 Prozent gelegen.

Doch gibt es durchaus Punkte, in denen sich an der Allmacht von „Mr. G“ zweifeln lässt. Denn nicht alles, was man Greenspan heute zuschreibt, war auch dessen Verdienst. Gemessen am Inflationsverlauf, beispielsweise, kann die Performance aller großen Zentralbanken glänzen. Der Abwärtstrend bei der Inflation ist kein amerikanisches, sondern ein globales Phänomen. Bei den Verbraucherpeisen steht der US-Kerninflation von 2 Prozent ein Wert von 1,7 Prozent in den OSZE-Staaten gegenüber. So gesehen schnitt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nicht besser ab als alle anderen Industriestaaten.

Und auch dass die US-Konjunktur in den vergangenen 18 Jahren im internationalen Vergleich durchaus robuster arbeitete, liegt nicht unbedingt am Fed-Chef. Dass das reale Wirtschaftswachstum in den USA zwischen 1987 und 2004 jährlich 3,1 Prozent betrug, hinkten die Euro-Zone hingegen 2,3 Prozent und in Japan nur 2,1 Prozent, ist eher mit strukturellen Schwierigkeiten in anderen Staaten als mit der Zinspolitik zu erklären.

Das soll nicht heißen, dass Greenspan beliebig austauschbar gewesen wäre. Der scheidende Notenbanker hat es verstanden, nach Finanzschocks wie dem Platzen der Spekulationsblase aggressiv durchzugreifen und dadurch wirtschaftliche Schäden zu begrenzen. Durch seine manchmal verwirrenden, aber wohl durchdachten Äußerungen nahm er zudem häufig unnötige Volatilität aus dem Markt.

So hat Greenspan seine Verdienste, und die Wall Street wird ihn vermissen – zumindest kurzzeitig. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Börse meist negativ auf einen Führungswechsel in der Notenbank reagiert hat. Auch die Stab-Übergabe an Ben Bernanke könnte den Markt zunächst einmal belasten, obwohl dessen Qualifikation für den Job außer Frage steht.

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Alt 31-01-2006, 18:10   #410
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Aus Angst wird Euphorie
Von Mark Arbeter, technischer Chefanalyst bei S&P

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Alt 01-02-2006, 20:39   #411
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Bush beeindruckt die Wall Street nicht

Wenngleich man an der Wall Street tagtäglich vor allem auf den Gesundheitszustand von Corporate America achtet, ist auch allgemein die Lage der Nation von Bedeutung. Das Land bietet schließlich den Nährboden für die Unternehmen, stellt Infrastruktur, Nachfrage und kassiert Steuern. Die Lage der Nation ist wichtig, der Bericht zur selbigen hingegen nicht. Die lange erwartete Rede von George W. Bush am Dienstagabend geht im Mittwochshandel weitgehend unter.

Wirklich überraschend ist es nicht, dass sich auf dem Parkett kaum einer um die Worte des Präsidenten schert. Der Bericht zur Lage der Nation, einst eingeführt als kritisches Update für den interessierten Bürger, ist in den letzten Jahren immer mehr zu einem Werbeinstrument verkommen und ist unter George W. Bush ein rein parteipolitisches Instrument, das eher Propaganda- als Aufklärungscharakter hat.

Das ist nicht zuletzt an der Reaktion des Publikums zu erkennen. Statt dem Präsidenten zuzuhören und nur hin und wieder einmal zu applaudieren, springen die Zuhörer alle zwei, drei Sätze lang von den Stühlen aus und geben stehende Ovationen – jedenfalls genau die Häfte der Zuhörer. Die rechte Saalhälfte, in der die republikanischen Abgeordneten und ihre Gäste sitzen, jubeln, die linke Hälfte mit den Demokraten bleibt regungslos sitzen und blickt trotzig auf einen Staatschef, der Wahrheit, Wunsch und Vision munter vermengt.

Nehmen wir die Abhängigkeit der Amerikaner vom Öl: Dass die USA ohne das schwarze Gold keinen Schritt tun können, ist ebenso bekannt wie die Tatsache, dass die zunehmenden Importe aus instabilen Ländern ein Versorgungsrisiko darstellen. Beides weiß man aber nicht erst seit gestern, und dass der Öl-Millionär Bush nun eindringlich mahnt, die USA müsse verstärkt an alternativen Energien forschen, ist alles andere als glaubwürdig. Bis vor wenigen Wochen hatten die Republikaner noch daran festgehalten, dass der Weg aus der Öl-Krise vor allem über Bohrungen im Naturschutzgebiet in Alaska führen müsse.

Ein wirkliches Umdenken hat auch im Zusammenhang mit der Krankenversicherung nicht stattgefunden. Bush spricht weiterhin von Reformen, will kleine und mittlere Unternehmen Policen im pool und damit günstiger kaufen lassen. Zudem sollen Versicherungskonten privatisiert werden und damit besser Renditen schaffen. Das alles klingt schön und gut, hält einer näheren Betrachtung aber nicht stand: Weder sinken die Kosten noch steigt der Versicherungsschutz, kritisiert der zuständige demokratische Experte Max Baucus, zudem würden unter dem aktuellen Plan der Regierung ausgerechnet für die ärmeren Amerikaner erneut die Beiträge steigen.

Überhaupt dürften auch in den letzten drei Bush-Jahren vor allem die oberen Zehntausend profitieren. Der Präsident hält weiter an seinen Steuersenkungen fest und begründet seine Euphorie mit dem Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre. Dies ist zwar nicht von der Hand zu weisen, muss aber gegen Verbraucherverschuldung, Immobilienblase, Energiekrise und das Haushalts- und Handelsdefizit aufgerechnet werden.

Apropos Defizit: Das dürfte durch die geplanten Steuersenkungen weiter ansteigen, zumal Amerika weiterhin mit hohen Militärausgaben zu kämpfen hat. Die Lage im Irak ist äußerst kritisch, doch nicht einmal das wollte Bush in seiner Rede zugeben. Man sei in diesem Konflikt, um zu gewinnen, so Bush, „und wir werden gewinnen“.

Solche Durchhalteparolen mögen beim Volk ankommen und könnten Bush vielleicht sogar kurzfristig aus dem allertiefsten Umfrage-Loch heraushelfen. Experten sind nach dem Bericht zur Lage der Nation aber nicht beeindruckt, und entsprechend gleichgültig geht man an der Wall Street damit um.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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Alt 02-02-2006, 20:57   #412
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Fehlstart für United Airlines

Up and away… an der Wall Street sieht man gerne Dinge abheben. Den Kurs aller Aktien, beispielsweise. Oder Flugzeuge von Boeing, die sich im letzten Jahr besser denn je verkauft haben. Oder Flugzeuge, auf deren Heckruder United Airlines steht. Der zweitgrößte US-Carier fliegt in dieser Woche aus einem dreijährigen Gläubigerschutz.

Kein anderes US-Unternehmen hat sich je so viel Zeit zur Umstrukturierung genommen wie United Airlines. Doch drei Jahre waren wohl nötig und seinerzeit vom Konkursgericht genehmigt worden. Immerhin war nicht nur ein einzelnes Unternehmen in Not geraten, sondern eine ganze Branche, was den Fall nicht leichter machte.

Doch nun will das Unternehmen soweit sein, die Aktie notiert an diesem Donnerstag erstmals an der Nasdaq. Das Papier mit dem Kürzel „UAUA“ ging am Morgen für 40 Dollar an den Start. Mit 125 Millionen Aktien kommt United damit auf eine größere Marktkapitalisierung als American Airlines. Allerdings hätte man sich einen besseren Start gewünscht. Statt ordentlich Auftrieb erfährt die Aktie Turbulenzen. In den ersten Stunden ging es zunächst einmal um mehr als 8 Prozent herunter.

Das mag einerseits an einer negativen Einstiegsprognose von Prudential liegen. Die dortigen Analysten würden das Papier bei Stärke auf jeden Fall abstoßen. Selbst wenn UAUA kurzzeitig klettern könnte, dürfte sich der Kurs mittelfristig wohl der AMR-Aktie annähern und bei 25 Dollar pendeln.

Vielen Anlegern scheint das einzuleuchten, wie der frühe Handel zeigt. Wirklich überraschend ist das nicht. Dass zeitgleich mit Uniteds Aufstieg aus dem Konkursverfahren die Konkurrenten Delta Air Lines und Northwest Airlines kurz davorstehen, macht dem Markt ebenso zu schaffen, wie ein Blick auf die Bilanz.

Den wenngleich das Management von United die Kosten gesenkt hat und im Vergleich zu früheren Jahren 7 Milliarden Dollar jährlich sparen will, bleiben viele Probleme. So konnte das Unternehmen zwar an den Lohnkosten arbeiten, nicht aber an den Benzinkosten. Und die sind nicht nur anhaltend hoch, sondern dürften vor allem langfristig eher steigen als fallen. Ende Januar kostete ein Fass Flugbenzin 78,04 Dollar, was etwa 8 Prozent über dem Vorjahres-Durchschnitt ist.

Diese höheren Kosten können aber nicht mehr ohne weiteres ausgeglichen werden. Denn die Haupteinnahmen der Fluggesellschaften – nicht nur bei United, sondern branchenweit – sind die stark sinkenden Ticketpreise. Längst haben Billig-Airlines ihr Revier abgesteckt, längst sind Internet-Schnäppchen so verbreitet, dass die Unternehmen nicht mehr auf zahlungskräftige Kundschaft für Vollpreis-Tickets zählen kann. Wichtigster Konkurrent für United dürfte JetBlue sein.

Wie verfahren die Situation ist, zeigt sich an der jüngsten Quartalsbilanz von United: Selbst abzüglich der Restrukturierungskosten blieb dem Unternehmen zuletzt ein Verlust von 182 Millionen Dollar. Das dürfte sich so scnell nicht ändern. Selbst wenn einige Branchenexperten mit schwarzen Zahlen bis Jahresende rechnen, gibt es solche Prognosen aus dem United-Management nicht.

Das ist zu wenig Selbstvertrauen für die Wall Street. Anleger halten sich von der Aktie daher fern, und United hebt nicht ab.

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Alt 02-02-2006, 22:44   #413
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FAZ.NET-Interview mit Elaine Garzarelli
„Bei 80 Dollar für Öl müssen wir unsere Prognosen korrigieren”

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Alt 03-02-2006, 20:40   #414
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Mohammed-Cartoon beschäftigt die Wall Street

Der Ärger um Karikaturen einer dänischen Zeitung, die den Propheten Mohammed zeigen, erreicht zum Wochenschluss die Wall Street. Während sich Amerika ohnehin gerne über religiöse Darstellungen mokiert und selten Spaß versteht, geht es diesmal weniger um moralische Bedenken als vielmehr um wirtschaftliche Interessen.

Die amerikanische Börse rechnet mit dem Schlimmsten: einem Boykott. Dass Kunden in vielen islamischen Ländern dänische Waren boykottieren, hat bereits Folgen gehabt. Der Lebensmittelkonzern Aria Foods hat erste Entlassungen angekündigt. Experten rechnen damit, dass der Zorn religiöser Fundamentalisten schnell auf Waren aus anderen europäischen, und später vielleicht allgemein aus westlichen Staaten ausgedehnt werden kann.

Besonders sorgt man sich um die klassisch amerikanischen Marken, die in der Vergangenenheit schon mehrfach unter Antipathien gegen den Westen allgemein oder Amerika im speziellen gelitten haben, darunter natürlich Coca-Cola und McDonald´s.

Für die Aktien hat die erste Sorge allerdings noch keine direkten Folgen, schließlich gibt es noch keine präzisen Boykott-Aufrufe. Jane Arraf, Vorsitzende des amerikanischen Concil for Foreign Relations, rechnet damit auch nicht, zumal die Cartoons in Amerika bisher nicht im großen Stil verbreitet worden sind – von Missgeschicken einmal abgesehen. Keine Minute nachdem eine Moderatorin beim Börsensender CNBC erklärt hatte, dass man die umstrittenen Zeichnungen nicht zeigen werde, tauchte die Zeichnung von Mohammed mit dem Bomben-Turban ausgerechnet in einem Hintergrundbericht auf, in diesem Fall in den Händen eines wütenden islamischen Demonstranten.

Die Sorge um einen Warenboykott ist auf dem Parkett nicht ganz unberechtigt. Immerhin ist man entsprechende Schritte aus dem eigenen Land zur genüge gewöhnt. Immer wieder rufen Aktivistengruppen zu ähnlichen Maßnahmen auf. Eine Gruppe konservativer Christen hat erst am Freitagmorgen dazu aufgerufen, den Sender NBC zu boykottieren, weil in einer nur sehr vage bekannten, weil noch nicht gesendeten, Folge der Schwulen-Comedy „Will & Grace“ ein Verweis auf die Kreuzigung Jesu zu sehen sein soll, denn man als Affront betrachtet.

Am Donnerstag sorgte derweil die Washington Post mit einer Karikatur für Aufruhr. Ein Arzt mit Namesschild „Dr. Rumsfeld“ stuft einen arm- und bein-amputierten Soldaten als „kampf-erprobt“ ein, womit sich der Zeichner über den Verteidigungsminister lustig macht, der nach jüngsten Äußerungen die Stärke der US-Armee beschönigt. Rumsfeld macht sich trotz zahlreicher Gegenstimmen von Expertenseite keine Sorgen um die imm er schwächer bestückte Truppe, die nicht etwa überlastet, sondern eben kampf-erbrobt und gestählt sei. Leser aus dem konservativen Lager erkannten die Kritik an Rumsfeld nicht und sahen in dem Cartoon einen Angriff auf die tapferen US-Soldaten – die Washington Post wird seither beschimpft und als „Washington Kom-Post“ verhöhnt. Bis zu einem Boykott dürfte nicht viel fehlen.

Amerika hat aus eigener Erfahrung gelernt, dass Menschen heutzutage nicht mehr soviel einzustecken bereit sind, wie früher. Opposition mündet schnell in Klagen und Boykotte und kann teuer werden – je konservativer das Land, desto eher. Umso besorgter blickt man nun auf die Krawalle in islamischen Staaten, wo schon dänische Flaggen brennen.

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Alt 03-02-2006, 20:50   #415
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„Januareffekt” spricht für positives Börsenjahr

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Alt 06-02-2006, 19:33   #416
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Schlechte Nachrichten aus Detroit

Aus Detroit ist man schlechte Nachrichten gewöhnt. Die jüngsten kamen am Sonntagabend, allerdings im schönen Gewand: In einem spannenden Super Bowl setzten sich die Pittburgh Steelers gegen die Seaatle Seahawks durch – und bescherten der Börse damit ein Börenjahr. Wenn man dem Super-Bowl-Indikator glaubt.

Die gute Nachricht: Kaum einer glaubt mehr an den Super-Bowl-Indikator. Das nicht ganz ernst gemeinte Börsen-Barometer, nachdem der Sieg eines Teams aus der NFC-Division die Kurse klettern lässt und ein Sieg des AFC-Teams die Aktien drückt, hat zwar eine Trefferquote von rund 80 Prozent. Ausgerechnet in den letzten Jahren lagen allzu Football-begeisterte Anleger aber stets daneben.

Dass der Super Bowl von allen amerikanischen TV-Events im ganzen Jahr die höchsten Einschaltquoten hat, liegt natürlich auch nicht an den prophetischen Qualitäten des Spiels in bezug auf den Aktienhandel. Vielmehr feiern Football-Fans im ganzen Land einfach das alljährliche Endspiel der beiden besten Teams, den Höhepunkt einer langen Saison. Und sie feiern immer doller und immer aufwendiger, in diesem Jahr sogar mit einem Auftritt der Rolling Stones in der Halbzeitpause.

Die britischen Rocker mögen in den letzten Jahrzehnten viel von ihrer einstigen Schockwirkung eingebüßt haben. Allein, den Verantwortlichen beim Super-Bowl-Sender ABC waren Jagger & Co. noch immer zu heiß. Zwei sexuelle Andeutungen mussten aus „Start me up“ und „Rough Justice“ verschwinden – immerhin ist das Football-Endspiel längst nicht mehr Rauhbeinen in Kneipen vorbehalten, sondern zum Familienereignis geworden.

Entsprechend hart waren die Auflagen an die Unternehmen, die während des Super Bowl Anzeigen schalten wollten. Ein Werbepreis von saftigen 2,5 Millionen Dollar für 30 Sekunden war letztlich nicht die schwerste Hürde, die P.R.-Experten aus Corporate America nehmen mussten. Vielmehr mussten sie sich überlegen: Wie falle ich auf, ohne negativ aufzufallen.

Wirklich gelungen ist das nur einer Handvoll von Unternehmen. Hauptkunde Anheuser-Busch hatte ein paar außergewöhnlich witzige Spots geschaltet, und auch die Spots von FedEx und vom Mobilfunkriesen Sprint kamen bei Zuschauern gut an. Zahlreiche andere Unternehmen müssen sich überlegen, ob sich die 2,5 Millionen Dollar (plus Produktionskosten) anderweitig nicht sinnvoller hätten einsetzen lassen.

Völlig daneben gingen Analysten zufolge die äußerst langweiligen Spots von Motorola und Procter & Gamble. Der Konsumriese warb für einen neuen Gilette-Rasierer mit fünf Klingen. „War das wirklich ein Produkt“, wird ein fassungsloser Werbe-Experte im Wall Street Journal zitiert. „Ich dachte, das wäre ein Witz. Wann kommt der erste Rasierer mit acht Klingen?“

Ebenfalls völlig daneben ging das Engagement der Automobilriesen. Am besten platziert war noch Ford, immerhin der Namenspatron des Stadions. Mit Werbespots für die neuen Modelle konnte man indes ebenso wenig beeindrucken wie der Konkurrent General Motors… Detroit tut sich eben schwer zur Zeit.

Dass GM am Tag nach dem großen Spiel die Dividende kürzen soll und Analysten weiter mit schwachen Absatzzahlen für die US-Hersteller rechnen, dürfte manchen Football-Enthusiasten schnell wieder auf den Boden der Tatsachen bringen. Super Bowl hin, Quaterback her, Detroit ist und bleibt die Stadt schlechter Nachrichten.

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Alt 07-02-2006, 20:52   #417
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“Fair Play“ bei GM

General Motors galt lange als eines der übelsten Unternehmen in Corporate America. Nicht zuletzt Michael Moores Dokumentarfilm „Roger and Me“ über die sozialen Folgen von Outsourcing bei GM hatte den Ruf ruiniert. Nun aber löst man sich von der Vergangenheit. Für das aktuelle Restrukturierungskonzept gebührt dem Autobauer der „Fair Play“-Preis.

Dass Corporate America in den letzten Jahren immer mehr zum Sinnbild des puren Bösen geworden ist, hat man nur einer Handvoll Leuten zu verdanken. Sie sitzen in den Chef-Etagen der großen Konzerne, verstecken sich hinter Kürzeln wie CEO, CFO oder COO. Vielen ist ihr Aufstieg an die Konzernspitze über die Jahre zu Kopf gestiegen, vielen hat Hybris den Blick vernebelt – viele sind mittlerweile über ihre Gier gestolpert.

Beispiele gefällig? Den ehemaligen Tyco-Chef Dennis Koszlowski dürfte jahrelanger Exzess auf Firmenkosten für viele Jahre hinter Gitter bringen, den Chefs von Enron droht in einem aktuellen Prozess in Texas das gleiche Schicksal. Phil Purcell flog bei Morgan Stanley ebenso über seine Arroganz wie CEO Don Carty bei American Airlines, nachdem er seinen Mitarbeitern Gehälter und Renten drastisch kürzte, nur um sich selbst eine fette Gehaltserhöhung zu gönnen.

Manche CEOs aber scheinen aus den Fehlern ihrer Kollegen gelernt zu haben, nicht zuletzt Rick Wagoner bei General Motors. Dessen Unternehmen steckt in der tiefsten Krise seiner Geschichte, und einen großen Anteil daran haben die außergewöhnlich hohen Zahlungen in die Kranken- und Rentenversicherung für die Mitarbeiter. Obwohl nun Zyniker dem größten amerikanischen Autobauer seit Jahren raten, zur Verbesserung der Gewinnlage einfach bessere Autos zu bauen, kommt das Unternehmen um Kostensenkungen nicht herum.

Im Unterschied zu vielen seiner Kollegen hat Wagoner aber eingesehen, dass sich Kostensenkungen leichter von vielen Schultern tragen lassen. So werden nicht nur den Männern am Fließband die Renten gekürzt. Wagoner selbst verdienst ab sofort nur noch die Hälfte, gleiches widerfährt den Direktoren. Das wiederum macht es Anlegern leichter, ihrerseits Opfer zu bringen. Dass die Dividende auf 25 Cent pro Aktie halbiert wird, löst daher keinen Verkaufsdruck aus. Im Gegenteil: Die Aktie klettert am Dienstag, weil Aktionäre erkennen, dass das Management mit Hochdruck und unter Aufbringung eigener Opfer an der Restrukturierung des Konzerns arbeitet.

Ganz neu ist Wagoners Idee übrigens nicht, ausgerechnet in der Autobranche hat sich das Modell bereits bewährt. Als Lee Iaccoca 1979 als Präsident und letzte Hoffnung zum krisengeschüttelten Konkurrenten Chrysler kam, setzte er sein eigenes Gehalt auf einen einzigen, symbolischen Dollar. Auch die übrigen Vorstandsgehälter fielen, die Moral stieg – und Chrysler fuhr wenig später vom Pannenstreifen.

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Alt 08-02-2006, 20:31   #418
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Werbung und Medaillen

Dabei sein ist alles? Von wegen. In den USA zählt nur der Sieg. Das war vor einigen Tagen beim Super Bowl so, wo die heldenhaften Pittsburgh Steelers gegen irgendein längst vergesses Team gewannen. Und das wird bei der anstehenden Olympiade so sein, was den zu General Electric gehörenden Sender NBC vor ein Problem stellt.

Amerikanische Sportler nämlich mögen auch in Turin recht gut abschneiden. Allerdings sind die Medaillenchancen längst nicht so hoch wie bei den Sommerspielen. Zuletzt in Athen hat die US-Auswahl sämtliche Medaillenrekorde gebrochen, und das ganze Land sah begeistert zu.

Nach Turin schickt man mit dem zuletzt auf Schlagzeilen abonnierten Ski-As Bode Miller und den Einkunstläuferinnen Sasha Cohen und Michelle Kwan zwar auch einige Top-Favoriten, allerdings werden die Sportler unter dem Star-spangled Banner die Spiele wohl nicht so dominieren wie im Sommer. Zu stark ist die Konkurrenz aus den skandinavischen Ländern, zu zahlreich sind Rand-Sportarten (Curling, etc…) von denen die meisten Amerikaner noch nie gehört haben.

Das hat direkte Auswirkungen auf das Fernsehpublikum. Die Fans sind nämlich nur mit Goldmedaillen und Sieger-Hymnen bei der Stange zu halten. Entsprechend werden die Einschaltquoten für Turin deutlich unter denen für Athen liegen. Das wiederum hat finanzielle Folgen: Experten rechnen kurz vor Eröffnung der Spiele damit, dass Corporate America etwa 900 Millionen Dollar in Fernseh-Werbung stecken wird. Das sind rund 20 Prozent mehr als bei den Winterspielen vor vier Jahren in Nagano, aber satte 33 Prozent weniger als während der Sommerspiele in Athen eingenommen wurden.

Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Spiele in den nächsten Wochen noch immer das Fernseh-Ereignis Nummer Eins sein werden. Die großen Kunsumartikler lassen es sich nicht nehmen, einmal vor einem im Geiste vereinten Publikum zu werben. Dass auf Sofas im ganzen Land nicht Yankees- gegen Red-Sox-Fans streiten, sondern alle Zuschauer hinter dem Team USA stehen, soll die Resonanz auf die Werbung verbessern.

Entsprechend großzügig investieren Coca-Cola und McDonald’s, und der Kreditkartenriese Visa nutzt die Gelegenheit gar zur Einführung eines neuen Mottos. Nach 20 Jahren wird „It’s everywhere you want to be“, abgelöst, denn der Spruch ist obsolet geworden. Längst sind Kreditkarten so verbreitet, dass auch die Konkurrenz überall akzeptiert wird. „Life takes Visa“ heißt es künftig, während der Olympiade läuft die neue Kampagne an.

Einer der größten Werbekunden von NBC ist aber: NBC selbst. Für den Fernsehsender aus der GE-Familie sind die Olympischen Spiele nämlich mehr als eine Einnahmequelle. Nachdem die Quoten des Netzwerks in den letzten Jahren stetig gefallen sind, nutzt man das außergewöhnlich große Publikum zur Vorstellung einiger neuer Sendungen, die dann ab März anlaufen sollen. TV-Kritiker, die erste Folgen der neuen Serien gesehen haben, glauben an eind starke Saison für den Sender – unter anderem dank der starken Eigenwerbung während der Spiele.

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Alt 09-02-2006, 20:33   #419
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Skepsis gegenüber „Bond“

Sein Name ist Bond, und die Wall Street grüßt ihn freundlich. Mehr aber auch nicht. Denn er kommt recht stillos daher, ohne Martini und Blondine, sehr wohl aber mit einer 30-jährigen Laufzeit. Die Rede ist nicht vom britischen Agenten 007, sondern der der neuen amerikanischen Staatsanleihe, einer Niederlage für die republikanische Regierung.

Recht selbstsicher hatten Präsident Bush und Co. die 30-jährigen Bonds nämlich 2001 abgeschafft. Damals hatten die USA einen dicken Haushaltsüberschuss, und man gab sich der Phantasie hin, dass das wohl für immer so bleiben würde. Entsprechend naheliegend schien es, die laufenden Zinskosten zu senken und keine weiteren Schuldverschreibungen auszugeben.

Doch dann kam alles anders. Fünf Jahre nach Abschaffung der 30-jährigen Bonds ist Amerika so verschuldet wie nie zuvor, und der jüngst vorgelegte Haushalt mit 2,8 Billionen Dollar auf der Ausgabenseite hat erneut auch die pessimistischsten Befürchtungen übertroffen. Hinzu kommt, dass Bush weiterhin die Steuersenkungen für Unternehmen und Oberschicht langfristig im Gesetz verankern will und dass die Kosten für die Kriege im Irak und Afghanistan weiter wachsen und schwer abzuschätzen sind.

„Es war Hybris vom ersten Moment an“, fasst Charles Dumas vom Lobard Street Research zusammen. „Man hatte sich auf einen ewigen Haushaltsüberschuss eingestellt und damit gerechnet, dass die gesamte Staatsverschuldung bald abgezahlt sei.“

Nun, so kam es nicht, und jetzt sind neue langfristige Anleihen auf dem Markt. Die Nachfrage war zuletzt groß, vor allem von Seiten der Versicherungen und Rentenfonds. Die kaufen nun die ersten Papiere über 14 Milliarden Dollar, bis Ende des Jahres sollen Dreißiger in einem Gesamtwert von 30 Milliarden Dollar ausgegeben werden.

Die weitere Ausgabe langfristiger Anleihen ist darüber hinaus geplant, was die Wall Street als einen Hinweis auf langfristige Defizite versteht.

Washington begibt sich damit auf dünnes Eis. Analysten glauben zwar nicht, dass das hohe Defizit kurzfristig Probleme schafft. Langfristig aber sind die Folgen nicht zu leugnen. Die USA werden als Investmentziel unattraktiver, wenn im Ausland der Eindruck entsteht, man könne die eigene Verschuldung nicht mehr in den Griff bekommen.

Der Verbraucher wäre direkt betroffen: Sinken die ausländischen Investments in den USA dürfte es bis zu weiteren Zinsanhebungen nämlich ein kleiner Schritt sein. So begrüßt man den 30-jährigen Bond an der Wall Street mit äußerster Skepsis.

Der rote Teppich bleibt seinem älteren, britischen Namensvetter vorbehalten.

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Alt 13-02-2006, 20:27   #420
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Sorge um Zwangsvollstreckungen

Nicht, dass man nicht damit gerechnet hätte: Es mehren sich die Zeichen für ein Ende des Immobilien-Booms in den USA. Eine neue Statistik über Zwangsvollstreckungen macht es den Bullen immer schwerer, die Situation schön zu reden, zumal schon der regelmäßige Blick auf die Branche zuletzt für Unmut auf dem Parkett gesorgt hatte.

Der Trend ist nicht neu: Die Zahl der neu gebauten Häuser wächst seit einigen Monaten nicht mehr so schnell wie erwartet. Häuser sind länger auf dem Markt als noch vor einem Jahr, und die Preise sinken. Jetzt aber bestätigt eine aktuelle Statistik einen Aufwärtstrend, der endgültig zum Sargnagel der Konjunktur werden könnte: Die Zahl der Zwangsvollstreckungen nimmt rapide zu.

Auch das kommt nicht aus heiterem Himmel. Zwar freuten sich die Optimisten, unter anderem die Konjunktur-Experten hinter Präsident George W. Bush, lange darüber, dass noch nie in der Geschichte der USA mehr Bürger eigenen Wohnbesitz – Haus oder Appartement – hatten. Andererseits vergaßen sie regelmäßig darauf hinzuweisen, dass dem durchschnittlichen Besitzer noch nie in der Geschichte der USA ein so kleiner Anteil gehörte wie in den letzten Jahren.

Wer in den USA ein eigenes Haus will, zahlt nur einen mickrigen Anteil an, der Rest wird finanziert. Dank niedriger Zinsen konnten sich die Hypothekenbanken mit sensationellen Angeboten überbieten. Wurden manche Investoren noch vor drei Jahren von Zinszahlungen während der ersten Monate befreit, durften sie zuletzt sogar weniger als die zinsfreie Monatsrate abzahlen. Damit stieg der Wert der Hypothek für den Kunden, anstatt Monat für Monat zu schrumpfen.

Dass dieser Trend so nicht anhalten könnte, war von vorne herein klar. Jetzt liefert die Immobilien-Statistik zum vierten Quartal 2005 den Beweis. Für etwa 850 000 Immobilien wurde im abgelaufenen Jahr die Zwangsvollstreckung eröffnet, die jeweiligen Zahlen stiegen vom ersten bis zum vierten Quartal konstant um insgesamt 25 Prozent.

Die meisten Vollstreckungen drohen erwartungsgemäß in den Großstädten und Vororten, in denen die Immobilenpreise in den letzten Jahren ab steilsten zulegten. In Washington, D.C. hat sich die Zahl der Fälle in 2005 vervierfacht, das benachbarte Virginia zeigt ein Plus von 150 Prozent. Ähnlich ist der Trend rund um Los Angeles sowie in Connecticut, wo viele Manhattan-Pendler leben.

Um 29 Prozent zurückgegangen ist die Zahl der Zwangsvollstreckungen in Florida, wo der Anteil der Fälle am Gesamtmarkt allerdings noch immer höher ist als in jedem anderen US-Bundesstaat. Auf immerhin 1,7 Prozent aller Immobilen klebt der Kuckuck.

Im historischen Vergleich, das sei eingeräumt, sind diese Zahlen noch nicht dramatisch. Die niedrigen Zinsen haben die Zahl der Zwangsvollstreckungen in den letzten Jahren auf ein historisch niedriges Niveau gedrückt. Doch langsam, so James Saccacio vom Immobilien-Institut RealtyTrac, nähern sich Zahlen früheren Durchschnittswerten an. Dort allerdings, so steht zu befürchten, dürften sie nicht verharren.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc
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