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Alt 14-02-2005, 09:38   #1
Tester32
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Der "irrationale Überschwang" erreicht die Bondmärkte

Montag 14. Februar 2005, 09:00 Uhr
FRANKFURT (Dow Jones-VWD)--Die niedrigen Anleihenrenditen im Euroraum und den USA sorgen zunehmend für Irritation: Sind sie tatsächlich fundamental begründet oder sind sie Folge eines "irrationalen Überschwangs", wie er bereits in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre an den Aktienmärkten zu beobachten war? Immerhin, Euroraum-Renditen für zehnjährige Papiere von knapp 3,50% und Treasury-Renditen von etwas mehr als 4,00% spiegeln nicht unbedingt wider, dass die Teuerung auf beiden Seiten des Atlantiks über 2% beträgt, das Wachstum vor allem in den USA kräftig ist und die Geldpolitik zur Straffung neigt (EZB) oder bereits die Leitzinsen erhöht hat (Fed).

So kommen auch Modellschätzungen für US-Treasurys zu dem Ergebnis, dass die Renditen für zehnjährige Papiere auf Basis der aktuellen Notenbankzinsen, Teuerungsraten und realwirtschaftlichen Indikatoren um ungefähr 100 Basispunkte zu niedrig liegen. Für den Euroraum dürfte dies nicht viel anders aussehen.

Vor diesem Hintergrund mehren sich besorgte Stimmen - auch in der Europäischen Zentralbank (EZB). So erklärte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet erst jüngst, dass die Risiken angesichts der geringen Spreads auf den Bondmärkten offenbar nicht ausreichend eingepreist seien. Dennoch wolle er deswegen noch "keinen Alarm" schlagen. EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing betonte in einem Zeitungsbeitrag die Wichtigkeit, gegen Preisblasen an Vermögensmärkten vorzugehen, wenngleich er sich dabei nicht explizit auf die Anleihenmärkte bezog. Auch im Offenmarktausschuss der Fed sind die Risiken der Vermögenspreisinflation kürzlich diskutiert worden.

Erklärungsversuche für die niedrigen Renditen

Issing - wie alle Notenbanker - steht dabei natürlich vor dem Problem, "Bubbles" auf Vermögensmärkten zu identifizieren. So gibt es gegenwärtig durchaus eine Reihe von fundamentalen Faktoren, die das niedrige Renditenniveau zumindest teilweise erklären können. Die EZB nennt hier selbst die relativ moderaten langfristigen Inflationserwartungen. Darüber hinaus könnte es sein, dass die Konjunkturerwartungen der Marktteilnehmer pessimistischer sind als es gegenwärtig in vielen Prognosen in den USA oder im Euroraum zum Ausdruck kommt.

Hinzu kommt, dass in den vergangenen ein, zwei Jahren die US-Renditen im Zuge massiver Treasury-Käufe durch asiatische Notenbanken künstlich niedrig gehalten wurden, zudem haben viele Lebensversicherungen nach den schlechten Erfahrungen mit Aktien in stärkerem Maße in Anleihen umgeschichtet. Reichen diese Faktoren jedoch aus, um das niedrige Renditenniveau zu erklären?

Die meisten Bankvolkswirte glauben schon seit längerem, dass die hohen Bewertungen an den Bondmärkten im Euroraum und in den USA vor allem Folge einer viel zu reichlichen Liquiditätsausstattung sind, die sich angesichts der sehr expansiven Geldpolitik der vergangenen Jahre ergeben hat. So sagt auch Christoph Balz, Rentenexperte bei der Commerzbank: "Die hierbei entstandene Geldschwemme entlud sich weniger in einer Inflation der Güterpreise als vielmehr an den Finanzmärkten in Form steigender Wertpapierkurse, also fallender Renditen."

Balz betont in diesem Zusammenhang, dass die Geldpolitik auf internationaler Ebene sehr expansiv geblieben sei, obwohl die Weltwirtschaft ihre Schwächephase überwinden konnte. Vor diesem Hintergrund sind für ihn die Renditen in den USA als auch im Euroraum zu niedrig, die Entwicklung an den Bondmärkten trägt seiner Einschätzung nach "blasenhafte Züge". Ähnlich sieht dies Jörg Krämer, designierter Chefvolkswirt der HVB Group. Auch für ihn hat die expansive Politik von EZB und Fed die Kurse aller Vermögenswerte - bis auf Aktien - auf ein teilweise völlig überhöhtes Niveau getrieben.

Geldpolitischer Handlungszwang?

Krämer und viele andere Experten seiner Zunft sehen angesichts dieser Entwicklung - gerade mit Blick auf den Euroraum - die Notwendigkeit einer deutlichen Rückführung der expansiven Geldpolitik und dürften damit zumindest bei EZB-Chefvolkswirt Issing nicht auf taube Ohren stoßen. Dabei sprechen vor allem zwei Argumente aus geldpolitischer Sicht für Handlungsbedarf, wenn sich Anzeichen einer Blasenbildung - wie jetzt bei den Anleihen - abzeichnen: Einerseits kann ein Platzen der Blasen mit dem anschließenden scharfen Kursverfall bzw Renditenanstieg zu heftigen Verwerfungen im Finanzsektor und in der Realwirtschaft führen.

Zum anderen kann durch die Aufblähung der Vermögenswerte und den damit verbundenen Vermögensanstieg die volkswirtschaftliche Nachfrage zulegen, was wiederum potenzielle Inflationsrisiken mit sich bringt. Angesichts solcher Überlegungen verwundert es nicht, dass viele Bankvolkswirte für dieses Jahr eher früher denn später mit einer ersten Zinsanhebung durch die EZB rechnen. Dennoch ist nicht gesagt, dass ein solcher Schritt - bzw eine Reihe von Zinsanhebungen - unbedingt von Erfolg gekennzeichnet sein wird, wie das Beispiel USA zeigt.

Obwohl die Fed die Leitzinsen seit dem vergangenem Jahr deutlich angehoben hat, sind die US-Bondrenditen sehr niedrig geblieben, hat sich der "Bubble" eher vergrößert als Luft abgelassen. Womöglich wird sich die hohe Bewertung von Anleihen im Euroraum und in den USA noch einige Zeit halten, auch weil es an Anlagealternativen fehlt. Der Schlüssel für eine Korrektur - sei es ein kontinuierlicher Anstieg der Renditen oder eine scharfe Zunahme, wenn die vermeintliche Blase mit lautem Knall platzen sollte - liegt dabei weitgehend in den USA, sind es doch vor allem die US-Bonds, die einen wesentlichen Teil der Bewegung von Euro-Renditen mitbestimmen.

Quelle

Meine Meinung: Ja, es ist eine Blase. Null Reaktion auf steigende Zinsen: genauso hat die Mega-Baisse 2000-2003 begonnen. Die Investoren halten aber weiter an Anleihen fest, weil:
1. die Wertentwicklung vorhersagbarer ist, als bei Aktien (siehe meinen Spruch unten in der Liste der Sprüche über den Bauer),
2. einige vielleicht durch die gemachten Gewinne der letzten Jahre von ihren Bondsengagements nicht loslassen wollen (Psacho-Falle).
3. die Blase langsam auch die Hausfrauen erreicht, die noch zu wenige Anleihen besitzen.

Der letzte Satz in dem Artikel oben
Zitat:
sind es doch vor allem die US-Bonds, die einen wesentlichen Teil der Bewegung von Euro-Renditen mitbestimmen.
stimmt nur bedingt, weil der schwache US-Dollar dazu geführt hat, daß ausgerechnet die Euro-Anleihen als Fluchtort für Dollar-Flüchtlinge schwindererregende Höhen erreicht haben.
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Alt 16-02-2005, 20:05   #2
Tester32
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Greenspan: Niedrige Bondrenditen sind ein "Rätsel"

Dow Jones/vwd
Greenspan: Niedrige Bondrenditen sind ein "Rätsel"
Mittwoch 16. Februar 2005, 17:54 Uhr

WASHINGTON (Dow Jones)--Nach Worten von Fed-Chairman Alan Greenspan stellen die gegenwärtig weltweit niedrigen Bondrenditen ein "Rätsel" dar. Dennoch glaube er, dass die Renditen bald wieder anziehen werden, sagte Greenspan am Mittwoch vor dem Bankenausschuss des US-Senats. Angesichts der Anhebung der US-Leitzinsen und der starken Konjunktur falle ihm eine Begründung für das geringe Renditenniveau aber schwer, die niedrigen langfristigen Inflationserwartungen sowie das breite nationale und internationale Kapitalangebot allein würden die niedrigen Renditen nicht erklären helfen.

Greenspan wollte nicht ausschließen, dass es sich angesichts von Renditen bei zehnjährigen Treasuries von rund 4,10% um eine kurzfristige Fehlbewertung auf den Anleihemärkten handelt. Es sei jedoch erst in einiger Zeit möglich, zu beurteilen, ob dies tatsächlich der Fall sei, betonte der Fed-Chairman. Greenspan verneinte, dass die niedrigen Renditen Ausdruck eines gestiegenen Konjunkturpessimismus seien, da gleichzeitig die Kurse an den Aktienmärkten zugelegt hätten.

Als mögliche Teilursache für das niedrige Renditenniveau nannte Greenspan allerdings die hohe Bereitschaft von in- und ausländischen Investoren, größere Mengen an Treasury-Titeln zu absorbieren. Greenspan dürfte dabei vor allem ausländische Notenbanken im Blick gehabt haben, die im Zuge von Devisenmarktinterventionen gekaufte US-Dollar in der Regel in US-Staatspapieren anlegen. Zudem sollen US-Lebenversicherungen in stärkerem Maße in ihren Portfolios Aktien durch Bonds substituiert haben. (ENDE) Dow Jones Newswires/16.2.2005/DJN/ptr/hab
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