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Alt 28-09-2005, 15:59   #1
simplify
letzter welterklärer
 
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Beiträge: 35.728
gesundheitspolitik - sollte dort mehr markt herrschen?

das meint prof. norbert walter zu dem thema:



Zitat:
Nach dem Wahldilemma am 18. September ging es den Deutschen ebenso wie
den Märkten: sie haben sich zunächst erschreckt. Nach diesem Schock
nehmen nun in Berlin die Koalitionsverhandlungen ihren langsamen Gang. Ich
hoffe, dass die einstigen Gegner und baldigen Partner über "Päkte-Schmieden"
und "Kompromisse-Ausloten" den angestoßenen Reformprozess nicht
vergessen. Manches hat sich in den letzen Jahren bewegt, vieles aber muss
noch folgen. Ein typisches Beispiel: die halbfertige Gesundheitsreform.
Die gesetzlichen Kassen wendeten 2003 insgesamt 143 Milliarden Euro für die
Finanzierung ihrer Versicherten auf, dies ist elfmal so viel wie 1970. Im selben
Zeitraum sind das BIP und die Bruttoarbeitnehmerentgelte aber nur auf etwa
das Sechsfache angewachsen. Wir haben steigende Beitragssätze über eine zu
lange Zeit akzeptiert. Und nur langsam hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass
die hohen Sozialabgaben wesentlich dazu beitragen, dass deutsche Firmen
neue Arbeitsplätze vermehrt im Ausland schaffen. So wurde erst seit Beginn
2005 mit Zuzahlungen der Versicherten begonnen, die Inanspruchnahme von
Leistungen zu begrenzen. Die Krankenkassen konnten so zwar Schulden
abbauen, aber die Strukturprobleme sind nicht gelöst.
Die Leistungen des deutschen Gesundheitswesens bewegen sich im
internationalen Vergleich im Mittelfeld, aber gemessen am Sozialprodukt liegt
Deutschland mit 11,1 Prozent Ausgaben für die Gesundheit hinter den USA und
der Schweiz weltweit an dritter Stelle. Anstatt staatliche Krankenkassenbeiträge
an das Einkommen des Versicherten zu koppeln sollten sie auf das versicherte
Risiko beziehungsweise zum Teil auf die in Anspruch genommenen Leistungen
bezogen werden: Wir benötigen eine Krankenversicherungspflicht analog zur
KFZ-Haftpflicht.
Jeder Bürger müsste einen Versicherungsvertrag abschließen, kann aber den
Versicherungsgeber frei wählen. Geringverdiener könnten über gesetzliche
Zuschüsse entlastet werden. Derzeit bestimmen Ärzte über den Umfang der
Behandlung, aber sie erzielen durch vermehrte Leistungen ein zusätzliches
Einkommen. Der Versicherte akzeptiert dies, ist es doch für ihn individuell
rational ein Mehr an Leistung nachzufragen, da er einen Pauschalbetrag
entrichtet. Einer der Nebeneffekte dieses System ist, dass bis zu 4 Milliarden
Euro jährlich allein dadurch verschwendet werden, dass Patienten
Medikamente nicht verwenden, sondern in den Müll werfen. Wenn die
Versicherten hingegen die Kosten im Nachhinein erstattet bekommen, würde
dies das Kostenbewusstsein stärken. In die gleiche Richtung würden eine
spürbare Selbstbeteiligung und Prämien für die Nichtinanspruchnahme von
Leistungen wirken.
Mit individuellen Versicherungsverträgen wird Vorsorgekapital aufgebaut. Da
die Rendite auf den Finanzmärkten seit Jahren höher ist als das Wachstum der
Lohn- und Gehaltssumme, ist ein durch Kapitaldeckung gestärktes
Gesundheitssystem nicht in gleichem Umfang von Sparzwängen und
Rationierung bedroht wie das heutige System. Während der einzelne für sich
vorsorgt, wird eine Überbelastung der aktiven Generation vermieden. Den
Wünschen der Bürger nach einer guten Gesundheitsversorgung entspricht dies.
Und es entlastet den Lohnzettel des einzelnen, auf Arbeitnehmer- wie auf
Arbeitgeberseite.
__________________


Der ideale Bürger: händefalten, köpfchensenken und immer an Frau Merkel denken
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Alt 25-10-2005, 20:28   #2
romko
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Beiträge: 9.424
Wenn der Markt das Gesundheitswesen beherrscht, dann werden die ärmeren erst recht nicht in den Genuss von anständiger Medizin kommen!
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"Ein Spiel dauert 90 Minuten und am Ende gewinnt Deutschland!"
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