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Alt 05-10-2006, 16:14   #1
Auf Wunsch gelöscht
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Ethik, Moral und alle Theorien der Wirtschaft

Ich hatte ja versprochen, das ich meine Hausarbeit über Coroprate Responsibility schreiben wollte.
Die ersten Besipiele habe ich auch schon gesammelt und ein paar Schlussfolgerungen gezogen.
Aber erstmal einer meiner Lieblingsökonomen

Richard Posner The Becker - Posner BLOG

Hinter diesem Link verbirgt sich der Blog von posner und seinem genialen Kollegen Gary becker.
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Alt 05-10-2006, 16:18   #2
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Richard Posner - der erste Eindruck

Vor kurzem hat Richard Posner sich in dem Weblog, das er gemeinsam mit seinem Kollegen Gary Becker führt, für die Legalisierung des Handels mit menschlichen Organen ausgesprochen. 50 000 Patienten stehen allein in den USA auf der Warteliste für eine Nierentransplantation. Aber nur 15 000 Operationen können jedes Jahr durchgeführt werden – wegen Mangels an Spendernieren. Allein im Jahr 2000 starben 3000 Patienten, während sie auf eine Spenderniere warteten.

Ein legaler Markt für Organe, auch von lebenden Menschen, glauben Posner und Becker, würde für die Transplantationschirurgie und ihre Patienten die Versorgungslage wesentlich verbessern. Auch der Organ-Schwarzmarkt, wie er heute etwa in der Türkei oder Indien existiert, könnte eingedämmt werden.

Egal, ob lebensrettend oder effizient: Für das konservative Amerika ist die Vorstellung, dass Organe zu Waren werden könnten, ein Albtraum. „Wenn wir unsere Körper verkaufen, dann ist es zu einem Ausverkauf unserer Seelen nur noch ein Schritt“, warnt Leon Kass, der langjährige Vorsitzende von Präsident Bushs Bioethik-Kommission.

Seelen? „Man kann nichts verkaufen, was es nicht gibt.“ Richard Posner lacht. „Der Verkauf einer Niere oder eines Teils der Leber ist wie der Verkauf von Blut. Blut ist auch ein Organ.“

Aber gibt es da nicht ein Dilemma? Auf der einen Seite steht der Wunsch nach effizienter medizinischer Versorgung und auf der anderen unsere Skrupel vor Geschäften mit den Bestandteilen des menschlichen Körpers sowie unser Unwille, einen Menschen als Ersatzteillager zu betrachten. Nein, sagt Posner, ein Dilemma kann er beim besten Willen nicht erkennen. Aber was soll man auch erwarten von einem, der sich vor einiger Zeit sogar dafür ausgesprochen hat, das gegenwärtige Adoptionssystem zum Nutzen aller Beteiligten durch einen Babyhandel zu ersetzen? („Nicht Babyhandel, sondern Verkauf von Elternrechten“, pflegt Richard Posner an dieser Stelle zu insistieren.)

Seit etwas mehr als einem Jahr betreiben Gary Becker und Richard Posner ihr gemeinsames Blog. Gewöhnlich stimmen die beiden in ihren Grundansichten überein. Aber es gibt Ausnahmen. „Bei der Todesstrafe glaubte Posner, dass die wissenschaftlichen Belege dafür, dass Exekutionen eine abschreckende Wirkung haben, solide sind, während ich eher meine, dass die Befunde auf wackligen Füßen stehen“, erinnert sich Gary Becker.

Das Büro des Wirtschaftsnobelpreisträgers, ein Erkerzimmer mit undurchsichtigen bunten Fenstern, liegt in einem der im Stil britischer College-Gothik erbauten Häuser in der Mitte des Chicagoer Campus. Auf einem der beiden überfüllten Schreibtische liegen stapelweise Prüfungsarbeiten. Obzwar bereits Mitte 70, unterricht Becker immer noch ganz regulär. Und wie üblich verbringt er das Wochenende im Büro.

Gary Becker, neben Milton Friedman und George Stigler einer der bekanntesten Männer aus der beeindruckenden Reihe von Nobelpreisträgern, die das Institut für Ökonomie der Chicagoer Universität hervorgebracht hat, gilt als der Erfinder der „Economics of Everything“. Er hat der Ökonomie den Weg geebnet zur Analyse sozialen Verhaltens und von Institutionen wie Familie und Heirat, Diskriminierung und Verbrechen. Mit Richard Posner verbindet ihn eine lange Komplizenschaft.

„Ich habe ein Buch über die Ökonomie der Familie geschrieben“, erklärt Becker die gemeinsamen Interessen, „Richard eines über Sex and Reason“ – eine rechtsökonomische Studie über Heirat und Homosexualität, Abtreibung, Pornografie und Vergewaltigung. Beide haben über Katastrophenmanagement gearbeitet. Und gerade verfassen sie gemeinsam einen Aufsatz, in dem es um die Frage geht, unter welchen Umständen es gute Gründe für einen Selbstmord gibt. Schockierende Themen, kombiniert mit tabuloser ökonomischer Analyse – daran finden Becker und Posner gleichermaßen Gefallen.

Außerdem haben die beiden in den siebziger Jahren die so genannte Law-and-Economics-Bewegung mit begründet, eine Strömung in der Rechtswissenschaft, die ökonomische Methoden auf Gesetzgebung und Rechtsprechung überträgt. Posner hat den ökonomischen Ansatz zu einer ganzen Gesellschaftstheorie weiterentwickelt, einer Ethik des Kapitalismus. „Wohlstandsmaximierung“ nennt er sein Konzept. Der Grundgedanke ist simpel: Alle Markttransaktionen sollen danach beurteilt werden, ob sie den gesellschaftlichen Reichtum mehren. „Wenn jemand seine Briefmarkensammlung für 90 Dollar anbietet, der Kaufinteressent aber bereit wäre, 100 Dollar zu zahlen“, erklärt Posner, „dann steigt, wenn der Handel zu Stande kommt, der gesellschaftliche Reichtum um zehn Dollar.“

Wer bei dem Spiel gewinnt und wer verliert, ist einerlei – solange die Summe des Reichtums insgesamt steigt. Und das, meint Richard Posner, ist auch korrekt so. Nur: Warum ist das eine Ethik? Anstelle einer Antwort erzählt Richard Posner eine seiner Lieblingsgeschichten:

„Es gibt da ein Wachstumshormon für Zwerge, das sehr teuer ist. Und es gibt einen armen Zwerg sowie einen reichen Mann, der sein normal gewachsenes Kind gern etwas größer hätte. Wer von den beiden soll das Wachstumshormon bekommen? Für den Reichen ist das Hormon wertvoller – zumindest in den Begriffen von Wert, Nutzen oder Wohlstand, von denen ich spreche. Er ist bereit, mehr dafür zu zahlen. Aber der arme Zwerg ist sicherlich bedürftiger. Wie soll man entscheiden?

Zunächst will man natürlich eine effiziente Methode haben, um dieses Wachstumselixier zu verteilen. Das ist wie bei den Organen. In der gegenwärtigen Situation, in der wir einen Mangel an Organspenden haben, spielt die medizinische Bedürftigkeit eine Rolle. Aber ist ein Patient, der in einem so schlechten Zustand ist, dass eine Organverpflanzung sein Leben nur um wenige Monate verlängert, bedürftiger als einer, dem es jetzt noch besser geht, der aber durch eine Transplantation nicht nur Monate, sondern Jahre zusätzlicher Lebenszeit gewinnen könnte und der ohne eine Transplantation ebenfalls sterben würde?

Solche Fragen sind schwierig zu entscheiden. Die Vergabe nach Bedürftigkeit zu regeln ist deshalb weder besonders praktikabel noch in vertretbarer Weise effizient. Der Markt ist ein weit besser geeignetes Instrument zur Verteilung.“

Und der bedürftige Zwerg? „Ich persönlich würde das Zeug dem Zwerg geben – aber nicht, indem man den Marktpreis manipuliert, sondern dadurch, dass die öffentliche Gesundheitsfürsorge ihm hilft, das Medikament zu kaufen“, meint Posner. „Mein Problem ist nur, dass ich nicht wüsste, wie ich jemanden davon überzeugen sollte, der anderer Meinung ist.“

Moral ist eine Illusion, mit der man keine Konflikte lösen kann

Richard Posner sagt das leichthin, aber es ist eine seiner radikalsten Überzeugungen: Moral hält er für eine Illusion. Und jemanden mit Argumenten von der Notwendigkeit gerechten Handelns zu überzeugen, für aussichtslos. Darüber hinaus, meint er, führt die Moral in den meisten Fragen zu keiner Lösung. Ob es um Abtreibung, Leihmutterschaft oder Anti-Diskriminierungspolitik geht: Die Moral stellt laut Posner lediglich ein Vokabular zur Verfügung, mit dessen Hilfe Menschen Ansichten zum Ausdruck bringen können, mit denen sie sich gefühlsmäßig stark verbunden fühlen. Aber sie sei nicht in der Lage, Konflikte zu lösen. „Entweder die Leute stimmen in ihren Ausgangsgedanken überein. Oder eben nicht. Und da kann man nichts machen: Die Lücke, die sich zwischen den verschiedenen Ansichten auftut, ist nicht zu schließen.“

Posner behauptet das nicht nur, er hat ein Buch über Fragen der Moral geschrieben – und sich dabei, mit der gewohnten Gründlichkeit, mit so ziemlich allen Autoren auseinander gesetzt, die in der gegenwärtigen moralphilosophischen Debatte eine Rolle spielen. Für einen Grundirrtum des Liberalismus hält er die Annahme, es gebe eine rationale Methode zur Ermittlung des moralisch Gebotenen. „Liberale gehen davon aus, dass vernünftige Leute am Ende in vielen Punkten übereinstimmen. Aber das stimmt nicht: Der Kampf ist nicht aus der Welt zu schaffen.“

Das Konzept der Wohlstandsmaximierung umgeht alle moralischen Fragen, „sie reduziert die Menge des Unlösbaren“. Außerdem ist es praktisch: Ein Staat, der sich darauf beschränkt, für gesellschaftliche Wohlstandsmaximierung zu sorgen, würde den Zielen der meisten Menschen gerecht. Allerdings: „Wie immer man dazu stehen mag: Aus der Ethik der Wohlstandsmaximierung folgt nicht, dass die Gesellschaft irgendeine Pflicht hat, den Bedürftigen zu helfen. Jemand, der nichts zur Mehrung des sozialen Wohlstands beizutragen hat, verdient keine Unterstützung. Das mag unserer modernen Empfindlichkeit zuwiderlaufen. Aber ich sehe nicht, wie man dieser Schlussfolgerung ausweichen könnte.“

Es sieht schlecht aus für den Zwerg. Richard Posner betrachtet es weder als eine Aufgabe der Regierung noch als eine der Rechtsprechung, den nach der Reichtums-Maximierung erwirtschafteten Profit auf gerechte Weise zu verteilen. „Regierungen treffen ihre Entscheidungen nicht nach ethischen Grundsätzen. Und ich meine, dass nicht einmal Gerichte dazu da sind, der Moral zur Anerkennung zu verhelfen oder Ideale von Unparteilichkeit, Gerechtigkeit und Fairness zu stärken. Sie bekräftigen lediglich bereits getroffene Übereinkünfte. Darüber hinaus sollten sie lediglich das Prinzip der Wohlstandsmaximierung verfolgen.“ Aber wie kann man so ein Prinzip als Ethik bezeichnen? Nun, der Zwerg hat eine Chance: „Wenn die Mehrheit der Bürger es wünscht, dass die Regierung Arme und Bedürftige unterstützt, dann wird dies auch geschehen. Sonst nicht.“ Ein Akt der Gnade, rational weder zu begründen noch gefordert. „Das“, fügt Posner hinzu, „ist Demokratie.“

Wie kommt einer zu so radikalen Ansichten? Richard Posner ist in New York aufgewachsen und hat sich bis zum Alter von ungefähr 30 Jahren eigentlich immer für einen Liberalen gehalten. Wie auch anders? Seine Mutter, eine bekennende Kommunistin und fromme Jüdin aus einer aus Wien stammenden Familie, hatte ihm sein Leben lang eingetrichtert, dass Konservative schlecht wären. Mag sein, dass Posner, wie seine gute Bekannte, die Philosophin Martha Nussbaum, meint, gerade wegen seiner religiösen und kommunistischen Erziehung heute den Glauben an Anstand und Moral verachtet und Amoralisten wie den Schriftsteller André Gide oder Nietzsche verehrt. Aber es kam wohl noch etwas hinzu. Als Posner während seiner ersten Lehrtätigkeit in Stanford die Chicagoer Ökonomen Aaron Director und George Stigler kennen lernte, musste er zu seiner Überraschung feststellen, dass die beiden genau so dachten wie er. Er folgte ihnen und übernahm ein Jahr später, 1969, eine Professur an der Universität von Chicago. Hier ging es dann richtig los.

Das Universitätsgelände in Hyde Park liegt zwischen der 55sten und der 60sten Straße im Süden der Stadt. Von der Innenstadt fährt man mit einer U-Bahn und weiter mit dem Bus. Nur mit dem Bus. Niemals zu Fuß! Denn Hyde Park, ein familienfreundlicher und ruhiger Stadtteil, ist umgeben von Ghettos. „Das ist hier wie in Israel. Die Universität ist Jerusalem“, sagt Mark Lilla, der als Professor am Committee on Social Thought an der Universität Ideengeschichte lehrt. „Und wenn man zum Michigan-See rübergeht, ist dort Tel Aviv mit dem Strand. Aber sonst ist man umzingelt.“

Die Post, so steht es im Reiseführer, weigere sich zuweilen, Briefe zuzustellen; die Behörden hätten bereits erwogen, zum Schutz der Kinder auf dem Schulweg die Nationalgarde einzusetzen. Die Universität, die ihren Studenten als Warnung regelmäßig einen lokalen Kriminalreport zustellt, bietet einen Begleitservice an, für den Fall, dass man auf dem Campus keinen Park-platz gefunden hat und auf umliegende Straßen ausweichen muss.

Wer in Hyde Park bestehen will, muss eine gewisse Härte mitbringen. „Es gibt da einen merkwürdigen Stolz“, erklärt Mark Lilla. „Wir haben kein Kino hier. Es gibt keine Farbe an den Gebäuden, kaum Restaurants, nur eine Bar.“ Ein befreundeter Biologieprofessor, erzählt Lilla, habe ihm mal berichtet, wie er das erste Mal in Chicago ankam. „Ein schwerer Schneesturm hatte die Stadt lahmgelegt, die Schulen waren geschlossen. Der Professor ging davon aus, dass die Universität folglich auch geschlossen sein würde und erschien deshalb nicht zum Unterricht. Seine Studenten waren total aufgebracht. Sie machten ihm klar, dass sie gerade wegen des Wetters nach Chicago gekommen seien – um ihre Ernsthaftigkeit unter Beweis zu stellen. An diesem Tag hatte er eine Lektion gelernt.“

Seine Standpunkte sind radikal, jenseits von Links und Rechts

Auch der Umgangston ist rau. „Beim Argumentieren geht es hart zur Sache, ohne dass irgendwelche persönlichen Rücksichten genommen werden. Und anschließend geht man zusammen essen. In Harvard oder in Yale ist das völlig anders: Dort gibt man sich öffentlich höflich und zieht dann im Privaten übereinander her.“ Richard Posner passt gut hierher. Als Kritiker teilt er aus, ohne mit der Wimper zu zucken. Wenn man seine Bücher liest, sollte man meinen, dass etwa er und die Chicagoer Philosophin Martha Nussbaum erbitterte Gegner sein müssten, so explizit greift er sie immer wieder an. „Aber Martha und Posner sind befreundet“, sagt Lilla.

Posner bezieht gern radikale Standpunkte. „Dabei spielen Rechts und Links so gut wie keine Rolle“, sagt Mark Lilla. „Man weiß nie, was bei ihm rauskommt.“ Posner, der 1981 von Ronald Reagan zum Richter des Chicagoer Berufungsgerichtes ernannt wurde, ist dagegen, die Abtreibung von Föten unter Strafe zu stellen, er ist für die Entkriminalisierung des Marihuana-Konsums, fordert den Beitritt der USA zur Kyoto-Klimavereinbarung und tritt für die Sterbehilfe ein. Auf der anderen Seite ist er ein kompromissloser Verfechter des freien Marktes, ein Gegner von Mindestlohn, Gewerkschaften, Steuerprogression und Kündigungsschutz und ein Befürworter der Todesstrafe.

Vielleicht wurde Posner gerade wegen der Unkalkulierbarkeit seiner Ansichten Ende 1999 im Kartellverfahren gegen Microsoft als Vermittler hinzuzogen. Beide Parteien konnten sich zu Recht erhoffen, dass er in ihrem Interesse agieren würde. Trotzdem gab Posner, nachdem eine Einigung mehrmals zum Greifen nahe schien, nach einigen Monaten auf. Der Vermittlungsversuch blieb erfolglos, erst unter der neuen Regierung Bush konnte der Streit beigelegt werden.
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Alt 05-10-2006, 16:20   #3
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Das was nicht mehr in den ersten Eindruck passte :)

Aber am meisten erstaunt an Richard Posner, dass er alles auf einmal macht. Sein umfangreiches publizistisches Werk umfasst so verschiedene Themen wie das Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton, die Gesundheitspolitik in den Zeiten von Aids, den umstrittenen Präsidentschaftskampf zwischen Bush und Al Gore und eine umfassende Abhandlung über Urheberrechtsschutz und geistiges Eigentum. Sein jüngstes Buch handelt von Megakatastrophen wie Pandemien, plötzlichem Klimawandel und Asteroideneinschlägen.

Allerdings haben die meisten Themen, die Posner aufgreift, eines gemeinsam: Es handelt sich um Fragen und Probleme, über die in der Forschung noch kein Konsens besteht, um Marktlücken im Mittelfeld zwischen wissenschaftlicher Expertise und journalistischer Recherche. In diesem Mittelfeld ist Richard Posner wie kaum ein anderer zu Hause. Als im Juli 2004 die Nationale Kommission zur Untersuchung der Terrorattacken gegen die USA ihre Arbeit beendete, wurde er von der »New York Times«, für die er regelmäßig Beiträge verfasst, damit beauftragt, den Untersuchungsreport zu besprechen. Er begann, der 9/11-Kommission hinterherzurecherchieren, aus der Rezension für die »New York Times« entwickelte sich ein eigenes Buch: „Preventing Surprise Attacks – Intelligence Reform in the Wake of 9/11“.

Um sich über die Möglichkeiten der Terrorabwehr durch die Geheimdienste ein Urteil bilden zu können, arbeitete sich Posner in die wissenschaftliche Literatur über Überraschungsangriffe und die Reform von Organisationen ein – beides Gebiete, die, wie er beklagt, die Kommission völlig außer Acht gelassen hatte. Sein Fazit: Überraschungsangriffe, die mit einer nur geringen Aussicht auf Erfolg unternommen werden und sich auf ein untergeordnetes Ziel richten, hätten eine relativ große Chance zu gelingen. Kein Staat sei in der Lage, sich dagegen zu wappnen.

Eine Zentralisierung der 15 Geheimdienstorganisationen der USA würde diese Tendenz sogar verstärken, denn für Jahre würde eine solche Reform einen gewaltigen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. Und am Ende käme eine Organisation heraus, deren Angehörige wenig Gründe hätten, ihre Arbeitskraft und ihr Wissen optimal zum Einsatz zu bringen, und die außerdem nur noch nach dem Herdentrieb funktionierten. Alles wird von Posner akribisch belegt, mit mathematischen Risikokalkulationen, Modellen zu Anreizstrukturen in Unternehmen, Vergleichen mit Geheimdiensten anderer Länder und Präzedenzfällen zur Umstrukturierung von großen Organisationen.

Doch mit seiner harschen Kritik steht er mehr oder weniger allein. Niemand aus den Reihen der Journalisten und Medienintellektuellen, klagt Posner, habe sich des komplexen und abstrakten Themas der Geheimdienstreform annehmen wollen. Die Instrumente der kritischen Öffentlichkeit hätten versagt, ja, sie mussten laut Posner sogar versagen – in Anbetracht der Anreizstrukturen für Journalisten in den Zeitungen und Fernsehsendern und auf dem Markt der Intellektuellen.

Mit dieser Klage greift Posner das Thema eines früheren Buches auf, „Public Intellectuals“. Unterfüttert mit statistischen Belegen und einer Reihe von Fallstudien demontierte Posner auf 400 Seiten die Vorstellung, dass Intellektuelle – heutzutage fast ausnahmslos verkörpert durch in die Medien drängende Universitätsangestellte – die Politik beraten könnten. Im Gegenteil: Weil das Geschäft der Medienintellektuellen keiner Qualitätskontrolle unterläge, benähmen sich die Wissenschaftler vor der Kamera und in den Kolumnen der Zeitungen so verantwortungslos wie Touristen im Urlaub.
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Alt 12-10-2006, 10:26   #4
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Hunger

Frisch gebackene MBAs der Elite-Universitäten strömen ins Hightech-Mekka Kalifornien wie die Goldgräber vor 150 Jahren. Es gibt genug für alle - versichern die, die ihren Claim im Silicon Valley schon abgesteckt haben.

Bei Lachsfilet und Wildreis kommen die Millionäre von morgen ins Schwärmen. Geschäftsideen für die nächste große Website fliegen durch den Raum, "ich habe ein Angebot von Excite", flüstert Kate und fragt nach Details zu Aktienoptionen bei Vertragsabschluss so beiläufig, wie ihr Couch-Nachbar noch einen Margarita bestellt. Steve verteilt Visitenkarten und ermutigt alle, seinen neuen Online-Service Messagebay Inc. auszuprobieren, für den er gerade um Finanzierung feilscht.
Als der pausbäckige Stargast des Abends die Gabel niederlegt und erzählt, wie man vor dem 30. Geburtstag zehn Millionen Dollar Risikokapital für ein Internet-Start-up einsackt, verstummt der Unternehmerclub der Stanford Graduate School of Business (GSB) und lauscht mit hungrigen Blicken. Matt Johnson war bis vor zwei Jahren Web-Designer und Radrennfahrer, nicht mal ein angehender Master of Business Administration (MBA) wie alle anderen hier. Dann kam er auf die Idee, College-Studenten Lehrbücher online anzubieten und gebrauchte Wälzer am Ende des Schuljahres zurückzukaufen. Versand gratis. Heute ist bigwords.com die führende Website in einer Marktnische, die Amazon noch nicht besetzt hat.

Reden, rechnen, runterschlingen - der
harte Alltag der Kids im Silicon Valley

"Es geht alles unglaublich schnell", erzählt Johnson. "Du musst wissen, was auf dich zukommt, noch bevor es eintritt, und dann sofort reagieren." Wenn er Pause macht, haken die Studenten nach und löchern ihren Gastgeber, Risiko-Kapitalist Neil Weintraut, mit Fragen: Wie prüft er Geschäftspläne auf ihre Plausibilität? Woher wusste er, dass Bigwords funktionieren würde? Weintraut, der das Dutzend Jungmanager in seine Villa in den Hügeln hoch über Palo Alto eingeladen hat, genießt die Rolle des Web-Weisen und spricht vom "Zen des Venture-Kapitalismus" derweil er sich ein Stück Tarte aux Pommes mit zwei Bissen hineinschiebt: "Wir machen keine Deals, wir nehmen Kinder in unsere Familie auf."
Nachwuchs gibt es genug. Der Internet-Boom treibt MBA-Studenten von den Elite-Universitäten der USA massenweise gen Westen, ganz so wie der Goldrausch vor 150 Jahren. Investment-Banken und Unternehmensberatungsfirmen an der Wall Street mögen mit dicken Gehältern und sicheren Jobs winken: Der Nachwuchs ist auf Selbstverwirklichung und schnellen Reichtum aus, als Manager in einem Start-up oder gleich als Chef in der eigenen Firma xyz.com.
"Überrascht" seien seine Gesprächspartner bei McKinsey gewesen, als er ihnen eine Absage erteilte, berichtet der 30-jährige Michael Leeds, während sich Weintraut wieder übers Dessert hermacht und Kate ihr Bündel Optionen noch einmal durchrechnet. Aus purer Neugier hatte Leeds die Headhunter des renommierten Beratungsunternehmens getroffen, als sie wie jedes Jahr den Stanford-Campus abgrasten. Dabei wusste er bereits, dass er sein eigenes Ding machen will. Seit einem halben Jahr brütet er über seinem Geschäftsplan, Details will er nicht verraten. McKinsey erhielt nicht nur von Leeds einen Korb.

Die MBA-Herde galoppiert ins Silicon
Valley - in den schieren Wahnsinn

Fran Noble vom Career Management Center der GSB sieht "einen absoluten Trend" zum Unternehmertum. Ihre Universität liegt im Epizentrum des Net-Rummels, die Gründer von Yahoo! kommen von dort. Doch noch nie zuvor waren so viele der Studenten an Hightech-Unternehmen interessiert wie in diesem Jahr. Mehr als ein Viertel des Jahrgangs machten seine Praktika in der begehrten Branche, mehr als ein Drittel werden diesen Weg einschlagen, sobald sie ihren Abschluss in der Tasche haben. Im Gegenzug sinkt der Anteil derer, die Investmentbanker und Berater werden wollen. An der Wirtschaftsfakultät von Harvard, am anderen Ende der USA in Boston, fällt der Umdenkprozess noch radikaler aus. Vor drei Jahren organisierten die als konservativ geltenden Studenten der Ostküste erstmals eine einwöchige Erkundungstour ins Silicon Valley. Von 800 Studenten kamen 40 auf den WesTrek. Dieses Jahr musste Organisator Gunjan Bhow mehr als die Hälfte seines Jahrgangs unterbringen - und traf im Westen ständig auf Studenten von anderen renommierten Institutionen wie die Kellogg Graduate School of Management in Chicago und Wharton School in Pennsylvania.
"Die Herde galoppiert ins Silicon Valley", spottet der 25-jährige Kalifornier Bhow. Er hatte schon vor dem Studium dort seine erste Firma gegründet. Jetzt nutzt er die alten Kontakte, um seine Kommilitonen in kleinen Gruppen durch drei Dutzend heiße Start-ups zu schleusen. Eine Ochsentour: "Die Leute zahlen die Reise komplett aus eigener Tasche. Jeder muss sich hinterher drum kümmern, am Ball zu bleiben, vielleicht vier-, fünfmal hierher fliegen. Aber fast alle, die dabei waren, fuhren wie verwandelt zurück."
Auch Europäer, die in Harvard studieren, werden vom kalifornischen Gründerfieber angesteckt. Clemens Henle aus Mühlheim machte den WesTrek aus Neugier mit und war fasziniert "von der Energie, der Leidenschaft, vom schieren Wahnsinn". Start-ups, in denen Hunde durch die Korridore hecheln und die unrasierten Unternehmer im Schlafsack unterm Schreibtisch nächtigen - was für ein Anblick für einen 29-jährigen Deutschen, der Evian statt Leitungswasser trinkt.
Hinter dem Chaos sah Henle den Willen zum Erfolg: "Sie erzählten uns vom Marktwert und von ihren Investoren, und ich dachte mir nur: Ich kann genauso erfolgreich sein, nur etwas ordentlicher." Gemeinsam mit drei Kommilitonen aus Frankreich, der Schweiz und Österreich will Henle das Valley-Fieber nach München bringen. "Der Goldrausch wird auch in Europa ausbrechen", glaubt er.

Man muss kein Genie sein, um
ganz vorn dabei zu sein

Mit ihrer Idee einer Online-Apotheke namens ourwellness.com, die wie das US-Vorbild drugstore.com Infos, Service und Produkte rund um die Gesundheit anbietet, gewannen Henle & Co den zweiten Platz im Harvard-Business-Plan-Wettbewerb 99. Doch schon zuvor rannten ihnen Risiko-Kapitalisten die Tür ein und stellten Geld für das Projekt im fernen Europa zur Verfügung. Bis Weihnachten wollen die Jungbosse mit 35 Angestellten loslegen. "An einer Schule wie St. Gallen wäre kein Funke übergesprungen, so was zu starten. Die Dynamik im Valley reißt einen mit", ist sich Henles Partner Guillaume Dufossé sicher.
Die beiden stehen nicht allein da. Mehr als ein Viertel aller Harvard-Betriebswirtschaftler ihres Jahrgangs will in eine junge Hightech-Firma einsteigen - viermal so viele wie 1997. Zehn Prozent der Absolventen, dreimal mehr als im Vorjahr, wollen eine eigene Firma gründen. Addiert man diejenigen hinzu, die Risiko- Kapitalisten werden wollen, ist der halbe Jahrgang auf West-Kurs. Es geht fast immer um dot-com’s. Die Buch-Site exchange.com gewann 1997 den HarvardBusiness-Plan-Contest und wurde eben für 200 Millionen Dollar von Amazon geschluckt. Chemdex, ein E-Commerce- Anbieter für den Chemikalien-Großhandel, kam damals unter die ersten zehn und hat bisher rund 40 Millionen Dollar Kapital aufgetrieben. Die Neugründung Zefer Corp. aus dem Jahr 1998 saugte bisher über 100 Millionen Dollar auf. Kein Wunder, dass die Zahl der eingereichten Geschäftspläne in drei Jahren von 15 auf 50 gewachsen ist. Und man muss kein Genie sein, um zu gewinnen. "Es ist mehr als genug Geld vorhanden, um jede halbwegs vernünftig klingende Idee verwirklichen zu können", berichtet Wettbewerbsorganisator Matt Bigge, der seit seinem 26. Geburtstag ein halbes Dutzend Firmen aus der Taufe gehoben hat. "Meine Mutter denkt, ich spinne, wenn ich ihr erzähle, womit ich mein Geld verdiene. Ein Generationsproblem. Die Börse und der anhaltende Aufschwung haben die Leute aufgeweckt. Jeder will ein Unternehmer sein."
Oder geht es nur ums Geld? "Wirtschaftsstudenten gehen immer dahin, wo’s am meisten zu verdienen gibt", räumt Sean Ryan ein, der 1996 an der John E. Anderson Graduate School of Management in Los Angeles seinen MBA erhielt. "Mein Jahrgang war der letzte, der sich noch irgendeine Entschuldigung hätte einfallen lassen können, nicht ins Internet einzusteigen. Wer heute smart und aggressiv ist, ist dabei - oder blind." Ryan galt vor drei Jahren noch als Außenseiter, weil er als einer der wenigen Absolventen keinen Wall-Street-Job mit sechsstelligem Jahreseinkommen annahm. Er suchte stattdessen ein halbes Jahr nach einer Stelle im Silicon Valley und ist nach der Zwischenstation beim Videospiele-Hersteller Segasoft heute leitender Manager der neu gegründeten Musik-Site listen.com. Heute ist er heiß begehrt: "Jede Woche rufen mich mindestens ein Dutzend ehemalige Klassenkameraden oder Studenten kurz vorm Abschluss an und wollen wissen, wie sie auf den Hightech-Zug aufspringen können. Gibt mir eine gewisse Befriedigung, dass ich richtig lag", grinst Ryan, "denn die ersten paar Monate ohne Arbeit kam ich mir ziemlich dämlich vor."

Der Job ist etwas für Guerillas,
nichts für brave Soldaten

Genauso ergeht es Jennifer Fonstad von der Risiko-Kapital-Firma Draper Fisher Jurvetson. Sie machte den ersten WesTrek 1997 mit und erinnert sich noch heute, dass sie eine der wenigen an Harvard war, die nach einem kurzen Gastspiel als Unter-nehmensberaterin im Silicon Valley einsteigen wollte. Dieses Jahr war sie erstmals Gastgeberin für Gunjan Bhows Truppe: "Jeder Teilnehmer des Business-Plan-Wettbewerbs meldet sich bei mir. Das ist wie die große Landnahme im Westen", urteilt die 33-jährige. "Anstelle von Grundstücken geht es darum, wer die meisten Zuschauer gewinnen kann."
Risiko-Kapitalist Weintraut, der seinen MBA bereits 1987 in Wharton machte, kennt den Unterschied zur alten Wirtschaft: "Noch vor fünf Jahren warst du ein Exot, wenn du für ein Start-up arbeiten wolltest. Heute sind solche Unternehmer Vorbilder, Ikonen für andere Studenten. Wer ins Chaos einer Neugründung einsteigt, muss Guerilla-Taktik beherrschen, anstatt wie Soldaten in einer Schlachtordnung zu marschieren und auf Befehl anzulegen und abzudrücken. Das ist nicht jedermanns Sache", redet sich Weintraut in Fahrt.
In einer Wirtschaft, die im Internet-Tempo tickt, sind rasant wachsende Firmen wie Yahoo!, Amazon, eBay oder E*Trade plötzlich ebenso etablierte Arbeitgeber wie Goldman Sachs und Arthur Andersen. Der Unterschied liegt im Arbeitsklima und der mittelfristigen Bezahlung. Die traditionellen Adressen bieten Gehälter und Boni von 100 000 bis 130 000 Dollar im ersten Jahr. Harvard-Absolvent Bhow formuliert die Ansprüche eines Start-ups und zugleich deren Reiz. "Niemand weiß genau, wie man’s richtig macht, also ist fast jede Idee einen Versuch wert. Du musst bereit sein, 15 Stunden am Tag zu arbeiten - aber du bestimmst, welche 15 Stunden es sind."
Nach Silicon-Valley-Auslegung ist Yahoo! mit seinen bald 1000 Angestellten für eine solche Interpretation beinahe zu durchstrukturiert. "Wenn eine Firma eine Personalabteilung hat, die aus mehr als einem Mitarbeiter besteht, werde ich misstrauisch", sagt Vielgründer Matt Bigge. Er sieht nur dort Entfaltungsmöglichkeiten, wo man noch mitreden, mitgestalten und mitentscheiden kann. "Ich kann entweder zum Vice President aufsteigen und wenn’s gut läuft mit Optionen auf 500 000 Dollar im Jahr kommen oder ich kann mir ein Stück einer kleineren Firma erarbeiten, das nach zwei Jahren 100 Millionen Dollar wert ist." Da fällt die Wahl nicht schwer.

Ein Türblatt, zwei Sägeböcke -
das macht einen Chef-Schreibtisch

"Wer sich mit der Unordnung anfreundet, kann hier in einem Jahr zu einer Schlüsselfigur in der Industrie werden und Geschichte machen", beschreibt Oliver Muoto die Attraktion. Der 29-jährige hat schon drei Start-ups hinter sich und ist jetzt Mitbegründer von Epicentric. Der anderthalb Jahre alte Provider für maßgeschneiderte Webportale großer Firmen hat zwei Dutzend Mitarbeiter und wird diesen Sommer zum ersten Mal zwei MBAs einstellen. "Wir treffen Entscheidungen oft aus dem Bauch heraus, da sind tiefschürfende strategische Denker nicht gefragt." Bei Muoto gibt’s keine Sekretärin, der Chef-Schreibtisch besteht aus einem Türblatt mit Sägeböcken.
Dafür badet sein Team in "Internet-Love", strahlt der Unternehmer: "Die Börse liebt uns, die Medien lieben uns, die Kunden lieben uns, die MBAs lieben uns. Das ist wie ein Rausch, keine Frage." Im Gegenzug für einen Batzen Börsengold in greifbarer Nähe erwarten die jungen Firmen Leidenschaft. "Ich suche nicht nach Studenten, die mit theoretischem Wissen vollgestopft sind oder die schnell reich werden wollen", sagt Eng-Siong Tan, Gründer der Webfirma Third Voice. "Ich will Einsatz sehen, als ob es um dein Leben geht." Tan hat in Erwartung des Booms in einem der vielen Spiegelglastürme am Freeway 101, der Hauptschlagader des Valleys, ein ganzes Stockwerk gemietet, aber erst die Hälfte seiner Schreibtische besetzt. Es gibt einfach zu wenig Leute. "Hier entstehen jedes Jahr 3000 neue Firmen", rechnet Finanzier Weintraut vor. "Selbst wenn alle Absolventen der fünf besten Business Schools auf alle diese Start-ups verteilt würden, würde das nicht ausreichen, um alle Stellen zu besetzen. Es gibt mehr Nachfrage als Angebot, und daran wird sich in den nächsten paar Jahrzehnten nichts ändern."
Nicht umsonst sprießen Internet-Headhunter wie Unkraut aus dem Boden. Es gibt genug für alle. Mehr als genug. "Die Ressourcen sind im Gegensatz zu früher immateriell und deswegen unbegrenzt", sagt Weintraut. "Der Kuchen wird um so größer, je mehr mitmachen. Das Internet ist keine Branche, sondern Kern der Wirtschaft der Zukunft."
Andrew Anker ist 33 und damit schon ein Veteran und dementsprechend leicht ergraut. Der gebürtige New Yorker war vier Jahre lang CEO von Wired Digital, dem Bannerträger der digitalen Aufbruchsstimmung. Seit vergangenem Jahr ist er Risiko-Kapitalist, sichtet Dutzende von Geschäftsideen und nimmt zahllose Anrufe von Wirtschaftsstudenten entgegen. "Erst gestern morgen waren drei Stanford-Studenten mit einer richtig guten Idee hier. Und das geht pausenlos so. Die können ihre Unterlagen praktisch bei uns in den Briefkasten werfen, wenn sie morgens vorbeijoggen", sagt Anker im creme-farbenen Konferenzzimmer von August Capital.
Das Büro liegt an der Sand Hill Road in Palo Alto, dem Herz des Silicon Valleys. Die Landstraße ist Synonym für die Risikokapital-Gemeinde, die 1998 allein 3,5 Milliarden Dollar in Internet-Start-ups investierte. "Ich bin mir nicht einmal sicher, dass man einen MBA braucht, um hier Erfolg zu haben. Ich hatte jedenfalls keinen", denkt Anker laut. "Man muss einfach herkommen. Und Hunger mitbringen."

Vom Januar 1999....
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Alt 27-12-2006, 23:18   #5
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Wer der Wirtschaft helfen will, muss den Menschen helfen.
Denn die sind die wichtigste Ressource.
Das bedeutet: Selbstbewusstsein schaffen.
Jedem Einzelnen seine Fähigkeiten bewusst machen.
Und Träume verwirklichen.


Ein ungelernter Hilfsarbeiter in München, ohne Führerschein, dafür mit einem Alkoholproblem, länger als ein Jahr arbeitslos – das ist nicht gerade der Wunschkandidat eines Personalchefs. Doch heute hat der Mann seinen Traumjob gefunden: als Baggerfahrer auf einem Schrottplatz. Er verdient nicht mehr als mit Arbeitslosengeld II. Aber er ist zufriedener.

Ein Ingenieur für Nachrichten- und Regelungstechnik in Berlin, Ende 40. Seine Abteilung wird bei einer Umstrukturierung im Unternehmen abgewickelt. Nach 28 Jahren Festanstellung wird er arbeitslos – keiner, um den sich der Arbeitsmarkt reißt. Heute ist er EDV- und Systemadministrator bei einem Berliner Mittelständler, hat einen ganz neuen Beruf gelernt und sagt, dass er „100 Prozent glücklicher" sei als bei der alten Firma.

Eine Hebamme in einem Krankenhaus in Innsbruck. Sie merkt, wie sie die Routine im Job, die ewigen Bereitschaftsdienste und das ständige Gefühl des Ausgebranntseins langsam in eine Depression schlittern lassen. Sie kündigt, ohne zu wissen, wie es danach weitergeht, sie ist Anfang 40. Heute arbeitet sie in der ärztlichen Direktion des Krankenhauses, lernt jeden Tag etwas dazu und fühlt sich mit ihrer Arbeit ziemlich wohl. Das Kündigungsgespräch wurde damals ungeplant zum Einstellungsgespräch. Die Klinikleitung wollte sie behalten, wenn nicht als Hebamme, dann eben in der Verwaltung.
Drei Arbeitsbiografien. Drei Menschen. In der Sprache der Arbeitsagenturen und Verwaltungsbürokratien sind das „Fälle", „Bezugsberechtigte" oder bestenfalls „Mitarbeiter". Vielleicht sind die Bürokratien so ineffizient, weil sie Menschen auf Kennzahlen, Anforderungsprofile und Stellenbeschreibungen reduzieren. Und vielleicht funktioniert das Krankenhaus, das aus der unzufriedenen Hebamme eine zufriedene Verwaltungsmitarbeiterin gemacht hat, besser als Kliniken, die ihre Angestellten in Laufbahnen einsperren.

Die Hebamme aus Innsbruck, der Ingenieur aus Berlin und der Hilfsarbeiter aus München haben Glück gehabt. Aber sie haben sich ihr Glück auch selbst gemacht. Ohne Hilfe wäre das allerdings schwierig gewesen, denn auf das, was sie erlebt haben, waren sie nicht vorbereitet: der Verlust gewohnter Sicherheit, Perspektivlosigkeit, der Kampf um eine Neupositionierung, die Angst, wie das Leben weitergeht.

Für Unternehmen sind Umstrukturierungen, die Optimierung von Abläufen und technische Neuerungen der Normalfall, für den Einzelnen können sie zur bedrohlichen Überforderung werden. Doch das alles ist unvermeidbar: Die Zeit der linearen Arbeitsbiografien ist in den meisten Branchen vorbei und wird nicht zurückkehren. Dennoch sind solche Einschnitte für die Betroffenen Krisenerfahrungen – die mit etwas Glück und der richtigen Begleitung zu Chancen werden können. Mit etwas Pech und ohne Hilfe können sie Menschen allerdings zerstören.

Kompetenz ist nicht Ausbildung, sondern das, was man kann

Einer der Menschen, die dafür gesorgt haben, dass Lydia Haslwanter, die Hebamme, die heute im Klinik-Management arbeitet, keine Depressionen bekommen hat, ist Bertram Wolf. Er leitet das „Zukunftszentrum Tirol", ein Glaskasten im Zentrum von Innsbruck, zwischen der theologischen Fakultät und der kaiserlichen Hofburg. Wolfs Zukunftszentrum ist ein kleiner Thinktank, finanziert vom Land Tirol und der Arbeiterkammer, einer Interessenvertretung, in die jeder Arbeitnehmer Beiträge zahlen muss.

In Tirol – viel Tourismus, viele Saisonarbeitskräfte – wechselt jeder dritte Arbeitnehmer innerhalb von fünf Jahren den Job, die Branche oder beides. Brüche in den Erwerbsbiografien sind der Normalfall. Was nicht heißt, dass die Menschen damit reibungsfrei zurechtkommen. Die Beobachtung der hohen Fluktuation war für Wolf der Auslöser, im Zukunftszentrum eine neue Coaching-Methode zu entwickeln: die Kompetenzenbilanz. Wobei Kompetenzen nicht nur Berufsausbildung meint, sondern alles, was Menschen im Lauf ihres Lebens gemacht und gelernt haben – vom Hausbau über das Erziehen der Kinder und Aufenthalte im Ausland bis zur sozialen Kompetenz, ohne die etwa der Trainer einer Amateurhandballmannschaft nicht weit kommt.

Die ehemalige Hebamme Haslwanter ist eine von 1500 Klienten, die sich in den vergangenen drei Jahren im Zukunftszentrum über ihre berufliche Situation klar werden wollten. Ein Teil der Klienten, etwa 15 Prozent, sind arbeitslos, andere sind mit ihrer Arbeit unglücklich, unter- oder überfordert. Hinzu kommen viele Mütter, die zurück in den Beruf wollen.

Lydia Haslwanter erzählt: „Ich musste bei der Kompetenzenbilanz auf ein Plakat schreiben, was ich in meinem Leben schon alles gemacht habe. Um dann zu sehen, was ich gelernt habe, was ich alles kann. Das war gut für mein Selbstwertgefühl, es war der ausschlaggebende Punkt. Die Arbeit hatte mich klein gemacht, da war das Coaching wie eine Befreiung. Ohne wäre ich wahrscheinlich immer kleiner geworden. So habe ich gekündigt, auch wenn alle äußeren Fakten gegen die Kündigung sprachen: Ich war Anfang 40 und hatte keine andere Stelle in Aussicht. Aber es ging mir zu lange schlecht, die Schmerzgrenze war erreicht.

Beim Kündigungsgespräch fragte der Geschäftsführer der Klinik, ob ich etwas gegen das Haus hätte. Gegen das Haus hatte ich nichts, ich wollte nur nicht mehr als Hebamme arbeiten. Und durch das Coaching konnte ich gegenüber meinen Vorgesetzten authentisch und klar auftreten. So wurde das Kündigungsgespräch zum Einstellungsgespräch, ich bin ins Klinik-Management gewechselt."

Jeder kann mehr, als ein Zeugnis verrät

Die Idee der Kompetenzenbilanz ist simpel: Wenn sich die Arbeitssituation permanent verändert, wenn Arbeitsplatzverlust und Neuorientierungsphasen zur Regel werden und viele Berufe lebenslanges Lernen verlangen, wird es wichtig, dass sich Arbeitnehmer ihrer Fähigkeiten und Wünsche bewusst sind. Hinter der Kompetenzenbilanz steckt die Vermutung, dass viele Menschen in der Jobroutine verlernt haben zu fragen, was sie wirklich wollen. Doch ihre Wünsche sind die wichtigste Orientierung, wenn sie in einer Umbruchsituation gezwungen sind, sich neu zu positionieren.

Wünsche und selbst gesetzte Ziele sind die entscheidende Ressource, um die für eine Veränderung notwendigen Kräfte zu mobilisieren. Je unkalkulierbarer und abrupter sich die Welt verändert, desto notwendiger wird es für den Einzelnen, sich handlungsfähig zu halten. „Entscheidend ist, dass die Menschen lernen, mit Veränderungen umzugehen, denn das werden sie noch oft tun müssen", sagt Bertram Wolf. „Die Leute können mehr, als in ihren Zeugnissen steckt, und mehr, als sie selber glauben. Die Kompetenzenbilanz gibt ihnen die Impulse, sich das bewusst zu machen."

Der Geschäftsführer des Zukunftszentrums ist ein freundlicher Pragmatiker, der in seinem Leben vieles gemacht hat: Tischler, professioneller Extrembergsteiger, Fernsehredakteur. Vielleicht treibt ihn das Thema so um, weil er selbst immer wieder Brüche als Chancen nutzen konnte. Und weil ihm seine letzten beruflichen Wechsel ohne Studium und die üblichen Ausbildungsgänge gelungen sind. Kein Wunder, dass sich seine Ehrfurcht vor Zeugnissen und Zertifikaten in Grenzen hält.

Das Verfahren ist einfach: Es gibt vier Sitzungen von je zwei Stunden, dazwischen schreiben die Klienten in einer „Lebensbilanz" auf, was sie schon alles gemacht haben und wie sie mit Krisensituationen fertig geworden sind. So rufen sie sich vergessene Teile ihrer Biografie ins Bewusstsein und erfahren ihre Stärken. Nebenbei erkennen sie ihre Fähigkeiten, die sie oft für selbstverständlich halten. So entstehen neue Möglichkeitsräume.

Das Coaching ist keine Therapie. Existenzielle Lebenskrisen, psychische Krankheiten oder Alkoholprobleme kann es nicht aufarbeiten. Aber es ist weit mehr als ein Wohlfühlprogramm. Das muss es auch sein, schließlich werden die Kosten, knapp 500 Euro pro Coaching, bis auf eine Eigenbeteiligung von 190 Euro vom Zukunftszentrum getragen, also vom Steuerzahler und den Arbeitnehmern, die mit ihren Beiträgen die Arbeiterkammer finanzieren.

Der Erfolg ist messbar: Eine Evaluation kam zu dem Ergebnis, dass viele frühere Klienten durch das Coaching mit ihrer Tätigkeit zufriedener sind. Sie trauen sich mehr zu und entwickeln mehr Eigeninitiative, können besser mit Stress umgehen. „Das Coaching setzt Selbstheilungskräfte in Gang, die Kosten sind gering", sagt Wolf. „Wenn wir sehen, wie viele Menschen in Phasen der Neuorientierung oder aus Unzufriedenheit mit ihrer Arbeit an psychosomatischen Störungen oder Depressionen leiden und was allein das die Krankenkassen, die Sozialkassen, die Arbeitgeber kostet, sind die 500 Euro für eine Kompetenzenbilanz ein Witz. Das ist eine Präventionsmaßnahme gegen Burn-outZustände und die innere Kündigung, die im schlimmsten Fall zu Krankheiten führt. Stattdessen entstehen Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit. Das macht die Leute zu interessanteren Arbeitnehmern."

Der nächste Schritt ist logisch: Das mit der Kompetenzenbilanz entwickelte Instrumentarium könnte für Personalverantwortliche in Unternehmen interessant sein. Derzeit ist Bertram Wolf darüber mit einem Tiroler Mittelständler und einem großen Autokonzern im Gespräch.

Wer seine Fähigkeiten kennt, entwickelt Eigeninitiative

Entwickelt wurde das Verfahren von den Arbeitspsychologen Thomas Lang-von Wins und Claas Triebel. Lang-von Wins ist Professor an der Münchener Universität der Bundeswehr und alles andere als ein trockener Wissenschaftler. Wenn er darüber spricht, wie festgefügte Organisationen und starre Hierarchien Menschen klein machen, spürt man die Wut hinter der analytischen Fachterminologie.

Der Entmündigung entgeht die Kompetenzenbilanz, indem sie den Klienten zum Herrn des Verfahrens macht. Lang-von Wins erklärt: „Die Grundhaltung, die wir von den Coaches erwarten, ist, dass sie sich naiv geben. Sie sollen hartnäckig nachfragen, was der Klient will, was er sich wünscht, in welchen Situationen er Stärken entwickelt hat. Wenn sich die Menschen ihrer Fähigkeiten bewusst werden, aktivieren und benutzen sie die auch. Wir lehnen es ab, dass der Coach den Menschen eine Lösung präsentiert. Damit würden wir die Leute aus der Eigenverantwortung nehmen. Das kann nicht der richtige Weg sein." Hinzu kommt: „In der Schule, aber auch im Beruf haben Menschen oft das stärkste Feedback, wenn sie etwas nicht können, wenn sie Fehler ma-chen. Das trimmt sie auf eine Defizitorientierung und macht sie klein." Diese Defizitorientierung lähmt die Menschen, zerfrisst ihr Selbstvertrauen. Sie aufzubrechen ist das Ziel des Coachings.

„Häufig sind die Klienten in einer Determinismus-Falle. Sie sind unzufrieden, denken aber gleichzeitig, dass an ihrer Situation nichts zu ändern ist", berichtet der Arbeitspsychologe. „Viele neigen dazu, aus ihrer Lage generelle Schlüsse über ihren gesamten Werdegang zu ziehen. Da kommen Sätze wie: Meine Berufswahl war falsch. Sie kappen den Bezug zu ihrer ursprünglichen Motivation und entwerten so ihre Kompetenzerlebnisse."

Lang-von Wins interessiert sich mehr für das Entwicklungspotenzial eines Menschen als für den mit einer Berufsausbildung erreichten Status. Sein wichtigstes Argument: „Die prognostische Kraft der Zertifikate ist begrenzt. Acht Jahre nach einem Abschluss jemanden nach einer Note zu beurteilen ist schwierig."

Weil es um Fähigkeiten geht, nicht um Berufsbezeichnungen, lassen sich die Coaches von ihren Klienten detailliert und möglichst konkret erklären, was sie in ihrem Arbeitsalltag genau tun. Berufsbezeichnungen und abstrakte Floskeln wie Teamfähigkeit werden in konkrete Tätigkeiten aufgelöst – die so auf andere Berufsfelder übertragen werden können. Wer eine Arztpraxis organisieren kann, kann unter Umständen auch ein Sekretariat organisieren. Dass Lydia Haslwanter ihre Vorgesetzten davon überzeugen konnte, dass sie unabhängig von ihrer Ausbildung in der Krankenhausverwaltung arbeiten kann, ist ein gelungenes Beispiel für eine Übertragung.

Wenn Lang-von Wins methodisch den ganzen Menschen in den Blick nimmt statt nur die Berufsqualifikationen, ist er von der klassischen Organisations- und Arbeitspsychologie weit entfernt. Viele Methoden gehen mechanischer vor. „Wer bei einer Arbeitsagentur einen Berufsfindungstest macht, bekommt unter Umständen zur Antwort, dass er als Pferdepfleger, Raketenwissenschaftler und Gartenarchitekt geeignet ist. Das hat mit der Person aber relativ wenig zu tun", sagt Lang-von Wins. „Ich bin sehr testkritisch geworden. Viele Personalverantwortliche in Unternehmen setzen solche Tests unhinterfragt als Werkzeug ein, mit dem sie etwas über den Menschen erfahren wollen – was sie aber letztlich nicht tun. Doch Personalverantwortliche müssen sich innerhalb einer Firma rechtfertigen – und durch solche standardisierten Testverfahren erscheinen ihre Entscheidungen objektiv."

Wenn die Menschen mit der Kompetenzenbilanz ihre Möglichkeiten entdecken und damit gegenüber der Dynamik des Arbeitsmarktes souveräner werden, könnte das zu einem wichtigen Wirschaftsfaktor werden – spätestens wenn der Wirtschaft in einigen Jahren die qualifizierten Mitarbeiter ausgehen und das so genannte Humankapital zur wichtigsten Ressource eines Unternehmens wird. Denn darin liegt die Stärke der Kompetenzenbilanz: Sie bringt ungehobene Ressourcen ans Licht. Schon jetzt variieren das Zukunftszentrum und die Münchener Arbeitspsychologen um Thomas Lang-von Wins die Methode für andere Klienten – von der Gründerberatung bis zu Projekten, die Schülern bei der Berufsorientierung helfen.

Um die Entdeckung menschlicher Ressourcen geht es auch Thomas Heinle, einem drahtigen, energiegeladenen Menschen mit einer Vision und der Kraft, sie zu realisieren. Seine These: „Es gibt nicht zu wenig Arbeitsplätze. Es gibt zu wenig Motivation." Also versucht er, Motivation freizusetzen. Die Menschen, mit denen er arbeitet, haben allerdings ungleich größere Probleme als die Klienten, die sich im Zukunftszentrum Tirol bei der Selbstpositionierung helfen lassen. Thomas Heinle betreut in seinem privaten Institut für Vermittlungscoaching in München schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose, im offiziellen Sprachgebrauch: Menschen mit „multiplen Vermittlungshemmnissen".
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Geändert von Auf Wunsch gelöscht (27-12-2006 um 23:22 Uhr)
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Alt 27-12-2006, 23:23   #6
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2.Teil

Heinle spricht lieber von „Menschen mit besonderen Alleinstellungsmerkmalen". Etwa 60 Prozent seiner Klienten sind ungelernte Hilfsarbeiter, viele von ihnen Migranten mit bescheidenen Deutschkenntnissen, viele über 40 – Menschen also, deren Arbeitslosigkeit in den Jobcentern und Arbeitsagenturen in der Regel nur noch verwaltet wird. „Ich bekomme die Leute, bei denen die Jobcenter nicht wissen, was sie mit ihnen anfangen sollen", sagt Heinle.

Wer motiviert ist, findet leichter einen Arbeitsplatz

Seine Erfolgsquote ist beeindruckend. In den vergangenen fünf Jahren hat Heinles Institut mehr als 1000 Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt oder in die Selbstständigkeit vermittelt. Heinles Bilanz: „Zugewiesen wurden uns etwa 4000 Klienten. Rund ein Drittel ist erst gar nicht erschienen – damit akzeptieren sie die Streichung des Arbeitslosengeldes. Und ein weiteres Drittel fliegt wegen fehlender Mitwirkung raus: Coaching und Arbeitssuche ist ein Fulltime-Job, die haben hier eine 40-Stunden-Woche."

Allein dadurch, dass ein erheblicher Teil der Klienten lieber auf Arbeitslosengeld verzichtet, spart die Stadt München Millionen. Arbeiteten Vermittlungscoach-Unternehmen bundesweit nach Heinles Methode, wären Einsparungen im Milliardenbereich möglich – schon durch die Abschaffung der teuren Kontrollbürokratie.

Ein Nebeneffekt des Fulltime-Jobs im Coaching-Institut ist die soziale Integration. Wer während der Arbeitslosigkeit in Alkoholismus oder Depressionen abgerutscht ist, hat in der Coaching-Gruppe wieder ein soziales Echo und einen strukturierten Tagesablauf. Und muss sich entscheiden, ob er sich aufgeben oder selbst aktiv werden will. Heinles Coaching-Programm ist kein Kuschelzoo, die Spielregeln sind klar: Wer nicht jeden Tag im Institut in einer alten Textilfabrik im Münchener Osten erscheint und mitarbeitet, bekommt Ärger.

„Von denen, die arbeitsfähig sind und mitarbeiten, vermitteln wir etwa 80 Prozent in den ersten Arbeitsmarkt oder in die Selbstständigkeit. 70 Prozent sind nach einem Jahr noch in dem Job, in den wir sie vermittelt haben", sagt Heinle. Das Institut trägt sich selbst – und arbeitet bei einer schwierigen Klientel ungleich billiger als die Arbeitsagenturen.

Heinle: „Wir nehmen jeden Klienten, der uns zugewiesen wird. Und verdienen erst Geld, wenn die Leute kein Arbeitslosengeld II mehr beziehen. Dann zahlt uns die Münchener Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung (eine Kooperation von Arbeitsagentur und Sozialamt) 2600 Euro. Zum Vergleich: Die Arbeitsagenturen rechnen mit Eingliederungskosten von 8000 bis 32 000 Euro pro Fall. Wir betreuen die Leute, bis der Erfolg eintritt – wir werden sie nicht mehr los, außer wenn sie nicht mitarbeiten. Ich sitze mit dem Arbeitssuchenden in einem Boot. Ich bin dazu verdammt, an ihn zu glauben."

Das klingt nach einem Wunder. Oder wie eine Methode, von der man viel lernen kann. Heinle ist kein Scharlatan. Funktionierte seine Methode nicht, wäre er längst bankrott. Von Rose Langer, der für die Arbeitsvermittlung zuständigen Spitzenbeamtin im Bundesarbeitsministerium, bis zu Michael Baab, dem Geschäftsführer der Münchener Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung, die Heinle im Auftrag der Arbeitsagentur die Arbeitslosen zuweist, betonen die Verantwortlichen, wie sehr sie seine Arbeit schätzen. Im vergangenen Jahr bekam er den Innovationspreis der SPD.

Der Sozialpädagoge Heinle setzt auf das Eigenengagement seiner Klienten. Das will er freisetzen – und macht damit ziemlich genau das Gegenteil des traditionellen Sozialstaats, der Bedürftige entweder mit Transferzahlungen ruhig stellt oder in Maß-nahmen parkt, über die nicht der Betroffene, sondern der Sachbearbeiter entscheidet.

Die Frage ist: Was willst du tun? Unabhängig von Qualifikationen

Heinle nimmt etwas ernst, was die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen in der Regel nicht besonders interessiert: die Wünsche der Menschen. „Am Anfang fragen wir die Leute: Was würdest du machen, wenn du alle Möglichkeiten hättest?", so Heinle. „Das ist zuerst mal völlig unabhängig von der beruflichen Qualifikation. Dadurch entsteht Motivation. Ich muss die Alleinstellungsmerkmale der Menschen herausarbeiten, das, was nur sie können, was ihre Leidenschaft ist, was sie wirklich machen wollen. Arbeitslos werden Leute, die eine Arbeit machen, zu der sie keine Lust haben. Die erste Frage ist: Was würden Sie in fünf Jahren gern machen? Das wird aufgemalt. Dann lasse ich sie das Bild erklären."

Und was, wenn die Traumberufe komplett illusionär sind, so wie bei dem ungelernten Hilfsarbeiter ohne Führerschein mit Alkoholproblem, der gern ein Rennfahrer wie Michael Schumacher wäre? Dann arbeitet Thomas Heinle aus dem irrealen Wunsch den realen Kern heraus. „Das Entscheidende für den Möchtegern-Rennfahrer war, mit einer gewaltigen Maschine rumzufahren und durch die Maschine ein Gefühl von Stärke zu haben", erinnert sich Heinle. „Dem geht es heute prächtig als Baggerfahrer auf einem Schrottplatz. Als Einstiegslohn verdient er weniger als früher mit Hartz IV, und trotzdem ist er glücklich mit seiner Arbeit. Bekommen hat er den Job, weil ihm der Arbeitgeber geglaubt hat, dass er genau diese Arbeit und keine andere will."

Was zuerst wie ein Hirngespinst klingt, der Traum von der Rennfahrerkarriere, wird geerdet. So wird ein Ideal zum Kapital des Arbeitssuchenden: Er hat entdeckt, dass es etwas gibt, was er wirklich gern machen will. „Das Thema Geld tritt dann in der Regel in den Hintergrund – wichtiger ist, dass die Arbeit Spaß macht", hat Heinle beobachtet. „Der O-Ton vieler Klienten ist: ,Hauptsache, das Sozialamt schikaniert mich nicht mehr, mit den Arschlöchern will ich nichts zu tun haben.‘ Die Arbeiten, die die Menschen durch ihre eigenen Visionen finden, sind vielleicht McJobs. Aber sie haben für jeden Einzelnen etwas Sinnstiftendes – und es ist kein blödsinniger Ein-Euro-Job, hinter dem so eine Arbeit-macht-frei-Ideologie steckt. Außerdem ist jeder Job eine Chance zum Aufstieg und zur Weiterqualifikation."

Wer eine Aufgabe interessant findet, lernt gern Neues

Auch wenn die Zukunftsvision Motivation freisetzt – sie ändert nichts an Qualifikationsdefiziten. Die Hürden, die die Leute von ihrem Ziel trennen, werden im Coaching systematisch zu lösbaren Problemen klein gearbeitet. „Nach der aufgemalten Vision benennen wir die Stolpersteine", sagt Heinle. „Das kann die fehlende Ausbildung sein, eine Leseschwäche, aber auch ein Alkoholproblem oder verfaulte Zähne. Aber einen Teil der Stolpersteine kann man aus dem Weg räumen. Bei Leuten, die sich aus Langeweile in der Arbeitslosigkeit ans Trinken gewöhnt haben, reicht oft schon das Coaching, damit das Trinken in den Hintergrund tritt. Oder es gibt den Impuls, eine Therapie zu machen."

Indem Heinle bei den Wünschen der Menschen ansetzt, macht er etwas Ähnliches wie die Innsbrucker Kompetenzenbilanz: Seine Klienten entdecken Fähigkeiten, die ihnen nicht bewusst waren. Heinle erzählt eine Fallgeschichte: „Ein griechischer Produktionshelfer, knapp 30, antwortet auf die Frage, was er am liebsten machen würde: ,mit dem Fahrrad nach China fahren‘. Es kommt raus, dass er ein begeisterter Fahrradfahrer ist, der mit dem Rad schon in Indien war. Seine erste Aufgabe: eine Powerpoint-Präsentation über seine Indien-Reise. Der saß noch nie am Computer und hat für diese Präsentation in zwei Wochen gelernt, mit dem Computer zu arbeiten. Was meinen Sie, wie der uns genervt hat, damit wir ihm den PC erklären. Aber die Energie kam von ihm, nicht von uns. Der Mann ist heute für ein deutsches Touristik-Unternehmen Fremdenführer auf Kreta."

Ein anderer Fall, der viel über den Zusammenhang zwischen Motivation, Selbstbild und Lernprozessen erzählt, ist der einer arbeitslosen Supermarkt-Mitarbeiterin. Heinle: „Eine Filialleiterin wollte unbedingt im Büro arbeiten. Ihre Leiden-schaft waren Autos, und über ein Praktikum kam sie in ein Internet-Autohaus. Innerhalb von drei Monaten hat sie dort das Büro organisiert. Klar war, dass sie Schreibmaschine lernen muss, ein Volkshochschulkurs war aber zu teuer. Also hat sie sich einen Lehrgang übers Internet runtergeladen, und wir haben ihr zum Üben einen alten PC gegeben. Hätte ich ihr gesagt, sie solle einen Schreibmaschinenkurs machen, ohne dass sie eine Idee gehabt hätte, die sie antreibt, hätte das nichts gebracht. Aber genau das machen die Arbeitsagenturen: Die Sachbearbeiter drücken den Leuten irgendwelche teuren Kurse rein, die dann ohne jede Motivation abgesessen werden."

Wer seine Fähigkeiten kennt, kann flexibel sein

Was Heinle seit fünf Jahren tut, ist genau das, was eine aktuelle OECD-Studie zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit empfiehlt: Eine „Strategie der gegenseitigen Verpflichtung", bei der die Erwerbslosen gezielt Hilfe bei der Ausbildung und Jobsuche erhalten und sich im Gegenzug zur aktiven Jobsuche verpflichten. So kann aus dem verwaltenden und entmündigenden Sozialstaat, der Problemfälle aussortiert und mit Transferzahlungen abspeist, eine Hilfe zur Selbsthilfe werden – im besten Sinne ein Diener des Volkes.

Wolfgang Heise war 47 Jahre alt, als er die Kündigung bekam. Der Berliner Ingenieur für Nachrichten- und Regelungstechnik war 28 Jahre fest angestellt, erst bei Siemens, dann bei der deutschen Tochter des US-Unternehmens Tektronix. Als sein Bereich bei einer Umstrukturierung abgespeckt wurde, kam für Heise das Aus. Schon davor war er mit seiner Arbeitssituation unzufrieden gewesen. Die starke Betonung der Hierarchie im Unternehmen ließ ihm kaum Raum für Eigeninitiative. Heises Glück: Der Betriebsrat hatte in den Sozialplan hineinverhandelt, dass der Arbeitgeber den Entlassenen eine Beratung bei den Outplacement-Profis von Rundstedt HR Partners bezahlt.

Noch heute, zwei Jahre nach seinem Coaching, spricht Thomas Heise voller Euphorie über diese Erfahrung. Es klingt, als hätte er sich selbst neu kennen gelernt. „Durch das Coaching hatte ich beste Chancen, mich neu zu orientieren und noch einmal bei null anzufangen. Ich habe gelernt, meine eigenen Erfolge zu entdecken, und sah plötzlich Fähigkeiten, die in mir schlummerten. Die wurden im Arbeitsleben davor eher zugeschüttet, mein Selbstvertrauen war nicht mehr besonders groß. Beim Coaching ging es vor allem um mein Selbstverständnis. Dass ich gelernt habe, mit mir selbst gut umzugehen und authentisch zu sein, war letztlich ausschlaggebend für den Erfolg bei der Jobsuche."

Heise wagte einen Neuanfang und arbeitet heute als EDV- und Systemadministrator bei einem Berliner Mittelständler. Seine Bilanz: „Ohne das Coaching hätte ich sicher nicht den Mut gehabt, als Berufseinsteiger in der EDV noch einmal von vorne anzufangen. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, aus der privaten Passion einen Beruf zu machen. Heute verdiene ich erheblich weniger und arbeite mehr als früher, trotzdem bin ich 100 Prozent glücklicher als vorher. Ich mache die Arbeit, die mir Spaß macht, und ich bekomme bei der Arbeit von den Kollegen und dem Chef Anerkennung." So klingt ein zufriedener Mensch.

Beatrix Bauckhage ist bei von Rundstedt HR Partners für Menschen wie Wolfgang Heise zuständig. Die geschäftsführende Gesellschafterin bringt die Arbeit der Berater auf eine einfache Formel: „Wir möchten Menschen helfen, sich am Markt neu zu positionieren. Das Thema heißt Flexibilität. Was sind meine Potenziale? Wir halten den Spiegel vor und bieten die Möglichkeit zur Selbstreflexion. Der Weg führt vor allem über positive Bestätigung. Gerade bei Angestellten und Fachkräften, die wenig Feedback von ihren Vorgesetzten bekommen, entsteht in den Gruppen eine große Dynamik. Kollegen erinnern dann jemanden, der sich selbst nicht viel zutraut, daran, was er alles im Arbeitsalltag geleistet hat."

Wäre die Vermittlungsquote so mies wie bei den Arbeitsagenturen, könnte sich von Rundstedt kaum auf dem Markt halten. Beatrix Bauckhage: „Bei größeren Projekten können wir Vermittlungsquoten von bis zu 65 Prozent erreichen, wobei wir auch die mitzählen, die sich selbstständig machen, ein Studium beginnen oder sich bewusst und gewollt aus dem Berufsleben zurückziehen. Das gehört zum Thema Perspektivenwechsel, zur Frage: Bietet die Situation für mich Chancen?"

Wer in einem Job kompetent ist, ist es vermutlich auch in anderen

Das wichtigste Instrument neben dem Coaching heißt Marktbeobachtung. Eine Abteilung beobachtet systematisch den Arbeitsmarkt, und das weit differenzierter, als es Jobcenter tun – zum Beispiel mit der Suche nach verdeckten Vakanzen in Unternehmen. Die können auch für Klienten interessant sein, die mit dem jeweiligen Berufsfeld eigentlich nichts zu tun haben.

Beatrix Bauckhage: „In der Beratung geht es nicht nur um Berufsbilder, sondern auch um Erfahrungen, Kenntnisse, Potenziale. Wir suchen nach Analogien, also nach Fähigkeiten, die auch in einem völlig anderen Berufsumfeld produktiv sind. Da entdecken wir zum Teil Jobs, die selbst für den Klienten überraschend sind, in Tätigkeitsfeldern, von denen er oft nicht wusste, dass es sie gibt, und schon gar nicht, dass sie für ihn interessant sein könnten. Wir sagen den Klienten, in welchen Gebieten mit verwandter Qualifikation Arbeitskräfte gesucht werden. Das kann zu der Entscheidung führen, über Fortbildungen den Beruf zu wechseln. Ich schätze, dass sich etwa ein Drittel der Klienten zu einschneidenden Veränderungen entschließen und den Beruf wechseln, sich selbstständig machen oder umziehen."

So wird, mit etwas Glück, die Krise zur Neuorientierung genutzt und nicht als brutal erzwungene Spielregel des Arbeitsmarktes, sondern als eigene Entscheidung erlebt. Und am Ende hat man nicht nur eine neue, interessantere Arbeit, sondern auch jemanden kennen gelernt, auf den man sich fortan in jeder Lebenslage verlassen kann: sich selbst. --
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Alt 01-01-2007, 20:13   #7
R.Raynolds
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Beiträge: 14
Das nächste mal bitte als Zitat kentlich machen und die Quelle angeben, oder schreibst du für Brand eins online??
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Alt 01-01-2007, 22:02   #8
Auf Wunsch gelöscht
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Beiträge: 3.214
Da hast du ganz sicher recht
Finde es klasse das du dir die Mühe machst, die Beiträge darauf zu prüfen.

Ich hoffe du hast aber auch den Text dazu gelesen oder bist du auch eifriger Brandeins Leser?
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Auf Wunsch gelöscht ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02-01-2007, 15:46   #9
R.Raynolds
TBB Stammgast
 
Registriert seit: Dec 2006
Beiträge: 14
Eifrig nicht, aber diesen Beitrag habe ich schon auf deren Seite gelessen, und daher habe ich ihm erkannt.
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