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Alt 04-09-2003, 10:34   #1
Vogtlandsiggi
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Börsen-Kindergarten

Börsen-Kindergarten



So sehr ich mich auch bemühe: Als Börsianer und Vater eines kleinen Kindes kann ich die Parallelitäten zwischen der Börsenwelt und der Kinderwelt einfach nicht länger verdrängen. Es ist wirklich erstaunlich, wie identisch hier gedacht wird.

Meine Tochter zieht beispielsweise am liebsten die Strümpfe mit den Kirschen darauf an. Dann erzählt sie immer, dass sie die Kirschen von den Strümpfen essen wird. Das ist natürlich unmöglich, wie lächerlich, kleine Kinder sind eben vielfach noch sehr naiv. Kirschen von den Strümpfen essen - pah! Doch nichts anderes glauben auch die Aktionäre. Sie glauben, dass Aktien einen inneren Wert haben, nach dem sich das Kursniveau ausrichtet, und dass sie diesen inneren Wert selbst auch einmal selbst aufessen können.

Der Trugschluss des Aktionärs könnte jedoch nicht größer sein und erweist sich als völlig identisch mit dem des kleinen Mädchens. Denn wenn eine Aktiengesellschaft nicht liquidiert und der Liquidationserlös an die Aktionäre ausgeschüttet wird, kommt der Aktionär niemals, ich wiederhole: niemals! an den inneren Wert der Aktie heran. Denn alles, was er machen kann, ist, seine Aktie an jemand anders weiter zu verkaufen, der jedoch ebenso wenig die Kuh selbst schlachten und in Form von Schnitzeln verspeisen kann. Aktienkurse richten sich daher niemals nach den Fakten oder der Realität, also dem, was der Fall ist, sondern zu hundert Prozent nach dem, was die Leute glauben, dass es der Fall ist. Und wie die Geschichte zeigt, haben diese beiden Größen in der Regel eigentlich nichts miteinander gemein.

Ebenso schön ist es, wenn meine Tochter auf ihre Kinderfrau wartet. Sehnsüchtig harrt sie dann, dass die Petra endlich klingelt. Und wenn die Ungeduld zu groß wird, dann sagt sie oft: "Pappa, geh doch mal klingeln, damit die Petra bald kommt." Dies entspricht haargenau der Konstruktionsweise des ZEW-Indikators sowie vieler sogenannter "Leading-Indicators": Man fragt die Leute, ob sie lieber den grünen oder den roten Klingelknopf drücken wollen. Entscheidet sich die Mehrheit für den grünen Klingelknopf, dann steigen daraufhin die Aktienkurse, weil grünes Licht ja freie Fahrt für die Aktien bedeutet.

Irgendwann ist dann jedoch auch der längste Kindertag zu Ende. Dann heißt es, ins Bett zu gehen, die Augen zuzumachen und von den Schäfchen zu träumen, wie sie von einer Wolke zur anderen springen. Auch hier kann ich wirklich keinen einzigen Unterschied zur Börsenwelt erblicken.

berndniquet@t-online.de



Autor: Bernd Niquet, 14:13 03.09.03
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