Kaufrausch - auch am Aktienmarkt?
Von Volker Tietz
„Kaufrausch“, titeln die Gazetten. Das Klima für Anschaffungen ist auf einen Rekordwert von 62,3 Punkten gestiegen. Das meldet das Marktforschungsinstitut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).
Hört sich prima an, oder? Auch der DAX hat heute die Barriere von 6000 Zählern (zumindest kurzfristig) überwunden. Der September hat seinem Ruf keine Ehre gemacht. Die Furcht war groß gewesen vor dem in der Historie schwächsten Monat des Jahres. Doch wenn es am Nachmittag kein böses Erwachen gibt, dann geht er mit grünen Vorzeichen zu Ende. Am 31. August 2006 notierte der DAX bei 5860 Stellen.
Doch zurück zur guten Stimmung, die auch beim Ifo-Geschäftsklima-Index zu sehen war. Die anstehende Erhöhung der Umsatzsteuer sorgt dafür, dass Käufe vorgezogen werden. Ist auch nachvollziehbar, denn ein Auto von 30.000 Euro wird ab Januar um 900 Euro teurer – Finanzminister Peer Steinbrück freut sich schon darauf. Ich würde mich andererseits freuen, wenn der Staat nicht so viel Geld verschwenden würde. 30 Milliarden Euro seien in diesem Jahr sinnlos ausgegeben worden, rechnet der Bund der Steuerzahler vor. Und jährlich grüßt das Murmeltier, denke ich mir und stumpfe ab. Die Politiker mögen ebenfalls der Meinung sein, dass sich die Gemüter auch wieder beruhigen. Aber es ist auch sinnvoll, die Ausgaben kritisch zu hinterfragen, denn durch gezieltes Einsetzen der Steuergelder lassen sich weitere Erhöhungen zumindest abmildern.
Doch ich schweife schon wieder ab. Die Arbeitslosigkeit nimmt ab, die Stimmung unter den Verbrauchern steigt, der Ölpreis sinkt und hilft der Kaufkraft der Konsumenten. Doch es gibt auch Probleme, die nicht verschwiegen werden sollten. Am Donnerstag trifft sich die Europäische Zentralbank, um über die Leitzinsen zu beraten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es einen weiteren Zinsschritt auf 3,25 Prozent geben wird. Ifo-Experte Klaus Asberger empfahl der EZB, nach einer weiteren Anhebung erst einmal abzuwarten. Durchaus sinnvoll, denn die Inflation ist derzeit kein Problem mehr, und beim Ifo-Index ist die wichtigere Erwartungskomponente nicht so stark ausgefallen wie die Einschätzung der aktuellen Lage. Kein Wunder, wenn 2007 die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte angehoben wird.
Kaufrausch - auch am Aktienmarkt? Seite 2/3
Bei den Unternehmen zeigt sich eine Übernahmewelle: E.ON will Endesa kaufen, MAN Scania und VW streben ein Nutzfahrzeug-Dreierbündnis an. Schwarz Pharma wird an die belgische UCB veräußert, nachdem sich zuvor schon Merck und Serono einig wurden. Beim Finanzdienstleister MLP halten sich ebenfalls Spekulationen, dass Großbanken an einem Kauf Interesse hätten.
Nicht ganz so rosig sieht es dagegen bei den Neuemissionen aus. BDI Biodiesel rutschte schnell auf seinem Ölfilm aus – der Debütant notiert trotz des starken Gesamtmarktes unterhalb der Erstnotiz. Und da die Pipeline für weitere Börsengänge im vierten Quartal prall gefüllt ist, darf man gespannt sein, wie aufnahmebereit der Markt ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Preisvorstellungen nicht so durchgesetzt werden können wie es die Verkäufer gerne hätten. Das eine oder andere Schnäppchen sollte für Anleger möglich sein.
Mein Fazit bleibt gleich: Die Voraussetzungen für mittelfristig steigende Kurse sind weiterhin gegeben, wenngleich ein Rücksetzer nach wie vor einkalkuliert werden sollte. Eine wichtige Rolle kommt auch dem Dow Jones zu: Sollte er sein Allzeithoch vom 14. Januar 2000 bei 11.750 Punkten nachhaltig überschreiten, dürfte sich das auch für den DAX positiv auswirken. Eine interessante Beobachtung hat dabei unser Charttechniker gemacht: Wenn der DAX im September nicht fällt, ist bis in die ersten Oktobertage hinein mit einer freundlichen Börse zu rechnen. Zwischen dem 4. und 10. Oktober läuft die Rally meist aus und mündet in einer Korrektur, die in den letzten Oktobertagen endet. So lief es 2004 und 2005 ab. Sollte sich die Geschichte wiederholen, dann hat der Blue-Chip-Index noch Luft bis 6050 Zähler und landet Ende Oktober bei etwa 5750 Zählern. Ich bin gespannt – achten Sie auf die Reaktion der Börsianer nach der EZB-Zinsentscheidung am 5. Oktober.
Seite 3: Ausblick auf die Woche.
Ein kurzer Ausblick auf die bedeutendsten Termine der Woche:
Unternehmen:
Dienstag, 3. Oktober: Tesco QZ
Mittwoch, 4. Oktober: Erstnotiz GWB Immobilien AG im Prime Standard
Donnerstag, 5. Oktober: Air Berlin Verkehrszahlen September
Konjunktur:
Montag, 2. Oktober (16.00 Uhr): USA: Bauausgaben August
Montag, 2. Oktober (16.00 Uhr): USA: ISM-Index Verarbeitendes Gewerbe September
Mittwoch, 4. Oktober (16.00 Uhr): (16.00 Uhr): USA: ISM-Index Nicht-Verarbeitendes Gewerbe September
Mittwoch, 4. Oktober (16.00 Uhr): USA: Auftragseingang Industrie August
Mittwoch, 4. Oktober (16.30 Uhr): USA: Rohöl- und Benzinlagerbestände
Donnerstag, 5. Oktober (13.45 Uhr): EZB-Sitzung
Donnerstag, 5. Oktober (14.30 Uhr): USA: Wöchentliche Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung
Freitag, 6. Oktober (14.30 Uhr): USA: Arbeitsmarktdaten September
Sonstiges:
Montag, 2. Oktober: Börse in Hongkong geschlossen (Tag nach „Nationalfeiertag“)
Dienstag, 3. Oktober: „Tag der Deutschen Einheit“ (Börse geöffnet)
Freitag, 6. Oktober: Verkürzte Sitzung am US-Anleihemarkt bis 20 Uhr
Noch ein Hinweis in eigener Sache: Die nächste Kolumne erscheint urlaubsbedingt erst am 13. Oktober. Ich wünsche Ihnen daher gleich zwei erfolgreiche Wochen!
Volker.Tietz
@boerse-online.de
