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Alt 20-11-2002, 10:47   #1
White1
TBB Stammgast
 
Registriert seit: Dec 2000
Beiträge: 27
Thumbs up US - Wirtschaft mal anders betrachtet.

Hallo !!!

Ich habe hier einen interessanten Artikel von Investor's Daily
zur allgemeinen Lage und möchte diesen mal zur Diskussion stellen

Gruß White1


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Der dritte Akt
von unserem Korrespondenten Bill Bonner - Investor's Daily
vom 19.11.2002

Diesen Artikel habe ich vor einem Jahr geschrieben. Er ist ein Klassiker, den ich Ihnen nicht vorenthalten will:

"Volkswirte sagen, dass Amerika wahrscheinlicht nicht in eine Deflation wie Japan fallen wird", so ein Artikel im Wall Street Journal, "weil die USA sehr viel schneller auf die sich verschlechternde Wirtschaftslage reagiert haben als Japan."
Oh?
Verehrte Zuschauer, wir sitzen auf den Ecken unserer Stühle und warten darauf, was als nächstes passieren wird.
Die amerikanische Wirtschaft scheint einem Skript zu folgen, das in japanisch geschrieben worden ist. Abgesehen von gelegentlicher Improvisation und gewissen durch die Kultur bedingten Unterschieden ist der Dialog des Theaterstücks "Amerika 1995-2001" ziemlich ähnlich wie der des Stückes "Japan 1985-1991".
Die Handlung war die gleiche - heißgelaufene neue Ära trifft auf die kalte Realität des Marktes.
Es ging in beiden Fällen um Liebe - Investoren "verliebten" sich in Aktien, und vernachlässigten darüber Vernunft und Würde, und machten sich zu Idioten. Die ersten Akte waren in beiden Theaterstücken identisch.
Aber jetzt hat sich der Vorhang zum dritten Akt geöffnet ... und das amerikanische Publikum erwartet eine Wende. Die USA werden - anders als die dummen Japaner - doch wohl durch ihren Helden, Alan Greenspan, gerettet werden - so ihre Erwartung.
Greenspan schwingt das Zinssenkungs-Schwert - und er hat die Leitzinsen in 10 Monaten um 450 Basispunkte gesenkt. Die japanische Zentralbank hat dafür 4 Jahre gebraucht.
Bullishe Volkswirte denken, dass die Geschwindigkeit entscheidend ist. Ich bin mir da nicht so sicher. Und ich sehe eine Volkswirtschaft, die unter zuviel - und nicht zuwenig - Kredit leidet. Deshalb bezweifle ich, dass immer mehr Kredit die Lage nachhaltig verbessern wird. Aber alles kann passieren - natürlich. Aber bis jetzt hat die japanische Analogie ganz gut funktioniert.
Die meisten Analysten verwerfen laut Dr. Kurt Richebächer die Idee, dass die USA den Weg von Japan gehen könnten. Aber das sind die gleichen Volkswirte, die keine Rezession kommen sahen ... und die dann, als sie da war, prognostizierten, dass die US-Wirtschaft durch die erfolgten Zinssenkungen ab dem zweiten Quartal wieder anziehen würde.
Jeden Monat müssen sie ihre Prognosen korrigieren, weil der Aufschwung immer noch nicht da ist.
Jetzt, wo die kurzfristigen Zinsen 2 % erreicht haben, und die Aktien für ein paar Wochen gestiegen sind, und die Erstanträge für Arbeitslosenhilfe seit 3 Wochen fallen, genauso wie die Anleihen ... glauben diese Analysten, dass wir das Schlimmste hinter uns haben.
Aber: "Im April 1992 sah es auch so aus, als ob der Nikkei einen Boden bilden würde, und die Analysten rechneten mit einem Wirtschaftswachstum für das kommende Jahr von 2 bis 3 %. Am Ende waren es 0,4 %", so das Wall Street Journal.
Die meisten Analysten haben keine Ahnung, wann der Markt wieder steigen wird - weil sie noch nicht einmal verstanden haben, warum er gefallen ist. Sie glauben, dass niedrigere Zinsen die ökonomische Aktivität wieder auf die alten Niveaus heben kann. Aber die realen Zinsen sind bereits nahe Null.
Und in Japan sind die realen Zinsen seit mehr als 5 Jahren effektiv bei Null. Wirkt ineffektive Medizin besser, wenn man sie schneller einnimmt?
Es gibt drei mögliche Effekte, die durch Zinssenkungen verursacht werden können:
Sie können gut für die Volkswirtschaft sein. Sie können der Wirtschaft schaden. Sie können sich gar nicht auswirken.
In Japan scheinen die niedrigen Zinsen genau soviel Schlechtes wie Gutes bewirkt zu haben. Die Banken nutzen laut dem Wall Street Journal den billigen Kredit, um kranke Firmen am Leben zu erhalten.
Deshalb sind die Pleiten auch 12 Jahre nach dem Börsencrash immer noch auf Rekordniveau. Diese kranken Firmen hätten schon vor langer Zeit Pleite gehen sollen. Die billigen Kredite haben nicht ihre strukturellen Probleme beseitigt ... sie haben nur die Periode des Leidens verlängert.
Die Analysten ignorieren die derzeitigen Erfahrungen und wenden sich der Theorie zu. Seit den zwanziger oder dreißiger Jahren ist es allgemein anerkannt, dass niedrigere Zinsen und Steuersenkungen die Wirtschaft ankurbeln, weil sie den potenziellen Konsumenten mehr Geld in die Hand geben, das ausgegeben werden kann.
Aber Konsumieren macht die Leute nicht wirklich reicher. Konsum ist das Ergebnis von Reichtum - nicht die Grundlage davon. Wirklicher Reichtum kommt nicht von Konsum, sondern von Sparsamkeit. Kapital, das nicht in den Konsum geht, bestimmt, wie schnell eine Gesellschaft reich wird.
Ersparnisse können investiert werden und den Investoren Gewinne einbringen. Diese Gewinne sind der Schlüssel zu allem. Sie zeigen uns, dass das Sparen etwas gebracht hat, die Investitionen zahlen sich aus, sie machen die Leute reicher. Sie ermutigen Geschäfte dazu, mehr Leute einzustellen - und zu investieren.
Die alte Schule der Volkswirtschaft wusste das laut Dr. Richebächer. Aber die neuen Analysten scheinen das vergessen zu haben. Hier die Kommentare von Dr. Richebächer:
"Seit Adam Smith sein Standardwerk vor mehr als 200 Jahren veröffentlicht hat, war es eine nicht angezweifelte Doktrin, dass es nur einen Weg zu wirklichem Reichtum geben kann: Sparen und die Akkumulation von Zins bzw. Einkommen bringenden Anlagen."
"Steigende Investitionen führen dazu, dass auch alles andere, was Wachstum und Reichtum kreiert, steigt: Kapazitäten, Produktion, Produktivität, Output und Konsumenteneinkommen ..."
"Nur im Alphabet geht Konsum vor Produktion. Aber statt steigender Sparquoten sind die Sparquoten in den USA vom Top in den 1950er Jahren - rund 20 % - auf fast Null heute gefallen. Statt Ressourcen zu sparen, verbraucht die US-Wirtschaft Ressourcen."
"Kapital ist verbraucht und falsch genutzt worden", so Sean Corrigan von Capital Insight. "Es wird wohl jeder zustimmen, dass das Stoppen des Ersten und die Korrektur des Zweiten für uns alle besser sei."
"Was geschieht stattdessen? Die Zinsen werden gesenkt, und die Dummen freuen sich. Es wird laufend wiederholt, dass die Wirtschaftslage vom Konsumenten abhängt."
"Jeder Dollar neue Schulden für die Konsumenten führt uns alle einen Dollar weiter von der Erholung weg, und den Schuldner einen Dollar näher zur Pleite, und die Bank einen Dollar näher zu einem faulen Kredit."
Wird es die Situation retten, wenn noch mehr Dollar den Konsumenten noch schneller und noch billiger auf Kreditbasis angeboten werden?
Wir werden es sehen, wenn der dritte Akt weitergeht ...

*** Diesen Artikel habe ich vor einem Jahr geschrieben. Es ist erschreckend, wie aktuell er ist. Nun, wir warten immer noch darauf, wie der dritte Akt aussehen wird ...
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