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Alt 22-12-2003, 10:07   #1
OMI
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Lightbulb EaS - die Turnaround-Kandidaten 2004

22.12.2003 09:55


TURNAROUND-KANDIDATEN - Mit neuer Kraft ins neue Jahr (EurAmS)

Hopp oder top – was anderes ist bei Turnaround-Storys nicht drin. Wer sich auf solch eine heiße Wette einlässt, muss aber nicht volles Risiko gehen. Wie die richtige Strategie ist, welche Aktien 2004 kräftig durchstarten dürften

von Tobias Meister

Euro am Sonntag 51/03

Turnaround-Werte sind potenzielle Todeskandidaten – etwa Chrysler", sagte Fonds-Guru Peter Lynch. Dieser Satz stammt aus den 80er-Jahren, aus der Zeit, bevor die Manager-Legende Lee Iacocca den damals komplett überschuldeten Autokonzern wieder auf Kurs brachte. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Bis zur Fusion mit Daimler-Benz legte die Chrysler-Aktie um einige tausend Prozent zu.

Unternehmen, die kurz vor dem Aus stehen und dann doch noch die Wende schaffen, gehören zu den spannendsten Wetten am Aktienmarkt. Das Risiko dabei ist sicherlich hoch. Doch geht die Spekulation auf, winken fulminante Kursgewinne. Gerade am Ende einer Rezession sind Turnaround-Storys nicht selten. Kommt die Konjunkutur im nächsten Jahr in Fahrt, dürften einige Aktien, die derzeit in Vergessenheit geraten sind, für viel Freude bei den Anlegern sorgen. Bei denen, die sie rechtzeitig gekauft haben jedenfalls.

Dabei gibt es Spielregeln zu beachten. Investoren sollten nicht blind auf Werte springen, die gerade gezockt werden. "Wenn das Unternehmen total überschuldet ist, macht ein Einstieg keinen Sinn. Zudem muss ein Produkt vorhanden sein, mit dem sich künftig Wachstum realisieren lässt,” sagt Nebenwerte-Spezialist Karl Fickel, Fondsmanager von Lupus alpha.

Den Turnaround selbst unterteilt der Experte in zwei Phasen: in die mentale und die faktische. Beispiel Mobilcom (siehe Chart Seite 13). Der erste Kursschub ist meist durch mentale Dinge bedingt. Investoren folgen dabei ihrem Gefühl und bauen Anfangspositionen auf. Auslöser dafür kann ein Management-Wechsel sein. "Der neue Vorstand räumt meist kräftig auf. Heilige Kühe gibt es dann im Unternehmen nicht mehr. Kürzungen, Kosteneinsparungen und ein Strategiewechsel werden angekündigt", erklärt Fickel. Allein dieser Schritt sorgt bei Investoren oft für längst verloren gegangenes Vertrauen. Das Unternehmen bekommt eine zweite Chanche.

Es muss aber nicht immer gleich ein Management-Wechsel sein, der für die Wende sorgt. Bei United Internet konnte beispielsweise Vorstands-Chef Ralph Dommermuth die Anleger mit einem Strategiewechsel überzeugen. Der Turnaround selbst, sprich die Rückkehr in die schwarzen Zahlen, ist zu diesem Zeitpunkt noch längst nicht vollzogen. Jetzt muss das Management beweisen, dass Ankündigungen über Schuldenabbau, Steigerung der Kundenzahl oder Markteinführung neuer Produkte auch in die Tat umgesetzt werden. Erst wenn das Zahlenwerk wieder stimmt, ist der Turnaround auch faktisch vollzogen.

Zu diesem Zeitpunkt hat das Papier oft schon kräftig zugelegt. "Meist ist es aber noch früh genug um einzusteigen. Die ersten 100 bis 200 Prozent sind immer für die Zocker", so Fickel. Gute Storys laufen weiter.

Turnarounds gibt es überall. Dabei zählt allein die Unternehmens-Story – und nicht, ob die Indizes ein paar Prozent gewinnen oder verlieren: "Erfolgreiche Turnaround-Spekulationen laufen immer – egal, in welcher Verfassung die Börse ist", erklärt Roland Könen, Analyst beim Bankhaus Lampe.

Ein Beispiel für einen gelungenen Turnaround ist Vivendi Universal. Der ehemalige französische Versorger galt wegen des Größenwahns seines Ex-Chefs Jean-Marie Messier zwischenzeitlich als Pleitekandidat. Messier wollte aus Vivendi einen Medien- und Telekommunikationskonzern machen. Doch als die Konjunktur kippte und der Schuldenberg auf 70 Milliarden Euro gewachsen war, geriet der Konzern ins Wanken. Die Aktie, die in der Spitze über 120 Euro kostete, fiel bis auf zehn Euro. Seit Visionär Messier seinen Hut nehmen musste und sein mit deutlich mehr Bodenhaftung ausgestatteter Nachfolger Jean-René Fourtou übernahm, hat sich der Kurs verdoppelt. Dafür musste zwar die Filmsparte Universal ("Hulk") verkauft werden. Aber nachdem Fourtou im dritten Quartal mit 131 Millionen Euro Gewinn überraschte (Vorjahr 1,2 Milliarden Verlust), steckt jetzt auch Übernahme-Phantasie in dem Wert. Vodafone-Chef Arun Sarin hat bekundet, er könne sich eine Übernahme vorstellen.

Ein Comeback könnte 2004 auch ABB feiern. Der Schweizer Technologiekonzern hatte 1989 das US-Unternehmen Combustion Engineering gekauft, das lange vor der Übernahme Asbest verbaut hatte. Mit Folgen: Jahre später traten Krankheitsfälle auf – und ABB sah sich plötzlich Milliardenklagen ausgesetzt. Noch vor einem Jahr stand das Unternehmen vor dem Aus.

Wie bei Vivendi brachte auch bei ABB ein neuer Mann die Wende: Der erfahrene Sanierer Jürgen Dormann überzeugte die Banken von seiner Strategie und sammelte bei Kreditinstituten und Anlegern 3,9 Milliarden Euro frisches Geld ein. Da ABB die Verschuldung in den Griff bekommen hat, ist die Aktie für die Deutsche Bank einer der Top-Picks im Anlagenbau. Der Kurs legte 2003 eine fulminanten Aufholjagd von 1,70 auf 5,50 Euro hin, kam in den vergangenen Wochen jedoch wieder auf knapp vier Euro zurück. Das Kreditinstitut empfiehlt die Aktie auf dem ermäßigten Niveau zum Kauf.

Bei Blue Chips ziehen sich Turnarounds über viele Monate hin. Wenn nicht sogar über Jahre. Kleinere und flexiblere Unternehmen schaffen die Wende dagegen oft in wenigen Monaten. Der Software-Hersteller IBS etwa. Das Unternehmen aus Rheinland-Pfalz hatte die Mittel aus dem Börsengang in Zukäufe gesteckt. Schnell erwiesen sich die Neuerwerbungen als Verlustbringer. Als das Geld verbraucht war, kam es zu ersten Pleitegerüchten. Die Aktie schmierte von über 30 auf einen Euro ab.

Zwar ist das Papier schon wieder auf rund drei Euro gestiegen, dennoch ist es noch lange nicht ausgereizt. Nachdem in den ersten drei Quartalen des Vorjahrs noch ein Vorsteuerverlust von 11,5 Millionen angefallen war, gab es in den ersten neun Monaten 2003 wieder einen Gewinn von 300000 Euro. Wie Vorstands-Chef Klaus-Jürgen Schröder gegenüber EURO erklärte, soll der Gewinn bis 2005 auf drei Millionen Euro steigen. Damit hätte IBS ein 2005er-KGV von gerade mal 6.

Kurz vor dem Aus stand auch der Schweizer IT-Dienstleister Mount10. Erst als das Geschäftsmodell geändert wurde und Altgesellschafter Geld nachschossen, waren die Banken bereit, auf einen Großteil der Forderungen von 2,1 Millionen Euro zu verzichten. Die Eigenkapitalquote stieg dadurch von 18 auf 43 Prozent. Mittlerweile arbeitet auch Mount10 wieder profitabel. Das Unternehmen, das beim Börsengang atombombenfeste Rechenzentren in den Alpen anbot, konzentriert sich nun ganz auf das profanere, aber profitablere Software-Geschäft. Schon 2004 wollen die Schweizer mindestens eine Million nach Steuern verdienen, was einem KGV von 12 entsprechen würde.

Ganz übel sah es auch bei Elexis, einem Spezialisten für Prozess-Automatisierung, aus. Die Sauerländer hatten elf Quartale lang tiefrote Zahlen geschrieben. In den ersten drei Monaten des Geschäftsjahrs durften sich die Aktionäre erstmals wieder über einen Gewinn freuen. Nach den Verlusten von 22,1 im Jahr 2001 und 14,2 Millionen Euro 2002, soll 2003 wieder Gewinn eingefahren werden. Doch Vorsicht. Bei Schulden von 33 Millionen Euro darf es operativ keinen Rückfall in alte Gewohnheiten geben.

Pleite gehen wird wohl auch Ceag, ein Hersteller von Handy-Ladegeräten, nicht. Dafür wird schon die Beteiligungsgesellschaft der BMW-Großaktionärsfamilie Quandt sorgen, die über 76 Prozent der Anteile hält. Zwar ist das für Anleger nur eine mentale Unterstützung, doch auch die Fakten stimmen: Die Münsterländer haben inzwischen fast ihre gesamte Produktion nach Asien verlegt. Die Kosteneinsparungen dadurch sollten dafür sorgen, dass ab dem Jahr 2004 wieder stabile Gewinne erzielt werden. Angeblich wird der Gewinn im kommenden Jahr schon wieder auf über acht Millionen Euro steigen, nachdem 2002 der Verlust noch 25 Millionen Euro betragen hat. Tritt dies ein, dürfte sich der Aktienkurs schnell nach oben bewegen.

Doch Vorsicht: Anleger sollten nie alles auf eine Karte setzen. Risikostreuung ist angesagt. Wer sich ein Turnaround-Depot aus fünf Werten zusammenstellt, hat schon gewonnnen, wenn nur zwei den Durchbruch schaffen – Peter Lynch zum Trotz.


Quelle: FINANZEN.NET
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OMI
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