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Alt 05-11-2004, 10:54   #16
OMI
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[ Donnerstag, 04.11.2004, 15:00 ]
Ein neuer alter Anfang

Von Bernd Niquet


An der Uni hatte ich einmal einen Kollegen, mit dem wir oft zu Popkonzerten gegangen sind. Wenn wir dann hinterher gefragt haben, wie es ihm denn gefallen hat, hat er stets geantwortet: „Wie erwartet.“ Ein armer Kerl also, keinerlei Emotionen, keinerlei Begeisterung, niemals eine Enttäuschung – ausschließlich vom Verstand geleitet.

Daran musste ich denken als ich den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl gesehen habe. Denn für mich war das eine völlig emotionslose Geschichte. Und sie ist ausgegangen: „Wie erwartet.“ Keine Hängepartie, Bush hat gesiegt und die Börsen gehen sofort zur Tagesordnung über.

Als Amerikaner hätte ich bestimmt Kerry gewählt. Doch als Europäer bin ich sehr froh über diese Wahl, dass die USA weiter eine harte Linie fahren. Und wir uns wieder gemütlich vor den Ofen packen, Kritik vor uns hinbrabbeln können – und trotzdem wissen, dass da jemand ist, der für uns die Kartoffeln nicht verbrennen lässt. Freerider nennt man so etwas jenseits des Atlantiks. Und ich finde es herrlich.

Jetzt müssen nur noch die Börsen ein Stück weit nach oben gehen – und wir leben wieder in der besten aller Welten. Wie lange das allerdings gut gehen wird, weiß ich nicht. Über den Jahreswechsel sollte man, so denke ich, gut investiert sein. Im Frühjahr könnte es dann allerdings problematisch werden, wenn sich die Zuwachsraten des Wirtschaftswachstums weiter abschwächen. Doch so weit ist es ja lange noch nicht. Genießen wir erst einmal die Weihnachtszeit!


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


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Alt 08-11-2004, 10:06   #17
621Paul
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Die verzweifelte Suche nach Inhalten

Montag 08.11.2004

Von Dr. Bernd Niquet

Ich bin kein Christ - und schon gar kein "wiedergeborener
Christ" wie George W. Bush. Ich weiss nicht einmal genau, was
das ist. Meine Beobachtung ist es, dass es das Schwerste fuer
den Menschen ist, den Tod zu akzeptieren und zu begreifen,
dass unser Leben keinen hoeheren Sinn hat, sondern dass wir
uns den Sinn immer nur selbst geben koennen.

Ich denke, dass das einer der entscheidenden Gruende fuer die
Wiederwahl von George W. Bush war. Die Leute wollen ein Ge-
gengewicht zum "sinnlosen" Kapitalismus haben. Die Religion
findet wieder verstaerkt Zulauf - und auch das Bekaempfen von
Terroristen macht ja einen "Sinn". Jedenfalls mehr als ueber
die Staatsverschuldung und das Gesundheitssystem zu streiten
und zu wissen, dass sich letztlich dabei ja sowieso nichts
aendert.

Die Welt ist so gross und so sinnlos, dass es den meisten
Menschen nicht leicht faellt, sich in ihr zu orientieren. Die
Totalitaet unseres Seins kann einen ziemlich leicht erschla-
gen. Es ist daher viel einfacher, die Komplexitaet auf das
simpelste Mass zu reduzieren. An der Boerse beispielsweise
erleben wir das in Reinform. Waehrend in der Wissenschaft nur
derjenige wirklich mitdiskutieren kann, der die ganze Theorie
gelernt und verstanden hat, kann an der Boerse jeder voellig
frei seinen eigenen Sinn (er)finden.

Ich bin dabei immer an Skinners Taubenexperiment erinnert,
bei dem in eine Anzahl von Kaefigen jeweils eine Taube einge-
sperrt ist - und in jeden Kaefig voellig zufaellig Futter
hinein faellt. Die Tauben denken - wie wir Menschen - dass
hier eine Ursache dahinter steht und dass ihr Verhalten zum
Zeitpunkt des Hereinfallens des Futters (beispielsweise den
Fluegel zu schlagen oder auf einem Bein zu huepfen) ursaech-
lich dafuer ist. Und es folglich sinnvoll ist, dieses Verhal-
ten zu wiederholen. Und so sieht man dann lauter verrueckt
herumhuepfende und fluegelschlagende Tauben. Ganz genauso wie
an der Boerse - und auch im normalen Leben sonst.

Das beginnt bereits im Kindergarten. "Wie lange ist denn der
Drache tot, den der Prinz erstochen hat?" fragt mich meine
Tochter immer nach dem Anschauen des Dornroeschen-Films. Ich
versuche ihr stets zu erklaeren, dass der Drachen fuer immer
tot ist, doch dann kommt sie aus dem Kindergarten und sagt:
"Die Vanessa hat gesagt, dass man wieder aufwacht, wenn man
tot ist." Vielleicht sind ihre Eltern ja wiedergeborene
Christen wie George W. Bush. Dann ist die Welt natuerlich
viel einfacher als wenn man sie nimmt, wie sie wirklich ist.

Und wenn ich dann manchmal einige vermeintlich kritische
Boersenzeitschriften und Boersenbriefe anschaue, dann muss
ich immer an den Mann denken, der vor einiger Zeit in grossen
Anzeigen und Vortragskampagnen behauptet hat, dass die ganze
Schulmedizin vollkommener Unsinn ist - und man durch die ein-
fache Einnahme von Vitamin C Herzinfarkte und anderes viel
besser bekaempfen kann. Ein ausgebildeter Mediziner wird hier
nicht einmal hingehoert haben. Und genauso geht es den ausge-
bildeten Oekonomen, wenn sie das ganze Zeug lesen, welches
die vermeintlich so kritische Boersenpresse stets von sich
gibt. Dass George W. Bush die Welt ruinieren wird, dass Alan
Greenspan keine Ahnung hat ... Vielleicht koennen wir die
Weltwirtschaft ja auch mit Vitamin C heilen. Das waere doch
eine schoene und einfache Loesung.

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.
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Alt 10-11-2004, 14:42   #18
621Paul
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Dem Wahnsinn nahe

Beim Nachdenken über die Börse ist man oft dem Wahnsinn nahe.

Was wird nun mit der Börse? Weiter hoch, wie alle es erwaten? Bereits in meiner letzten Kolumne habe ich aufgezeigt, wie paradox die Börse zu jedem Zeitpunkt ist und sein muss. Wenn alles klar ist, ist nichts mehr klar. Untersucht man das einmal logisch-theoretisch, dann merkt man, dass jede Aussage, die innerhalb eines Systems über das System als Ganzes gemacht wird, paradox werden kann.

Das bekannteste Beispiel für diesen Sachverhalt ist der bekannte Ausspruch von Epimenides dem Kreter, der sagt: „Alle Kreter lügen.“ Denn wenn dieser Satz richtig ist, dann ist er falsch (weil er ja gelogen wäre). Und wenn er falsch ist, dann ist er richtig (weil ja alle Kreter lügen). Man befindet sich hier also in einer Situation, die paradox und unentscheidbar ist. Sprich: Man kommt nicht weiter, befindet sich in einem Kreisprozess und unentrinnbaren Zirkel.

Ganz allgemein treten immer dann Probleme auf, wenn innerhalb von etwas Gedachtem ein eigenständiges Denken auftaucht. Deswegen lässt sich auch das Denken selbst in unserem wissenschaftlichen Weltbild nicht thematisieren. Das, was wir von der Wirtschaft und der Börse wissen, ist eine von uns vorgestellte Struktur, in der aus logischen Gründen nichts und niemand Platz hat, der sich selbst Vorstellungen machen kann.

Aus diesem Grunde können wir in der Wirtschaft und an der Börse keine Vorhersagen machen. Und aus diesem Grunde ist unser wirtschaftliches Weltbild statisch und nicht in der Lage, die Dynamik des Geschehens angemessen zu erfassen. Denn schließlich ist es ja das täglich neue Denken und Vorstellungen-Machen von Millionen Menschen, was die Wirtschaft und die Börse nach vorne treibt. Und genau das ist innerhalb unserer gesamten Theorie nicht zu erfassen.

Ich habe über diese Thematik meine Dissertation geschrieben, habe fünf Jahre dafür gebraucht und bin zwischendrin fast wahnsinnig geworden. Gegenwärtig lese ich meine alten Tagebücher aus dieser Zeit und bin dabei auf das Protokoll eines interessanten Selbstexperiments gestoßen: Als ich zwischenzeitlich (im Jahr 1988) wirklich nicht mehr weiter kam, diese Struktur in den Griff zu bekommen, habe ich mir von einem Freund einen Joint drehen lassen, heftig inhaliert und anschließend aufgeschrieben, was sich dabei für Erkenntnisse ergeben haben.

Am Freitag werde ich an dieser Stelle davon berichten. Es sind wirklich Grenzerfahrungen, die die Kreisprozesse unseres Denkens nicht ausblenden, sondern den Zirkelschluss zum Zentrum des Erkennens jeglicher Dynamik machen. Lassen Sie sich überraschen! Schließlich sind Sie selbst an der Börse ja auch stets in Grenzbereichen tätig.

berndniquet@t-online.de



Gruß
621Paul
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Alt 21-11-2004, 12:54   #19
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Taucher ohne Sauerkraut

Von Dr. Bernd Niquet

"Aehhh?" hat meine Tochter neulich voellig verstaendnislos
das kommentiert, was sie irgendwo in einem Film oder auf
einem Foto erspaeht hat: "Da waren Taucher - und die sind
voellig ohne Sauerkraut getaucht! Geht denn das ueberhaupt?"

Der verblueffte Vater muss sich erst einmal sammeln. Ohne
Sauerkraut getaucht? Natuerlich! Als begeisterte Nemo-Seherin
weiss sie natuerlich, dass Taucher mit Sauerstoff-Flaschen
tauchen. Die Taucher sind also ohne Sauerstoff getaucht und
nicht ohne Sauerkraut. Rein formal ist das nur ein marginaler
Fehler, denn hier sind nur fuenf Buchstaben falsch in einer
langen Kette von Saetzen. Die Bedeutung ist dadurch jedoch
voellig veraendert.

So - nun hat der Autor bereits gesagt, was er wirklich sagen
will. Und wie bringt er nun die Kurve zur Boerse hin?

Ganz einfach, er macht es wie immer und sagt: Hier ist es
natuerlich auch nicht anders! Hier wird zwar nicht ohne
Sauerkraut getaucht, dafuer aber im Geld geschwommen. Und die
Verwechslungen, die dabei entstehen, sind in etwa der glei-
chen Groessenordnung zuzuordnen wie den Verwechslungen vier-
jaehriger Kinder. Was natuerlich kein gutes Bild auf den
Zustand unserer Welt wirft. Denn wir haben uns entschieden,
dass das Geld die Welt regieren soll - und trotzdem denken
wir dabei anscheinend stets, mit Sauerkraut tauchen zu
koennen.

Warum steigt der Goldpreis derzeit so stark an? Die neueste
Erklaerung (nachdem alle anderen bereits durchprobiert sind)
lautet: Weil das Geld, das die Notenbank in den USA schoepft,
ja irgendwo hinfliessen muss.

Das Geld fliesst also ins Gold. Ich rege dazu einmal das
folgende Experiment an: Nehmen Sie einmal einen Goldbarren
(ersatzweise auch einen Stein) - und anschliessend versuchen
Sie, Geld hier hinein fliessen zu lassen. Das wird natuerlich
nicht gelingen - und zwar gleich aus zwei Gruenden: Erstens
fliesst das Geld nicht. Und zweitens kann es nicht ins Gold
hineinfliessen, weil dessen Dichte viel zu gross ist, so dass
es dort gar keinen Platz mehr hat.

Die Resultate dieses Experiments machen schlauer als das
Lesen von 1000 Seiten Boersenlektuere. Denn die Resultate
dieses Experiments sind wahr. Geld kann nicht fliessen. Es
kann ebenso wenig fliessen wie die Sonne aufgehen kann. Das
sagt man zwar stets, macht es dadurch aber keineswegs
richtig. Geld kann nicht fliessen, weil es keine Stroe-
mungsgroesse, sondern eine Bestandsgroesse ist. Mehr Geld
fuehrt daher nicht automatisch zu mehr Kaeufen (von Stereo-
anlagen, Radieschen, Aktien oder Gold). Zu mehr Kaeufen
fuehren immer nur Kaufentscheidungen in Verbindung mit vor-
handenem Vermoegen beziehungsweise Kreditmoeglichkeiten.

Deswegen wird auch weniger Geld nicht zu weniger Kaeufen
fuehren. (Schlimm waere es nur, wenn das Einkommen sinken
wuerde, denn Einkommen ist im Vergleich zum Geld eine
Stroemungsgroesse). Wir sollten also keine Angst haben, wenn
die Notenbanken nun zunehmend restriktiver werden. Die Aktien
koennen dann trotzdem weiter steigen. Die Geldmenge ist nicht
so wichtig, wie gemeinhin geglaubt. Sie hat in einer Volks-
wirtschaft etwa den gleichen Stellenwert wie das Sauerkraut
beim Tauchen. (Und das heisst: Viele halten Sie fuer sehr,
sehr wichtig !!!)

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.
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Alt 29-11-2004, 12:36   #20
OMI
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[ Mittwoch, 24.11.2004, 14:55 ]
Die fetten Jahre sind vorbei
Von Bernd Niquet


Morgen startet in unseren Kinos ein bemerkenswerter Film mit obigem Titel, in dem ausgerechnet Immobilienbesitzer angegangen werden, zu reich zu sein. Auf das oberste eine Prozent mag das sicherlich zutreffen, doch der Rest ist sicherlich deutlich in den Miesen. Die fetten Jahre sind auch hier (unwiederbringlich) vorbei. Ich kenne niemanden, der derzeit eine Immobilie mit Gewinn verkaufen könnte.

Die fetten Jahre sind aber auch an der Börse vorbei. Die Fondsgesellschaften setzen derzeit bis zu 25 Prozent ihrer Manager vor die Tür. Kleine Fonds werden sofort geschlossen – und das Ergebnis wird das gleiche sein wie in anderen Bereichen: Konzentration auf einige wenige – Nischenanbieter haben keine Chancen mehr. Die fetten Jahre sind vorbei.

Sie sind es aber auch für die Privatanleger, da diese – völlig verschreckt vom gerade erst vergangenen Crash und den täglich neu auftauchenden Untergangsvisionen – nahezu nicht an der Kursverdoppelung binnen knapp zwei Jahren partizipiert haben.

„Ich kaufe Angst und verkaufe Euphorie“, hat der US-Börsianer Jim Rogers immer gesagt. Er handelt allerdings kaum danach, ist nämlich dauerhaft pessimistisch. Nimmt man diesen Spruch jedoch für voll, dann kann man durchaus noch weiter kaufen. Die fetten Jahre sind zwar vorbei – aus meiner Sicht sogar für Jahrzehnte (und zwar in jeder Hinsicht, an der Börse und in der Wirtschaft) – doch auch ein normales Essen kann ja durchaus schmackhaft und nahrhaft sein.

Fettes führt letztlich ja doch nur zum Herzinfarkt. Mikro- wie makroökonomisch. Wir sollten also nicht zu traurig sein, dass die Völlerei zu Ende ist.


Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.


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Alt 06-12-2004, 12:55   #21
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Die Liquidität ist es nicht
10:26 06.12.04


Jetzt fließt sie wieder weltweit, die große Liquiditätsschwemme. So wird uns jedenfalls gesagt. Und überall bringt sie die Kurse und die Preise zum Steigen. Dabei könnte ich wetten, dass die Kurse jetzt erst noch einmal plumpsen, um den hohen Bestand an überoptimistischen schwachen Hände abzuschütteln – bevor es dann richtig bergauf geht. Aber was soll´s. Ich bin ja Theoretiker und kein Empiriker.



Und als Theoretiker erkenne ich das ganze Gerede um die Liquidität, die weltweit nach Anlage sucht, natürlich als Unsinn. Es gibt kein vagabundierendes Geld, das nach Anlage sucht. Jeder Euro und jeder Dollar, die sich in der Zirkulation befinden, befinden sich dort nur, weil sie zweckgebunden in die Welt gekommen sind. Und der Rest ist ein Nirwana.



Schauen wir uns kurz an, wie Geld in die Welt kommt: Geld kommt durch Hinterlegung von zinstragenden Aktiva bei der Zentralbank in Umlauf. Wer sich auf diese Weise Geld beschafft – und die Geldmenge ausweitet – verzichtet auf einen Zinsanspruch bzw. zahlt einen Zins. Er wird dies nur tun, wenn er weiß, wie er sein Geld verwendet.



Nehmen wir an, er verwendet es, um Aktien zu kaufen. Dann sind dadurch die Kurse gestiegen. Das Geld ist jetzt in den Händen des Verkäufers der Aktien. Die gestiegene Geldmenge ist daher schwerlich als kurstreibender Faktor anzusehen.



Nehmen wir an, er verwendet es, um sich ein Haus zu bauen. Dann besitzt das Geld jetzt der Bauunternehmer. Er kann und wird es natürlich zu Käufen von Gütern und vielleicht auch Aktien verwenden, doch nicht deswegen, weil plötzlich neues Geld da ist, sondern weil er ein Einkommen erzielt hat. Die Unterscheidung von Geld und Einkommen ist jedoch etwas, was 98 Prozent aller Börsianer intellektuell überfordert.



Prinzipiell funktionieren diese Prozesse also völlig identisch, egal ob es sich um Vermögensumschichtungen oder Geldmengenausweitungen passieren. Entscheidend für die Wirtschaft und die Börse ist daher immer, welchen Zinssatz man für Kredite bezahlen muss und wie leicht Kredite verfügbar sind. Die Geldmenge hingegen ist völlig zweitrangig.



Die Vorstellung, dass Geld Anlage sucht, ist naiv und falsch. Es hat sie nämlich bereits gefunden. Das Geld ist selbst die Anlage, die es gesucht hat. Ansonsten würde es wieder zur Zentralbank zurückfließen, um die zinstragenden Aktiva auszulösen. Geld ist Geld und zinstragende Aktiva sind zinstragende Aktiva. Genauso wie Äpfel Äpfel und Birnen Birnen sind. Es ist noch niemals ein einziger Euro in eine Aktie geflossen. Ebenso wenig wie Birnen in Äpfel oder Äpfel in Birnen fließen. Die Vorstellung des Hineinfließens, die Vorstellung, dass Geld sich in ein Anlagegut verwandelt, ist eine alchemistische Vorstellung. Die Alchemisten haben versucht, unedle Metalle in edle zu verwandeln. Sie sind dabei ebenso gescheitert wie die Liquiditätstheoretiker der Gegenwart.


Mit den besten Grüßen
Bernd Niquet

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Alt 29-12-2004, 11:56   #22
OMI
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Die Prognose für 2005
16:39 28.12.04


Der schönste Satz, den ich über das anstehende neue Jahr gelesen habe, stammt aus einem kostenlosen Newsletter eines Börsenverlages im Internet. Hier schreibt der Autor: „Nun sitze ich seit geraumer Zeit über der Jahresprognose zu 2005. Leider muss ich gestehen, ich kann Ihnen zurzeit noch nicht sagen, ob die Börse 2005 steigen oder fallen wird.“

Ich könnte mich bepinkeln vor Lachen, wenn ich das lese. Und da sage jemand, die Börse hätte nichts mit Humor zu tun. Das ist feinstes Kabarett, finde ich: Liebe Leser, leider kann ich ihnen jetzt noch nicht sagen, was im nächsten Jahr ist. Das kann ich erst, wenn das Jahr zu Ende ist. Huäh. Oder: Liebe Leser, leider kann ich ihnen jetzt noch nicht sagen, was im nächsten Jahr ist. Das kann ich erst, wenn ich zu Ende gerechnet habe, die Glaskugel ausgepackt habe, den Kaffeesatz in den Mülleimer gefiltert habe, mir beim Bleigießen nicht die Hände verbrannt habe.

Ich selbst habe leider keine Ahnung, ob die Börse nächstes Jahr steigen oder fallen wird. Das Einzige, was man seriöserweise von sich geben kann, ist eine Einschätzung der Wirtschaft. Hier sehe ich weiteres Wachstum und weiterhin keine Inflation. Doch um die Reaktion der Märkte darauf prognostizieren zu können, müsste man schon allwissend sein. Oder eben sehr anmaßend. Ich denke, dass die Tendenz auf weiter niedrige/sinkende Zinsen gerichtet ist – und dass das insgesamt kein schlechtes Szenario für Aktien ist.

Sehr oft machen die Märkte genau das, was keiner von ihnen erwartet – und treffen mitten in die sogenannten „Prognoselöcher“ hinein. In diesem Jahr ist freilich genau das Gegenteil davon passiert – und die Märkte haben exakt die Konsens-Prognose getroffen. Doch eine Regelmäßigkeit lässt sich daraus keinesfalls ableiten.

Was der Konsens für 2005 erwartet, das weiß ich nicht. Damit ist klar, dass genau das Gegenteil davon eintreten wird. Am Ende des Jahres 2005 werde ich es wissen. Denn genau das ist die richtige Strategie – nicht nur für 2005: Nur aus dem Nichtwissen erwächst Wissen! Wer also wirklich etwas wissen will, der sollte sich mehr um das Nichtwissen kümmern.


In diesem Sinne wünsche ich einen guten Rutsch und ein erfolgreiches Jahr 2005!


Bernd Niquet
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Alt 29-12-2004, 13:22   #23
621Paul
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Es ist vielleicht etwas pietätlos, ich muss es aber doch erzählen. Vor langen Jahren war ich einmal in der Türkei in einem Club Med – und habe dort einen sehr geistreichen Mitarbeiter der Bundesregierung kennen gelernt, die damals noch in Bonn residierte. Er hatte zu fast jeder Sache eine unkonventionelle, lustige und gegen den Strich gebürstete Aussage.

So lag er beispielsweise am Strand und berichtete immer und immer wieder über sein Unverständnis, dass das Wasser nicht endlich ans Land kommen würde, weil das doch physikalisch so geboten sei. „Man kann es doch mit bloßem Auge sehen“, sagte er dann. „Das Wasser ist hinten höher als vorne. Und deswegen muss es früher oder später an den Strand fließen.“

Seit diesen Tagen kann ich nicht mehr ans Meer gehen ohne an diese Hinten-Oben-Theorie zu denken. Sie können sich denken, wie ich die Bilder von der Flutkatastrophe in Asien erlebt habe.

Damit komme ich zur Börse. Für mich ergeben sich folgende allgemeingültige Erkenntnisse:

(1) Auch die falscheste Theorie ist anscheinend irgendwann einmal richtig. Aus völlig unzureichenden Gründen natürlich, doch das von ihr Prognostizierte trifft dann plötzlich ein.

(2) Es nützt aber nichts, sich vorbeugend auf alle Katastrophen vorzubereiten. Hätte ich in den letzten zwanzig Jahren die Folgerungen aus der Hinten-Oben-Theorie streng befolgt, dann hätte ich mir jeden Badeurlaub versaut, da ich nie zur Ruhe gekommen wäre. Ich wäre jedoch im Gegenzug in Asien nicht ertrunken. Das hilft mir aber auch nicht, denn ich war zu dem Zeitpunkt nicht in Asien.

Also:

(3) Man kann sich für Katastrophen nicht wappnen. Man sollte stets kalkuliert vorsichtig agieren, doch Katastrophen kann man nicht vorhersehen. Man muss mit diesem Risiko leben. Und den Eintritt eines schrecklichen Ereignisses fatalistisch nehmen.

(4) Katastrophentheorien sind dummes Zeug.

(5) Über Frühwarnsysteme muss man jedoch reden.

Mein Frühwarnsystem zeigt derzeit keinerlei Ausschläge. Deshalb wünsche ich wenigstens ihnen einen feucht-fröhlichen Rutsch ins nächste Jahr.


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Alt 05-01-2005, 18:42   #24
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Mittwoch, 04.01.2005

Es kann einem schon kalt über den Rücken laufen, wenn man beobachtet, was zum Jahresauftakt so alles passiert:

Bei uns in Berlin gibt es die ersten gewaltsamen Proteste gegen Hartz IV – und wer als Betroffener nicht protestiert, der bleibt im Chaos der Anträge und Zuständigkeiten gefangen. Die Börse erzielt zum selben Zeitpunkt ein neues Mehrjahres-Hoch und startet wie eine Rakete in das neue Jahr. Die Zeiten sehen günstiger für Kapitalanleger als für Arbeitslose.

Der Media-Markt gewährt für einen Tag einen Rabatt in Höhe des Mehrwertsteuersatzes. Die Menschen stürmen die Läden, müssen anderthalb Stunden an den Kassen warten. Die Renner sind Fernseher, Boxen und DVD-Player. Die Leute haben einerseits kein Geld, anderseits entfacht ein Rabatt einen plötzlichen Kaufrausch bei Dingen, die eigentlich keiner braucht, weil er sie sowieso schon hat und nur durch bessere oder neuere Dinge ersetzen will. Irgend etwas stimmt hier nicht. Die fundamentale Lage scheint in Ordnung, nur die Erwartungen spielen verrückt.

Ein großes Foto-Unternehmen in Berlin schließt von einem Tag auf den anderen 52 von 82 Filialen und stellt mehr als 180 der 250 Angestellten frei. Und die restlichen arbeiten jetzt zu reduzierten Bezügen. Am 30. Dezember wurde in einem Mitarbeiterbrief noch von „Riesenschritten“ gesprochen, in denen es weitergehen soll, doch am 3. Januar kam für die 180 der Brief, am 4. Januar nicht mehr zu erscheinen. Und parallel zum Aktienmarkt haussiert auch der Rentenmarkt. Die Zeiten stehen günstig für Kapitalanleger und Konsumenten.

Die börsennotierten Unternehmen haben so viel Cash auf ihren Konten, dass sie locker die Dividende erhöhen und/oder Riesen-Investitionen tätigen könnten. Doch ersteres wollen sie nicht – und für letzteres fehlen die Gelegenheiten. Die Profitabilität ist trotz historisch niedriger Zinsen nicht hoch genug.

Der Druck auf die Preise nimmt überall zu – nur die Stadtreinigungsbetriebe erhöhen ihre Gebühren um bis zu 20 Prozent. Andere Staatsbetriebe ziehen nach. Im Gegenzug werden die Steuern reduziert, was allerdings hauptsächlich unverheirateten und kinderlosen Singles zu Gute kommt. In Asien ist das Schicksal der deutschen Touristen viel wichtiger als das der Einheimischen. Plötzlich sprich niemand mehr von Leitkultur, von Weihnachten bei Kerzenschein in heimischen Gefilden als einigendes Moment. Und niemand fragt, warum die meisten toten Touristen ältere Männer mit dicken Bäuchen sind – und was die wohl in Thailand gemacht haben.

Der beliebteste Deutsche ist Günther Jauch. Von über 1.000 befragten Jugendlichen konnte etwa die Hälfte nichts mit den Begriffen „Globalisierung“ und „Soziale Marktwirtschaft“ anfangen oder das Prinzip von Angebot und Nachfrage erklären. Fast jede Frau ist heute zu gestresst für Sex und der Kaffeepreis dürfte dieses Jahr auf ein neues Sechsjahreshoch steigen, sagen Analysten.

Wenn wir nicht von Naturkatastrophen heimgesucht werden, dann dämmern wir in einem Zustand von Stress und Narkose vor uns hin. Und wenn wir von Naturkatastrophen heimgesucht werden, dann auch. Alles ist schlimm – und trotzdem ist alles gut. Was für eine Zeit, in der wir da leben.

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Alt 07-01-2005, 13:41   #25
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Es geht ein Bi-Ba-Butzemann in unserem Markt herum. Und er trägt eine große Keule bei sich, die Zinskeule. Und das ist alles ganz schlimm, weil dann, wenn die Inflation käme, die US-amerikanischen Verbraucher für ihr Geld weniger konsumieren könnten. Dann also lieber einen mit der Keule als die Inflation.

Wirtschaft ist überhaupt eine schlimme Sache. Von daher müsste sie eigentlich eine deutsche Erfindung sein.

Denn immer, wenn irgend etwas gemacht wird oder passiert, dann ist das schlimm. Wenn die Bundesbank einen hohen Gewinn macht, dann ist das schlimm. Und wenn sie gar keinen macht, dann ist das auch schlimm. Wenn man also ein richtiger Jammerlappen ist, dann wird man am besten Journalist. Oder Börsianer.

Wenn der Bi-Ba-Butzemann jetzt die Zinsen niedrig halten würde, dann wäre das schlimm. Weil dann eine fürchterliche Igittigitt-Inflation alles igitt-igitt kaputt machen würde. Und wenn der Bi-Ba-Butzemann die Keule heraus holt, dann ist das auch schlimm. Und wenn er gar nichts macht, ist es erst recht schlimm.

Es geht ein kleiner Bi-Ba-Butzemann in unserem Kopf herum. Und macht alle vi-va-verrrückt, die sowieso noch nicht bli-bla-blöd sind.

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Alt 09-01-2005, 17:08   #26
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Sonntag, den 09.01.2005

Macht und Ohnmacht der Zahlen

Von Dr. Bernd Niquet

Egal, ob Naturkatastrophe oder boersennotiertes Unternehmen.
Alles laesst sich sehr trefflich in Zahlen ausdruecken. So
ist die komplexe Wirklichkeit eines weltweit verzweigten Kon-
zerns letztlich auf eine einzige Zahl zu reduzieren, naemlich
den erwirtschafteten Gewinn. Und die Schrecklichkeit einer
Naturkatastrophe auf die Zahl ihrer Opfer. Aber nein, voellig
richtig ist das nicht. Noch wichtiger ist, dass diese Zahl
auch wahrgenommen wird. Katastrophen, die nicht durch die
Medien gehen, die gibt es nicht. Man muss also das, was man
sieht, stets einordnen und hinterfragen.

Heute moechte ich einmal eine vergleichsweise milde Katastro-
phe einzuordnen und zu hinterfragen versuchen, naemlich die
vermeintliche deutsche Bildungskatastrophe. In einem Kommen-
tar der Financial Times Deutschland in der letzten Woche
tauchten zum Beweis der Ueberforderung grosser Teile der
Bevoelkerung hinsichtlich der gegenwaertigen Reformdebatte
folgende Zahlen auf: "So konnten sich von 1004 befragten
Jugendlichen und jungen Erwachsenen 38 Prozent nichts unter
dem Begriff Globalisierung vorstellen. 40 Prozent wussten
nichts mit sozialer Marktwirtschaft anzufangen, und satte
zwei Drittel koennten das Prinzip von Angebot und Nachfrage
nicht erklaeren."

Das klingt natuerlich auf den ersten Blick schrecklich und
hoffnungslos. Doch wenn man einmal einen weiterfuehrenden
Gedanken riskiert und sich fragt, wie diese Zahlen wohl
zustande gekommen sein moegen, schaut alles bereits voellig
anders aus. Nichts unter dem Begriff "Globalisierung" vor-
stellen - wie koennte man so etwas messen? Nehmen wir einmal
renitente Personen wie mich, die eine derartige Befragung
sowieso absichtlich torpedieren wuerden, aus der Betrachtung
heraus.

Da ruft also jemand an oder fragt auf der Strasse: "Koennen
Sie sich etwas unter "Globalisierung" vorstellen?" Und wer
dann "nein" sagt, kommt in die negative Wertung? Und wer "Ja"
sagt, in die positive? Nein, so kann es wohl kaum laufen.
Also muss man fragen "Was verstehen Sie unter "Globalisie-
rung"?" Doch wer will hier eine richtige von einer falschen
Antwort unterscheiden? Wenn ich antworte "Die Globalisierung
der Produktionsverhaeltnisse", so ist das zwar keine Antwort,
wird aber sicherlich als richtig gezaehlt.

Ich selbst wuesste nicht, wie ich die Frage beantworten
sollte. Denn "Globalisierung" ist ein Schlagwort fuer eine
neue Entwicklung, die jedoch gar nicht neu ist, da die Inter-
nationalisierung des Handels und der Produktion bereits meh-
rere Jahrhunderte hinter uns liegt. Also was ist "Globalisie-
rung"? Die Verstaerkung des Trends zur immer schon bestehen-
den Globalisierung? Der Fall der internationalen Kapitalver-
kehrskontrollen? Der Fall der Mauer zwischen Ost und West?

Die wirklich erstaunliche Zahl der genannten Umfrage ist also
nicht, dass 38 Prozent nichts mit dem Begriff "Globalisie-
rung" anfangen koennen, sondern dass 72 Prozent dies anschei-
nend koennen. Und bei der Sozialen Marktwirtschaft ist es
noch extremer. Denn die 40 Prozent, die hiermit nichts an-
fangen koennen, liegen natuerlich voellig richtig. Es gibt
naemlich keine Soziale Marktwirtschaft mehr, seitdem der
internationale Konkurrenzmechanismus ueberall Marktpreise
durchsetzt - und damit alle Uebergewinne, die sich (frueher
einmal) verteilen liessen, beseitigt hat. 60 Prozent der
Jugend und jungen Erwachsenen koennen also anscheinend etwas
anfangen mit Sachen, die es gar nicht mehr gibt. Diese 60
Prozent werden jedoch positiv gewertet, was gleich in doppel-
tem Sinne nicht fuer einen aufgeklaerten Geisteszustand
spricht.

Und wie die Testfrager bei der letzten Frage nach dem Mecha-
nismus von Angebot und Nachfrage zwischen richtigen und fal-
schen Antworten unterschieden haben, wuerde ich gerne einmal
wissen. Doch das hat sicherlich mehr mit einem Film à la
Monty Python zu tun als mit allem anderen. Das neue Jahr
startet also nicht weniger grotesk als das alte Jahr aufge-
hoert hat. Die Bloedmaenner bleiben sich jedoch selbst
wenigstens treu.

++++++

Bernd Niquet ist Boersenkolumnist und Buchautor.
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Wenn viele Anleger dasselbe glauben, dann muss dies noch lange nicht bedeuten, dass es stimmt oder wahrscheinlich ist. Das Gegenteil ist oft der Fall.
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Alt 10-01-2005, 14:29   #27
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Montag, den 10.01.2005

In den letzten Tagen bin ich viel herum gekommen und habe neue Leute kennen gelernt. Dabei haben sich zwei erstaunliche Gesetzmäßigkeiten ergeben:

(1) Alle Frauen schreiben Gedichte und Kurzgeschichten oder planen, dies in naher Zukunft zu tun.

(2) Nahezu alle Männer und Frauen haben Geld am Aktienmarkt verloren. Sie haben alle nahe der Topkurse gekauft und viele nahe der Tiefstkurse wieder verkauft.

Die Faktenlage sieht in etwa so aus:

(1) In Deutschland werden jährlich mindestens 200.000 Manuskripte von den Verlagen zur Veröffentlichung abgelehnt. Trotzdem erscheinen so viele Titel, dass der Markt sie nicht mehr aufnehmen kann.

(2) Neue Aktien werden nahezu nicht mehr herausgegeben. Die alten Aktien sind zum großen Teil von denjenigen, die sich die Finger damit verbrannt haben, abgegeben oder vergessen worden. Bis auf einen Grundbestand, mit dem die noch verbliebene Community täglich herumspielt, scheinen die Aktien im Vergessen gelandet zu sein.

Letzterer Punkt beinhaltet eine gute und eine schlechte Nachricht:

Die gute ist: Der Markt sollte trotz nahezu 100 Prozent Kursgewinn weiterhin eine gute Struktur haben. Der überwiegende Teil der Aktien scheint in bombenfesten Händen zu liegen.

Und die schlechte ist: Es ist eine ganze Generation von Anlegern (oder zwei oder drei) ist auf Lebenszeit verprellt worden. Eine richtige Jubelhausse wie 1998 ff. steht also für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre nicht mehr an.


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Alt 11-01-2005, 06:49   #28
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Die Antizyklik
Von Bernd Niquet


In den letzten Tagen bin ich viel herum gekommen und habe neue Leute kennen gelernt. Dabei haben sich zwei erstaunliche Gesetzmäßigkeiten ergeben:

(1) Alle Frauen schreiben Gedichte und Kurzgeschichten oder planen, dies in naher Zukunft zu tun.

(2) Nahezu alle Männer und Frauen haben Geld am Aktienmarkt verloren. Sie haben alle nahe der Topkurse gekauft und viele nahe der Tiefstkurse wieder verkauft.

Die Faktenlage sieht in etwa so aus:

(1) In Deutschland werden jährlich mindestens 200.000 Manuskripte von den Verlagen zur Veröffentlichung abgelehnt. Trotzdem erscheinen so viele Titel, dass der Markt sie nicht mehr aufnehmen kann.

(2) Neue Aktien werden nahezu nicht mehr herausgegeben. Die alten Aktien sind zum großen Teil von denjenigen, die sich die Finger damit verbrannt haben, abgegeben oder vergessen worden. Bis auf einen Grundbestand, mit dem die noch verbliebene Community täglich herumspielt, scheinen die Aktien im Vergessen gelandet zu sein.

Letzterer Punkt beinhaltet eine gute und eine schlechte Nachricht:

Die gute ist: Der Markt sollte trotz nahezu 100 Prozent Kursgewinn weiterhin eine gute Struktur haben. Der überwiegende Teil der Aktien scheint in bombenfesten Händen zu liegen.

Und die schlechte ist: Es ist eine ganze Generation von Anlegern (oder zwei oder drei) ist auf Lebenszeit verprellt worden. Eine richtige Jubelhausse wie 1998 ff. steht also für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre nicht mehr an.

Mit den besten Grüßen
Bernd Niquet


Quelle: Instock
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Alt 11-01-2005, 09:30   #29
621Paul
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Hallo Star,
der Bericht existierte bereits schon einen Tread vorher.

Grß
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Alt 14-01-2005, 13:45   #30
621Paul
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Ein erstaunlich zahlreiches Echo habe ich auf meine Kleinanleger-Dietmar-Kolumne vom Mittwoch bekommen. Die Mails lassen sich in zwei Kategorien einteilen.

(1) Die einen meinen, ich hätte ein Rad ab vom Wagen.
(2) Die anderen, die geschrieben haben, sind allesamt Griechen, jedenfalls Leute mit ausgesprochen griechischen Namen.

Was soll ich nun damit anfangen? Was ist daraus zu schließen? Am besten fange ich hinten an:

(2) Die Griechen äußern sich allesamt begeistert bis neidisch darüber, dass jemand kurzfristig eine Marktschwankung erfolgreich ausgenutzt hat – und können meine Kritik daran gar nicht verstehen. Lässt so etwas auf den Nationalcharakter schließen? Süßen Wein saufen und dann ab an den Spieltisch? Ich habe keine Ahnung.

(1) Bleibt die Frage, ob ich noch alle Räder am Wagen habe. Wahrscheinlich haben diejenigen, die das bezweifeln, durchaus Recht. An diesem Ort einen Spiegel aufzustellen und belanglose kleine Geschichten zu erzählen, ist in etwa das Gleiche als wolle man im Swinger-Club den „Wachtturm“ verkaufen.

Aber manchmal machen Stil- und Strukturbrüche ja gerade den Reiz vieler Dinge aus. Am Markt wie im normalen Leben.

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