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Alt 25-10-2007, 20:11   #766
Starlight
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Einzelhandel: Keine Angst vor Halloween-Monstern

Verstehe einer den amerikanischen Verbraucher. An Weihnachten soll er sich laut jüngsten Branchenumfragen unerwartet schwer tun und weniger ausgeben als sich der Einzelhandel erhofft hatte. Dafür scheint er an Halloween umso mehr zuzuschlagen. Mehr als 5 Milliarden Dollar sollen in diesem Jahr umgesetzt werden.

Damit muss sich zumindest der amerikanische Einzelhandel vor den finster dreinblickenden Geistern und Gespenstern in der Halloweennacht nicht fürchten. Im Gegenteil: Jeder einzelne Geist soll im Schnitt 64,82 Dollar in die Geschäfte tragen, das wären fast 10 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Satte 5,07 Milliarden Dollar sollen insgesamt in die Kassen wandern.

Der größte Einzelposten geht dabei für die Kostüme drauf. Genau 23,33 Dollar sind es im Durchschnitt, bei den Heranwachsenden etwas mehr: Die zahlen im Schnitt 34,06 für ein Kostüm und damit fast doppelt so viel wie sie in Süßigkeiten investieren – auch die gehören zum Fest wie der Kürbis. Einen weiteren massiven Posten in der Halloween-Bilanz bildet die Deko für die vielen Feste, während für die bei allen anderen Festen massiv umgesetzen Grußkarten nicht einmal 4 Dollar ausgegeben werden.

Woher der Kaufrausch zu Halloween kommt, wo doch gerade die Prognosen für das Wrihnachtsgeschäft unerwartet schwach ausgefallen sind, weiß man beim Einzelhandelsverband NRF nicht genau. Aber: „An Halloween schalten die Leute ihre Sorgen gerne aus und verschwinden ganz in einer Phantasiewelt“, mein Phil Rist, dessen Firma BIGresearch die Branchenumfrage durchgeführt hat. Durchaus möglich, dass es in der Scheinwelt die Sorgen nicht gibt, mit denen sich der von Immobilien- und Kreditkrise geplagte Verbraucher sonst herumschlagen muss.

Nein, Sorgen stehen an Halloween im Hintergrund. Viel lieber als über die Wirtschaft nachzudenken, zieht man von Haus zu Haus und erschrickt die Nachbarn.

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Alt 26-10-2007, 20:27   #767
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Das Milliarden-Feuer

Im Kampf gegen die verheerenden Waldbrände in Kalifornien sieht die Feuerwehr wegen freundlicherer Winde vom Pazifik endlich ein wenig Fortschritt. Doch der Schaden ist enorm: Die Flammen haben hunderttausende von Hektar Land verbrannt, tausende von Häusern vernichtet und mindestens fünf Menschen getötet. Die wirtschaftlichen Folgen werden dramatisch sein.

Die Versicherungen, wie bei jeder Katastrophe der dierekt und am meisten betroffene Sektor, haben bereits zu Beginn der Woche von einem Schaden von „mindestens 500 Millionen Dollar“ gesprochen. Diese Zahl dürfte in den nächsten Tagen und Wochen noch mehrfach nach oben revidiert werden.

Doch was die Versicherungen an gemeldeten Schäden bilanzieren wollen, wird ohnehin nur einen Teil der wirklichen Verluste beschreiben. Denn während die zerstörten Häuser versichert sind und die mehr als eine Million betroffenen Kalifornier auch die Kosten für ihre Evakuierung ersetzt bekommen, bleiben viele Unternehmen auf nicht bezifferbaren Geschäftsausfällen sitzen.

Der Chiphersteller Qualcomm beispielsweise hat sein Hauptquartier in San Diego und muss dieser Tage auf zahlreiche Mitarbeiter verzichten. Man habe alle nicht essentiellen Angestellten direkt nach Hause geschickt, heißt es aus dem Konzern. Alle vom Feuer betroffenen Mitarbeiter dürfen ohnehin zuhause bleiben und sich um ihre Familien und sonstige Angelegenheiten kümmern. Ähnlich verfährt der Energieriese Sempra, der den größten Teil der Region versorgt.

Auch zahlreiche Verbraucher orientierte Unternehmen haben Einbußen: Die Tierbedarfskette Petco hat ihre Aktivitäten im Krisengebiet ebenso eingestellt wie die Fastfood-Kette Jack in a Box und zahlreiche Konkurrenten. Kleine, teils von Familien betriebene Unternehmen und Restaurants waren die ersten, die schließen mussten.

Und doch: Die Versicherer werden den größten Teil der Verluste verbuchen. Am stärksten vertreten sind in der Region die Branchenriesen Allstate und State Farm sowie die Farmes Insurance Group, die bereits tausende von Schadensberichten gesichtet haben und sich zur Bemessung des Gesamtschadens zur Zeit an historischen Katastrophen orientieren. Am bisher teuersten Waldbrand vom Oktober 1991, zum Beispiel. Der hatte etwas weiter nördlich bei Oakland getobt und seinerzeit 3000 Häuser zerstört. Der Schaden: Satte 1,7 Milliarden Dollar, was heute inflationsbereinigt 2,5 Milliarden Dollar entsprechen würde.

Zwei Großbrände in der Region von San Diego haben in den letzten Jahren einen Schaden von jeweils rund 1 Milliarde Dollar verursacht, und angesichts der präzisen Ausbreitung des aktuellen Brandes fürchten die Konzerne das Schlimmste: In der aktuell betroffenen Gegend wohnen zahlreiche Stars, darunter Bob Dylan, Mel Gibson, Pamela Anderson und Britney Spears. Die leiden wohl nicht mehr und nicht weniger als andere Betroffene – doch ihre Häuser sind wesentlich teurer. Dass aus der zunächst veranschlagten Schadensumme von 500 Millionen schon bald 2 Milliarden Dollar werden dürfen, gilt in der Branche als sicher.

Auf Betreiben von Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat US-Präsident George W. Bush die vom Feuer betroffene Gegend mittlerweile zum Katastrophengebiet erklärt. Damit ist zumindest der Weg für finanzielle Hilfe aus Washington frei, die zahlreiche Kalifornier in den nächsten Wochen und Monaten bitter brauchen werden.

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Alt 29-10-2007, 20:23   #768
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For Sale: Eine Millionenstadt


Die aktuellen Sorgen der Wall Street haben am Immobilienmarkt begonnen. So wie vor gut einem Jahrzehnt jeder in Hightech-Aktien investierte machte in den letzten Jahren jeder in Real Estate – heute wie damals platzte die Blase. Aktuelle Daten aus der Häuserbranche legen nahe, dass Besserung nicht in Sicht ist.

Neben den Zahlen über die monatlichen Hausverkäufe ist regelmäßig der Bestand der unverkauften Immobilien die wichtigste Zahl für Branchenbeobachter. Zur Zeit hat sie wieder einmal einen Höchststand erreicht: Ganze 2,08 Millionen Häuser warten zur Zeit auf einen Käufer. Um das einmal anschaulich zu machen: Das entspricht allen Häusern und Wohnungen der Stadt Detroit samt eines Einzugsgebietes von etwa 50 Kilometern.

Doch nicht nur geographisch, sondern auch historisch fällt der Vergleich schockierend aus: Die Zahl der unverkauften Häuser ist fast 60 Prozent höher als vor drei Jahren.

Gründe dafür gibt es sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Im Häuser-Boom der letzten Jahre haben die Baufirmen gebaut wie die Weltmeister. Von New Jersey bis Montana entstanden an jeder zweiten Autobahnausfahrt neue Wohngebiete, allesamt im Einheitslook, die im Rekordtempo aus der Erde gestampft wurden. In den Großstädten, wo kein Platz für neue Wohngebiete war, wurden derweil leerstehende Industriebauten zu Lofts umgewandelt.

Die ersten Wohngebiete waren schnell ausverkauft, die Preise kletterten und angesichts dieses Trends trieb es immer mehr Kunden in den Immobilienmarkt. Der Traum vom Eigenheim war plötzlich sexy, Fernsehsender überboten sich gegenseitig mit Bau- und Renovier-Shows… die heute nur noch als Wiederholungen auf den Spartensendern laufen.

Denn immer mehr Hausbesitzer haben ganz andere Sorgen als neues Parkett und schicke Küchengeräte. Viele können ihre monatlichen Raten nicht mehr bezahlen, weil ihre Hypotheken keine festgeschriebenen sondern variable Zinssätze haben. In den nächsten zwei Jahren werden für 2,8 Millionen Amerikaner die monatlichen Zahlungen steigen. Noch schlimmer sieht es bekanntlich im Subprime-Bereich aus, wo Hypotheken an wenig kreditwürdige Kunden unter Wucherbedingungen verkauft wurden, die direkt zur Zwangversteigerung führen.

Diese dürften dazu führen, dass in den nächsten Jahren bis zu 4 Millionen Häuser zum Verkauf stehen, wie Dean Baker vom Center for Economic and Policy Research schätzt. Das wiederum drückt auf die Häuserpreise und belastet natürlich die Baufirmen, die den Hammer erst einmal beiseite legen dürften. Moody´s hat die Kredite der Branchenriesen Pulte, Lennar und Centex gerade auf „Müll“-Niveau heruntergestuft.

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Alt 01-11-2007, 20:18   #769
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Muss Exxon bald für „Valdez“-Unglück zahlen?

Fast zwanzig Jahre ist es her, dass im Prinz-William-Sound vor der Küste Alaskas die „Exxon Valdez“ auf ein Riff auflief und mehr als 40 Tonnen Rohöl ins Meer schüttete. Dass dieses Unglück heute noch in den Schlagzeilen ist, liegt nicht nur daran, dass es eine der größten Umweltkatastrophen der Welt auslöste, sondern auch daran, dass der Konzern hinter dem Schiff noch immer nicht voll zur Rechenschaft gezogen worden ist.

Auf gerade einmal 287 Millionen Dollar bezifferte ein Gericht in Anchorage im ersten Prozess gegen ExxonMobil den Schaden, der durch das Unglück entstanden sei. Dieser Wert bezog den konkret entstandenen Sachschaden und einen Teil der direkten Kosten für die Aufräumarbeiten ein, die sich durch die wenig erschlossene Lage des Prinz-William-Sound über Wochen hinzogen.

Außergerichtlich erklärte sich ExxonMobil später bereit, für zahlreiche Folgeschäden zu zahlen. Etwa 3 Milliarden Dollar will das Unternehmen seither aufgebracht haben, um beispielswiese die betroffenen Kommunen oder die örtlichen Fischer zu entschädigen.

Keine Berücksichtigung fand hingegen der Verlust von Natur und Leben einbezieht – im Öl starben bis zu einer halben Million Seevögel, 5000 Ottern, 300 Robben, 250 Adler und 22 Wale. Und auch später diagnostizierte Langzeitschäden wurden nicht berücksichtigt wurden. So wurden hunderte von Helfern, die nach dem Unglück knietief im Öl standen und die Küste putzten, nicht entschädigt, als sie Jahre später über Lungen- und Kreislaufschäden klagten.

Viele dieser Schäden könnten wohl aus der Strafzahlung finanziert werden, zu der das Gericht in Anchorage den Öl-Multi ExxonMobil gleich im ersten Prozess mitverurteilt hatte. Doch die 5 Milliarden Dollar, die sich am Jahresgewinn des Öl-Konzerns orientiert hatten, sind bis heute nicht bezahlt.

Vielmehr hat ExxonMobil den Betrag immer wieder angefochten – häufig mit Erfolg: So wurde die Strafzahlung 2002 von einem Berufungsgericht auf 4 Milliarden Dollar gesenkt, und im Januar 2006 von einem höheren Gerichtshof sogar auf 2,5 Milliarden Dollar. Doch seither ist ExxonMobil erneut in Berufung. In dieser Woche hat der Supreme Court, der oberste Gerichtshof der USA, entschieden, den Fall in der laufenden Sitzungsperiode zu hören und endgültig zu entscheiden.

Es dürfte wahrscheinlich Frühling werden, bis die letzte Instanz im Prozess gegen den Öl-Multi tagt, der bis heute darauf beharrt, für eine der größten Umweltkatastrophen der Geschichte genug gezahlt zu haben. Klassische Strafzahlungen seien nicht angebracht, so der offizielle Standpunkt der Verteidigung, da die Katastrophe das Ergebnis eines Unfalls gewesen sei.

Die Anklage hingegen sieht ExxonMobil ganz klar in der Pflicht. Schließlich hatte das Unternehmen seinerzeit mit Joe Hazelwood einen Mann zum Kapitän des Tankers gemacht, dessen Alkoholsucht bekannt gewesen sei und von dem man gewusst habe, dass er trotz Rehabilitationsversuche weiterhin an Bord zur Flasche greife. ExxonMobil wusste zwar um die Vergangenheit des Kapitäns, streitet aber ab, von dessen andauernden Problemen gewusst zu haben – was nichts an der Tatsache ändert, dass Hazelwood zum Zeitpunkt des Unglücks betrunken in seiner Koje lag.

Inwiefern ExxonMobil nun für das Fehlverhalten des Kapitäns haften muss, wird also in den nächsten Monaten entschieden. Auf einen zugeneigten Richter kann ExxonMobil dabei nicht hoffen: Richter Samuel Alito, der zwischen 100 000 und 250 000 Dollar in XOM-Aktien besitzt, hat sich für befangen erklärt und sich aus dem Prozess ausgeklinkt.

Allerdings haben er und andere Aktionäre auch im Falle eines Urteils gegen ExxonMobil nicht allzu viel zu befürchten. Selbst die vollen 2,5 Milliarden Dollar könnte der Konzern heute längst aus der Portokasse zahlen. Im zweiten Quartal hat der Dow-notierte Öl-Riese einen Reingewinn von 10,2 Milliarden Dollar ausgewiesen, die Zahlen für das dritte Quartal werden am Donnerstag vorgestellt und dürften angesichts eines Ölpreises auf Rekordniveau nicht schlechter ausfallen.

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Alt 02-11-2007, 20:20   #770
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Zwischen Golf, Bridge und Fond-Pleiten

Die amerikanischen Finanzriesen stürzen von einer Krise in die nächste. Während die Kreditkrise die Häuser Milliarden kostete, bahnte sich in der Chef-Etage das nächste Problem an: eine erschreckende Führungskrise. Kaum ein Top-Manager der Branche, der zur Zeit nicht unter Beschuss steht.

Niemand sitzt zur Zeit auf so wackligen Stühlen wie die CEOs der großen Banken und Investmenthäuser. Bei der Citigroup warten Anleger seit Monaten darauf, dass Chuck Prince geht, der die Wachstumsstrategie seines Vorgängers nicht erfolgreich ausbauen konnte und den Kurs der Aktie auf ein Fünf-Jahres-Tief stürzen lassen hat. Bei Merrill Lynch ist Stan O´Neil gerade über seine Fehlentscheidungen gestolpert. Doch keine Geschichte ist so kurios wie die um James Cayne, den CEO von Bear Stearns.

Cayne war in dieser Woche Gegenstand eines Aufmachers im Wall Street Journal, der dem langjährigen Firmenlenker nicht nur Inkompetenz unterstellte, sondern auch noch Gleichgültigkeit und Drogenkonsum. Der 73-Jährige soll während eines Bridge-Turniers auf einer Toilette einen Joint geraucht haben, und auch in privater Runde sei dem Mann der Genuss von Marihuana nicht fremd.

Von Cayne kam ein interessantes Dementi: Der Klo-Vorfall habe sich nie ereignet, heißt es. Weiteren Drogenkonsum indes stritt man nicht ab, da derart allgemeine Fragen nicht kommentiert würden.

Ob James Cayne beim Bridge kifft oder nicht wäre selbst in konservativen Kreisen an der Wall Street wahrscheinlich nie ein großes Thema geworden. Würde Cayne nicht sehr oft Bridge – und Golf – spielen, regelmäßig während der Arbeitszeit und besonders häufig im vergangenen Sommer, als Bear Stearns mitten in die Hypothekenkrise rutschte und als eine der am schlimmsten betroffenen Banken zwei milliardenschwere Fonds dicht machen und abschreiben musste.

Am schlimmsten ging es bei dem Traditionshaus an der Wall Street im Juli zu. Da kollabierten die Fonds, doch war Cayne meist nicht greifbar. An 10 von 21 Arbeitstagen spielte er Bridge und Golf, gemäß den jeweiligen Club-Statuten ohne Handy oder Blackberry – also unerreichbar.

Seit August scheint die häufige Abwesenheit des Chefs zur Regel geworden zu sein. Laut dem Wall Street Journal erhob es Cayne zu seinem wöchentlichen Ritual, das Büro am Donnerstagmittag zu verlassen, um per Helikopter zu seinem Country Club in New Jersey zu fliegen und dort noch am Nachmittag eine Runde Golf spielen zu können. Freitag, Samstag und Sonntag gehörten ebenfalls dem Spiel und hin und wieder den Enkeln. Höchst unregelmäßig soll sich Cayne per Telefon in seinem Vorzimmer gemeldet haben um eventuelle Nachrichten zu empfangen.

Doch nicht nur im eigenen Haus fehlte Cayne offensichtlich ständig. Auch eine Telefonkonferenz mit Analysten beendete er frühzeitig, und bei Treffen mit Geschäftspartnern und Besuchern soll er Insidern zufolge zumindest abwesend gewirkt haben. Mitte Juli soll er bei einem Meeting statt über das aktuelle Marktumfeld lieber über seine Müsli-Allergie und einen Vorrat an (illegalen) kubanischen Zigarren referiert haben.

Joint hin, Havanas her – im eigenen Unternehmen genießt James Cayne Rückhalt. Vorstandsmitglieder sagen, der CEO sei häufig genur anwesend und führe das Unternehmen „durch effektives Delegieren“. Manchen Investoren dürfte das indes zu wenig sein, immerhin verdient der Mann ein Grundgehalt von 34 Millionen Dollar pro Jahr. Dazu kommen Optionen auf Bear-Stearns-Aktien, die sich über die Jahre auf mehr als eine Milliarde Dollar summiert haben.

Vor diesem Hintergrund ist klar, dass Caynes Stuhl zur Zeit nicht des stabilste ist. Das wiederum bringt die Analysten von Punk Ziegel auf einen Gedanken: Angesichts des Stolzes von James Cayne geht man davon aus, dass der Mann die Firma lieber verkaufen würde als einen unehrenhaften Abgang zu riskieren. Entsprechend setzt man Bear Stearns als einzige Aktie des Sektors auf „Kaufen“, da das Unternehmen ein interessanter Übernahmekandidat sei.

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Alt 07-11-2007, 14:40   #771
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Amerika – ein Jahr vor der Wahl

Ihre Demokratie ist den Amerikanern wichtig – aber nicht so wichtig, dass man dafür einen Sonntag opfern müsste. So wird in den USA traditionell dienstags gewählt. In genau einem Jahr blickt die ganze Welt auf den Urnengang der Amerikaner, die dann den 44. Präsidenten wählen.

Ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl läuft der Wahlkampf in beiden großen Parteien auf Hochtouren. Abwechselnd bekriegen sich Republikaner und Demokraten gegenseitig, dann greift man sich wieder innerhalb der eigenen Partei an, denn im Februar stehen ja zunächst die Vorwahlen an. Dann erst wird sich entscheiden, wer im Rennen um das Weiße Haus überhaupt antreten darf.

Ein Jahr vor dem Urnengang hat weiterhin Hillary Rodham Clinton die besten Karten. Die demokratische Senatorin aus New York führt in den Partei-internen Umfragen das Feld der Demokraten an. Mit 44 Prozent der Stimmen führt sie klar vor Barack Obama; der Senator aus Illinois kommt zur Zeit auf 25 Prozent der Stimmen. Auf Rang drei liegt John Edwards, der ehemalige Senator aus North Carolina und Vize auf dem John-Kerry-Ticket vor vier Jahren, hinter dem 14 Prozent der Demokraten stehen.

Die übrigen Demokraten – New Mexicos Gouverneur Bill Richardson, Dauer-Kandidat Dennis Kucinich, und die Senatoren Joe Biden, Christopher Dodd und Mike Gravel – sind weitgehend chancenlos. Unter ihnen, und John Edwards, geht es überwiegend um die Frage, wer Hillary Clinton im Falle ihrer Nominierung als Kandidat für die Vize-Präsidentschaft am besten ergänzen kann.

Die Nominierung der ehemaligen First Lady ist indes noch lange nicht beschlossene Sache. Aus der jüngsten Debatte ging Clinton angeschlagen hervor, nachdem sie von ihren Mitstreitern mehr denn je in die Zange genommen worden war. Regelmäßige Vorwürfe, Clinton sei eine „Demokratin für die Konzerne“, haben sich auf die Umfragewerte ausgewirkt, die einst 51 Prozent für Clinton auswiesen.

Recht stabil sitzt sie New Yorker Senatorin dennoch im Sattel. Denn kein Demokrat hat bessere Umfragewerte im direkten Vergleich mit den Republikanern. So hat Clinton ein Jahr vor dem Wahl-Dienstag 51 Prozent der Stimmen gegenüber 45 Prozent für Rudy Giuliani.

Der ehemalige New Yorker Bürgermeister ist mit Abstand der aussichtsreichste Kandidat unter den Republikanern. Giuliani kommt zur Zeit auf 28 Prozent der Stimmen innerhalb der Partei und führt damit vor dem früheren Senator und Schauspieler Fred Thompson, der 19 Prozent der Partei hinter sich weiß. Der frühere Präsidentschaftskandidat, Vietnam-Veteran und Senator John McCain kommt auf 16 Prozent, der frühere Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, auf 11 Prozent. Die Konkurrenten Mike Huckabee, Ron Paul, Duncan Hunter und Tom Tancredo gelten als abgeschlagen.

Wenn sich allerdings schon Clinton auf Seite der Demokraten redlich bemühen muss, um die Nominierung der Partei zu bekommen, so sitzt Rudy Giuliani bei den Republikanern trotz der respektablen Werte noch viel unsicherer im Sattel. Die Hardliner in der Partei kommen mit Giulianis liberalen Ansichten zu Homosexuellen und Abtreibung nicht klar, und seine 180-Grad-Wende vor der Waffenlobby nimmt man ihm nicht ab. Der hatte er jüngst erklärt, er erkenne plötzlich die Notwendigkeit eines allgemeinen Rechts auf Waffen, nachdem er als Bürgermeister der Netropole New York stets gegen den freien Verkauf von Waffen gekämpft hatte.

Unabhängig davon, wer die beiden Parteien im Wahlkampf vertritt, deuten die aktuellen Umfragen ein Jahr vor der Wahl auf einen Machtwechsel im Weißen Haus. Die Umfragewerte für Präsident George W. Bush sind anhaltend schwach, 58 Prozent der Amerikaner sehen das Land auf einem falschen Kurs, und Meinungsforscher berichten, dass die Amerikaner mehr denn je „wütend“ seien auf die Regierung.

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Alt 07-11-2007, 17:54   #772
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Die Geldsorgen der Öl-Multis

Experten mögen sich darüber streiten, ob Angebot oder Nachfrage am steigenden Ölpreis schuld sind. Fest steht aber, dass das schwarze Gold weiter auf 100 Dollar zuhält, und so kamen die Gewinneinbrüche bei den Öl-Multis für viele Anleger in den letzten Tagen überraschend. Dabei gibt es für diese eine einfache Erklärung:

ExxonMobil sprach bei der Bilanzkonferenz vor wenigen Tagen von einem Gewinneinbruch um 10 Prozent, bei Chevron ging der Profit um 26 Prozent zurück… angesichts des allgemeinen Wohlstands der Branche sicher kein Grund für Mitleid, aber ein Anlass, die Kosten der Konzerne zu prüfen.

Vor allem in Washington schaut man genau auf die Bilanzen der Öl-Konzerne. Denn denen wollte man angesichts des steigenden Ölpreises und der explodierenden Gewinne eigentlich eine Sondersteuer aufbrummen. Doch die lässt sich nur durchsetzen, solange die Gewinne wirklich außergewöhnlich hoch sind – und das sind sie nicht mehr lange, wenn man den jüngsten Entwicklungen folgt.

Denn der hohe Ölpreis nutzt ExxonMobil und Co. nur zum Teil. So profitieren die Konzerne natürlich von jedem Fass Öl, das sie teuer verkaufen können. Das meiste Öl geht aber an die eigenen Raffinerien, die daraus Benzin machen, das wiederum seit Monaten im Preis kaum steigt. Das drückt auf die Margen, wenngleich die Konzerne immer noch ganz gut verdienen.

Denn ein Barrel Öl zu fördern kostet zwischen 5 und 7 Dollar, zumindest in den günstigen Fördergebieten von Venezuela und Aserbaidschan. Darauf kommen noch einmal 5 bis 7 Dollar an anteiligen Kosten für die Förderanlagen. Die Steuern im Förderstaat liegen zwischen 40 und 90 Prozent, was eine ganze Menge ist, den Unternehmen aber noch immer dicke Gewinnmargen lässt.

Die verschwinden komplett, wenn die amerikanischen Multis Öl zukaufen müssen. Und das müssen sie in rauhen Mengen, denn in den US-Raffinerien wird viel mehr Benzin und Heizöl hergestellt, als sich aus den eigenen Fördermengen generieren ließe.

Der Marktführer ExxonMobil hat im vergangenen Quartal beispielsweise 2,5 Millionen Fass pro Tag gefördert, aber 5,6 Millionen Fass raffiniert. Chevron benötigte 3,5 Millionen Fass und fördert selbst nur 1,7 Millionen, und von Conocos verbrauchten 3,1 Millionen Fass kamen gar nur 774 000 Fass aus eigenen Quellen. Das zusätzliche Öl kauft man zum Marktpreis ein.

So ist das ganze Geld, dass die Ölbranche durch steigende Ölpreise einnimmt, für die amerikanischen Konzerne oft nicht mehr als ein Durchlaufposten, der letztlich bei ausländischen Herstellern abgeliefert wird. Doch, wie gesagt: Mitleid für die Öl-Multis ist nicht angebracht. Auch nach höheren Kosten blieb ExxonMobil im jüngst abgelaufenen Quartal ein Gewinn von fast 10 Milliarden Dollar, und auch die Konkurrenten haben ihre Bilanzen zwar unter, aber durchaus in Sichtweite der einstigen Rekordniveaus geschlossen.

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Alt 09-11-2007, 17:19   #773
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Die 915-Milliarden-Dollar-Zeitbombe


In den Geldbeuteln der amerikanischen Verbraucher tickt eine Zeitbombe. Sie ist nur ein paar Zentimeter groß, wiegt so gut wie nichts und hat doch das Potenzial, die US-Konjunktur in die nächste Krise zu stürzen: die Kreditkarte. Denn die Amerikaner konsumieren im Rekordtempo – und auf Pump. Das wird nicht ewig gut gehen.

Laut aktuellen Schätzungen sitzen die amerikanischen Verbraucher zur Zeit auf 915 Milliarden Dollar Kreditkarten-Schulden. Auf jedem Haushalt lastet damit eine Schuld von etwa 12 000 Dollar, von denen in den meisten Fällen nur der Zins abbezahlt wird – wenn überhaupt.

Wie dramatisch diese Verschuldung ist, zeigt ein einfacher Vergleich mit dem Subprime-Desaster der letzten Monate. Da ging es um etwa 900 Milliarden Dollar in Risiko-Hypotheken, von denen letztlich ein Großteil abgeschrieben werden musste. Die Kreditkarten-Verschuldung ist ebenso hoch – und birgt doch einen riskanten Unterschied zur Immobilien- und Subprime-Situation: Während dort die Kredite zumindest durch ein Haus oder ein Appartement gesichert sind, gibt es für die Kreditkartenschulden nicht allzu viel vorzuweisen. Autos, Möbel und Flachbildschirme verlieren schnell an Wert, klassische Konsumartikel oder Urlaubsreisen haben ihren Wert ganz verloren.

Wenn die Schuldner ihre Raten eines Tages gar nicht mehr Zahlen können, werden die Gläubiger also wenig pfänden können. Das wissen die Banken, die daher angefangen haben, ihre Rückstellungen für Kreditausfälle massiv aufzustocken: Citigroup, die weltgrößte Bank, hat ihr schwaches Quartal gerade zumindest teilweise mit Schwierigkeiten bei Verbraucherkrediten begründet und 2,24 Milliarden Dollar zurückgestellt.

American Express hat seine Rückstellungen um 44 Prozent angehoben und erklärt, man sehe Anzeichen von ersten Schwierigkeiten bei Kunden, die sich übernommen hätten. Die Konkurrenten Capital One, Washington Mutual und Bank of America haben ebenfalls erklärt, man rechne mit mindestens 20 Prozent mehr Kreditausfällen in der nächsten Zeit.

Bei der Citigroup glaubt man besonders dramatische Zeichen zu sehen: Kunden hätten nicht nur die durchschnittliche Belastung ihrer Karten erhöht, berichtet Finanzchef Gary Crittenden, sondern würden auch zunehmend Bargeld von ihren Kreditkonten abheben, um alltägliche Ausgaben zu tilgen. Das sei ein sicheres Zeichen für Probleme in nicht allzu ferner Zukunft.

In extremen Fällen haben Banken gar eine ungewöhnliche Umkehrung der Kreditläufe beobachtet. Bisher war es die Regel, dass Kunden ihre Häuser beliehen haben, um die Kreditkartenschulden zu begleichen. Neuerdings sehe man, dass Kunden mit der Kreditkarte Hypothekenzahlungen leisten. Das ist indes der sicherste Weg ins Unglück, denn auf diese Weise werden relativ niedrig verzinste Schulden durch ungeheuer hoch verzinste Schulden ersetzt.

Wie hoch die Zinsen sind, spielt wohlgemerkt keine Rolle, wenn der Kunde erst einmal bankrott ist. Das kommt immer öfter vor: Die Zahl der zahlungsunfähigen Schuldner ist im vergangenen Quartal laut Angaben von Capital One, Washington Mutual, Citigroup, J.P. Morgan Chase und Bank of America um durchschnittlich 13 Prozent gestiegen.

Entsprechend stellen sich die Banken mit höheren Rückstellungen zunehmend auf das worst-case-scenario ein. Welche Kreise eine Kreditkarten-Krise ziehen wird, ist indes noch nicht abzuschätzen. Ähnlich wie Hypotheken werden auch Kreditkarten-Schulden von den Finanzhäusern gebündelt, aufgeteilt, umverpackt und weiterverkauft – binnen kürzester Zeit nach einer Implosion dürfte es zu Milliarden-Verlusten bei allen Unternehmen kommen, die irgendwie mit Finanzierung und Investment zu tun haben.

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Alt 13-11-2007, 17:43   #774
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Die Baumwoll-Krise

“Oh, when them cotton bolls get rotten / You cant pick very much cotton”, geht ein alter Folk-Song von Lead Belly. Über die Jahre haben Johnny Cash, Harry Belafonte, Buck Owens und sogar die Beach Boys das Lied gecovert – und doch wusste keiner von ihnen, wie schlimm es einmal wirklich um die Baumwoll-Ernte stehen würde.

Auch Konjunkturexperten wissen nicht, welches Ausmaß die aktuelle Baumwoll-Krise annehmen wird. Eines steht aber fest: Ein weiterer Rohstoff wird immer knapper, was wiederum für steigende Preise sorgt und die Inflation in den USA weiter anfacht. Doch von vorne:

Baumwolle hat eine lange Geschichte in den USA, wo sie seit Jahrhunderten angebaut wird und im späten 19. Jahrhundert vor allem in den Südstaaten landschafts- und kulturprägend war. Nach der Emanzipation der Sklaven sahen die Amerikaner die erste Krise, denn für kaum eine Pflanze war ein so hoher Ernteaufwand erforderlich wie für „Cotton“. Baumwollfarmer behalfen sich nach Abschaffung der Sklaverei lange mit „sharecropping“: Sie stellten schwarze Arbeiter ein, die prozentual am Ernte-Umsatz beteiligt waren. Erst in den Fünfzigerjahren gab es die ersten Maschinen, die Baumwolle ernten konnten ohne die Fasern zu zerstören.

Seither lief das Geschäft mit der Pflanze recht gut für die amerikanischen Farmer, die vom Staat subventioniert wurden. Die zuletzt 20 Cent pro Pfund, die die US-Regierung für Baumwolle zahlte, machten den ansonsten recht spärlichen Erlös reizvoll, große Anbauflächen überdauerten – bis jetzt.

Doch seit kurzem ändert sich die Lage. Amerikanische Bauern ahnten schon seit Jahren, dass die Subventionen nicht ewig fließen würden – jetzt wurden sie bestätigt. Die Welthandelsorganisation hat die staatliche Bezuschussung der Ernte in den USA für illegal erklärt, und aus dem Ausland – vor allem von afrikanischen Staaten – kommt massiver Druck auf Washington.

Ohne die Subventionen ist aber kaum ein Farmer mehr willig, Baumwolle zu pflanzen. In den wichtigsten amerikanischen Baumwoll-Staaten Texas und Kalifornien ist die Anbaufläche innerhalb eines Jahres um fast 30 Prozent zurückgegangen. „Wir können mit weniger Aufwand Getreide anbauen“, rechtfertigt sich der Farmer Frank Williams, der südlich von San Francisco riesige Felder hat. „Da ist der Ertrag größer. Baumwolle lohnt sich einfach nicht.“

Wie Williams denken viele Bauern, zumal die zur Zeit im Zuge des Ethanol-Trends recht stabilen Subventionen für Mais noch andere Alternativen nahelegen.

Das Baumwoll-Problem ist allerdings kein rein amerikanisches. Nicht nur in den USA, auch in anderen produzierenden Staaten ist die Anbaufläche rückläufig. Gleichzeitig steigt die Nachfrage. Am deutlichsten zeigt sich die Trendverschiebung in China: Das Land war einst größte Export-Nation für Baumwolle und gehört heute zu den Importeuren. Mit dem Lebensstil steigt in China eben auch die Nachfrage nach Kleidung.

An den Rohstoffmärkten zeigen sich die ersten Ergebnisse: Allein in den vergangenen zwei Jahren ist der Preis für Baumwolle von durchschnittlich 60 auf zur Zeit etwa 70 Cent pro Pfund gestiegen. Dieser Preisanstieg um immerhin 15 Prozent reicht nicht, amerikanische Bauern wieder für den Baumwoll-Anbau zu begeistern – er ist allerdings groß genug, die Inflation weiter anzuheizen.

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Plastikkärtchen unterm Baum

Vielleicht ist es mangelnde Kreativität, vielleicht ist es die Angst der Sparsamen, ein falsches Weihnachtsgeschenk zu kaufen. Fakt ist: Auch in diesem Jahr baut der Geschenkgutschein seine Führungsposition unter dem Weihnachtsbaum aus. Mehr als 26 Milliarden Dollar dürften per Plastikkärtchen verschenkt werden.

Der amerikanische Einzelhandelsverband NRF geht nach Umfragen davon aus, dass in diesem Jahr 26,3 Milliarden Dollar in Geschenkgutscheine investiert werden. Das entspricht einem Wachstum 6 Prozent gegenüber dem letzjährigen Weihnachtsfest. Doch steigt nicht nur die Zahl der verschenkten Kärtchen, sondern auch deren Gewicht: Im Schnitt liegen 122 Dollar auf dem Gutschein, über 5 Prozent mehr als 2006.

Die NRF-Analysten kennen das Erfolgsgeheimnis der Karte: „Leute schenken Gutscheine, weil sie hoffen, selbst mehr Gutscheine zu bekommen“, meint NRF-Präsidentin Tracy Mullin. „Damit wollen sie sich kaufen, was sie wirklich brauchen oder sich schon lange gewünscht haben.“

Damit ist die klassische Geschenkidee mit einem gewissen Überraschungsmoment wohl begraben. Sich vor dem Fest Gedanken zu machen, was man der oder dem Liebsten unter den Baum legen solle, scheint beim Beschenkten gar nicht mehr anzukommen – der sucht lieber selbst aus, was in sein Konsummuster passt.

Wie dem auch sei: Dass in diesem Jahr 87,7 Prozent der Verbraucher Geschenkgutscheine kaufen, kann dem Einzelhandel nur recht sein. Denn für die Branche hat das kleine Kärtchen eine ganze Reihe von Vorteilen: Falsch geschenkte Ware muss nicht zurückgenommen und umgetauscht werden. Und wer seine Karte im Laden einlöst, kauft oft über das Geschenk-Guthaben hinaus und trägt damit zum Umsatzwachstum des Händlers bei.

Doch haben die Kärtchen auch einen Nachteil für die Branche: Die Händler dürfen den Umsatz nicht beim Kauf der Karte vor Weihnachten verbuchen, sondern müssen warten, bis der Beschenkte den Wert einlöst. Doch angesichts des Scheinwerferlichts, das Analysten jedes Jahr auf die Umsatzzahlen zum vierten Quartal richten, kann es den Unternehmen nicht schnell genug gehen, zum Gutschein die Ware los zu werden. Entsprechend lukrativ gestaltet man Sonderangebote nach dem Fest, um tüchtig Verkehr in den Laden zu bringen.

Doch alle Sonderangebote und auch die reizvollste Auslage können nicht verhindern, dass bei manchem Beschenkten die Karte ungenutzt liegen bleibt. Ob der einlösende Laden das Interesse nicht weckt, oder ob der Gutschein im Weihnachtstrubel hinter den Kamin rutscht; bis zu 10 Prozent des Giftcard-Volumens bleibt uneingelöst. Das wiederum freut den Handel. In zahlreichen US-Bundesstaaten verfallen die bereits bezahlten Kärtchen nämlich nach zwei bis drei Jahren. Das einkassierte Geld taucht dann zwar nicht als klassischer Umsatz in der Bilanz auf – liegt aber trotzdem in der Kasse.

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Alt 16-11-2007, 07:11   #776
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Aktienmarkt Amerika

Steht eine Gegenbewegung bevor?


Von Sam Stovall

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...r-1485694.html
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Alt 21-11-2007, 17:47   #777
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Immer noch „Trouble in Toyland“

„Trouble in Toyland“ ist die aktuelle Studie eines amerikanischen Verbraucherschutzverbandes überschrieben, und das scheint vor Weihnachten die letzte Warnung zu sein. Im Spielzeugland geht zur Zeit schief, was zur schief gehen kann, und die Industrie stellt sich auf das schlechteste Weihnachtsgeschäft seit vielen Jahren ein.

Dabei kann man durchaus darüber streiten, ob alle Warnungen der Verbraucherschützer auch notwendig sind, oder ob manche nur unnötig für Panik sorgen. Dass rote Aufkleber auf Skateboards vor Verletzungen warnen, sollte ein Kind von dem Brett fallen, ist ziemlich albern, und die Dauerwarnung vor kleinen Teilen, die unter Umständen verschluckt werden könnten, ist ein alter Hut.

Zwischen all den Sicherheitsvorkehrungen haben es die Hersteller nicht eben leicht, überhaupt noch Produkte zu entwickeln, die Spaß machen, die Abenteuerlust befriedigen und dabei hundertprozentig sicher sind.

Doch hilft es der Industrie nicht, dass man jüngst mit Blick auf niedrige Herstellungskosten und höhere Gewinnmargen immer nachlässiger gearbeitet hat. Dass in einem beliebten Bastelset K.O.-Tropfen nachgewiesen wurden und Blei in hohen Konzentrationen in fast allen bemalten Waren aus China auftaucht, hat die Branche in eine selbst verschuldete Krise gestürzt. Wer gedacht hat, dass die Unternehmen das Problem vor Weihnachten bekämpfen und in den Griff bekommen könnten, hat sich getäuscht.

Im Rahmen der „Trouble-in-Toyland“-Studie haben die Verbraucherschützer in den letzten Tagen – also nach den großen Rückrufaktionen! – das Angebot im Spielzeughandel untersucht. Mit schockierenden Ergebnissen: Im Reißverschluss eines „Curious-George“-Äffchens war der Bleigehalt tausend mal so hoch wie erlaubt. Aus anderen Artikeln fielen Magnetteile, obwohl diese in den vergangenen Monaten zu sehr schlagzeilenträchtigen Unglücken geführt hatten und die Hersteller eigentlich auf Trab bringen sollten.

Dass viele Hersteller offensichtlich nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen haben, ihr Warenangebot einigermaßen frei von Gefahren zu machen, dürfte der Spielzeug- und Einzelhandelsbranche pünktlich zum Weihnachtsgeschäft einen herben Schlag versetzen. Vor allem Branchenriesen wie Wal-Mart, Target und Toys´R´Us dürften massive Umsatzeinbrüche im Spielzeugsektor sehen, da deren Mainstream-Angebot weitgehend aus chinesischen Fabriken kommt und zuletzt besonders in der Kritik stand.

Von der Krise profitieren dürften hingegen einige Spezialhändler, deren Umsätze in den letzten Jahren unter der Konkurrenz immer neuer Hightech-Gadgets gelitten hatten. Zahlreiche Hersteller von altmodischen Spielsachen aus Holz, darunter kleine Nischenfirmen wie Roy Toy, Uncle Goose oder Willow Tree Toys haben vor dem Fest neue Mitarbeiter eingestellt, weil sie die rasant steigende Nachfrage nicht mehr bewältigen konnten. Die Spielzeugkrise hat also auch ihre Gewinner – nur nicht an der Börse. Denn die kleinen, alternativen Hersteller sind nicht notiert.

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Alt 21-11-2007, 22:43   #778
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Thanksgiving… wofür eigentlich?

An der Wall Street ist zur Zeit vielen nicht klar, wofür sie dem Herrn genau danken sollen. Immerhin haben die großen Indizes in den letzten Wochen satte 10 Prozent verloren und damit die schönen Jahresgewinne fast komplett abgegeben. Doch ist am Donnerstag nun einmal Thanksgiving – also wird auch gefeiert.

Es kommt den Amerikanern natürlich entgegen, dass Thanksgiving – mehr noch als Weihnachten, Ostern und sonstige Feste – dermaßen mit Traditionen und Riten überladen ist, dass man ohnehin kaum Zeit für Danksagungen hat. Statt sich mit der Herkunft des Feiertages zu beschäftigen und die Ernte zu loben, müssen in stundenlanger Tradition der Truthahn gestopft, die Kartoffeln gesüßt, die Preiselbeeren gerührt werden.

Wer nicht selbst in der Küche steht, steht wahrscheinlich im Stau, wartet auf einen Anschlussflug oder plant den Tag nach Thanksgiving: Der heißt „Black Friday“ und ist der wichtigste Einkaufstag der Amerikaner.

Diese modernen Traditionen haben an Thanksgiving längst das Kommando übernommen, und entsprechend kommen Politik und Unternehmen den Feiernden entgegen. Der Einzelhandel beispielsweise mit Margen erschütternden Sonderangeboten, denn gut die Hälfte der Amerikaner wird am Wochenende in den Läden erwartet, um dort mehr als 40 Prozent des gesamten Weihnachtsbudgets auszugeben.

Dass die Amerikaner auch Zeit zum Shoppen haben und nicht allzu lange im Reisestress stecken, ermöglicht in diesem Jahr Präsident George W. Bush. Der hat wenige Tage vor dem Fest neuen Flugraum geöffnet, der sonst dem Militär zu Übungs- und Überwachungszwecken dient. Die Airlines können nun mehr Maschinen auf mehr Routen schicken, was die Schlangen am Check-In erheblich verkürzen sollte.

Bush, sonst dauerhaft von historisch schwachen Umfragewerten geplagt, hat sich mit seinem ungewöhnlichen Einsatz zum absoluten Gewinner der Woche gemacht. Immerhin sind Amerikaner parteiübergreifend erfreut, wenn sie an Thanksgiving weniger lange reisen müssen und früher bei den lieben Verwandten ankommen – entsprechend wird der Präsident in Dinner-Diskussionen vielleicht etwas besser wegkommen als sonst.

Zumal Bush noch eine gute Tat vollbracht hat. Gemäß einer Jahrhunderte alten Tradition hat der Präsident am Tag vor Thanksgiving zwei Truthähne begnadigt – und für solcherlei humane Akte ist Bush sonst nicht berühmt. Die per Internet-Umfrage getauften Vögel „May“ und „Flower“ sind nun dem Metzger entkommen, werden als Grand Marshals bei der Thanksgiving-Parade in Disneyland auftreten und dürfen dort, auf dem Hof von Oma Duck, ihren Lebensabend verbringen. Damit haben zumindest die Truthähne einen Grund dankbar zu sein.

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Alt 27-11-2007, 22:56   #779
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Öl: Wo bleibt das 100-Dollar-Fass?

An der Nymex schwitzen die Händler. Der Ölpreis ist volatil wie selten zuvor, er steigt und fällt fast täglich um mehrere Dollar – und das auf kritischem Level. Die 100-Dollar-Marke ist seit Wochen zum Greifen nahe, vor wenigen Tagen fehlten nur noch 71 Cent, doch drüber kommt man nicht.

Nicht dass die Händler in den Pits von teurem Öl profitieren würden. Im Gegenteil: Jeder einzelne, der da auf dem Parkett der New Yorker Rohstoffbörse schreit und kauft und verkauft, ist ja auch ein Verbraucher, der unter steigenden Benzin- und Heizölpreisen leidet. Jeder einzelne zahlt seinen Benzin-Zuschlag auf Airline-Tickets und Paketpost, jeder einzelne spürt den allgemeinen Inflationsdruck, der in keinem Sektor so stark ist wie bei den Rohtsoffen.

Dass die Händler den Ölpreis dennoch dreistellig sehen wollen liegt nur daran, dass dann endlich die Anspannung weg wäre. „Lasst uns jetzt die 100 Dollar sehen, dann haben wir es hinter uns“, klagt ein Trader, dem die ewig gleichen Schlagzeilen auf den Wecker gehen. „Öl bald 100 Dollar?“, droht es immerhin täglich aus irgendeinem Wirtschaftsmagazin – klar, Öl wird bald bei 100 Dollar notieren, jedes Kind weiß das.

Die Frage ist: Wer hat etwas vom hohen Ölpreis, und wer leidet darunter? Und die Antwort liegt nicht auf der Hand, im Gegenteil: In der Rohstoff-Branche selbst gibt es Gewinner und Verlierer, in anderen Sektoren verhält es sich noch komplizierter.

In der Öl-Branche gibt es gerade unter den amerikanischen Konzernen unerwartet viele Verlierer. Denn Branchengrößen wie ExxonMobil und Chevron verkaufen an ihren Tankstellen viel mehr Benzin als sie aus ihrem selbst geförderten Öl gewinnen können. Die Raffinerien müssen also massiv nachkaufen – zum regulären Marktpreis. Umso härter triffte das Raffinerienbetreiber wie Valero und Sunoco, die so gut wie keine eigene Förderung haben, und deren Aktien in den letzten Wochen rund 15 Prozent abgegeben haben.

Andere Verlierer finden sich in der Automobil- und Flugzeugindustrie – in der sich aber wiederum Chancen für Gewinner auftun. Denn während Fluggesellschaften und Autofahrer mit hohen Spritkosten zu kämpfen haben, steigt die Nachfrage nach effektiveren Motoren und Turbinen. Das wiederum kommt einigen Zulieferern zugute, die einen Wachstumsmarkt bearbeiten können, der lange vernachlässigt war.

Ähnliches macht Monsanto als Spezialist für alternative Energien. Das Unternehmen, einer der größten Hersteller von Bio-Diesel, gehört zu den Lieblins-Aktien der Wall Street in diesem Jahr und hat seinen Wert seit Januar um rund 80 Prozent steigen sehen.

Dass alternative Energien immer wichtiger werden, ist weithin bekannt – allerdings auch, dass sie Öl nie ersetzen werden, solange noch ein Tröpchen des schwarzen Goldes aus der Erde gepresst werden kann. Insofern steigt mit dem hohen Ölpreis die Nachfrage nach Förderbedarf. Der Ölfeld-Spezialist Schlumberger und die Plattform-Betreiber Weatherford und Transocean profitieren direkt vom steigenden Ölpreis und sehen damit ihre eigenen Aktien und die ihrer Ausstatter steigen.

Und ein Sektor profitiert ohnehin, wenn Rohstoffe knapp und teuer werden: das Militär. Da die meisten Ölfelder mittlerweile in der Hand der jeweiligen Staaten sind, fließt verstärkt Geld in deren Kassen, wo es zu einem großen Teil in Rüstung – und damit letztendlich die Sicherheit der Öl- und Einnahmequelle – investiert wird. Aktien von Lockheed-Martin und Raytheon haben allein im letzten Vierteljahr vor dem Hintergrund eines steil steigenden Ölpreises um jeweils rund 20 Prozent zugelegt.

Wer klug investiert, kann also vom steigenden Ölpreis direkt profitieren – letzten Endes schaden teure Rohstoffe aber mehr als sie nutzen. Insofern wünschen sich die Trader an der Nymex wirklich keinen langfristig dreistelligen Ölpreis. Nur sehen möchte man ihn einmal. Ganz kurz.

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Alt 29-11-2007, 17:38   #780
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IT-Schlamassel: Oodle, Boorah und Babooshnik

Erinnert sich noch jemanden an den Dotcom-Boom? Weiß noch jemand, wie seinerzeit im Silicon Valley die Internet-Start-Ups aus dem Boden schossen wie Krokusse im Frühling? Branchenmagazine – ebenso schnell gegründet – kamen gar nicht mehr nach, alle Klitschen zu prträtieren. Heute geht es noch viel wilder zu.

Dabei sind heute nicht einmal die Geschäftsideen der Start-Ups auffallend und unterhaltsam, sondern alleine schon die Namen. Das Netz ist ein Spielplatz für surreale Babywörter: Da bieten Bebo und Hulu und Kazaa ihre Dienste an, da buhlen Fark und Yelp und Woozyfly um Kunden. Start-Ups wie Apahcinc und Tucows haben offensichtlich keine Angst, dass man ihre Namen weder verstehen noch merken kann.

Es gibt einen einfachen Grund für das Namens-Schlamassel: Aktuell sind 60 Millionen Dotcom-Adressen registriert – damit sind eigentlich alle sinnvollen und naheliegenden Domains weg. Einfache Wörter, beispielsweise Branchen- und Produktbezeichnungen waren schon vor Jahren weg. Mit Music.com oder Shoes.com lässt sich also nichts mehr machen. Auch Service-Beschreibungen sind längst ausgebucht: Für FinancialAdvice.com oder DivorceLawyer.com kämen neue Unternehmen viel zu spät.

Was bleibt den jungen Sprossen also anderes übrig, sich Namen auszudenken. Manche machen das mit Hilfe eines Lexikons und lassen etwa bei bekannten Wörtern einen Buchstaben weg, wie etwa bei der Fotosharing-Seite Flickr.com.

Andere gehen ausschließlich nach dem Wohlklang eines Namens. Und nichts klingt in Silicon Valley besser als Google. Die Suchmaschine und Kursrakete war nach Yahoo das zweite Internet-Unternehmen, das mit dem Doppel-O und dem resultierenden „U“-Klang Freunde fand. Das Konzept haben in den letzten Monaten einige ander Online-Dienst übernommen, darunter: Oodle, Renkoo, Wakoopa, Yoomba, Squidoo, Boorah, Ooma, Qoosa, TagTooga, Joost und Babooshnik.

Dass all diese auf den Google-Zug aufspringen und bald mit ähnlichen Fan-Scharen rechnen können, glaubt Anthony Shore nicht. Im Gegenteil: Für den Namensspezialisten der kalifornischen Designschmiede Landor Assc. geht das Konzept nicht auf. „Bei manchen Firmen klingt es, als hätten sie bei der Suche nach einem guten Namen einfach aufgegeben“, so der Experte, der von „Nonsens-Wörtern“ gar nichts hält.

Gegen die Urväter Google und Yahoo hat Shore indes nichts, denn beide Unternehmen haben sich ja keine sinnleeren Namen gegeben. Die Firma Google ist immerhin an die Einheit Googol, die den Wert 10100 bezeichnet – eine ungeheure Zahl. Die Gründer Larry Page und Sergey Brin haben also das Programm zum Namen gemacht, denn eine ungeheure Menge Information soll die Suchmaschine verarbeiten.

Überhaupt: Dass Unternehmen auf der Suche nach einer Identität Wörter erfinden, ist ihnen nicht vorzuwerfen. Das gab es auch schon lange vor Beginn des Tech-Booms. Man muss schon bis zu den Urzeiten der Industrialisierung zurückgehen, um schlicht sachliche Namen zu finden. Bethlehem Steel, zum Beispiel, ein Stahlwerk aus der Stadt Bethlehem in Pennsylvania. Oder die National Biscuit Company, die eben Kekse verkaufte.

Letztere war später einer der Vorreiter des neuen Namenstrends, als man sich kürzer und prägnanter in Nabisco umbenannte. Ähnliche Kürzungen namen die American Telephone und Telegraph Company vor und International Business Machines vor, die heute schlicht unter AT&T und IBM firmieren.

Einen Schritt weiter ging es dann im Zuge der großen Merger und Übernahmen, nach denen manche Konzernlenker die größeren Wachstumschancen mit einem neuen Logo feiern wollten. Altria entstand auf diese Weise, ein Kunstwort, das an das lateinische „altus“ – der Höchste – erinnert. Weitere Phantasienamen: Verizon, Diageo, Enron.

An die hat man sich gewöhnt, vielleicht auch weil sie ihren eigenen Klang, ihre eigene Persönlichkeit hatten. An die neuen Namen aus dem IT-Sumpf wird sich kein Mensch gewöhnen, glauben Branchen-Insider. Von Qumana und Tendango und Xobni werde man bald nichts mehr hören. Einfacher Grund: Wer schon bei der Namensfindung für sein Unternehmen versagt, dem muss es auch grundsätzlich an Vision und Geschäftssinn mangeln. In diesem Sinne: Tschüss, Revver. Und Bye-Bye, Meebo.




Banker fürchten um ihr Weihnachtsgeld

Wenn am Mittwochabend am Rockefeller Center der größte Tannenbaum New York feierlich erleuchtet wird, beginnt in Amerika offiziell die Weihnachtszeit. Von der angemessenen Besinnlichkeit ist natürlich nichts zu spüren: Die Verbraucher sind im Einkaufsstress, und an der Wall Street ängstigt man sich um die Boni.

Bei manchem Banker im New Yorker Finanzviertel wird Weihnachten in diesem Jahr etwas kleiner ausfallen. Denn inmitten einer massiven Finanzkrise mit Milliarden-Abschreibungen und Rekordverlusten für fast alle Häuser der Branche bleiben die Bonus-Ausschüttungen für die Mitarbeiter deutlich unter den Werten der Vorjahre.

Besonders hart dürfte es erwartungsgemäß all jene Banker treffen, die direkt mit Hypotheken und mit Hypotheken-gesicherten Krediten handeln. Denn deren wilde Spekulationen haben die aktuelle Krise ausgelöst, entsprechend werden sie abgestraft: Der Durchschnittsbonus fällt von 2 Millionen Dollar auf genau die Hälfte, in vielen Fällen sollen die Zahlungen um bis zu 60 Prozent gekürzt werden.

Damit alleine lassen sich die Verluste der Branche wohlgemerkt nicht wettmachen. Immerhin haben die großen amerikanischen Finanzhäuser bisher Abschreibungen von rund 40 Milliarden Dollar eingestanden und dürften damit noch nicht am Ende sein. Entsprechend wird auch in anderen Abteilungen gespart. Kredit-Vermittler dürften ihre Boni um 35 Prozent gekürzt bekommen, Mitarbeiter im Fixed Income um bis zu 20 Prozent. Diese Statistiken meldet die Options Group, die alljährlich über die Ausschüttungen an der Wall Street Buch führt.

Andererseits gibt es durchaus Banker, deren Boni inmitten der Finanzkrise dennoch steigen dürften. Wer imt Rohstoff-Sektor arbeitet, hat ein ausgesprochen erfolgreiches Jahr hinter und ein entsprechend dickes Weihnachtsgeld vor sich. Und die Spezialisten für Merger und Übernahmen freuen sich ebenfalls auf steigende Zahlungen, denn mit Unternehmensdeals in Höhe von mehr als 21 Milliarden Dollar in diesem Jahr zeigt sich ihr Geschäft stabil.

Nicht nur zwischen den einzelnen Sektoren gibt es Unterschiede, sondern auch von Haus zu Haus. Goldman Sachs steht erwartungsgemäß an der Spitze der Bonus-Pyramide. Das Traditionshaus ist besser durch die Finanzkrise geschifft als alle Konkurrenten; mit geschickt platzierten Shorts hat man von den dramatischen Einbrüchen der Subprime-Kredite sogar profitiert. Bei Goldman Sachs werden entsprechend zu Weihnachten Boni über insgesamt 20 Milliarden Dollar ausgeschüttet – das entspricht mehr als der Hälfte aller Wall-Street-Zahlungen und em zweifachen des Bruttoinlandsprodukts von Jamaica.

Da mag manch ein Banker neidisch auf den Kollegen bei Goldman Sachs sein, und das beunruhigt die Konkurrenten. Entsprechend achtet man darauf, dass die eigenen Boni nicht allzu steil fallen – Hand auf´s Herz: Der Subprime-Broker kommt mit einem auf 1 Million Dollar halbierten Bonus noch recht gut weg. Außerdem wird ein größerer Teil des Bonus als bisher in Aktien statt in Cash gezahlt. Das soll Top-Banker im Unternehmen halten und einen Brain Drain vor allem bei den Häusern verhindern, die ihre Spitzenleute am dringendsten brauchen, um im nächsten Jahr aus der Krise zu finden.

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