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Starlight 17-10-2007 20:32

Technologie-Aktien

Trägt der Technologie-Trend?


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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...d-1282211.html

Starlight 18-10-2007 21:05

Ein Fest für Puma und Bison

Dass Al Gore für sein Umwelt-Engagement den Friedensnobelpreis bekommen hat, hat sich auch in konservativen Landstrichen herumgesprochen. Dass sich die Amerikaner nun inspirieren lassen und plötzlich grüner werden ist unwahrscheinlich, und dass der Ex-Vize in das Rennen um die Präsidentschaft einsteigen wird, ebenso. Doch lässt sich ein Gore-Faktor nicht leugnen – und den will der World Wildlife Fund nutzen.

Die weltweite Naturschutz-Organisation hat für das amerikanische Publikum erstmals einen Weihnachts-Katalog aufgelegt. Nun dürfte das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr zwar weniger stark ausfallen als erwartet, doch muss man sich beim WWF nicht sorgen: Mit ganz besonderen Geschenk-Ideen spricht man explizit diejenigen an, die ohnehin schon alles haben.

Die verwöhnte Oberschicht, die mehr Geld als Ideen für Weihnachtsgeschenke hat, kommt der WWF mit Angeboten, die nicht nur Weihnachtsfreude spenden, sondern ganz nebenbei bedrohten Tieren oder ganzen Landschaften helfen. Für 1000 Dollar lässt sich beispielsweise symbolisch die schulische Laufbahn von Mädchen in Kenia und Tansania unterstützen. Für 100 000 Dollar gibt es das gute Gefühl, eine Undercover-Ermittlung im Kampf gegen den Elfenbein-Schmuggel finanziert zu haben.

Wer eine Million übrig hat, kann sich oder seinen Liebsten die Patenschaft für einn Park im Amazonas-Gebiet schenken, wo damit die schnell voranschreitende Rodung gebremst wird.

Ganz patriotische Amerikaner, die lieber die Natur im eigenen Land unterstützen wollen, haben dazu ebenfalls Gelegenheit: Ein Geschenk für 18 000 Dollar finanziert ein Projekt, mit dem die Puma im Nordosten der USA studiert und geschützt werden. Mit 30 000 Dollar wird die größte wilde Bison-Herde in Montana unterstützt.

Wer sich für ein WWF-Geschenk entscheidet, wird damit niemandem ein großes Paket unter den Weihnachtsbaum legen – eine Karte muss reichen. „Immer mehr Leute haben heutzutage mehr als genug“, meint WWF-Vize John Donoghue. „Es sollte uns mehr um das Schenken als um das Bekommen gehen. Wir ermutigen die Leute dazu, zu Weihnachten ein Geschenk zu machen, dass der ganzen Welt einen langfristigen Nutzen bringt.“

Das Konzept scheint aufzugehen: Von mehr als 100 Geschenken, die im WWF-Programm angeboten werden, sind bereits 30 verkauft. Und eine ähnliche Organisation macht seit vergangenem Jahr vor, dass es – zumindest in einem erschwinglicheren Bereich – durchaus Interesse an gemeinnützigen Geschenken gibt. Auf der Webseite von Oxfam.com kann man Familien in der Dritten Welt Nutztiere zukommen lassen. Ein Kamel kostet 175 Dollar, eine Kuh nur 75 Dollar. Populärstes Geschenk in der vergangenen Saison war die Ziege: Die kostet 45 Dollar und wurde mehr als 3000 Mal verschenkt.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 19-10-2007 21:25

Black Monday: Als kein Mensch Aktien kaufen wollte

Am 19. Oktober 1987 brachen die amerikanischen Börsen so steil ein wie nie zuvor. Der Dow Jones verlor an einem einzigen Tag 22,6 Prozent seines Wertes und damit 500 Milliarden Dollar Anlagevermögen. Am 20. Jahrestag des "Black Monday" fragt sich die Wall Street: Kann ein solcher Crash wieder passieren?

Im Oktober fallen die Blätter, die Temperaturen… und manchmal auch die Börse. Auf den Tag genau vor zwanzig Jahren traf es die Wall Street besonders hart: Am 19. Oktober 1987 brach der Dow Jones auf einen Schlag um 22,6 Prozent ein, der Tag ging als „Black Monday“ in die Geschichte ein.

20 Jahre nach dem finstersten Tag in der amerikanischen Finanzgeschichte fragen sich Anleger: Kann ein Crash wie damals heute wieder passieren? Beim aktuellen Stand müssten Blue Chips mehr als 3000 Punkte abgeben. Unwahrscheinlich, sagen laut einer aktuellen Umfrage etwa 55 Prozent der Experten. 30 Prozent halten dagegen und einen Crash durchaus für möglich. Und alle stimmen überein: Ganz auszuschließen ist eine Neuauflage des „Black Monday“ nie.

An der Wall Street gibt es heute noch viele, die schon 1987 dabei waren. Jeder hat seine eigene Geschichte über den „Black Monday“. „So einen Tag vergisst Du dein ganzes Leben lang nicht“, meint Ted Weisberg, Chef des Brokerhauses Seaport Securities und ein alter Hase auf dem Parkett.

Wie dramatisch der Crash seinerzeit war, zeigt ein Blick auf das Börsenumfeld in den Tagen zuvor. Am Mittwoch vor dem „Black Monday“ verlor der Dow-Jones-Index 91 Zähler, so viel wie nie zuvor, und wurde zum Hauptthema in den Abendnachrichten. Zwei Tage später wurde erstmals in der Geschichte des Index ein dreistelliges Minus bilanziert. Ein Minus von 109 Punkte prangte bei der Schlussglocke auf den Anzeigetafeln – kaum nennenswert im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte.

Als John Phelan, seinerzeit CEO der New York Strock Exchange, am Morgen ins Büro kam, wurde aus seinen schlimmsten Befürchtungen schnell Gewissheit: „Bei massiven Verkaufsorders lag keine einzige Kauforder vor“, erinnert er sich. „Kein Mensch wollte Aktien.“

Ein Griff zum Telefon bestätigte, dass die Situation an anderen amerikanischen Börsen dieselbe war. Das änderte sich auch nicht, als um 9.30 Uhr die Glocke läutete. Händler schrien, verkauften en masse, die Preise stürzten ins Bodenlose – am Ende des Handelstages hatte der Dow-Jones-Index 508 Zähler abgegenen, 22,6 Prozent seines Wertes. Satte 500 Milliarden Dollar Anlagevermögen waren binnen weniger Stunden vernichtet worden. Ob sich die Märkte von diesem Schock je erholen würden, war unklar.

Heute ist der Crash von 1987 nicht mehr als ein kleiner Riss in einem deutlich nach oben strebenden Langzeit-Chart. Vergessen ist er dennoch nicht, zumal – ausgerechnet zum Jubiläum – vieles in der globalen und nationalen Lage an die Umstände erinnert, die damals den „Black Monday“ eingeläutet oder zumindest begleitet hatten.

Die Parallelen sind geradezu unheimlich: Damals wie heute war der Markt von Inflationsangst geprägt, die vor allem auf einem rapide steigenden Ölpreis basierte. Der wiederum war eine direkte Folge der Krise in Nahost, vor allem in Irak und Iran. Amerika litt unter einer Kreditkrise. Der Häusermarkt in den USA war schwach, der Dollar wegen steigender Handelsbilanzdefizite mit Asien ebenso.

Im politischen Umfeld fällt zudem auf, dass auch 1987 ein relativ unerfahrener Chairman an der Spitze der Fed stand. Alan Greenspan war erst zwei Monate im Amt und hatte noch nicht das uneingeschränkte Vertrauen des Marktes, das er sich später erwerben würde. Im Weißen Haus saß derweil ein republikanischer Präsident am Ende seiner Amtszeit – eine weitere Parallele.

Viel wichtiger: Bei allen negativen Rahmenbedingungen war der Aktienmarkt ausgesprochen stark, manche kritisierten bereits die zu hohe Bewertung vieler Papiere. Zudem waren komplexe Computerprogramme für den größten Teil des Handelsvolumens verantwortlich, die den Verkaufsdruck verstärkten und den Rekordsturz erst möglich machten.

Auf der anderen Seite hat der Markt in zwei Jahrzehnten natürlich auch dazugelernt. Mancher auf dem Parkett schmunzelt heute darüber, dass Anleger damals bei den steil fallenden Kursen panisch immer mehr verkauft haben – obwohl sich doch rückblickend eine tolle Kaufgelegenheit ergeben hatte. Immerhin: Nach dem Crash hatte der Dow Jones schon zwei Monate später um 11 Prozent zugelegt und anderthalb Jahre später sämtliche Verluste wettgemacht.

Zudem haben Anleger heute gelernt, dass die Mächtigen auf ihrer Seite stehen. Die Fed, auf die man seinerzeit nicht zu setzen wagte, hat sich in den letzten Jahren regelmäßig als Retter in der Not erwiesen. Unmittelbar nach dem „Black Monday“ hatte sich sogar der Kongress eingeschaltet – mit Erfolg: Eine Gesetzänderung, die Unternehmen den Rückkauf eigener Aktien erleichterte, brachte Käufer in den Markt. Rückkäufe in Milliardenhöhe brachten wieder Schwung auf’s Parkett.

Analysten weisen zudem darauf hin, dass die Wall Street trotz des jüngsten Bullenmarktes lange nicht derart hoch bewertet ist wie in den späten Achtzigern. Damals hatte der steilste Bullenmarkt der Geschichte den Wert der Blue Chips in fünf Jahren verdreifacht. Der Index hatte ein KGV von 22 gegenüber 18 heute. „Der Markt war nie mehr so überbewertet wie 1987“, meint Tom McManus, der Aktienstratege der Bank of America.

Zudem erinnern Insider an zahlreiche technische Barrieren, die einen kompletten Verfall des Marktes heutzutage aufhalten würden. Ein Verlust von 5 Prozent im Dow schaltet bereits die automatischen Verkaufsorders aus und bremst den Markt. Ein Einbruch um 20 Prozent würde den Handel sofort stoppen.

Und doch: Es gibt durchaus Szenarien, unter denen ein Crash vorstellbar wäre, der dem „Black Monday“ gleich kommen oder sogar schlimmer sein könnte. Das US-Anlegermagazin Barron’s nennt eines. „Ein Angriff der USA auf Iran könnte den Ölpreis sofort über 100 Dollar treiben, gleichzeitig die Nahost-Staaten dazu bewegen, ihre Dollar-Anlagen abzustoßen und zudem die ganze Region destabilisieren. Das könnte eine Verkaufswelle bei Hedgefonds auslösen…“ – Bingo, da wäre der Crash.

Unrealistisch ist ein solches Szenario nicht. Im Gegenteil: In Washington wird bereits seit Wochen laut über einen Angriff gegen Iran nachgedacht, Bushs Vize-Präsident Dick Cheney wirbt nach Kräften dafür.

So bleibt die Frage: Wie würde der Markt einen zweiten „Black Monday“ wegstecken. Hier zumindest sind sich die Experten einig. In ein paar Jahren wäre auch ein heutiger Sturz um 22,6 Prozent nicht mehr als er damals war: ein kleiner Riss in einem ansonsten steil aufwärts strebenden Langzeit-Chart.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 24-10-2007 18:19

Durchschnitts-Ami fürchtet eine Rezession

Während sich die Optimisten auf dem Parkett der New Yorker Börse nicht geschlagen geben, sondern sich auch bei unzähligen schlechten Nachrichten gegen Kursverluste stemmen, sind sie im breiten Volk rar geworden. Laut einer aktuellen Umfrage sehen 46 Prozent der Amerikaner die US-Wirtschaft zur Zeit in einer Rezession.

Damit ist wohlgemerkt weniger die Hälfte an Bord. Und immerhin 51 Prozent sehen die Situation weniger schlimm. Aber 46 Prozent sind doch deutlich mehr Amerikaner als bisher das „R-Wort“ aussprechen wollten.

Besonders pessimistisch sind die Schwarzen: Von ihnen sehen 69 Prozent Amerika auf dem Weg bergab, während es bei den Weißen nur 42 Prozent sind. Dieser Vergleich ist umso interessanter, als er wieder einmal auf das wirtschaftliche Ungleichgewicht in den USA aufmerksam macht, das immer mehr eine Zwei-Klassen-Gesellschaft schafft.

Experten sind in der jüngsten Zeit davon abgekommen, eine Rezession stur nach der früheren Formel zu definieren, als dafür zwei aufeinanderfolgende Quartal mit negativer Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes nötig waren. Vielmehr erklärt der Nationalverband der Wirtschaftsforscher eine Rezession als „ein deutliches Nachlassen wirtschaftlicher Aktivitäten, das sich in der ganzen Konjunktur bemerkbar macht, mehr als ein paar Monate dauert und am ehesten im Wirtschaftswachstum, Einkommen, Arbeitsmarkt, Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätzen zu spüren ist.“

So gerechnet ist eine Rezession nicht unbedingt dramatisch, sondern rein zyklisch bedingt: Immerhin beginnt sie jedes Mal wenn die Konjunktur eine Wachstumsphase abbricht und endet mit den ersten Anzeichen einer Expansion. Letztere wohlgemerkt sollte der Normalzustand sein – und war es in den letzten Jahren in den USA auch. Rezessionen gab es seit der großen Depression in den Zwanziger- und Dreißigerjahren wenige und immer nur kurz.

So sorgen sich die Wirtschaftsexperten auch nicht allzusehr um die Ergebnisse der jüngsten Umfrage. Umso mehr schwitzen die Republikaner. Denn Insider fürchten, dass sich die wachsende Meinung, Amerika sei in einer Rezession, auf die Umfragewerte für Präsident George W. Bush auswirken könnten. Die deuten zur Zeit auf eine ohnehin schwache Zustimmung von nur 36 Prozent, bei den Schwarzen von nur 15 Prozent.

Das wiederum dürfte den Republikanern den laufenden Wahlkampf deutlich erschweren. Denn neben den radikal konservativen Themen Familie, Moral und Glaube war es immer auch die Wirtschaft, mit der die Partei in der Vergangenheit punkten konnte.

© Wall Street Correspondents Inc.




Hey, Boss, ich brauch mehr… Zuneigung

Geld allein macht nicht glücklich. Das ist eine alte Weisheit, doch scheint sie noch immer zuzutreffen. Laut einer aktuellen Studie wären viele amerikanische Konzerne profitabler, wären nur ihre Mitarbeiter glücklicher. Doch die suchen nicht etwa Gehaltserhöhungen, sondern vielmehr Anerkennung von oben. In Deutschland sieht es ähnlich aus.

In den USA sind 29 Prozent der Angestellten in ihrem Job „engagiert“. Experten definieren das über die Bereitschaft, extra hart zu arbeiten und notfalls auch einmal ein paar Stunden länger zu bleiben. Weitere 43 Prozent sind mit ihrem Job zufrieden, zeigen aber weniger Aufopferung. Und ganze 28 Prozent fühlen sich irgendwo zwischen „frustriert“ und „fehl am Platz“. In Deutschland sind es immerhin 36 Prozent, die in diese letzte Kategorie fallen.

Die Unternehmensberater von Towers Perrin, die 90 000 Angestellte in 19 Ländern zu ihrem Wohlbefinden am Arbeitsplatz befragt haben, sehen die dringende Notwendigkeit für Unternehmen, die Stimmung zu heben. Denn „engagierte“ Mitarbeiter sind in der Bilanz bares Geld wert.

Das wiederum geht aus dreijährigen Studien hervor, in denen man das Wohlfühl-Level der Mitarbeiter mit der Entwicklung von Umsatz und Gewinn verglichen hat. Das erstaunliche Ergebnis: In Unternehmen mit „engagierten“ Mitarbeitern sind die Bruttomargen im Beobachtungszeitraum um durchschnittlich 3,7 Prozent gestiegen und der Gewinn um 2 Prozent. In Unternehmen mit einem hohen Anteil an frustrierten Mitarbeitern sind beide Maßstäbe gefallen.

Während dieser Zusammenhang noch einleuchten mag, kamen die Forscher zu einem unerwarteten Ergebnis in der Frage, wie Mitarbeiter motiviert und „engagiert“ werden können. Die meisten streben nämlich nicht nach der Gehaltserhöhung, die auf den ersten Blick wie ein Allheilmittel aussah. Im Gegenteil: Mehr Geld fällt nicht einmal in die Top Ten der Lösungsansätze, die Angestellte genannt haben.

Vielmehr wünschen sich Mitarbeiter zu allererst, dass das Management mehr ehrliches Interesse am Wohlbefinden der Angestellten zeigt und Zuneigung auf einem persönlicheren Niveau demonstriert. Ferner wünscht man sich Fortbildungsmaßnahmen, ein gewisses Engagement des Unternehmens in sozialen Belangen und eigenen Einfluss auf Entscheidungen in der Firma. Wichtiger als die Gehaltserhöhung ist Angestellten auch der persönliche Kontakt und eine gute Beziehung zu direkten Vorgesetzten.

Unternehmensberater sehen eine Menge Möglichkeiten für Konzerne, ihre Mitarbeiter zu motivieren. Der mittlerweile klassische „Google-Weg“ mag der beste sein. Die erfolgreiche Suchmaschine ist dafür bekannt, Mitarbeitern am Arbeitsplatz Raum für private Entfaltung zu lassen und im Arbeitsalltag alle möglichen Freizeitangebote unterzubringen.

Wer als Chef seinen Mitarbeitern nicht gleich Tischtennisplatten und Segway-Roller in den Hausgang stellen will, der kann oft schon mit verbesserter Kommunikation nachhelfen: Schon eine monatliche Email des CEO, in dem er die Mitarbeiter über die aktuelle Entwicklung des Unternehmens informiert, kann das Verhältnis von Angestellten zu ihrem Arbeitsplatz fördern – und der schleppenden Bilanz auf die Beine helfen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 25-10-2007 08:01

Finanzwerte im Auge behalten

Von Mark Arbeter

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...n-1281934.html

Starlight 25-10-2007 20:11

Einzelhandel: Keine Angst vor Halloween-Monstern

Verstehe einer den amerikanischen Verbraucher. An Weihnachten soll er sich laut jüngsten Branchenumfragen unerwartet schwer tun und weniger ausgeben als sich der Einzelhandel erhofft hatte. Dafür scheint er an Halloween umso mehr zuzuschlagen. Mehr als 5 Milliarden Dollar sollen in diesem Jahr umgesetzt werden.

Damit muss sich zumindest der amerikanische Einzelhandel vor den finster dreinblickenden Geistern und Gespenstern in der Halloweennacht nicht fürchten. Im Gegenteil: Jeder einzelne Geist soll im Schnitt 64,82 Dollar in die Geschäfte tragen, das wären fast 10 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Satte 5,07 Milliarden Dollar sollen insgesamt in die Kassen wandern.

Der größte Einzelposten geht dabei für die Kostüme drauf. Genau 23,33 Dollar sind es im Durchschnitt, bei den Heranwachsenden etwas mehr: Die zahlen im Schnitt 34,06 für ein Kostüm und damit fast doppelt so viel wie sie in Süßigkeiten investieren – auch die gehören zum Fest wie der Kürbis. Einen weiteren massiven Posten in der Halloween-Bilanz bildet die Deko für die vielen Feste, während für die bei allen anderen Festen massiv umgesetzen Grußkarten nicht einmal 4 Dollar ausgegeben werden.

Woher der Kaufrausch zu Halloween kommt, wo doch gerade die Prognosen für das Wrihnachtsgeschäft unerwartet schwach ausgefallen sind, weiß man beim Einzelhandelsverband NRF nicht genau. Aber: „An Halloween schalten die Leute ihre Sorgen gerne aus und verschwinden ganz in einer Phantasiewelt“, mein Phil Rist, dessen Firma BIGresearch die Branchenumfrage durchgeführt hat. Durchaus möglich, dass es in der Scheinwelt die Sorgen nicht gibt, mit denen sich der von Immobilien- und Kreditkrise geplagte Verbraucher sonst herumschlagen muss.

Nein, Sorgen stehen an Halloween im Hintergrund. Viel lieber als über die Wirtschaft nachzudenken, zieht man von Haus zu Haus und erschrickt die Nachbarn.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 26-10-2007 20:27

Das Milliarden-Feuer

Im Kampf gegen die verheerenden Waldbrände in Kalifornien sieht die Feuerwehr wegen freundlicherer Winde vom Pazifik endlich ein wenig Fortschritt. Doch der Schaden ist enorm: Die Flammen haben hunderttausende von Hektar Land verbrannt, tausende von Häusern vernichtet und mindestens fünf Menschen getötet. Die wirtschaftlichen Folgen werden dramatisch sein.

Die Versicherungen, wie bei jeder Katastrophe der dierekt und am meisten betroffene Sektor, haben bereits zu Beginn der Woche von einem Schaden von „mindestens 500 Millionen Dollar“ gesprochen. Diese Zahl dürfte in den nächsten Tagen und Wochen noch mehrfach nach oben revidiert werden.

Doch was die Versicherungen an gemeldeten Schäden bilanzieren wollen, wird ohnehin nur einen Teil der wirklichen Verluste beschreiben. Denn während die zerstörten Häuser versichert sind und die mehr als eine Million betroffenen Kalifornier auch die Kosten für ihre Evakuierung ersetzt bekommen, bleiben viele Unternehmen auf nicht bezifferbaren Geschäftsausfällen sitzen.

Der Chiphersteller Qualcomm beispielsweise hat sein Hauptquartier in San Diego und muss dieser Tage auf zahlreiche Mitarbeiter verzichten. Man habe alle nicht essentiellen Angestellten direkt nach Hause geschickt, heißt es aus dem Konzern. Alle vom Feuer betroffenen Mitarbeiter dürfen ohnehin zuhause bleiben und sich um ihre Familien und sonstige Angelegenheiten kümmern. Ähnlich verfährt der Energieriese Sempra, der den größten Teil der Region versorgt.

Auch zahlreiche Verbraucher orientierte Unternehmen haben Einbußen: Die Tierbedarfskette Petco hat ihre Aktivitäten im Krisengebiet ebenso eingestellt wie die Fastfood-Kette Jack in a Box und zahlreiche Konkurrenten. Kleine, teils von Familien betriebene Unternehmen und Restaurants waren die ersten, die schließen mussten.

Und doch: Die Versicherer werden den größten Teil der Verluste verbuchen. Am stärksten vertreten sind in der Region die Branchenriesen Allstate und State Farm sowie die Farmes Insurance Group, die bereits tausende von Schadensberichten gesichtet haben und sich zur Bemessung des Gesamtschadens zur Zeit an historischen Katastrophen orientieren. Am bisher teuersten Waldbrand vom Oktober 1991, zum Beispiel. Der hatte etwas weiter nördlich bei Oakland getobt und seinerzeit 3000 Häuser zerstört. Der Schaden: Satte 1,7 Milliarden Dollar, was heute inflationsbereinigt 2,5 Milliarden Dollar entsprechen würde.

Zwei Großbrände in der Region von San Diego haben in den letzten Jahren einen Schaden von jeweils rund 1 Milliarde Dollar verursacht, und angesichts der präzisen Ausbreitung des aktuellen Brandes fürchten die Konzerne das Schlimmste: In der aktuell betroffenen Gegend wohnen zahlreiche Stars, darunter Bob Dylan, Mel Gibson, Pamela Anderson und Britney Spears. Die leiden wohl nicht mehr und nicht weniger als andere Betroffene – doch ihre Häuser sind wesentlich teurer. Dass aus der zunächst veranschlagten Schadensumme von 500 Millionen schon bald 2 Milliarden Dollar werden dürfen, gilt in der Branche als sicher.

Auf Betreiben von Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat US-Präsident George W. Bush die vom Feuer betroffene Gegend mittlerweile zum Katastrophengebiet erklärt. Damit ist zumindest der Weg für finanzielle Hilfe aus Washington frei, die zahlreiche Kalifornier in den nächsten Wochen und Monaten bitter brauchen werden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 29-10-2007 20:23

For Sale: Eine Millionenstadt


Die aktuellen Sorgen der Wall Street haben am Immobilienmarkt begonnen. So wie vor gut einem Jahrzehnt jeder in Hightech-Aktien investierte machte in den letzten Jahren jeder in Real Estate – heute wie damals platzte die Blase. Aktuelle Daten aus der Häuserbranche legen nahe, dass Besserung nicht in Sicht ist.

Neben den Zahlen über die monatlichen Hausverkäufe ist regelmäßig der Bestand der unverkauften Immobilien die wichtigste Zahl für Branchenbeobachter. Zur Zeit hat sie wieder einmal einen Höchststand erreicht: Ganze 2,08 Millionen Häuser warten zur Zeit auf einen Käufer. Um das einmal anschaulich zu machen: Das entspricht allen Häusern und Wohnungen der Stadt Detroit samt eines Einzugsgebietes von etwa 50 Kilometern.

Doch nicht nur geographisch, sondern auch historisch fällt der Vergleich schockierend aus: Die Zahl der unverkauften Häuser ist fast 60 Prozent höher als vor drei Jahren.

Gründe dafür gibt es sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Im Häuser-Boom der letzten Jahre haben die Baufirmen gebaut wie die Weltmeister. Von New Jersey bis Montana entstanden an jeder zweiten Autobahnausfahrt neue Wohngebiete, allesamt im Einheitslook, die im Rekordtempo aus der Erde gestampft wurden. In den Großstädten, wo kein Platz für neue Wohngebiete war, wurden derweil leerstehende Industriebauten zu Lofts umgewandelt.

Die ersten Wohngebiete waren schnell ausverkauft, die Preise kletterten und angesichts dieses Trends trieb es immer mehr Kunden in den Immobilienmarkt. Der Traum vom Eigenheim war plötzlich sexy, Fernsehsender überboten sich gegenseitig mit Bau- und Renovier-Shows… die heute nur noch als Wiederholungen auf den Spartensendern laufen.

Denn immer mehr Hausbesitzer haben ganz andere Sorgen als neues Parkett und schicke Küchengeräte. Viele können ihre monatlichen Raten nicht mehr bezahlen, weil ihre Hypotheken keine festgeschriebenen sondern variable Zinssätze haben. In den nächsten zwei Jahren werden für 2,8 Millionen Amerikaner die monatlichen Zahlungen steigen. Noch schlimmer sieht es bekanntlich im Subprime-Bereich aus, wo Hypotheken an wenig kreditwürdige Kunden unter Wucherbedingungen verkauft wurden, die direkt zur Zwangversteigerung führen.

Diese dürften dazu führen, dass in den nächsten Jahren bis zu 4 Millionen Häuser zum Verkauf stehen, wie Dean Baker vom Center for Economic and Policy Research schätzt. Das wiederum drückt auf die Häuserpreise und belastet natürlich die Baufirmen, die den Hammer erst einmal beiseite legen dürften. Moody´s hat die Kredite der Branchenriesen Pulte, Lennar und Centex gerade auf „Müll“-Niveau heruntergestuft.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 01-11-2007 20:18

Muss Exxon bald für „Valdez“-Unglück zahlen?

Fast zwanzig Jahre ist es her, dass im Prinz-William-Sound vor der Küste Alaskas die „Exxon Valdez“ auf ein Riff auflief und mehr als 40 Tonnen Rohöl ins Meer schüttete. Dass dieses Unglück heute noch in den Schlagzeilen ist, liegt nicht nur daran, dass es eine der größten Umweltkatastrophen der Welt auslöste, sondern auch daran, dass der Konzern hinter dem Schiff noch immer nicht voll zur Rechenschaft gezogen worden ist.

Auf gerade einmal 287 Millionen Dollar bezifferte ein Gericht in Anchorage im ersten Prozess gegen ExxonMobil den Schaden, der durch das Unglück entstanden sei. Dieser Wert bezog den konkret entstandenen Sachschaden und einen Teil der direkten Kosten für die Aufräumarbeiten ein, die sich durch die wenig erschlossene Lage des Prinz-William-Sound über Wochen hinzogen.

Außergerichtlich erklärte sich ExxonMobil später bereit, für zahlreiche Folgeschäden zu zahlen. Etwa 3 Milliarden Dollar will das Unternehmen seither aufgebracht haben, um beispielswiese die betroffenen Kommunen oder die örtlichen Fischer zu entschädigen.

Keine Berücksichtigung fand hingegen der Verlust von Natur und Leben einbezieht – im Öl starben bis zu einer halben Million Seevögel, 5000 Ottern, 300 Robben, 250 Adler und 22 Wale. Und auch später diagnostizierte Langzeitschäden wurden nicht berücksichtigt wurden. So wurden hunderte von Helfern, die nach dem Unglück knietief im Öl standen und die Küste putzten, nicht entschädigt, als sie Jahre später über Lungen- und Kreislaufschäden klagten.

Viele dieser Schäden könnten wohl aus der Strafzahlung finanziert werden, zu der das Gericht in Anchorage den Öl-Multi ExxonMobil gleich im ersten Prozess mitverurteilt hatte. Doch die 5 Milliarden Dollar, die sich am Jahresgewinn des Öl-Konzerns orientiert hatten, sind bis heute nicht bezahlt.

Vielmehr hat ExxonMobil den Betrag immer wieder angefochten – häufig mit Erfolg: So wurde die Strafzahlung 2002 von einem Berufungsgericht auf 4 Milliarden Dollar gesenkt, und im Januar 2006 von einem höheren Gerichtshof sogar auf 2,5 Milliarden Dollar. Doch seither ist ExxonMobil erneut in Berufung. In dieser Woche hat der Supreme Court, der oberste Gerichtshof der USA, entschieden, den Fall in der laufenden Sitzungsperiode zu hören und endgültig zu entscheiden.

Es dürfte wahrscheinlich Frühling werden, bis die letzte Instanz im Prozess gegen den Öl-Multi tagt, der bis heute darauf beharrt, für eine der größten Umweltkatastrophen der Geschichte genug gezahlt zu haben. Klassische Strafzahlungen seien nicht angebracht, so der offizielle Standpunkt der Verteidigung, da die Katastrophe das Ergebnis eines Unfalls gewesen sei.

Die Anklage hingegen sieht ExxonMobil ganz klar in der Pflicht. Schließlich hatte das Unternehmen seinerzeit mit Joe Hazelwood einen Mann zum Kapitän des Tankers gemacht, dessen Alkoholsucht bekannt gewesen sei und von dem man gewusst habe, dass er trotz Rehabilitationsversuche weiterhin an Bord zur Flasche greife. ExxonMobil wusste zwar um die Vergangenheit des Kapitäns, streitet aber ab, von dessen andauernden Problemen gewusst zu haben – was nichts an der Tatsache ändert, dass Hazelwood zum Zeitpunkt des Unglücks betrunken in seiner Koje lag.

Inwiefern ExxonMobil nun für das Fehlverhalten des Kapitäns haften muss, wird also in den nächsten Monaten entschieden. Auf einen zugeneigten Richter kann ExxonMobil dabei nicht hoffen: Richter Samuel Alito, der zwischen 100 000 und 250 000 Dollar in XOM-Aktien besitzt, hat sich für befangen erklärt und sich aus dem Prozess ausgeklinkt.

Allerdings haben er und andere Aktionäre auch im Falle eines Urteils gegen ExxonMobil nicht allzu viel zu befürchten. Selbst die vollen 2,5 Milliarden Dollar könnte der Konzern heute längst aus der Portokasse zahlen. Im zweiten Quartal hat der Dow-notierte Öl-Riese einen Reingewinn von 10,2 Milliarden Dollar ausgewiesen, die Zahlen für das dritte Quartal werden am Donnerstag vorgestellt und dürften angesichts eines Ölpreises auf Rekordniveau nicht schlechter ausfallen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 02-11-2007 20:20

Zwischen Golf, Bridge und Fond-Pleiten

Die amerikanischen Finanzriesen stürzen von einer Krise in die nächste. Während die Kreditkrise die Häuser Milliarden kostete, bahnte sich in der Chef-Etage das nächste Problem an: eine erschreckende Führungskrise. Kaum ein Top-Manager der Branche, der zur Zeit nicht unter Beschuss steht.

Niemand sitzt zur Zeit auf so wackligen Stühlen wie die CEOs der großen Banken und Investmenthäuser. Bei der Citigroup warten Anleger seit Monaten darauf, dass Chuck Prince geht, der die Wachstumsstrategie seines Vorgängers nicht erfolgreich ausbauen konnte und den Kurs der Aktie auf ein Fünf-Jahres-Tief stürzen lassen hat. Bei Merrill Lynch ist Stan O´Neil gerade über seine Fehlentscheidungen gestolpert. Doch keine Geschichte ist so kurios wie die um James Cayne, den CEO von Bear Stearns.

Cayne war in dieser Woche Gegenstand eines Aufmachers im Wall Street Journal, der dem langjährigen Firmenlenker nicht nur Inkompetenz unterstellte, sondern auch noch Gleichgültigkeit und Drogenkonsum. Der 73-Jährige soll während eines Bridge-Turniers auf einer Toilette einen Joint geraucht haben, und auch in privater Runde sei dem Mann der Genuss von Marihuana nicht fremd.

Von Cayne kam ein interessantes Dementi: Der Klo-Vorfall habe sich nie ereignet, heißt es. Weiteren Drogenkonsum indes stritt man nicht ab, da derart allgemeine Fragen nicht kommentiert würden.

Ob James Cayne beim Bridge kifft oder nicht wäre selbst in konservativen Kreisen an der Wall Street wahrscheinlich nie ein großes Thema geworden. Würde Cayne nicht sehr oft Bridge – und Golf – spielen, regelmäßig während der Arbeitszeit und besonders häufig im vergangenen Sommer, als Bear Stearns mitten in die Hypothekenkrise rutschte und als eine der am schlimmsten betroffenen Banken zwei milliardenschwere Fonds dicht machen und abschreiben musste.

Am schlimmsten ging es bei dem Traditionshaus an der Wall Street im Juli zu. Da kollabierten die Fonds, doch war Cayne meist nicht greifbar. An 10 von 21 Arbeitstagen spielte er Bridge und Golf, gemäß den jeweiligen Club-Statuten ohne Handy oder Blackberry – also unerreichbar.

Seit August scheint die häufige Abwesenheit des Chefs zur Regel geworden zu sein. Laut dem Wall Street Journal erhob es Cayne zu seinem wöchentlichen Ritual, das Büro am Donnerstagmittag zu verlassen, um per Helikopter zu seinem Country Club in New Jersey zu fliegen und dort noch am Nachmittag eine Runde Golf spielen zu können. Freitag, Samstag und Sonntag gehörten ebenfalls dem Spiel und hin und wieder den Enkeln. Höchst unregelmäßig soll sich Cayne per Telefon in seinem Vorzimmer gemeldet haben um eventuelle Nachrichten zu empfangen.

Doch nicht nur im eigenen Haus fehlte Cayne offensichtlich ständig. Auch eine Telefonkonferenz mit Analysten beendete er frühzeitig, und bei Treffen mit Geschäftspartnern und Besuchern soll er Insidern zufolge zumindest abwesend gewirkt haben. Mitte Juli soll er bei einem Meeting statt über das aktuelle Marktumfeld lieber über seine Müsli-Allergie und einen Vorrat an (illegalen) kubanischen Zigarren referiert haben.

Joint hin, Havanas her – im eigenen Unternehmen genießt James Cayne Rückhalt. Vorstandsmitglieder sagen, der CEO sei häufig genur anwesend und führe das Unternehmen „durch effektives Delegieren“. Manchen Investoren dürfte das indes zu wenig sein, immerhin verdient der Mann ein Grundgehalt von 34 Millionen Dollar pro Jahr. Dazu kommen Optionen auf Bear-Stearns-Aktien, die sich über die Jahre auf mehr als eine Milliarde Dollar summiert haben.

Vor diesem Hintergrund ist klar, dass Caynes Stuhl zur Zeit nicht des stabilste ist. Das wiederum bringt die Analysten von Punk Ziegel auf einen Gedanken: Angesichts des Stolzes von James Cayne geht man davon aus, dass der Mann die Firma lieber verkaufen würde als einen unehrenhaften Abgang zu riskieren. Entsprechend setzt man Bear Stearns als einzige Aktie des Sektors auf „Kaufen“, da das Unternehmen ein interessanter Übernahmekandidat sei.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 07-11-2007 14:40

Amerika – ein Jahr vor der Wahl

Ihre Demokratie ist den Amerikanern wichtig – aber nicht so wichtig, dass man dafür einen Sonntag opfern müsste. So wird in den USA traditionell dienstags gewählt. In genau einem Jahr blickt die ganze Welt auf den Urnengang der Amerikaner, die dann den 44. Präsidenten wählen.

Ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl läuft der Wahlkampf in beiden großen Parteien auf Hochtouren. Abwechselnd bekriegen sich Republikaner und Demokraten gegenseitig, dann greift man sich wieder innerhalb der eigenen Partei an, denn im Februar stehen ja zunächst die Vorwahlen an. Dann erst wird sich entscheiden, wer im Rennen um das Weiße Haus überhaupt antreten darf.

Ein Jahr vor dem Urnengang hat weiterhin Hillary Rodham Clinton die besten Karten. Die demokratische Senatorin aus New York führt in den Partei-internen Umfragen das Feld der Demokraten an. Mit 44 Prozent der Stimmen führt sie klar vor Barack Obama; der Senator aus Illinois kommt zur Zeit auf 25 Prozent der Stimmen. Auf Rang drei liegt John Edwards, der ehemalige Senator aus North Carolina und Vize auf dem John-Kerry-Ticket vor vier Jahren, hinter dem 14 Prozent der Demokraten stehen.

Die übrigen Demokraten – New Mexicos Gouverneur Bill Richardson, Dauer-Kandidat Dennis Kucinich, und die Senatoren Joe Biden, Christopher Dodd und Mike Gravel – sind weitgehend chancenlos. Unter ihnen, und John Edwards, geht es überwiegend um die Frage, wer Hillary Clinton im Falle ihrer Nominierung als Kandidat für die Vize-Präsidentschaft am besten ergänzen kann.

Die Nominierung der ehemaligen First Lady ist indes noch lange nicht beschlossene Sache. Aus der jüngsten Debatte ging Clinton angeschlagen hervor, nachdem sie von ihren Mitstreitern mehr denn je in die Zange genommen worden war. Regelmäßige Vorwürfe, Clinton sei eine „Demokratin für die Konzerne“, haben sich auf die Umfragewerte ausgewirkt, die einst 51 Prozent für Clinton auswiesen.

Recht stabil sitzt sie New Yorker Senatorin dennoch im Sattel. Denn kein Demokrat hat bessere Umfragewerte im direkten Vergleich mit den Republikanern. So hat Clinton ein Jahr vor dem Wahl-Dienstag 51 Prozent der Stimmen gegenüber 45 Prozent für Rudy Giuliani.

Der ehemalige New Yorker Bürgermeister ist mit Abstand der aussichtsreichste Kandidat unter den Republikanern. Giuliani kommt zur Zeit auf 28 Prozent der Stimmen innerhalb der Partei und führt damit vor dem früheren Senator und Schauspieler Fred Thompson, der 19 Prozent der Partei hinter sich weiß. Der frühere Präsidentschaftskandidat, Vietnam-Veteran und Senator John McCain kommt auf 16 Prozent, der frühere Gouverneur von Massachusetts, Mitt Romney, auf 11 Prozent. Die Konkurrenten Mike Huckabee, Ron Paul, Duncan Hunter und Tom Tancredo gelten als abgeschlagen.

Wenn sich allerdings schon Clinton auf Seite der Demokraten redlich bemühen muss, um die Nominierung der Partei zu bekommen, so sitzt Rudy Giuliani bei den Republikanern trotz der respektablen Werte noch viel unsicherer im Sattel. Die Hardliner in der Partei kommen mit Giulianis liberalen Ansichten zu Homosexuellen und Abtreibung nicht klar, und seine 180-Grad-Wende vor der Waffenlobby nimmt man ihm nicht ab. Der hatte er jüngst erklärt, er erkenne plötzlich die Notwendigkeit eines allgemeinen Rechts auf Waffen, nachdem er als Bürgermeister der Netropole New York stets gegen den freien Verkauf von Waffen gekämpft hatte.

Unabhängig davon, wer die beiden Parteien im Wahlkampf vertritt, deuten die aktuellen Umfragen ein Jahr vor der Wahl auf einen Machtwechsel im Weißen Haus. Die Umfragewerte für Präsident George W. Bush sind anhaltend schwach, 58 Prozent der Amerikaner sehen das Land auf einem falschen Kurs, und Meinungsforscher berichten, dass die Amerikaner mehr denn je „wütend“ seien auf die Regierung.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 07-11-2007 17:54

Die Geldsorgen der Öl-Multis

Experten mögen sich darüber streiten, ob Angebot oder Nachfrage am steigenden Ölpreis schuld sind. Fest steht aber, dass das schwarze Gold weiter auf 100 Dollar zuhält, und so kamen die Gewinneinbrüche bei den Öl-Multis für viele Anleger in den letzten Tagen überraschend. Dabei gibt es für diese eine einfache Erklärung:

ExxonMobil sprach bei der Bilanzkonferenz vor wenigen Tagen von einem Gewinneinbruch um 10 Prozent, bei Chevron ging der Profit um 26 Prozent zurück… angesichts des allgemeinen Wohlstands der Branche sicher kein Grund für Mitleid, aber ein Anlass, die Kosten der Konzerne zu prüfen.

Vor allem in Washington schaut man genau auf die Bilanzen der Öl-Konzerne. Denn denen wollte man angesichts des steigenden Ölpreises und der explodierenden Gewinne eigentlich eine Sondersteuer aufbrummen. Doch die lässt sich nur durchsetzen, solange die Gewinne wirklich außergewöhnlich hoch sind – und das sind sie nicht mehr lange, wenn man den jüngsten Entwicklungen folgt.

Denn der hohe Ölpreis nutzt ExxonMobil und Co. nur zum Teil. So profitieren die Konzerne natürlich von jedem Fass Öl, das sie teuer verkaufen können. Das meiste Öl geht aber an die eigenen Raffinerien, die daraus Benzin machen, das wiederum seit Monaten im Preis kaum steigt. Das drückt auf die Margen, wenngleich die Konzerne immer noch ganz gut verdienen.

Denn ein Barrel Öl zu fördern kostet zwischen 5 und 7 Dollar, zumindest in den günstigen Fördergebieten von Venezuela und Aserbaidschan. Darauf kommen noch einmal 5 bis 7 Dollar an anteiligen Kosten für die Förderanlagen. Die Steuern im Förderstaat liegen zwischen 40 und 90 Prozent, was eine ganze Menge ist, den Unternehmen aber noch immer dicke Gewinnmargen lässt.

Die verschwinden komplett, wenn die amerikanischen Multis Öl zukaufen müssen. Und das müssen sie in rauhen Mengen, denn in den US-Raffinerien wird viel mehr Benzin und Heizöl hergestellt, als sich aus den eigenen Fördermengen generieren ließe.

Der Marktführer ExxonMobil hat im vergangenen Quartal beispielsweise 2,5 Millionen Fass pro Tag gefördert, aber 5,6 Millionen Fass raffiniert. Chevron benötigte 3,5 Millionen Fass und fördert selbst nur 1,7 Millionen, und von Conocos verbrauchten 3,1 Millionen Fass kamen gar nur 774 000 Fass aus eigenen Quellen. Das zusätzliche Öl kauft man zum Marktpreis ein.

So ist das ganze Geld, dass die Ölbranche durch steigende Ölpreise einnimmt, für die amerikanischen Konzerne oft nicht mehr als ein Durchlaufposten, der letztlich bei ausländischen Herstellern abgeliefert wird. Doch, wie gesagt: Mitleid für die Öl-Multis ist nicht angebracht. Auch nach höheren Kosten blieb ExxonMobil im jüngst abgelaufenen Quartal ein Gewinn von fast 10 Milliarden Dollar, und auch die Konkurrenten haben ihre Bilanzen zwar unter, aber durchaus in Sichtweite der einstigen Rekordniveaus geschlossen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 09-11-2007 17:19

Die 915-Milliarden-Dollar-Zeitbombe


In den Geldbeuteln der amerikanischen Verbraucher tickt eine Zeitbombe. Sie ist nur ein paar Zentimeter groß, wiegt so gut wie nichts und hat doch das Potenzial, die US-Konjunktur in die nächste Krise zu stürzen: die Kreditkarte. Denn die Amerikaner konsumieren im Rekordtempo – und auf Pump. Das wird nicht ewig gut gehen.

Laut aktuellen Schätzungen sitzen die amerikanischen Verbraucher zur Zeit auf 915 Milliarden Dollar Kreditkarten-Schulden. Auf jedem Haushalt lastet damit eine Schuld von etwa 12 000 Dollar, von denen in den meisten Fällen nur der Zins abbezahlt wird – wenn überhaupt.

Wie dramatisch diese Verschuldung ist, zeigt ein einfacher Vergleich mit dem Subprime-Desaster der letzten Monate. Da ging es um etwa 900 Milliarden Dollar in Risiko-Hypotheken, von denen letztlich ein Großteil abgeschrieben werden musste. Die Kreditkarten-Verschuldung ist ebenso hoch – und birgt doch einen riskanten Unterschied zur Immobilien- und Subprime-Situation: Während dort die Kredite zumindest durch ein Haus oder ein Appartement gesichert sind, gibt es für die Kreditkartenschulden nicht allzu viel vorzuweisen. Autos, Möbel und Flachbildschirme verlieren schnell an Wert, klassische Konsumartikel oder Urlaubsreisen haben ihren Wert ganz verloren.

Wenn die Schuldner ihre Raten eines Tages gar nicht mehr Zahlen können, werden die Gläubiger also wenig pfänden können. Das wissen die Banken, die daher angefangen haben, ihre Rückstellungen für Kreditausfälle massiv aufzustocken: Citigroup, die weltgrößte Bank, hat ihr schwaches Quartal gerade zumindest teilweise mit Schwierigkeiten bei Verbraucherkrediten begründet und 2,24 Milliarden Dollar zurückgestellt.

American Express hat seine Rückstellungen um 44 Prozent angehoben und erklärt, man sehe Anzeichen von ersten Schwierigkeiten bei Kunden, die sich übernommen hätten. Die Konkurrenten Capital One, Washington Mutual und Bank of America haben ebenfalls erklärt, man rechne mit mindestens 20 Prozent mehr Kreditausfällen in der nächsten Zeit.

Bei der Citigroup glaubt man besonders dramatische Zeichen zu sehen: Kunden hätten nicht nur die durchschnittliche Belastung ihrer Karten erhöht, berichtet Finanzchef Gary Crittenden, sondern würden auch zunehmend Bargeld von ihren Kreditkonten abheben, um alltägliche Ausgaben zu tilgen. Das sei ein sicheres Zeichen für Probleme in nicht allzu ferner Zukunft.

In extremen Fällen haben Banken gar eine ungewöhnliche Umkehrung der Kreditläufe beobachtet. Bisher war es die Regel, dass Kunden ihre Häuser beliehen haben, um die Kreditkartenschulden zu begleichen. Neuerdings sehe man, dass Kunden mit der Kreditkarte Hypothekenzahlungen leisten. Das ist indes der sicherste Weg ins Unglück, denn auf diese Weise werden relativ niedrig verzinste Schulden durch ungeheuer hoch verzinste Schulden ersetzt.

Wie hoch die Zinsen sind, spielt wohlgemerkt keine Rolle, wenn der Kunde erst einmal bankrott ist. Das kommt immer öfter vor: Die Zahl der zahlungsunfähigen Schuldner ist im vergangenen Quartal laut Angaben von Capital One, Washington Mutual, Citigroup, J.P. Morgan Chase und Bank of America um durchschnittlich 13 Prozent gestiegen.

Entsprechend stellen sich die Banken mit höheren Rückstellungen zunehmend auf das worst-case-scenario ein. Welche Kreise eine Kreditkarten-Krise ziehen wird, ist indes noch nicht abzuschätzen. Ähnlich wie Hypotheken werden auch Kreditkarten-Schulden von den Finanzhäusern gebündelt, aufgeteilt, umverpackt und weiterverkauft – binnen kürzester Zeit nach einer Implosion dürfte es zu Milliarden-Verlusten bei allen Unternehmen kommen, die irgendwie mit Finanzierung und Investment zu tun haben.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 13-11-2007 17:43

Die Baumwoll-Krise

“Oh, when them cotton bolls get rotten / You cant pick very much cotton”, geht ein alter Folk-Song von Lead Belly. Über die Jahre haben Johnny Cash, Harry Belafonte, Buck Owens und sogar die Beach Boys das Lied gecovert – und doch wusste keiner von ihnen, wie schlimm es einmal wirklich um die Baumwoll-Ernte stehen würde.

Auch Konjunkturexperten wissen nicht, welches Ausmaß die aktuelle Baumwoll-Krise annehmen wird. Eines steht aber fest: Ein weiterer Rohstoff wird immer knapper, was wiederum für steigende Preise sorgt und die Inflation in den USA weiter anfacht. Doch von vorne:

Baumwolle hat eine lange Geschichte in den USA, wo sie seit Jahrhunderten angebaut wird und im späten 19. Jahrhundert vor allem in den Südstaaten landschafts- und kulturprägend war. Nach der Emanzipation der Sklaven sahen die Amerikaner die erste Krise, denn für kaum eine Pflanze war ein so hoher Ernteaufwand erforderlich wie für „Cotton“. Baumwollfarmer behalfen sich nach Abschaffung der Sklaverei lange mit „sharecropping“: Sie stellten schwarze Arbeiter ein, die prozentual am Ernte-Umsatz beteiligt waren. Erst in den Fünfzigerjahren gab es die ersten Maschinen, die Baumwolle ernten konnten ohne die Fasern zu zerstören.

Seither lief das Geschäft mit der Pflanze recht gut für die amerikanischen Farmer, die vom Staat subventioniert wurden. Die zuletzt 20 Cent pro Pfund, die die US-Regierung für Baumwolle zahlte, machten den ansonsten recht spärlichen Erlös reizvoll, große Anbauflächen überdauerten – bis jetzt.

Doch seit kurzem ändert sich die Lage. Amerikanische Bauern ahnten schon seit Jahren, dass die Subventionen nicht ewig fließen würden – jetzt wurden sie bestätigt. Die Welthandelsorganisation hat die staatliche Bezuschussung der Ernte in den USA für illegal erklärt, und aus dem Ausland – vor allem von afrikanischen Staaten – kommt massiver Druck auf Washington.

Ohne die Subventionen ist aber kaum ein Farmer mehr willig, Baumwolle zu pflanzen. In den wichtigsten amerikanischen Baumwoll-Staaten Texas und Kalifornien ist die Anbaufläche innerhalb eines Jahres um fast 30 Prozent zurückgegangen. „Wir können mit weniger Aufwand Getreide anbauen“, rechtfertigt sich der Farmer Frank Williams, der südlich von San Francisco riesige Felder hat. „Da ist der Ertrag größer. Baumwolle lohnt sich einfach nicht.“

Wie Williams denken viele Bauern, zumal die zur Zeit im Zuge des Ethanol-Trends recht stabilen Subventionen für Mais noch andere Alternativen nahelegen.

Das Baumwoll-Problem ist allerdings kein rein amerikanisches. Nicht nur in den USA, auch in anderen produzierenden Staaten ist die Anbaufläche rückläufig. Gleichzeitig steigt die Nachfrage. Am deutlichsten zeigt sich die Trendverschiebung in China: Das Land war einst größte Export-Nation für Baumwolle und gehört heute zu den Importeuren. Mit dem Lebensstil steigt in China eben auch die Nachfrage nach Kleidung.

An den Rohstoffmärkten zeigen sich die ersten Ergebnisse: Allein in den vergangenen zwei Jahren ist der Preis für Baumwolle von durchschnittlich 60 auf zur Zeit etwa 70 Cent pro Pfund gestiegen. Dieser Preisanstieg um immerhin 15 Prozent reicht nicht, amerikanische Bauern wieder für den Baumwoll-Anbau zu begeistern – er ist allerdings groß genug, die Inflation weiter anzuheizen.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 15-11-2007 20:10

Plastikkärtchen unterm Baum

Vielleicht ist es mangelnde Kreativität, vielleicht ist es die Angst der Sparsamen, ein falsches Weihnachtsgeschenk zu kaufen. Fakt ist: Auch in diesem Jahr baut der Geschenkgutschein seine Führungsposition unter dem Weihnachtsbaum aus. Mehr als 26 Milliarden Dollar dürften per Plastikkärtchen verschenkt werden.

Der amerikanische Einzelhandelsverband NRF geht nach Umfragen davon aus, dass in diesem Jahr 26,3 Milliarden Dollar in Geschenkgutscheine investiert werden. Das entspricht einem Wachstum 6 Prozent gegenüber dem letzjährigen Weihnachtsfest. Doch steigt nicht nur die Zahl der verschenkten Kärtchen, sondern auch deren Gewicht: Im Schnitt liegen 122 Dollar auf dem Gutschein, über 5 Prozent mehr als 2006.

Die NRF-Analysten kennen das Erfolgsgeheimnis der Karte: „Leute schenken Gutscheine, weil sie hoffen, selbst mehr Gutscheine zu bekommen“, meint NRF-Präsidentin Tracy Mullin. „Damit wollen sie sich kaufen, was sie wirklich brauchen oder sich schon lange gewünscht haben.“

Damit ist die klassische Geschenkidee mit einem gewissen Überraschungsmoment wohl begraben. Sich vor dem Fest Gedanken zu machen, was man der oder dem Liebsten unter den Baum legen solle, scheint beim Beschenkten gar nicht mehr anzukommen – der sucht lieber selbst aus, was in sein Konsummuster passt.

Wie dem auch sei: Dass in diesem Jahr 87,7 Prozent der Verbraucher Geschenkgutscheine kaufen, kann dem Einzelhandel nur recht sein. Denn für die Branche hat das kleine Kärtchen eine ganze Reihe von Vorteilen: Falsch geschenkte Ware muss nicht zurückgenommen und umgetauscht werden. Und wer seine Karte im Laden einlöst, kauft oft über das Geschenk-Guthaben hinaus und trägt damit zum Umsatzwachstum des Händlers bei.

Doch haben die Kärtchen auch einen Nachteil für die Branche: Die Händler dürfen den Umsatz nicht beim Kauf der Karte vor Weihnachten verbuchen, sondern müssen warten, bis der Beschenkte den Wert einlöst. Doch angesichts des Scheinwerferlichts, das Analysten jedes Jahr auf die Umsatzzahlen zum vierten Quartal richten, kann es den Unternehmen nicht schnell genug gehen, zum Gutschein die Ware los zu werden. Entsprechend lukrativ gestaltet man Sonderangebote nach dem Fest, um tüchtig Verkehr in den Laden zu bringen.

Doch alle Sonderangebote und auch die reizvollste Auslage können nicht verhindern, dass bei manchem Beschenkten die Karte ungenutzt liegen bleibt. Ob der einlösende Laden das Interesse nicht weckt, oder ob der Gutschein im Weihnachtstrubel hinter den Kamin rutscht; bis zu 10 Prozent des Giftcard-Volumens bleibt uneingelöst. Das wiederum freut den Handel. In zahlreichen US-Bundesstaaten verfallen die bereits bezahlten Kärtchen nämlich nach zwei bis drei Jahren. Das einkassierte Geld taucht dann zwar nicht als klassischer Umsatz in der Bilanz auf – liegt aber trotzdem in der Kasse.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 16-11-2007 07:11

Aktienmarkt Amerika

Steht eine Gegenbewegung bevor?


Von Sam Stovall

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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/...r-1485694.html

Starlight 21-11-2007 17:47

Immer noch „Trouble in Toyland“

„Trouble in Toyland“ ist die aktuelle Studie eines amerikanischen Verbraucherschutzverbandes überschrieben, und das scheint vor Weihnachten die letzte Warnung zu sein. Im Spielzeugland geht zur Zeit schief, was zur schief gehen kann, und die Industrie stellt sich auf das schlechteste Weihnachtsgeschäft seit vielen Jahren ein.

Dabei kann man durchaus darüber streiten, ob alle Warnungen der Verbraucherschützer auch notwendig sind, oder ob manche nur unnötig für Panik sorgen. Dass rote Aufkleber auf Skateboards vor Verletzungen warnen, sollte ein Kind von dem Brett fallen, ist ziemlich albern, und die Dauerwarnung vor kleinen Teilen, die unter Umständen verschluckt werden könnten, ist ein alter Hut.

Zwischen all den Sicherheitsvorkehrungen haben es die Hersteller nicht eben leicht, überhaupt noch Produkte zu entwickeln, die Spaß machen, die Abenteuerlust befriedigen und dabei hundertprozentig sicher sind.

Doch hilft es der Industrie nicht, dass man jüngst mit Blick auf niedrige Herstellungskosten und höhere Gewinnmargen immer nachlässiger gearbeitet hat. Dass in einem beliebten Bastelset K.O.-Tropfen nachgewiesen wurden und Blei in hohen Konzentrationen in fast allen bemalten Waren aus China auftaucht, hat die Branche in eine selbst verschuldete Krise gestürzt. Wer gedacht hat, dass die Unternehmen das Problem vor Weihnachten bekämpfen und in den Griff bekommen könnten, hat sich getäuscht.

Im Rahmen der „Trouble-in-Toyland“-Studie haben die Verbraucherschützer in den letzten Tagen – also nach den großen Rückrufaktionen! – das Angebot im Spielzeughandel untersucht. Mit schockierenden Ergebnissen: Im Reißverschluss eines „Curious-George“-Äffchens war der Bleigehalt tausend mal so hoch wie erlaubt. Aus anderen Artikeln fielen Magnetteile, obwohl diese in den vergangenen Monaten zu sehr schlagzeilenträchtigen Unglücken geführt hatten und die Hersteller eigentlich auf Trab bringen sollten.

Dass viele Hersteller offensichtlich nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen haben, ihr Warenangebot einigermaßen frei von Gefahren zu machen, dürfte der Spielzeug- und Einzelhandelsbranche pünktlich zum Weihnachtsgeschäft einen herben Schlag versetzen. Vor allem Branchenriesen wie Wal-Mart, Target und Toys´R´Us dürften massive Umsatzeinbrüche im Spielzeugsektor sehen, da deren Mainstream-Angebot weitgehend aus chinesischen Fabriken kommt und zuletzt besonders in der Kritik stand.

Von der Krise profitieren dürften hingegen einige Spezialhändler, deren Umsätze in den letzten Jahren unter der Konkurrenz immer neuer Hightech-Gadgets gelitten hatten. Zahlreiche Hersteller von altmodischen Spielsachen aus Holz, darunter kleine Nischenfirmen wie Roy Toy, Uncle Goose oder Willow Tree Toys haben vor dem Fest neue Mitarbeiter eingestellt, weil sie die rasant steigende Nachfrage nicht mehr bewältigen konnten. Die Spielzeugkrise hat also auch ihre Gewinner – nur nicht an der Börse. Denn die kleinen, alternativen Hersteller sind nicht notiert.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 21-11-2007 22:43

Thanksgiving… wofür eigentlich?

An der Wall Street ist zur Zeit vielen nicht klar, wofür sie dem Herrn genau danken sollen. Immerhin haben die großen Indizes in den letzten Wochen satte 10 Prozent verloren und damit die schönen Jahresgewinne fast komplett abgegeben. Doch ist am Donnerstag nun einmal Thanksgiving – also wird auch gefeiert.

Es kommt den Amerikanern natürlich entgegen, dass Thanksgiving – mehr noch als Weihnachten, Ostern und sonstige Feste – dermaßen mit Traditionen und Riten überladen ist, dass man ohnehin kaum Zeit für Danksagungen hat. Statt sich mit der Herkunft des Feiertages zu beschäftigen und die Ernte zu loben, müssen in stundenlanger Tradition der Truthahn gestopft, die Kartoffeln gesüßt, die Preiselbeeren gerührt werden.

Wer nicht selbst in der Küche steht, steht wahrscheinlich im Stau, wartet auf einen Anschlussflug oder plant den Tag nach Thanksgiving: Der heißt „Black Friday“ und ist der wichtigste Einkaufstag der Amerikaner.

Diese modernen Traditionen haben an Thanksgiving längst das Kommando übernommen, und entsprechend kommen Politik und Unternehmen den Feiernden entgegen. Der Einzelhandel beispielsweise mit Margen erschütternden Sonderangeboten, denn gut die Hälfte der Amerikaner wird am Wochenende in den Läden erwartet, um dort mehr als 40 Prozent des gesamten Weihnachtsbudgets auszugeben.

Dass die Amerikaner auch Zeit zum Shoppen haben und nicht allzu lange im Reisestress stecken, ermöglicht in diesem Jahr Präsident George W. Bush. Der hat wenige Tage vor dem Fest neuen Flugraum geöffnet, der sonst dem Militär zu Übungs- und Überwachungszwecken dient. Die Airlines können nun mehr Maschinen auf mehr Routen schicken, was die Schlangen am Check-In erheblich verkürzen sollte.

Bush, sonst dauerhaft von historisch schwachen Umfragewerten geplagt, hat sich mit seinem ungewöhnlichen Einsatz zum absoluten Gewinner der Woche gemacht. Immerhin sind Amerikaner parteiübergreifend erfreut, wenn sie an Thanksgiving weniger lange reisen müssen und früher bei den lieben Verwandten ankommen – entsprechend wird der Präsident in Dinner-Diskussionen vielleicht etwas besser wegkommen als sonst.

Zumal Bush noch eine gute Tat vollbracht hat. Gemäß einer Jahrhunderte alten Tradition hat der Präsident am Tag vor Thanksgiving zwei Truthähne begnadigt – und für solcherlei humane Akte ist Bush sonst nicht berühmt. Die per Internet-Umfrage getauften Vögel „May“ und „Flower“ sind nun dem Metzger entkommen, werden als Grand Marshals bei der Thanksgiving-Parade in Disneyland auftreten und dürfen dort, auf dem Hof von Oma Duck, ihren Lebensabend verbringen. Damit haben zumindest die Truthähne einen Grund dankbar zu sein.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 27-11-2007 22:56

Öl: Wo bleibt das 100-Dollar-Fass?

An der Nymex schwitzen die Händler. Der Ölpreis ist volatil wie selten zuvor, er steigt und fällt fast täglich um mehrere Dollar – und das auf kritischem Level. Die 100-Dollar-Marke ist seit Wochen zum Greifen nahe, vor wenigen Tagen fehlten nur noch 71 Cent, doch drüber kommt man nicht.

Nicht dass die Händler in den Pits von teurem Öl profitieren würden. Im Gegenteil: Jeder einzelne, der da auf dem Parkett der New Yorker Rohstoffbörse schreit und kauft und verkauft, ist ja auch ein Verbraucher, der unter steigenden Benzin- und Heizölpreisen leidet. Jeder einzelne zahlt seinen Benzin-Zuschlag auf Airline-Tickets und Paketpost, jeder einzelne spürt den allgemeinen Inflationsdruck, der in keinem Sektor so stark ist wie bei den Rohtsoffen.

Dass die Händler den Ölpreis dennoch dreistellig sehen wollen liegt nur daran, dass dann endlich die Anspannung weg wäre. „Lasst uns jetzt die 100 Dollar sehen, dann haben wir es hinter uns“, klagt ein Trader, dem die ewig gleichen Schlagzeilen auf den Wecker gehen. „Öl bald 100 Dollar?“, droht es immerhin täglich aus irgendeinem Wirtschaftsmagazin – klar, Öl wird bald bei 100 Dollar notieren, jedes Kind weiß das.

Die Frage ist: Wer hat etwas vom hohen Ölpreis, und wer leidet darunter? Und die Antwort liegt nicht auf der Hand, im Gegenteil: In der Rohstoff-Branche selbst gibt es Gewinner und Verlierer, in anderen Sektoren verhält es sich noch komplizierter.

In der Öl-Branche gibt es gerade unter den amerikanischen Konzernen unerwartet viele Verlierer. Denn Branchengrößen wie ExxonMobil und Chevron verkaufen an ihren Tankstellen viel mehr Benzin als sie aus ihrem selbst geförderten Öl gewinnen können. Die Raffinerien müssen also massiv nachkaufen – zum regulären Marktpreis. Umso härter triffte das Raffinerienbetreiber wie Valero und Sunoco, die so gut wie keine eigene Förderung haben, und deren Aktien in den letzten Wochen rund 15 Prozent abgegeben haben.

Andere Verlierer finden sich in der Automobil- und Flugzeugindustrie – in der sich aber wiederum Chancen für Gewinner auftun. Denn während Fluggesellschaften und Autofahrer mit hohen Spritkosten zu kämpfen haben, steigt die Nachfrage nach effektiveren Motoren und Turbinen. Das wiederum kommt einigen Zulieferern zugute, die einen Wachstumsmarkt bearbeiten können, der lange vernachlässigt war.

Ähnliches macht Monsanto als Spezialist für alternative Energien. Das Unternehmen, einer der größten Hersteller von Bio-Diesel, gehört zu den Lieblins-Aktien der Wall Street in diesem Jahr und hat seinen Wert seit Januar um rund 80 Prozent steigen sehen.

Dass alternative Energien immer wichtiger werden, ist weithin bekannt – allerdings auch, dass sie Öl nie ersetzen werden, solange noch ein Tröpchen des schwarzen Goldes aus der Erde gepresst werden kann. Insofern steigt mit dem hohen Ölpreis die Nachfrage nach Förderbedarf. Der Ölfeld-Spezialist Schlumberger und die Plattform-Betreiber Weatherford und Transocean profitieren direkt vom steigenden Ölpreis und sehen damit ihre eigenen Aktien und die ihrer Ausstatter steigen.

Und ein Sektor profitiert ohnehin, wenn Rohstoffe knapp und teuer werden: das Militär. Da die meisten Ölfelder mittlerweile in der Hand der jeweiligen Staaten sind, fließt verstärkt Geld in deren Kassen, wo es zu einem großen Teil in Rüstung – und damit letztendlich die Sicherheit der Öl- und Einnahmequelle – investiert wird. Aktien von Lockheed-Martin und Raytheon haben allein im letzten Vierteljahr vor dem Hintergrund eines steil steigenden Ölpreises um jeweils rund 20 Prozent zugelegt.

Wer klug investiert, kann also vom steigenden Ölpreis direkt profitieren – letzten Endes schaden teure Rohstoffe aber mehr als sie nutzen. Insofern wünschen sich die Trader an der Nymex wirklich keinen langfristig dreistelligen Ölpreis. Nur sehen möchte man ihn einmal. Ganz kurz.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 29-11-2007 17:38

IT-Schlamassel: Oodle, Boorah und Babooshnik

Erinnert sich noch jemanden an den Dotcom-Boom? Weiß noch jemand, wie seinerzeit im Silicon Valley die Internet-Start-Ups aus dem Boden schossen wie Krokusse im Frühling? Branchenmagazine – ebenso schnell gegründet – kamen gar nicht mehr nach, alle Klitschen zu prträtieren. Heute geht es noch viel wilder zu.

Dabei sind heute nicht einmal die Geschäftsideen der Start-Ups auffallend und unterhaltsam, sondern alleine schon die Namen. Das Netz ist ein Spielplatz für surreale Babywörter: Da bieten Bebo und Hulu und Kazaa ihre Dienste an, da buhlen Fark und Yelp und Woozyfly um Kunden. Start-Ups wie Apahcinc und Tucows haben offensichtlich keine Angst, dass man ihre Namen weder verstehen noch merken kann.

Es gibt einen einfachen Grund für das Namens-Schlamassel: Aktuell sind 60 Millionen Dotcom-Adressen registriert – damit sind eigentlich alle sinnvollen und naheliegenden Domains weg. Einfache Wörter, beispielsweise Branchen- und Produktbezeichnungen waren schon vor Jahren weg. Mit Music.com oder Shoes.com lässt sich also nichts mehr machen. Auch Service-Beschreibungen sind längst ausgebucht: Für FinancialAdvice.com oder DivorceLawyer.com kämen neue Unternehmen viel zu spät.

Was bleibt den jungen Sprossen also anderes übrig, sich Namen auszudenken. Manche machen das mit Hilfe eines Lexikons und lassen etwa bei bekannten Wörtern einen Buchstaben weg, wie etwa bei der Fotosharing-Seite Flickr.com.

Andere gehen ausschließlich nach dem Wohlklang eines Namens. Und nichts klingt in Silicon Valley besser als Google. Die Suchmaschine und Kursrakete war nach Yahoo das zweite Internet-Unternehmen, das mit dem Doppel-O und dem resultierenden „U“-Klang Freunde fand. Das Konzept haben in den letzten Monaten einige ander Online-Dienst übernommen, darunter: Oodle, Renkoo, Wakoopa, Yoomba, Squidoo, Boorah, Ooma, Qoosa, TagTooga, Joost und Babooshnik.

Dass all diese auf den Google-Zug aufspringen und bald mit ähnlichen Fan-Scharen rechnen können, glaubt Anthony Shore nicht. Im Gegenteil: Für den Namensspezialisten der kalifornischen Designschmiede Landor Assc. geht das Konzept nicht auf. „Bei manchen Firmen klingt es, als hätten sie bei der Suche nach einem guten Namen einfach aufgegeben“, so der Experte, der von „Nonsens-Wörtern“ gar nichts hält.

Gegen die Urväter Google und Yahoo hat Shore indes nichts, denn beide Unternehmen haben sich ja keine sinnleeren Namen gegeben. Die Firma Google ist immerhin an die Einheit Googol, die den Wert 10100 bezeichnet – eine ungeheure Zahl. Die Gründer Larry Page und Sergey Brin haben also das Programm zum Namen gemacht, denn eine ungeheure Menge Information soll die Suchmaschine verarbeiten.

Überhaupt: Dass Unternehmen auf der Suche nach einer Identität Wörter erfinden, ist ihnen nicht vorzuwerfen. Das gab es auch schon lange vor Beginn des Tech-Booms. Man muss schon bis zu den Urzeiten der Industrialisierung zurückgehen, um schlicht sachliche Namen zu finden. Bethlehem Steel, zum Beispiel, ein Stahlwerk aus der Stadt Bethlehem in Pennsylvania. Oder die National Biscuit Company, die eben Kekse verkaufte.

Letztere war später einer der Vorreiter des neuen Namenstrends, als man sich kürzer und prägnanter in Nabisco umbenannte. Ähnliche Kürzungen namen die American Telephone und Telegraph Company vor und International Business Machines vor, die heute schlicht unter AT&T und IBM firmieren.

Einen Schritt weiter ging es dann im Zuge der großen Merger und Übernahmen, nach denen manche Konzernlenker die größeren Wachstumschancen mit einem neuen Logo feiern wollten. Altria entstand auf diese Weise, ein Kunstwort, das an das lateinische „altus“ – der Höchste – erinnert. Weitere Phantasienamen: Verizon, Diageo, Enron.

An die hat man sich gewöhnt, vielleicht auch weil sie ihren eigenen Klang, ihre eigene Persönlichkeit hatten. An die neuen Namen aus dem IT-Sumpf wird sich kein Mensch gewöhnen, glauben Branchen-Insider. Von Qumana und Tendango und Xobni werde man bald nichts mehr hören. Einfacher Grund: Wer schon bei der Namensfindung für sein Unternehmen versagt, dem muss es auch grundsätzlich an Vision und Geschäftssinn mangeln. In diesem Sinne: Tschüss, Revver. Und Bye-Bye, Meebo.




Banker fürchten um ihr Weihnachtsgeld

Wenn am Mittwochabend am Rockefeller Center der größte Tannenbaum New York feierlich erleuchtet wird, beginnt in Amerika offiziell die Weihnachtszeit. Von der angemessenen Besinnlichkeit ist natürlich nichts zu spüren: Die Verbraucher sind im Einkaufsstress, und an der Wall Street ängstigt man sich um die Boni.

Bei manchem Banker im New Yorker Finanzviertel wird Weihnachten in diesem Jahr etwas kleiner ausfallen. Denn inmitten einer massiven Finanzkrise mit Milliarden-Abschreibungen und Rekordverlusten für fast alle Häuser der Branche bleiben die Bonus-Ausschüttungen für die Mitarbeiter deutlich unter den Werten der Vorjahre.

Besonders hart dürfte es erwartungsgemäß all jene Banker treffen, die direkt mit Hypotheken und mit Hypotheken-gesicherten Krediten handeln. Denn deren wilde Spekulationen haben die aktuelle Krise ausgelöst, entsprechend werden sie abgestraft: Der Durchschnittsbonus fällt von 2 Millionen Dollar auf genau die Hälfte, in vielen Fällen sollen die Zahlungen um bis zu 60 Prozent gekürzt werden.

Damit alleine lassen sich die Verluste der Branche wohlgemerkt nicht wettmachen. Immerhin haben die großen amerikanischen Finanzhäuser bisher Abschreibungen von rund 40 Milliarden Dollar eingestanden und dürften damit noch nicht am Ende sein. Entsprechend wird auch in anderen Abteilungen gespart. Kredit-Vermittler dürften ihre Boni um 35 Prozent gekürzt bekommen, Mitarbeiter im Fixed Income um bis zu 20 Prozent. Diese Statistiken meldet die Options Group, die alljährlich über die Ausschüttungen an der Wall Street Buch führt.

Andererseits gibt es durchaus Banker, deren Boni inmitten der Finanzkrise dennoch steigen dürften. Wer imt Rohstoff-Sektor arbeitet, hat ein ausgesprochen erfolgreiches Jahr hinter und ein entsprechend dickes Weihnachtsgeld vor sich. Und die Spezialisten für Merger und Übernahmen freuen sich ebenfalls auf steigende Zahlungen, denn mit Unternehmensdeals in Höhe von mehr als 21 Milliarden Dollar in diesem Jahr zeigt sich ihr Geschäft stabil.

Nicht nur zwischen den einzelnen Sektoren gibt es Unterschiede, sondern auch von Haus zu Haus. Goldman Sachs steht erwartungsgemäß an der Spitze der Bonus-Pyramide. Das Traditionshaus ist besser durch die Finanzkrise geschifft als alle Konkurrenten; mit geschickt platzierten Shorts hat man von den dramatischen Einbrüchen der Subprime-Kredite sogar profitiert. Bei Goldman Sachs werden entsprechend zu Weihnachten Boni über insgesamt 20 Milliarden Dollar ausgeschüttet – das entspricht mehr als der Hälfte aller Wall-Street-Zahlungen und em zweifachen des Bruttoinlandsprodukts von Jamaica.

Da mag manch ein Banker neidisch auf den Kollegen bei Goldman Sachs sein, und das beunruhigt die Konkurrenten. Entsprechend achtet man darauf, dass die eigenen Boni nicht allzu steil fallen – Hand auf´s Herz: Der Subprime-Broker kommt mit einem auf 1 Million Dollar halbierten Bonus noch recht gut weg. Außerdem wird ein größerer Teil des Bonus als bisher in Aktien statt in Cash gezahlt. Das soll Top-Banker im Unternehmen halten und einen Brain Drain vor allem bei den Häusern verhindern, die ihre Spitzenleute am dringendsten brauchen, um im nächsten Jahr aus der Krise zu finden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 30-11-2007 18:07

Der Tannenbaum als Konjunkturfaktor

Als 1931 am Rockefeller Center erstmals ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde, war dieser gerade einmal sechs Meter hoch. Seither fällt der Baum jedes Jahr ein wenig mächtiger aus, in diesem Jahr misst die Fichte mehr als 25 Meter – sie wird zigtausende Besucher begeistern, die sich ihren eigenen Baum immer weniger leisten können.

Denn in Zeiten hoher Inflation werden eben nicht nur Sprit und Lebensmittel teurer. Auch der Weihnachtsbaum kann dem Preistrend nicht entgehen – schon gar nicht in Manhattan. Das allerdings hat gar nicht so sehr mit den steigenden Preisen in der Forstwirtschaft zu tun, als mit der Platzmiete, die die Verkäufer in den Straßen der Millionenstadt entrichten müssen.

Anders als im Rest der USA geht es für den Immobilienmarkt in New York nämlich nach wie vor steil nach oben, und das betrifft Kaufpreise und Mieten. Auch Gehweg-Mieten, wohlgemerkt. Scott Lechner, der seit 25 Jahren seine Bäume an einer der besten Kreuzungen im Künstlerviertel SoHo verkauft, zahlt in diesem Jahr das Fünffache dessen, was noch vor einigen Jahren fällig war: Von 2500 Dollar wurde die Standmiete kontinuierlich auf die aktuellen 12 500 Dollar geschraubt.

Was bleibt dem Mann anderes übrig, als die höheren Kosten zumindest teilsweise an die Kundschaft weiterzugeben. Dabei ist Lechner seiner Klientel gegenüber äußerst fair: Zunächst will er die Preise so niedrig wie möglich halten und die Mehrausgaben über höheres Verkaufsvolumen ausgleichen. Doch das dürfte nicht leicht sein, denn immer weniger New Yorker mühen sich mit Fichte und Tanne ab – sie steigen auf Plastik um.

Viele tun das der Natur zuliebe. Ihretwegen soll in den Wäldern Amerikas – die meisten Bäume kommen aus Oregon, North Carolina, Michigan, Pennsylvania, Wisconsin und Washington – kein Baum gefällt werden, auf dass er für vier hektische Wochen Weihnachtsfreude stifte. So standen im letzten Winter in 9,3 Millionen US-Haushalten künstliche Bäume, während echte Bäume noch in 28,6 Millionen Haushalten nadelten.

Die National Christmas Tree Organisation (NCTO) – in den USA gibt es für alles einen Branchenverband! – will diesen Trend umkehren. Aus gutem Grund: Unter allen Resourcen, die in Amerika ohne Reue verschleudert werden, ist ausgerechnet der Weihnachtsbaum eine schnell nachwachsende. Für jeden gefällten Baum werden im Schnitt drei neue Setzlinge gepflanzt. Zudem werden die meisten Bäume nach Weihnachten recyclet. Der Rockefeller-Baum wird traditionell zu Bauholz für „Habitat for Humanity“ geschnitten, einer wohltätigen Organisation, die Häuser für Bedürftige baut.

Plastikbäume hingegen, so die NCTO mögen zwar ein paar Jahre lang halten, sind aber nicht biologisch abbaubar und belasten die Natur damit langfristig.

Auch aus konjunktureller Sicht empfiehlt man den Amerikanern den echten Baum. Der kommt nämlich mit Sicherheit aus dem eigenen Land, wo mehr als 30 000 Farmen auf 180 000 Hektar Anbaufläche mehr als 100 000 Mitarbeiter beschäftigen. Der Plastikbaum wird hingegen aus China importiert und trägt damit seinen Teil zum hohen Handelsdefizit bei. Zudem genügen viele Kunstbäume nicht den amerikanischen Sicherheitsvorschriften: Sie sind oft mit bleihaltiger Farbe bearbeitet, wie sie zuletzt auch in zahlreichen Spielwaren aus China nachgewiesen wurde. Damit drohen nicht nur die Geschenke unter dem Baum zum Gesundheitsrisiko zu werden, sondern auch der Baum selbst.

Ganz wie bei den Spielwaren dürften viele amerikanische Verbraucher in der laufenden Weihnachtssaison wieder auf einheimische Produkte umstellen. Damit gibt es für die geplagten Baumverkäufer auf New Yorks teuren Gehwegen zumindest einen Hoffnungsschimmer.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 10-12-2007 17:53

Hank, Hillary und die Retter der Subprime-Loser

Mitten im Wahlkampf steckt Amerika in einer Kreditkrise. Nun spielen Republikaner und Demokraten Retter in der Not, springen dem kleinen Mann bei – im aktuellen Fall: Sie zwingen die Banken, die Zinsen für Hypotheken mit flexibler Verzinsung einzufrieren und Millionen von Amerikanern vor der Zwangversteigerung zu bewahren. Doch nicht alle Amerikaner jubeln den Rettern zu.

Dabei meinen die Politiker es zunächst gut. Angefangen von Finanzminister Hank Paulson, der nach tagelangen Verhandlungen mit den großen Kredithäusern einen Plan ausgeheckt hat:

Anstatt im nächsten Jahr planmäßig die Zinsen für bis zu zwei Millionen Subprime-Hypotheken anzuheben, was viele Hausbesitzer zahlungsunfähig und massenweise Zwangsversteigerungen herbeiführen würde, lassen die Institute die Sätze unverändert. Die Details wird Paulson am Donnerstagmittag bekannt geben. Es ist davon auszugehen, dass die Banken in irgendeiner Form vom Staat entschädigt werden und Rechtsschutz erhalten, falls sich die Investoren über entgangene Zinsgewinne beklagen.

Dass sich die Banken die höheren Zinsen entgehen lassen, kommt einem Schuldeingeständnis gleich. Die Unternehmen wissen, dass sie inmitten des Häuserbooms ganz tief in die Trickkiste gegriffen und bewusst Hypotheken verkauft haben, die den Schuldner binnen weniger Jahre überwältigen würden.

Dabei griff man nicht nur zu ungewöhnlichen Produkten, wie Hypotheken, an denen nur die Zinsen – und in manchen Fällen sogar weniger als die Zinsen – abgezahlt werden mussten. Manche Verkäufer ließen sich auch zu miesen Tricks im Verkaufsgespräch hinreißen, sprachen von möglichen Gehaltserhöhungen, dramatisch steigenden Häuserpreisen und der Möglichkeit einer lukrativen Refinanzierung… alles Dinge, die in einem gesunden Markt passieren können, den Investoren in der größten Immobilienblase der US-Geschichte aber vorenthalten blieben.

Millionen von Amerikanern hatten nun in den letzten Jahren eher das Traumhaus als eine mögliche Branchenkrise im Auge und unterschrieben naiv Hypotheken, die sie jetzt nicht mehr zahlen können. Die Deutsche Bank schätzt, dass 1,2 Millionen einzelne Darlehen in der Luft hängen. Die Bank of America rechnet damit, dass im nächsten Jahr pro Quartal 85 Milliarden Dollar an Krediten für ihre jeweiligen Schuldner zu teuer werden. Diesen zu helfen ist eine gute Sache, und die wollen die Demokraten im Wahlkampf natürlich nicht Hank Paulson und der Bush-Regierung überlassen.

So schaltete sich auf demokratischer Seite Hillary Clinton in die Debatte ein. Die New Yorker Senatorin stellte am Mittwoch ihren eigenen Maßnahmenkatalog zur Rettung der Subprime-Schuldner vor. Der geht etwas weiter als der Plan des Finanzministers und schließt einen Schutz für diejenigen Hausbesitzer ein, die bereits delinquent sind. Zudem will Clinton 5 Milliarden Dollar bereitstellen, mit denen die Kommunen Beratungszentren für verschuldete Hausbesitzer aufbauen sollen.

Das ist vermutlich die beste Idee in dem Konzept, über den Rest wird heftig gestritten. Denn wieder einmal – bei Paulson und Clinton – öffnet die Regierung all denen ein Hintertürchen, die sich verspekuliert und streng genommen selbst in die Krise manövriert haben. Werden denen die Zinsen eingefroren, werden alle anderen bestraft, die klug genug waren, ihre Häuser mit höher aber fest verzinsten Hypotheken zu finanzieren.

Andererseits wird dem Markt eine dringend notwendige Bereinigung vorenthalten. Der Häuserboom – ausgelöst, weil plötzlich auch Käufer im Markt waren, die sich kein Haus leisten konnten – haben die Immobilienpreise zwischen Florida und Los Angeles derart in die Höhe getrieben, dass sich viele seriös kalkulierende Amerikaner mit vernünftigen Hypotheken kein Heim mehr leisten konnten. Viele von ihnen bloggen nun um die Wette und bitten Clinton und die Regierung, nicht wieder auf Steuerkosten Abhilfe zu schaffen.

„Genug ist genug“, schimpft ein gewisser „Peter“ auf dem Immobilienblog des Finanzsenders CNBC und spielt damit auf die zahlreichen früheren Fälle an, in denen die Regierung Spekulanten geholfen hat. Das beginnt bei den Millionenzahlungen an die Fluggesellschaften und geht über die Rentenhilfe für die Automobilhersteller bis zu jeder weiteren Zinssenkung, mit der die Fed Liquidität in einen überschuldeten Markt treibt.

Mit Blick auf den hohen Schuldenstand will Blogger „Karl“ die Subprime-Krise samt der zu erwartenden Zwangsversteigerungen gar als „wake-up call“ verstanden wissen. Als ein endgültiges Signal an die Amerikaner, nicht dauernd über ihre Verhältnisse zu leben.

Solche Signale wären angebracht, zumal nach der Hypotheken- schon die Kreditkartenkrise mit einem weitgehend ungesicherten Volumen von weiteren 900 Milliarden Dollar lauert. Die kann nur abgewendet werden, wenn sich die Amerikaner zusammenreißen, auch wenn das angesichts der Sonderangebote für Navigationssysteme und Flachbildschirme vor Weihnachten schwer fällt.

Doch über den „wake-up call“ lachen Wirtschaftsexperten nur, und manche scheinen ihn gar nicht zu wollen. Denn wenn die Amerikaner weniger Geld ausgeben, spüren das die Unternehmen. Insofern hat sich das Land in seiner unersättlichen Konsumgier verrannt. Genau deshalb ist wiederum nötig, was am Donnerstag in Washington verkündet werden soll: Dass die Schuldner erlöst, dass ihre Zinssätze eingefroren werden.

Das kleine Übel – die Ungerechtigkeit gegenüber seriöseren Hausbesitzern – verhindert ein viel größeres Übel, nämlich eine Rezession. Der könne der Markt ohne Hilfe aus der Hauptstadt garantiert nicht entgehen, fürchtet Ron Insana, Chef-Analyst beim Finanzsender CNBC.

Alle die sich ungerecht behandelt fühlen und mit ihrem Schicksal hadern, mögen im Geist der Vorweihnachtszeit Trost finden. Die Zwangsversteigerung für Millionen von Immobilien-Zockern würde in den nächsten Jahren unzählige Familien obdachlos machen. Eine solche Krise zu verhindern gehört mindestens genau so zu Amerika wie die Gier und das gedankenlose Spekulieren, die zu der Krise geführt haben.


Setzt Citigroup auf Vikram Pandit?

Ob die Fed die Zinsen senkt, ein Saudi-Scheich Geld zuschießt oder ein Staat in Fernost Milliarden investiert… es scheint, dass irgendjemand immer bereit ist, den Großbanken zu helfen, die sich in eine Kreditkrise spekuliert haben. Die meisten Häuser erholen sich daher von ihren Kursverlusten – nur die Citigroup hinkt hinterher.

Von allen Bank-Aktien hat sich das Papier der weltgrößten Bank in den letzten Wochen am wenigsten von den Tiefschlägen auf dem New Yorker Parkett erholt. Und das hat einen guten Grund: Während auch andere Banken Milliarden-Abschreibungen und Rekordverluste einräumen mussten, hat die Citigroup ein viel größeres Problem: Inmitten der schwersten Krise ist das Unternehmen führungslos.

Seit man vor fünf Wochen den glücklosen Chuck Prince gefeuert hat, hat sich noch kein neuer CEO gefunden. Den heftig umworbenen John Thain, vormals Chef der New York Stock Exchange, hatte man verloren, als der sich für den CEO-Posten bei Merrill Lynch entschieden hatte. Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, war einige Zeit lang im Gespräch, doch bleibt der lieber in Frankfurt. Im eigenen Haus traute man keinem die Rolle zu, und die Chefs anderer Finanzhäuser fragten zurecht, warum sie denn beim Sorgenkind der Branche anheuern sollten. Der Reiz, den größten Finanzkonzern der Welt zu lenken, konnte es schließlich nicht sein, denn zu den ersten Aufgaben des neuen Lenkers dürfte eine Zerschlagung des Branchenmultis gehören.

Keine leichte Aufgabe, aber eine dringend notwendige. Chuck Princes Vorgänger Sandy Weill hat Citigroup durch aggressive Merger zu dem globalen Konglomerat gemacht, dass Anlegern während der Wachstumszeit Traumrenditen beschert hat – und das danach nicht mehr zu steuern war. Einzelne Sparten ließen sich nicht sauber integrieren, der Citigroup mangelte es an Unternehmenskultur. Die muss der neue Chef mitbringen, und entsprechend will der gut gewählt sein.

Schon in den nächsten Tagen könnte sich der Vorstand für Vikram Pandit entscheiden, munkeln Insider an der Wall Street. Der aus Indien stammende Top-Banker war jahrelang Chef der Investmentgruppe bei Morgan Stanley, bevor er 2005 im Streit mit dem damaligen CEO Phil Purcell das Unternehmen verließ. Purcell wurde kurz darauf gefeuert. Pandit gründete einen Hedgefond, der im vergangenen Sommer für 800 Millionen Dollar von der Citigroup übernommen wurde – und der Pandit in das Unternehmen brachte, das er jetzt führen soll.

Dass Pandit selbst an dem Job höchst interessiert ist, zeigt schon die Tatsache, dass er sämtliche Artikel, die ihn als Kandidaten sehen, seit Wochen auf seinem Blog präsentiert. Dass er den Job noch nicht hat, zeigt, wie viele Zweifler er noch besiegen muss. Die werfen ihm vor, zu wenig Erfahrung im Unternehmen zu haben. Damit wäre dann aber die Hälfte der einstigen Wunschkandidaten zu streichen, denn die kamen von außerhalb der Citigroup. Andere fürchten, Pandit sei im Umgang mit einem Finanzkoloss wie der Citigroup nicht erfahren genug. Doch wer ist das schon? Der geschasste Chuck Prince war es offensichtlich nicht. Und quer durch die Finanzbranche rechnet man ohnehin mit Entlassungen und Teilverkäufen bei Citi, wodurch der Koloss möglicherweise bald einfacher zu steuern wäre.

Zudem muss Pandit ja nicht alleine ans Ruder. Entgegen dem üblichen System, CEO und Chairman in Personalunion zu setzen, könnte man dem Vorstandschef einen Chairman zur Seite geben. Damit wäre die Führungsverantwortung auf zwei paar Schultern verteilt – so wie es auch bei anderen Konzernen besser wäre. Als Chairman haben Insider zur Zeit Robert Willumstad vom Dow-notierten Versicherer AIG im Auge. Zudem steht Richard Parsons zum Jahreswechsel zur Verfügung. Der ausscheidende Time-Warner-Chef sitzt im Aufsichtsrat der Citigroup und gehört zu der Direktorengruppe, die über die künftige Führung der Bank entscheiden soll.


Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 14-12-2007 19:08

Millionäre im Wahlkampf

Der US-Vorwahlkampf wird immer enger. Drei Wochen vor den ersten Stichwahlen tauchen jeden Tag neue Umfragen auf, die mal Hillary Clinton und mal Barack Obama vorne sehen, auf republikanischer Seite meist Rudy Giuliani und manchmal Mike Huckabee. Alle Kandidaten werden genau unter die Lupe genommen – bis hin zu ihrem Kontostand.

Nicht dass das persönliche Vermögen eines Kandidaten direkten Einfluss auf die Wahl hat oder haben sollte, doch lässt sich über einen Blick auf die Finanzen doch manchmal Interessantes herausfinden. Vor allem eines: Wenn die Politiker mit Anekdoten aus ihrem früheren Berufsleben Sympathien gewinnen wollen, tun sie das aus einer Perspektive, die entrückter nicht sein könnte:

So erinnert John Edwards gerne daran, wie er einst in einer Getreidemühle die Steine schrubben musste – ein Knochenjob. Schrubben musste auch Mike Huckabee, und zwar Fingerabdrücke auf den Glastüren des örtlichen Supermarktes. Im Einzelhandel diente auch der Republikaner Fred Thompson, der einst Kinderschuhe verkaufen musste. Hillary Clinton brüstet sich damit, in Alaska Fische ausgenommen zu haben, und Barack Obama hat seine Karriere wie jeder gute Amerikaner gewonnen – am Fastfood-Grill.

Obama mag gute Chancen haben, der nächste Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, ein Blick auf sein Konto zeigt ihn aber noch am nächsten an der Friteuse. Sein Nettowert: Knappe 1,3 Millionen Dollar. An seinem Haus in Illinois gehören dem Senator schlappe 600 000 Dollar, der Rest liegt bei der Bank. Knappe 400 000 Dollar hat Obama in Mutual Funds investiert, und etwa 250 000 hält er in Cash. Eine äußerst konservative Geldanlage, finden Analysten – aber vielleicht angemessen für den „ärmsten“ unter den Kandidaten.

Etwas besser geht es da schon Fred Thompson. Der Mann, der als rechtlicher Berater in den Watergate-Ermittlungen einen Frühstart in Sachen Politik hatte, stand nicht sein ganzes Leben lang im Dienste der Wähler. Als Lobbyist verdiente er fast zwanzig Jahre lang deutlich besser, später machte er als Hollywood-Star Karriere – heute ist er über 8 Millionen Dollar wert, wovon die Hälfte in Immobilien stecken.

Das Mittelfeld der Kandidaten ist recht eng besetzt: Mit einem Privatvermögen von 34,9 Millionen Dollar fällt Hillary Clinton nicht groß auf. Der größte Teil ihres Guthabens kommt aus den Tantiemen für das First-Lady-Memoir „Living History“ und aus den Einnahmen ihre Gatten Bill. Der Ex-Präsident hat für sein Buch mehr als 12 Millionen Dollar kassiert, zudem nimmt er rund 150 000 Dollar pro Vortrag. Viel Geld, das man besser investieren könnte. Die Clinton halten ein paar Aktien – von A wie Abbott Labs bis Y wie Yahoo – aber satte 30 Millionen Dollar in bar. Analysten empfehlen, mindestens die Hälfte davon in Aktien zu stecken, vor allem in inflationären Zeiten.

So wie das John McCain macht. Fast 25 von insgesamt 40 Millionen Dollar stecken in Aktien und Fonds. Die laufen allerdings größtenteils auf den Namen seiner Frau, die als Bier-Erbin hinter dem größten Teil des Familienvermögens steht. Anders als Rudy Giuliani. Der macht sein Geld selbst, investiert aber offensichtlich auch nach seinem Gusto – und nicht unbedingt mit Expertise. So hält er einige Finds, die bei den Ratingagenturen nur als drittklassig gelten.

An der oberen Grenze des Mittelfelds rangiert John Edwards. Der ehemalige Verteidiger hat sich seine Plädoyers teuer bezahlen lassen und hat heute ein Vermögen von fast 55 Millionen Dollar. Mehr als die Hälfte steckt in Aktien und Fixed Income, weitere 10 Millionen Dollar in Immobilien.

Bleibt der Blick an die Spitze: Mit Abstand reichster Kandidat ist der – bei den Wählern mittlerweile leicht abgeschlagene – Republikaner Mitt Romney. Der frühere Gouverneur von Massachussetts sitzt auf knapp über 200 Millionen Dollar, wovon etwa 150 Millionen in Wertpapieren angelegt sind. Weitere 18 Millionen stecken in Immobilien, weitere 18 Millionen in Cash. Die Anlage ist clever gewählt – kein Wunder: Romney ist Gründer von Bain Capital, einem Private-Equity-Unternehmen aus Boston.

Für Romney ist sein persönlicher Reichtum mehr als für alle anderen ein Politikum. In der aktuell heißen Diskussion um die Erbschaftssteuer ist seine Stellung klar: Schafft der Kongress die Erbschaftssteuer nicht ab, werden seine Kinder einmal mit bis zu 90 Millionen Dollar zur Kasse gebeten. Die Romneys sorgen jedoch vor und verteilen ihr Geld großzügig: Laut Gesetz dürfen sie Enkelkindern jährlich 24 000 Dollar schenken, und das summiert sich, schließlich ist Romney Mormone und hat bereits 12 Enkel.

Brisantes Detail: Vor dem Wahlkampf haben Romneys Berater einige Aktien aus seinem Portfolio verkauft, die politisch problematisch gewesen wären. Darunter einige Kasino-Aktien (bei den Mormonen ist Spielen verboten), und die Papiere einiger Konzerne, die geschäftliche Beziehungen zum Iran unterhalten.

Ob ihm der Verkauf nützt ist unklar, doch zur Zeit gehört Romney nicht zu den heißesten Anwärtern auf das Weiße Haus. In den Umfragen führen zur Zeit Hillary Clinton und Barack Obama, Rudy Giuliani und Mike Huckabee.










Zahlen mit Spongebob und Bambi


Andere Länder, andere Sitten: Die Amerikaner kennen ein Ritual, dass den meisten Europäern völlig fremd sein dürfte. Einmal die Woche setzen sich John und Jane Doe an ihren knarzigen Schreibtisch und bezahlen ihre Rechnungen – per Scheck. Den Kugelschreiber in der Hand werden Miete, Telefon und das Zeitungs-Abo beglichen. Das dauert.

Noch schlimmer ist es wohlgemerkt, wenn die mühsame Scheckschreiberei den Zahlungsverkehr nicht nur in den eigenen vier Wänden verzögert, sondern in der Öffentlichkeit. Es kommt nicht selten vor, dass Kunden im Supermarkt per Scheck bezahlen. Je nach Schreibtempo lässt das eine Schlange vor der Kasse noch länger warten als sonst.

Doch die Amerikaner nehmen´s gelassen; sie mögen ihre Schecks. Sie nutzen den auf 7 mal 15 Zentimeter genormten Schein nicht nur zum Zahlen, sondern auch als Spiegel in die Seele. Per Scheck lässt man die Mitmenschen erkennen, ob man lieber jagen oder fischen geht, welches Football-Team man unterstützt und ob Kinder im Haus sind. Die Banken drucken je nach Vorliebe des Kunden Hirsche und Heilbutt, Yankees und Red Sox, Spongebob und Bambi auf die Scheinchen.

Und dennoch: Jahrzehnte nach dem Aussterben des Schecks in Europa stellen auch die Amerikaner zumindest schrittweise auf elektronische Zahlungsmittel um. Aktuelle Daten der Fed zeigen, dass die Zahl der Scheck-Transaktionen im letzten Jahr um fast 7 Prozent gefallen ist, während die elektronischen Überweisungen um 12 Prozent zugelegt haben.

Experten beobachten diesen Trend seit einigen Jahren und loben die Effizienz der modernen Systeme. Die haben mittlerweile einen Anteil von zwei Dritteln des nicht baren Zahlungsverkehrs, während der Scheck auf ein Drittel zurückgefallen ist. Noch 2003 wurde jede zweite Rechnung mit dem Kugelschreiber beglichen.

Ganz aussterben wird der Scheck indes nicht. Etwa 30 Milliarden werden pro Jahr noch verschickt, notiert die Fed. Die stapeln sich so hoch wie der Mount Everest, der seinerseits so manches Scheck-Design ziert.


Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 19-12-2007 20:30

Tasche statt Tüte

Die Weihnachtsstimmung in New York ist nicht zu übersehen: Die Türsteher vor dem Spielzeugimperium FAO Schwarz tragen rote Mützchen, die Schaufenster sind festlich dekoriert, die kristallne Schneeflocke über der Fifth Avenue erhellt das Einkaufsparadies der Wohlbetuchten – doch die Kunden schauen mehr als dass sie kaufen.

An der Wall Street werden die Analysten immer pessimistischer für das laufende Weihnachtsgeschäft. Die Trendbeobachter in New York glauben hingegen, dass es längst nicht mehr darum geht, was in die Einkaufstaschen der Kunden kommt – wichtig ist die Tasche selbst. Die Edelboutiquen in Manhatten gestalten immer schickere Accessoires und nutzen die Tasche damit als ein letztes Werbeinstrument, das noch Kunden anziehen soll. Mit Erfolg, wie das Beispiel von Lord & Taylor zeigt:

Das traditionsreiche Modehaus hat ein ganzes Jahr an seinem Konzept für eine neue Tragetasche gefeilt und diese letztlich von Designer David Lipman gestalten lassen. Außen strahlend weiß und innen leuchtend orange ist das Teil ein Blickfang, der Name Lord & Taylor erscheint beidseitig im aufwändigen Reliefdruck, und eine anspruchsvoll geknotete Kordel liegt als Griff besser in der Hand als die Plastikriemen, die die frühere Wegwerf-Tüte verunstaltet hatten.

Die Tasche von Lord & Taylor ist in New York der letzte Schrei – doch kommt der nicht umsonst. Ganze 80 Cent lässt sich das Unternehmen jede Tasche kosten, das ist doppelt so viel wie der Branchendurchschnitt. Schlagzeilen inklusive, wohlgemerkt. Die New York Times berichtete jüngst auf der Titelseite über den Taschenkult.

Dem Beispiel von Lord & Taylor folgen nun andere Einzelhändler: Das Luxushaus Bergdorf Goodman, dessen Tasche mit einem modischen Silhouettendruck auf Lavendel legendär ist, arbeitet gerade an einem neuen Design, das im Herbst 2008 – rechtzeitig zum nächsten Weihnachtsgeschäft – vorgestellt werden soll. Eines ist vorab klar: Aus dem aktuell recht lapprigen Papier wird das neue Modell nicht sein. Insider rechnen mit einem Vinyl-verstärkten Körper, der das Teil für modebewusste Frauen zur zweiten Handtasche werden lässt.

Die Idee, die Tragetasche damit zum dauerhaften Accessoire zu machen, haben in New York zuletzt auch der Aerobic-Spezialist Lululemon und das Modehaus Scoop umgesetzt. Einzelhandels-Analysten hat das zunächst verwirrt, denn in den letzten Jahren ist der Umsatz mit teuren Lederhandtaschen so stark gestiegen wie nie zuvor. Elegante Handtaschen von Coach, die bis zu 1200 Dollar kosten, haben dem NYSE-notierte Unternehmen in den letzten fünf Jahren zeitweise zu einem Kursgewinn von 500 Prozent verholfen. Seit einigen Monaten hingegen verliert das Coach-Papier deutlich. Das könnte daran liegen, dass die kostenlose Coach-Einkaufstasche dem eigentlichen Produkt langsam den Rang abläuft.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 20-12-2007 18:39

Fed-Gebote: Du sollst nicht lügen und betrügen

Den Leitzins zu senken mag an den US-Börsen das beliebteste Mittel sein, mit dem die Notenbank der Kreditkrise zuleibe rücken kann. Doch es gibt noch andere Wege: Die Fed kann den Banken billigere Kredit geben, über Bond-Auktionen Liquidität schaffen oder – wie jetzt geschehen – die künftigen Spielregeln für die Kreditinstitute ändern.

Die Notenbank hat in dieser Woche ein neues Regelwerk beschlossen, mit dem Hypothekenkrisen wie die laufende zumindest in Zukunft verhindert werden können. Dabei fällt vor allem eines auf: Die Regeln sind keineswegs revolutionär; sie verbieten den Kreditgebern lediglich Praktiken, die nicht nur dem gesunden Menschenverstand widersprechen, sondern in einzelnen Fällen direkt kriminiell sind.

So ist es Banken künftig nicht mehr erlaubt, Hypotheken mit „verlogenen Raten“ zu bewerben. In den letzten Jahren fiel mancher Hauskäufer auf Angebote herein, in denen ein „festgelegter Zinssatz“ Sicherheit bot – für zwei Jahre, wie sich dann im Kleingedruckten fand. Hinter dem Schlagwort „Festzins“ verbarg sich also ganz genau das Gegenteil: ein Kredit mit flexiblen Raten.

Es ist Banken künftig auch verboten, einem Kunden eine Hypothek zu geben, die sich dieser nicht leisten kann. Statt traumtänzerischen Leuten vorzurechnen, unter welchen fantastischen Umständen – Gehaltserhöhung, Erbschaft, etc. – sich künftig steigende Zinsen eventuell ertragen ließen, müssen Kreditgeber nun die Notbremse ziehen und illiquiden Kunden einen Kredit verweigern.

Ferner werden künftig illegitime Strafzinsen verboten, mit denen mancher Kreditgeber seinen Kunden heimlich Fesseln anlegte. In vielen Hypothekenverträgen steht, dass der Kredit zwar früher abbezahlt werden kann, aber nur gegen hohe Strafgebühren. Darüber waren sich hunderttausende Amerikaner zuletzt nicht im Klaren. Viele zahlten mehr als ihre vertragliche Monatsrate – statt sich damit früher zu entschulden, tappten sie in die Falle. In einigen Fällen konnten Hausbesitzer ihre Strafen nicht zahlen und verloren ihre Häuser.

Dass die Kreditgeber in den letzten Jahren überhaupt mit solchen Mitteln gearbeitet haben, beweist was 86 Prozent der vom Nachrichtensender CNN befragten Amerikaner ohnehin glaubten: Die Schuld für die Kreditkrise liegt bei den Banken. Einige Unternehmen der Branche haben mit betrügerischen Mitteln Hypotheken vergeben und müssen dringend an neue Regeln gebunden werden.

Einige Maßnahmen im Fed-Katalog richten sich indes nicht nur an die Subprime-Leiher, sondern an alle Hypothekengeber. Denen sind beispielsweise Bonus-Systeme verboten, die Maklern eine Umsatzbeteiligung zuschacherten, wenn diese dem Kunden eine Hypothek teurer als nötig andrehen konnten. Auch will die Notenbank künftig verstärkt darauf achten, dass Banken die Immobiliengutachter nicht mehr unter Druck setzen, Häuser über ihrem Marktwert auszuweisen. Dass solche Regeln überhaupt festgesetzt werden müssen, ist nicht weniger als ein Skandal – und doch nicht mehr als ein erster Schritt aus der Krise.

Wie tief Amerika im Subprime-Desaster steckt, ist indes noch lange nicht bekannt. Dass nach jüngsten Informationen selbst das bislang wackere Powerhaus Goldman Sachs im laufenden Quartal mit Problemen rechnet, deutet an, dass der Boden noch lange nicht erreicht ist.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 06-01-2008 22:31

2007 – Die Gewinner des Jahres

Das Jahr hatte so gut begonnen – mit einer steilen Rallye bis Mitte Juli. Danach hatten es die Börsen schwer. Inmitten einer massiven Immobilien- und Kreditkrise verloren die Banken Milliarden und mancher Anleger das Vertrauen in den Markt. Jetzt ist das Jahr vorbei, in dem es aber auch manchen Gewinner gab – ein Überblick.


Als größten Gewinner des Jahres darf sich wohl Carlos Slim Helu feiern. Der mexikanische Telekom-Modul hat es in diesem Jahr ganz an die Spitze geschafft: Laut Fortune ist er mit einem Vermögen von 59 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt und hat Bill Gates und Warren Buffet abgelöst.

Dicht auf den Fersen ist Mukeah Ambani, der Chairman des Industriekonglomerats Reliance Industries. Der indische Öl-Gas-Raffinerie-Chemie-Textil- und Einzelhandelsmulti hat eine starke Performance hinter sich, und der Chef ist mittlerweile 55 Milliarden Dollar schwer und damit einer der fünf reichsten Menschen der Welt. Ambanis persönlicher Erfolg des letzten Jahres: der Spatenstich für sein neues Eigenheim, das 60 Stockwerke hoch und 1 Milliarde Dollar teuer wird.

Ebenfalls aus Indien, aber nicht ganz so reich ist Indra Nooyi, die beim Wirtschaftsmagazin Forbes als mächtigste Frau in der Unternehmenswelt gilt. Nooyi ist CEO von PepsiCo und hat den Börsenwert ihres Konzerns in den letzten zwölf Monaten um 25 Prozent steigen sehen.

Um gut 40 Prozent eingebrochen ist hingegen der Börsenwert der Blackstone Group, die im vergangenen Juni als erste „Heuschrecke“ an die Börse ging. Das heißt nicht, dass an dem IPO alle verloren hätten – im Gegenteil: Blackstone-Chef Stephen Schwarzman kassierte zum Börsengang mehrere hundert Millionen Dollar und stieg nun mit einem Gesamtvermögen von 7,8 Milliarden Dollar auf Platz 40 der Krösus-Liste.

Den Titel des besten CEO muss er aber andere überlassen. Lloyd Blankfein, zum Beispiel, dem hoch geschätzten Chef von Goldman Sachs. Der hat sein Haus sicher durch die Subprime-Krise gesteuert und steht unter allen Wall-Street-Bossen am besten da. Mehr oder wenig gerechter Lohn: eine Gehaltserhöhung um 30 Prozent – auf 70 Millionen Dollar.

Mit 15 Millionen Dollar muss sich Mark Hurd zufrieden geben, der im letzten Jahr die siechende Hightech-Schmiede Hewlett-Packard gerettet hat. Seit Hurd am Rude ist, hat HP Marktanteile ausgebaut und den Konkurrenten Dell überholt, die Aktie klettert. Ebebso natürlich das Papier des Hightech-Kollegen Steve Jobs, der unter allen CEOs in Amerika am meisten Spaß zu haben scheint. Zwischen iPod, iPhone und riesigen Zeichentrick-Erfolgen bei Walt Disney dürfte Jobs kaum mehr Zeit haben, sein Geld zu zählen. Wenn er bei Fortune nachschaut, sieht er sein Vermögen dort auf 5,6 Milliarden Dollar geschätzt.

Auf dem besten Weg zu solchen Summen ist auch Mark Zuckerberg. Der 23-Jährige, der Harvard abgebrochen hat um die Social-Website Facebook.com zu wntwickeln, hat in diesem Jahr dick Kasse gemacht. Nachdem er ein Angebot von Yahoo über 1 Milliarde Dollar ausschlug, ließ er Microsoft einsteigen. Der Konzern zahlte 210 Millionen Dollar für einen Anteil von 1,6 Prozent – damit bewertet man Facebook mit rund 12 Milliarden Dollar.

Interessanterweise gibt es auch Sieger, die eigentlich gar nichts geleistet haben. Robert Nardelli ist das beste Beispiel. Anfang 2007 trat der glücklose CEO von Home Depot zurück, nachdem die Baumarktkette unter seiner Führung Marktanteile verloren und ihren Börsenwert um 40 Prozent abgebaut hatte. Zum Abschied kassierte Nardelli 210 Millionen Dollar – und einen neuen Job gab´s auch gleich: Seit August steht Nardelli bei Chrysler an der Spitze.

Doch nicht nur CEOs machen Geld in Corporate America, auch der geschickte Anleger kassierte im vergangenen Jahr gut ab. Prominentestes Beispiel ist der Rapper 50 Cent. Der hatte vor einigen Jahren in den Getränkehersteller Glaceau investiert, der im Mai für 4,2 Milliarden Dollar an Coca-Cola ging. Der Musiker strich bei dem Verkauf 400 Millionen Dollar ein – mehr als mir seinen besten Platten.

Immer gut im Geschäft war Madonna, die sich im vergangenen Jahr von ihrem Plattenlabel Warner Music getrennt hat, um danach als erster Künstler beim Konzertveranstalter Live Nation zu unterschreiben. Der Vertrag läuft über zehn Jahre und bringt Madonna 120 Millionen Dollar ein. Zu Weihnachten gab es für das Material Girl noch einen schönen Bonus: Die Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame.

Weitere Gewinner des Jahres finden sich im Sportsektor: Tiger Woods strich 2007 einen neuen Vertrag mit Gatorade ein, der ihm für die Namensrechte für eine Sportdrink-Reihe satte 100 Millionen Dollar einbringt. David Beckham lässt sich seinen Wechsel nach Los Angeles derweil mit 250 Millionen Dollar bezahlen, und der Baseball-Gott Alex Rodriguez, besser bekannt als A-Rod, unterschrieb gerade für weitere zehn Jahre beim Rekordmeister New York Yankees. Der Lohn für den Pitcher: 275 Millionen Dollar.

Fast genausoviel streicht Talkmasterin Oprah Winfrey wohlgemerkt in einem einzigen Jahr ein. Die Powerfrau, die nicht nur ihrer TV-Sendung, sondern dem Medienriesen Harpo vorsteht, kommt für 2007 auf ein Einkommen von 260 Millionen Dollar und ist seit neuestem sogar noch politisch bedeutend: Winfrey ist die wichtigste Wahlhelferin von Barack Obama, der für die Demokraten in das Rennen um die Präsidentschaft ziehen will.

Weitere TV-Stars an der Spitze der Erfolgsleiter. Die Koch-Königin Rachel Ray, die im Fernsehen brutzelt und dabei eigene Produktketten bei Nabisco und Dunkin Donuts vertreibt. Und ferner Miley Cyrus, die gerade einmal 15 Jahre alt ist. Die Tochter von Countrystar Billie Ray Cyrus ist als Hannah Montana der Aufsteiger in Teenie-Amerika, hat ausverkaufte Tourneen bestritten und im letzten Jahr 3,5 Millionen Dollar eingenommen.

Das ist wiederum deutlich weniger als die Summe, die Trouble im letzten Jahr einstreichen durfte. Die betagte Malteser-Dame mit einem Gewicht von knapp vier Kilo war der Schoßhund der New Yorker Immobilien-Diva Leona Helmsley. Die stark jüngst und vermachte dem Tier die stolze Summe von 12 Millionen Dollar. Trouble wohnt nun in Florida, wo sie von einem Privat-Koch versorgt wird und mehrere Bodyguards beschäftigt – das Vieh bekommt nämlich Morddrohungen und ist damit vielleicht der tragischste Gewinner des Jahres.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 17-01-2008 20:15

Bernankes Ohrfeige für Präsident Bush

Ben Bernanke bemühte sich am Donnerstag vor dem Kongress redlich, keine Parteipolitik zu betreiben. Doch seine Kommentare zu einem möglichen Hilfspaket der US-Regierung für die strauchelnde Wirtschaft waren am Ende doch eine Ohrfeige für George W. Bush, von dessen Steuersenkungen der Fed-Chef offensichtlich nichts hält.

Die von der Bush-Regierung angestrebten dauerhaften Steuersenkungen hält Ben Bernanke nicht für eine wirksame Maßnahme, um das Wirtschaftswachstum in den USA wieder anzutreiben. Im Gegenteil: Der Chef der Notenbank sprach sich ausdrücklich für ein „schnelles, effizienties und zeitlich begrenztes“ Eingreifen in den Markt aus.

Von der zeitlichen Begrenzung dürfte man im Weißen Haus nicht viel halten. Seit Monaten kämpfen Bush und seine Republikaner darum, die vor fünf Jahren befristet beschlossenen Steuersenkungen fest und für immer im Gesetz zu verankern. Dabei waren diese Steuersenkungen von Beginn an höchst umstritten, denn sie kamen zum allergrößten Teil den Unternehmen und Spitzenverdienern zugute.

Um jetzt das schwache Wirtschaftswachstum effizient anzustacheln, müsse die Regierung weiter unten anpacken, stellte Bernanke in Washington klar. Ein wirksames Paket würde sich direkt an die Unter- und Mittelschicht wenden, die unter anderem durch stagnierende Löhne und den hohen Inflationsdruck am stärksten belastet sei. Mehrere Abgeordnete scheinen nun mehr Arbeitslosenhilfe oder die verstärkte Ausgabe von Lebensmittelmarken zu favorisieren, mit denen die Amerikaner mit den geringsten Einkommen unterstützt würden.

Die wiederholte Frage mehrerer republikanisches Abgeordneter, ob nicht Steuersenkungen für die Unternehmen stärkere Auswirkungen für die Wirtschaft hätten, beantwortete Bernanke mehrfach sehr betont mit einem klaren „Nein“. Allein wirtschaftliche Hilfe für die Unterschicht – eben über Lebensmittelmarkten – würde direkt in den Markt reinvestiert.

Steuersenkungen für Unternehmen würden sich hingegen eher langfristig und einseitig auswirken. Angesichts der Höhe eines Hilfspakets, das zwischen 100 und 150 Milliarden Dollar schwer sein könnte, sei im Falle einer ineffektiven Verteilung des Geldes der wirtschaftliche Schaden für die USA höher als der mögliche Nutzen. Der Schaden ließe sich vor allem an einer dramatisch steigenden Staatsverschuldung ablesen. Die beträgt heute bereits 9,2 Billionen Dollar, wobei die Kosten für das kaputte staatliche Gesundheitssystem noch nicht eingerechnet sind.

Abgesehen vom direkten Schaden eines langfristigen Hilfspaketes im Defizit fürchtet Bernanke auch, dass den Amerikanern durch weitere Steuersenkungen endgültig auch noch der letzte Rest von finanzieller und haushalterischer Disziplin verloren gehen würde.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 17-01-2008 20:17

Hilfeschreie an die Fed

Milliardenverluste bei den Banken, der Verbraucher schwächelt, die Arbeitslosigkeit steigt, die Industrie berichtet über rückläufige Umsätze… die Wall Street kämpft seit geraumer Zeit mit allen möglichen schlechten Nachrichten. Zur Lösung aller Probleme fällt den Experten aber immer nur eines ein: Man fordert Zinssenkungen.

Nun hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass die Notenbank der Wall Street bei ihrem nächsten Treffen Ende Januar noch einmal zu Hilfe kommen wird. Ben Bernanke hat das klar gemacht, und eine Zinssenkung um 50 Basispunkte ist fest eingepreist. Damit würde die Fed dem Markt seit September zum vierten Mal entgegenkommen – der Leitzins würde von anfangs 5,25 Prozent auf 3,75 Prozent fallen, die Diskontrate der Banken läge bei 4,75 Prozent.

Doch das ist der Wall Street nicht genug. Nachdem Dow und Co. mittlerweile um 15 Prozent unter ihre historischen Höchstmarken gerutscht sind, werden die Hilferufe nach Washington immer lauter. Am Montag forderten Anleger eine „Emergency-Sitzung“ mit einer Zinssenkung noch vor dem bisher anberaumten Termin. Am Dienstag steht plötzlich eine Zinssenkung um 75 Basispunkte im Raum. Beide Forderungen sind unverschämt und dürften sich nicht erfüllen – zum langfristigen Besten des Marktes.

Dabei geht es nicht einmal darum, dass ein derart dramatischer Eingriff der Fed in die Märkte Panik signalisieren könnte. Das würde ja höchstens Kleinanleger vergraulen und den Profis weitere Schnäppchen in die Hände spülen – kaum ein Problem für die Wall Street. Nein, vielmehr geht es darum, dass dramatische Zinssenkungen letztlich nicht mehr tun würden als die gigantische Kreditblase am Leben zu erhalten und den großen Knall noch einmal zu verschieben.

Denn hinter der Forderung nach Zinssenkungen steht nicht mehr als die Hoffnung der Experten, dass sich Verbraucher und Unternehmen wieder verstärkt Geld leihen und dann investieren würden. Diese Logik geht aber bestenfalls bei den Konzernen auf, während sich John und Jane Doe immer tiefer in ihr Schuldenloch graben würden. Es waren ja überhaupt erst die Zinssenkungen unter Alan Greenspan, die 2001 Geld historisch billig gemacht und dafür gesorgt hatten, dass die Verbraucher auf Pump einkauften was das Zeug hielt.

Abgesehen von den langfristigen Folgen für die Wirtschaft ist auch mit Blick auf den täglichen Aktienhandel nicht davon auszugehen, dass eine Mega-Zinssenkung eine Trendwende einläuten könnte. Im Gegenteil: Fällt der Leitzins um 25 oder 50 Basispunkte, würden die Indizes wohl enttäuscht abschmieren – fällt der Leitzins um 75 Punkte wäre damit nicht mehr als eine Forderung erfüllt. Für die Börse würde es wohl kurzzeitig aufwärts gehen, danach würde der Fed-Effekt aber genauso verhallen wie jeweils nach den letzten drei Zinssenkungen. Denn Anleger wissen: Die Fed allein kann die Konjunktur zur Zeit nicht retten – der US-Wirtschaft steht eine bereinigende Korrektur bevor, die bis in eine Rezession führen kann.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 23-01-2008 17:37

Verwirrung um Ben Bernanke

Für Ben Bernanke wäre es dieser Tage am besten, sich in eine dunkle Höhle zurückzuziehen und jede Kommunikation nach außen abzubrechen. Denn dem Fed-Chairman schlägt allerhand entgegen: Dank, Vorwürfe, Beschimpfungen, Forderungen, Ratschläge… einen einfachen Schluss wird der oberste Notenbanker daraus nicht ziehen können.

Nun sitzt Bernanke aber nicht in einer Höhe, sondern – meistens – in seinem Büro im Gebäude der Federal Reserve in Washington. Da laufen die Fernseher, klingeln die Telefone, liegen die Zeitungen aus, und sie sagen:

„Ben Bernanke ist der Narr unter der Dusche – mal stellt er das Wasser zu kalt, mal zu heiß.“ So höhnte ein Insider am Dienstag über den Wirtschaftssender CNBC und warf Bernanke damit vor, recht ziellos die Zinsen zu hoch geschraubt und jetzt zu dramatisch gesenk zu haben. Implizierte Forderung: eine ruhige Hand und weniger volatile Ausschläge in der Zinskurve.

„Ben Bernanke ist verwirrt.“ Das meint Art Cashin, der Parkettchef der UBS an der New Yorker Börse und ein Urgestein der Wall Street. Bernanke habe mit seiner Zinssenkung auf die Kursverluste in Asien und Europa reagiert, stellt Cashin fest. Das hat dem Markt zwar letzten Endes geholfen, geht aber an der eigentlichen Aufgabe der Notenbank vorbei, die sich ja um die Situation im eigenen Land kümmern soll. Übrigens: Cashin ist nicht der einzige, der diesen Punkt anbringt. William Poole, der Chef der regionalen Notenbank von St. Louis, hat gegen die Zinssenkung eine Woche vor der geplanten Fed-Sitzung gestimmt.

„Ben Bernanke muss die Zinsen am Dienstag weiter senken.“ Das ist die vorherrschende Meinung auf dem Parkett, wobei die Höhe weiterer Zinsschritte heftig diskutiert wird. Nachdem ursprünglich von einem Nachschlag von 25 Basispunkten die Rede war, sprechen die Fed-Futures am Mittwoch eine ganz andere Sprache: Eine überwältigende Mehrheit der Spekulanten geht davon aus, dass der Leitzins um 50 oder sogar weitere 75 Basispunkte gesenkt wird.

„Ben Bernanke darf die Zinsen am Dienstag nicht weiter senken.“ Das sagt Oscar Gonzales, der Volkswirt von John Hancock Financial. Nach der Eilentscheidung in dieser Woche würde ein weiterer Zinsschritt durch die Fed dem Markt ein falsches Zeichen geben. Bernanke & Co. sollten erst einmal abwarten, wie sich der Markt mittelfristig in Reaktion auf den jüngsten Abschlag entwickelten.

„Ben Bernanke ist der Retter der Wall Street.“ Das ist vermutlich die am seltensten gehörte Meinung an der Wall Street, doch hat der Fed-Chef auf dem Parkett auch vereinzelt Fans. Die sagen, Bernanke habe mit seiner Eilentscheidung die Spielregeln für eine Konjunktur in der Krise geändert und durch diese historische Liquiditätsspritze nicht nur billiges Geld, sondern auch Vertrauen injiziert. Den Vorwurf, Bernanke sei der langsamste Fed-Chef in der Geschichte und renne der Entwicklung der Börsen hinterher bestätigt oder entkräftet das wohlgemerkt nicht.

Für Verwirrung ist an den US-Börsen also ausreichend gesorgt. Bis Dienstag dürfte das noch schlimmer werden, denn alle Augen sind auf Bernanke gerichtet, von dem jedes Wort, jedes Handzeichen und jede Mine interpretiert werden.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 25-01-2008 20:27

Bono und Bill Gates starten Agrar-Initiative

Als der Chef der New Yorker Börse, Duncan Niederauer, und die CEOs einiger NYSE-notierter Unternehmen am Freitagmorgen im Schnee von Davos standen und mit Kuhglöckchen per Satellitenleitung den Handel eröffneten, war klar, warum das „World Economic Forum“ den Ruf eines selbstgefälligen Großkapitalisten-Clubs hat.

Doch ist das kein gerechtes Bild, denn in Davos läuft viel mehr. Sicher, für die Chefs der wichtigsten globalen Konzerne ist das Treffen Pflichtprogramm, und hinter den Kulissen werden Milliarden-Deals in allen Branchen geschlossen. Doch hat man sich in den letzten Jahren zunehmend bemüht, das Scheinwerferlicht von den Größten und Reichsten auch ein wenig abzulenken und internationale Probleme anzugehen.

Zum zweiten Mal in Folge hat sich daher etwa Bono in das Schweizer Ski-Städtchen bemüht. Der Vorreiter im internationalen Kampf gegen Armut und Krankheit hat in den letzten Jahren viele Top-Unternehmer inspiriert und ist daher in Davos unter Freunden. Gemeinsam mit besonders engen Vertrauten, dem Microsoft-Milliardär Bill Gates und Computerbauer Michael Dell, kündigte Bono jetzt ein neues Projekt an: den Kampf gegen den Hunger in der Dritten Welt.

Der wird – wie vieles andere – von der Bill und Melinda Gates Foundation finanziert, die zunächst 306 Millionen Dollar für Agrarprogramme zur Verfügung stellt. Für Gates ist es ein erster Schritt in ein neues Feld, denn seine Stiftung war bisher vor allem im Gesundheitssektor tätig. Mit den Millionen sollen nun vor allem Kleinbauern unterstützt werden, darunter größtenteils Frauen.

Denen sollen Möglichkeiten gegeben werden, ihre Farmen nicht nur effizienter, sondern auch profitabel zu führen. Der Kapitalismus habe der westlichen Welt – und besonders ihm – gute Dienste geleistet, erklärte Gates in Davos, und er sei auch das richtige System für die Entwicklungsländer. Zumal Wohltätigkeit eine Grundidee des Kapitalismus sei. In Werken vor „Wohlstand der Nationen“ habe schon Adam Smith erklärt, dass der Mensch ein Interesse – auch ein finanzielles – am Wohlstand und Wohlergehen der Anderen habe.

Gates’ Interesse am Wohlergehen der Anderen ging jüngst so weit, dass er seinen Posten bei Microsoft abgab. Der Firmengründer sitzt mittlerweile vollzeitlich bei seiner Foundation und nur noch nebenbei in der Software-Zentrale. Nach Davos wird er wohl dennoch auch in den nächsten Jahren kommen. Denn er hat erkannt, dass sich bei einem Treffen der mächtigsten Manager der Welt mehr erreichen lässt als interne Deals.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 28-01-2008 20:22

Hershey’s im Schneegestöber

Bei der Quartalskonferenz hatte Hershey-CEO David West eine unangenehme Überraschung für die Analysten. Nicht nur lagen Umsatz und Gewinn unter den Erwartungen, man musste auch ein Produkt komplett einstellen: die „Ice Breaker Packs“ – und zwar auf Druck von Polizei und Sicherheitsbehörden.

Mit denen hat Hershey sonst wenig zu tun, schließlich stellt man nicht Waffen und Handschellen her, sondern Schokolade und anderen süßen Papp wie Lakritzstreifen oder Bonbons. Oder eben Minz- und Mentholprodukte, wie die „Ice Breaker Packs“ für frischen Atem. Deren Problem: Sie sahen aus wie Drogen und mißfielen den Behörden im Kampf gegen Straßenkriminalität.

Unklar ist, was sich die Kreativen bei Hershey bei der Entwicklung der Minz-Päckchen gedacht haben. Die bestehen nämlich aus feinem, weißen Minz-Pulver, dass portionsweise in kleine durchsichtige Tütchen eingearbeitet ist, die auf der Zunge zergehen. Der Vergleich mit Kokain in kleinen Plastiktütchen ist nicht nur naheliegend, sondern drängt sich auf den ersten Blick auf.

Unter den ersten Kunden, die sich den Atem innovativ erfrischen wollten, war Linda Wagner, eine Polizistin aus Philadelphia. Deren Tochter starb vor sieben Jahren an einer Überdosis Heroin, was die Mutter offensichtlich für das Thema empfindlich gemacht hat. Wagner schrieb umgehend an Hershey und die Behörden und ging gegen den weiteren Verkauf der Eisbrecher-Päckchen vor. Etwas rüde vielleicht, zumal sie drohte, nie mehr irgendein Produkt der unsensiblen Firma zu verzehren.

Frau Wagners Drohung mag Hershey nicht in Bedrängnis bringen, man lenkte aber dennoch ein. Immerhin zeigten Drogenfahnder dem Management zwei unschöne Folgen einer möglichen Verwechslung von Atemfrisch und Droge:

Zum einen hätten Fahnder keine Möglichkeit, Koks sicherzustellen, das clevere Dealer in Hershey-Dosen umhertragen könnten. Zum anderen könnte es Tote geben, wenn beispielsweise ein „Ice-Breaker“-Kunde einmal ein Päckchen Koks fände… und äße.

Kaum vorstellbar welche Schadenersatzforderungen in einem solchen Exremfall auf Hershey zugekommen wären. Der Schoko-Riese will das auch gar nicht herausfinden und macht das einzig richtige: Die Eisbrecher kommen vom Markt.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc

Starlight 31-01-2008 19:36

Super Bowl: Millionen für TV und Werbung

Amerika ist im Super-Bowl-Fieber. Wenn sich am Sonntag im Universitäts-Stadion in Phoenix die New York Giants und die New England Patriots gegenüberstehen, sitzt das ganze Land vor dem Fernseher. Millionen kaufen extra einen neuen – größer, lauter, HiDef… und so ist das Football-Endspiel ein ernst zu nehmender Konjunkturfaktor.

Vor allem der amerikanische Einzelhandel kann das Spiel kaum erwarten. Nach einem eher schwachen Weihnachtsgeschäft hofft die Branche, jetzt doch noch ein paar Kunden in die Läden zu locken. Erste Umfragen des Branchenverbandes NRF stimmen optimistisch: Allein 3,9 Millionen Amerikaner wollen extra für das Spiel einen neuen Fernseher kaufen; das wären 50 Prozent mehr als im Vorjahr.

Angesichts der jüngsten Sorgen um den Verbraucher mag dies seltsam anmuten, aber König Football lässt seine Untertanen monetäre Engpässe eben vergessen. So kommt es, dass vor dem Super Bowl zusätzlich zu den TV-Geräten etwa 1,8 Millionen Möbelstücke verkauft werden sollen, immerhin muss der neue Schirm auf dem passenden Tisch oder Schrank präsentiert werden, wenn Freunde und Familie vorbeikommen.

Die wenigsten Amerikaner werden das Finale nämlich alleine sehen. Die meisten Fans treffen sich in Bars und Kneipen oder geben zuhause Parties. Darüber freuen sich die Lebensmittel- und Getränkehändler, die mit Bier und Chips und Popcorn Rekordumsätze erwarten.

In Feierlaune sind zudem die Sport- und Kleidungshändler. Um für den Super Bowl richtig ausgestattet zu sein, wollen die Fans durchschnittlich 60 Dollar pro Person für Trikots, Mützen und andere Artikel mit Team-Logo ausgeben. Unter’m Strich rechnen die Experten der NRF damit, dass der Super Bowl einen Gesamtumsatz von 9,5 Milliarden Dollar bringen wird.

Die Aktivitäten von Corporate America in bezug auf Werbung und ähnliche Aktionen sind da noch nicht einmal einbegriffen. Das ist ein Konjunkturfaktor für sich. Immerhin werden während des Matchs 63 Werbespots geschaltet – für jeweils 2,7 Millionen Dollar pro 30 Sekunden. Mit acht Spots ist der Budweiser-Konzern Anheuser-Busch bester Werbekunde für den Super-Bowl-Sender Fox, dicht gefolgt von PepsiCo und General Motors.

Insgesamt zehn Spots haben sich diverse Filmstudios in Hollywood gekauft, um auf neue Produktionen hinzuweisen. Doch wird nicht nur für das Kino geworben. Vielmehr sind die 30 bis 60 Sekunden langen Clips an und für sich große Kunst – mit teuren Schauspielern. In diesem Jahr sollen in den Streifen unter anderem Justin Timberlake, Madonna, Gene Simmons, Shakira und Alice Cooper auftreten, dazu jede Menge Spezialeffekte und eine gute Prise Humor. Der Softdrink-Riese Pepsi strahlt einen Stummfilm aus, der auf einem alten Gehörlosen-Witz basiert. Ob danach auch Fans mit optimalem Hörsinn zur Flasche greifen, bleibt abzuwarten.

Dass die amerikanischen Konzerne selbst in konjunkturell schwierigen Zeiten derart tief in die Tasche greifen, um einen kleinen Spot zu zeigen, liegt an der Strahlkraft des TV-Events. Während schon in den letzten Jahren regelmäßig mehr als 90 Millionen Zuschauer den Super Bowl verfolgten, sollen es in diesem Jahr laut Medienforschern mehr als 100 Millionen werden.

Offen ist, ob beim Super Bowl erstmals Politik und Sport kollidieren werden. Zwei Tage nach dem Endspiel gehen die Amerikaner in 15 Bundesstaaten für Vorwahlen zur Urne, und die Kandidaten beider Parteien könnten das größte Fernseh-Event des Jahres nutzen, so viele Wähler wie nie zuvor anzusprechen. Das Problem: Nicht jeder kann sich das leisten. Schaltkosten von 2,7 Millionen Dollar dürften die Wahlkampfkassen von Mike Huckabee und John McCain sprengen, während die demokratischen Spitzenreiter Hillary Clinton und Barack Obama über den teuersten und größten Wahlwerbespot aller Zeiten ernsthaft nachdenken dürften.

© Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 01-02-2008 20:39

Bringen die Giants eine Rallye?

Fünf Dollar kostet die blaue Strickmütze mit dem Logo der New York Giants bei den Straßenhändlern. Im Finanzdistrikt, an Verkaufstischen rund um die Börse, gehen die Mützen am schnellsten über den Tisch. Denn die Trader sind große Giants-Fan – weil sie sich von deren Sieg beim Super Bowl eine positive Reaktion der Märkte erhoffen.

Der Super-Bowl-Indikator gehört zu den unsinnigeren Spielereien an der Börse. Doch sorgt er Jahr für Jahr für Gesprächsstoff, wenn im Endspiel um die Football-Meisterschaft die Champions der beiden amerikanischen Ligen – der American Football League (AFL) und der National Football League (NFL) – aufeinandertreffen. Gewinnt das Team aus der NFL, so besagt der Indikator, geht es für die Börsen bergauf. Gewinnt die Mannschaft aus der AFL, gehen die Kurse auf Talfahrt.

Wer zwischen dem Ausgang eines Football-Spiels und dem Handel an der Börse keinen logischen Zusammenhang erkennen kann, hat einerseits recht. Und dürfte andererseits überrascht sein, dass der Super-Bowl-Indikator mit einer Trefferquote von rund 80 Prozent in den letzten vierzig Jahren zu den zuverlässigsten Indikatoren an der Wall Street gehört.

So stellt sich die Frage: Hat das wichtigste Football-Spiel des Jahres vielleicht doch Auswirlungen auf die Börse?

Einige Analysten glauben fest daran; sie halten den Super-Bowl-Indikator nämlich für eine „self-fulfilling prophecy“, also eine Prophezeihung, die sich selbst erfüllt. Da ist etwas dran. Immerhin sind die meisten Trader fanatische Football-Anhänger, die das Spiel verfolgen und den Indikator kennen. Gut möglich, dass sie nach einem Sieg des NFL-Teams am Morgen gut gelaunt Aktien kaufen – wohl wissend, dass viele andere Trader das gleiche tun und damit die Kurse nach oben treiben werden.

In diesem Jahr kommt noch dazu ein wichtiger Lokalfaktor ins Spiel: Für die NFL gehen ausgerechnet die New York Giants ins Spiel, die mit einer fantastischen Siegesstrecke in den letzten Wochen die Stadt und die Wall Street begeistert haben. Wenn sich die Giants gegen die favorisierten New England Patriots – die Sieger in drei der letzten sechs Super Bowls – durchsetzen können, dann knallen in der Finanzmetropole die Korken, und vielleicht starten die Kurse durch.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 04-02-2008 20:19

Fußball oder Football, Adidas spielt mit

Bodenständig, sportlich und sehr erfolgreich sind Eigenschaften, die Herbert Hainer beschreiben. Natürlich ist er Sportfan, aber das muss er ja auch sein, als Vorstandsvorsitzender des größten deutschen Sportartikelherstellers Adidas. Bei einem Abendessen in New York plauderte Hainer jetzt Fußball und Football, Reebok und das Wachstumspotential in den USA.

Der Abend mit einem der wichtigsten Wirtschaftsbosse Deutschlands beginnt mit einer Sport-Notiz: „Weiß jemand, wie die Pokalspiele ausgegangen sind?“ Fußball ist immer noch der Sport Nummer eins für Adidas, und als Aufsichtsratsmitglied bei Bayern München freut sich Herbert Hainer sichtlich über den Sieg der Mannschaft.

Doch Fußball ist nicht mehr die alles beherrschende Sportart für Adidas. Hainer sieht den Sport eher als gesunde Basis, denn „schwarz-weiße Fußballschuhe kann man immer verkaufen“. Aber um, wie Adidas, im zweistelligen Prozentbereich zu wachsen, muss man auch in anderen Sportarten präsent sein. Das ist durch die Akquise von Reebok vor zwei Jahren gut gelungen, allerdings nicht ohne Schwierigkeiten. Die Integration der Marke hat nicht nur für billigere Einkaufspreise gesorgt, sondern auch die Türen zum amerikanischen Markt geöffnet.

Mittlerweile ist eine der beiden Marken fast jede Woche Sponsor bei einem sportlichen Großevent in den USA. Beim Superbowl ist Reebok Ausstatter beider Teams, beim NBA-All-Star-Spiel werden die drei Streifen auf beiden Bänken zu sehen sein, und auch im Eishockey und dem am schnellsten wachsenden Sport, Lacrosse, sind Reebok und Adidas stark vertreten.

Doch zunächst hatten die schwachen Zahlen von Reebok für heftige Kritik gesorgt, und „Aufräumarbeiten“ waren nötig. Zu billig sei die Marke gewesen, und zu sehr auf die Modebranche fixiert. Außerdem habe der Markenkern gefehlt. Um dies zu ändern waren harte Einschnitte nötig, die noch bis 2009 dafür sorgen werden, dass Reebok in den USA nicht wachse. Allerdings gleiche starkes Wachstum in Europa und Asien dies aus.

Die Einschnitte spüren auch die Verbraucher. Man findet Reebok nicht mehr in jedem Supermarkt, und in der neuen Kollektion soll es keine Sportschuhe für 29 Dollar mehr geben. Doch Angst vor der Kreditkrise hat Hainer deswegen nicht. Im laufenden Jahr soll „Smooth-Fit“ eingeführt werden, ein Schuh ohne Nähte im Oberteil. Der sei superbequem, so Hainer, und ab 80 Dollar zu haben. Damit werde dann ab 2009 auch wieder Wachstum erreicht.

Zusätzlich soll Reebok ein neues Profil als Breitensportmarke erhalten. Mit dieser Ausrichtung spiele auch der Zeitgeist der Marke in die Hände, schließlich werden Themen wie Gesundheit und Fitness immer wichtiger. In den nächsten 15 bis 20 Jahren werde so ein natürliches Wachstum entstehen, allein durch Sportler, die sich über eine Marathonzeit von fünf Stunden freuen, oder einfach nur im Park eine Runde laufen wollen, um etwas für die Gesundheit zu tun.

Auch Herbert Hainer genießt es, so seine Freizeit zu verbringen. In einer kurzen Pause während seines New-York-Besuchs war der Central Park erste AnLAUFstelle. Dort kamen ihm die Läufer und Walker aus allen Richtungen entgegen. Doch zum Glück hätten die nicht alle Adidas-Schuhe angehabt: „Sonst gäbe es ja kein Wachstumspotential mehr“, lacht er.

Markus Koch- © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 07-02-2008 17:12

Hausbesitzer setzen auf Zwangsräumung

Die Immobilienkrise in Amerika hat es längst an den Tag gebracht: Nachdem die Banken mit verlockenden Niedrigzinsen Kunden ködern wollten, um denen nachher die Monatszahlungen sukzessive hochzuschrauben, sind jetzt gar nicht die Hausbesitzer die Gelackmeierten – sondern die Finanzhäuser selbst. Umso mehr, als auch die Kunden anfangen zu tricksen.

In Kalifornien hat eine Welle begonnen, mit der die Banken nicht gerechnet haben. Immer mehr Hausbesitzer, deren Immobilien im Wert gesunken sind und deren Hypotheken in den nächsten Monaten wegen flexibler Verzinsung teurer werden, schicken einfach keine Schecks mehr. Sie geraten absichtlich in Verzug und warten auf die Räumungsklage.

Sie können sich das leisten, ausgerechnet dank der miesen Tricks der Hypothekengeber. Die haben bekanntlich Millionen von Kunden mit Krediten gelockt, für die zunächst keine oder nur eine minimale Anzahlung nötig war und die dank künstlich gedrückter Zinsen in den ersten zwei oder drei Jahren auch monatlich keine nennenswerten Beträge abzahlen mussten. Vor allem für Haus-Flipper waren diese Hypotheken reizvoll; für Investoren also, die vernachlässigte Immobilien zum Schnäppchenpreis erstanden und dann zum schnellen Weiterverkauf renoviert haben. Wegen der dramatisch sinkenden Immobilien-Nachfrage ist ein Verkauf nun oft nicht möglich – es gibt keine Käufer, die Preise sind im Keller.

Schnellster Ausweg: die „Jingle Mail“. So nennt es die Branche, wenn Hausbesitzer ihre Hypothek absichtlich nicht mehr bezahlen. Denn gleichermaßen könnten sie direkt die Hausschlüssel zur Bank schicken – in deren Briefkasten dürfte es mittlerweile klingeln, oder eben „jingeln“, wie der Amerikaner sagt.

Davis, ein Investor aus Los Angeles, der seinen Nachnamen nicht nennen will, reitet auf der Säumnis-Welle. Er hat vor zwei Jahren für 1 Million Dollar zwei Häuser gekauft, dabei keinen Dollar anbezahlt und nur geringe Monatsraten abgestottert. Seine Zahlungen werden aber demnächst um mehrere hundert Dollar pro Monat angehoben werden, während der Wert für beide Investment-Immobilien bereits um mehr als 100 000 Dollar gesunken ist. David sieht keinen Reiz weiterzuzahlen – zumal er angesichts seines minimalen bisherigen Einsatzes so gut wie nichts zu verlieren hat.

Selbst die langfristigen Folgen schocken den Investor nicht: Ihm droht höchstens ein Verlust seiner Kreditwürdigkeit. Damit ist in Amerika zwar nicht zu spaßen, weil sich ohne den richtigen „credit score“ nicht einmal ein Handy-Vertrag abschließen lässt. Doch kann man mit zuverlässigen Zahlungen an andere Schuldner – etwa Stromversorger oder Kreditkartenbanken – den eigenen Wert schnell wieder steigern. Schneller jedenfalls als nach einem persönlichen Konkurs, der vielen Investoren drohen würde, wenn sie sich nicht auf „Jingle Mail“ einließen.

Kreditexperten gehen davon aus, dass ein Investor wie David seine Kreditwürdigkeit schon in zwei Jahren so hochschrauben kann, dass er als Hauskäufer wieder in Frage kommt. Nach einem Konkurs dauert das mindestens drei Jahre.

Interessanterweise lassen sich nicht nur Investoren auf die Säumnis-Taktik ein. Für die ist es zwar am einfachsten, doch deuten Statistiken der Hypotheken-Beoabchter Experian darauf hin, dass auch immer mehr Familien eine Räumungsklage provozieren. Das hängt damit zusammen, dass sie meist nicht nur Hypotheken- sondern auch andere Schulden haben – meistens auf Kreditkarten. Da sind die Zinsen höher und die Schulden müssen daher schneller getilgt werden.

Auf die Banken kommt nun ein neues Problem zu: Nicht nur fehlen die Rückzahlungen und Zinseinkünfte im Hypothekengeschäft, es entstehen auch noch hohe Kosten für die Abwicklung der Zwangsräumungen. Und dann stellt sich die Frage: Wohin mit den geräumten Immobilien? Kaufen will sie ja keiner, und der Wert verfällt von Woche zu Woche. Damit ist eines klar: Bei der Immobilienkrise in den USA ist kein Ende in Sicht.

Markus Koch © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 12-02-2008 07:04

Dow Jones im Umbruch


Neue „Blue Chips“ für die Anleger

Seit 111 Jahren ist der Dow-Jones-Index der Standard für die US-Aktienmärkte. Da stellt sich die Frage: Was ist Standard? Dem sind die Indexverwalter nun wieder einmal nachgegangen, und ab nächster Woche wird der Index umgeschichtet: Zwei traditionsreiche Konzerne müssen gehen, zwei neue dürfen sich dann „Blue Chips“ nennen.

Die Tickerkürzel MO und HON werden nächste Woche von den Dow-Tafeln verschwinden. Hinter ersterem steckte einmal Philip Morris, bevor sich das Unternehmen in Altria Group umbenannte. Die hat sich in den letzten Jahren massiv umgebaut und stößt in wenigen Wochen die Lebensmitteltochter Kraft Foods endgültig ab. Zurück bleibt ein Tabakkonzern in einem Land, das Rauchern gegenüber immer unfreundlicher wird. Altrias Wachstum dürfte in Zukunft vor allem aus Übersee kommen, für die US-Wirtschaft ist das Unternehmen damit nicht mehr repräsentativ.

Der Dow-Kollege Honeywell hingegen, ein klassischer Multi mit Aktivitäten im Automobil- und Luftfahrtsektor, ein Hersteller von Alarmanlagen, Sensoren und Steuerungsmodulen, ein Radar-Spezialist und Chemie-Riese, hat als Unternehmen eigentlich nicht an Bedeutung verloren. Allerdings finden die Dow-Experten, dass Industrie und Produzierendes Gewerbe an sich nicht mehr die Bedeutung haben wie einst – vielmehr bestimmen ja Finanz- und Rohstoffwerte den Lauf der Konjunktur und Märkte.

Entsprechend lag es nahe, die beiden größten Unternehmen in den Dow-Jones-Index zu berufen, die in dem Index bisher nicht vertreten waren: die Bank of America und Chevron.

Die Bank of America ist die zweitgrößte Bank des Landes und rückt als vierter Finanzriese in den Index. Da sind bereits Citigroup und J.P. Morgan notiert, zudem der Kreditkartenriese American Express.

Chevron hingegen stärkt mit ExxonMobil die Bedeutung der Öl-Multis, die angesichts historisch hoher Rohstoffpreise und der massiv steigenden weltweiten Nachfrage nach dem schwarzen Gold immer wichtiger werden.

Unumstritten ist die Auswahl der Dow-Neulinge indes nicht. Während manche Experten etwa Chevron dem Konkurrenten ExxonMobil zu ähnlich sehen und eher den breiter aufgestellten Konkurrenten ConocoPhilips unter den Blue Chips gesehen hätten, fragen andere, ob ausgerechnet in Zeiten einer brutalen Finanz- und Bankenkrise ein vierter Wert aus der Branche in den Standardindex muss.

Dem ist allerdings kaum zu widersprechen. Immerhin bemüht sich der Dow nicht, die beliebtesten Branchen der US-Wirtschaft zu repräsentieren, sondern die wichtigsten. Und keine Branche hat Amerika in den letzten Jahren so stark geprägt wie der Finanzsektor.

Fraglich ist hingegen, ob man zumindest Altria nicht besser durch einen anderen Konsumwert, möglicherweise einen Einzelhändler wie etwa Target, ersetzt hätte. Immerhin steht der amerikanische Verbraucher hinter zwei Dritteln des Bruttoinlandsprodukts und ist damit durchaus repräsentativ für die breite Wirtschaft und die Bewegungen an der Börse. Alternativ hätte man vielleicht einen weiteren Hightech-Wert berücksichtigen können. Doch würde der offensichtlichste Kandidat, Google, mit seinem exorbitanten Preis aus dem Rahmen anderer Dow-Werte fallen, und so bleibt es an IBM und Hewlett-Packard sowie den Nasdaq-notierten Intel und Microsoft, die Branche zu vertreten.

Unter´m Strich ist übrigens auch nach dem Aus für Honeywell die klassische Industrie der stärkste Sektor im Dow. Angeführt von General Electric, dem einzigen Unternehmen, das seit Gründung des Index 1896 als Blue Chip gilt, fallen so verschiedene Konzerne wie Boeing, General Motors oder United Technologies in die Sparte. Außer Rohstoff-, Finanz- und Konsumwerten finden sich unter den Standardaktien ferner Medien-, Pharma- und Telekom-Papiere.

Markus Koch- © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 12-02-2008 20:56

Der Messias der keiner war

Ben Bernanke hat es trotz dramatischer Zinssenkungen nicht geschafft, die Wall Street aus dem Jammertal zu heben. Auch die Politiker, von Finanzminister Paulson bis hin zu Präsident Bush geben Anlegern kaum Hoffnung – doch jetzt hat man einen Messias gefunden: Warren Buffett. Doch der will gar kein Retter sein.

„Wenn ich einmal am Himmelstor stehe, dann werde ich dieses Angebot kaum als gute Tat vorbringen können“, gibt er nach seiner Milliarden-Offerte an die Bond-Versicherer zu. Den Sorgenkindern der Wall Street, vor allem den Unternehmen Ambac, MBIA und der Blackstone-Tochter Financial Guaranty Insurance, hatte der Multi-Milliardär zuvor angeboten, bis zu 800 Milliarden Dollar an Krediten zu rückversichern und so den lädierten Finanzhäusern die Kreditwürdigkeit zu erhalten.

Die US-Börsen brachte das umgehend in Rallye-Laune. Das Argument der Bullen: Wenn die Bond-Versicherer ihre Kreditwürdigkeit behalten, dann können sie weiter Geld leihen und ihren Verpflichtungen nachkommen – ein Desaster ist abgewendet.

Was der Wall Street aber entging: Mit der Kreditwürdigkeit bleibt den Unternehmen auch das Risiko. Denn Warren Buffett – einer der ausgefuchstesten Köpfe im internationalen Finanzdschungel – lässt sich natürlich nicht auf die hochriskanten Subprime-Produkte ein, die Ambak und MBIA an den Rand des Ruins gebracht haben. Buffett will lediglich einige Kredite aus staatlicher und kommunaler Ebene rückversichern, deren Risiko gering ist. Und dafür will er auch noch eine dicke Prämie kassieren.

Wirklich überraschend ist das nicht. Immerhin ist Buffett nicht als barmherziger Samariter reich geworden, sondern als guter Geschäftsmann. Dass er den Bond-Versicherern nicht 800 Milliarden Dollar hinterherträgt und deren Probleme löst, ist eigentlich klar – vor allem den Anlegern bei eben diesen Unternehmen. Deren Aktien sind am Dienstag entsprechend auf Talfahrt, während der Rest des breiten Marktes munter klettert.

Ebenfalls im Minus notiert interessanterweise die Aktie von Berkshire Hathaway, der Buffett-Holding, über welche die Rückversicherung laufen soll. Die leidet allerdings auch nicht unter dem Risiko der Transaktion, sondern eher darunter, dass das Geschäft zwischen dem Investment-Guru und den Bond-Versicherern gar nicht zustande kommen dürfte – und damit auch kein Gewinn gemacht wird. Einer der drei angesprochenen Partner hat Buffetts Angebot bereits abgelehnt, die anderen beiden haben auf die eine Woche alte Offerte noch nicht geantwortet.

Woher die Bullen am Dienstag ihre Energie nehmen, ist also unklar. Vielleicht ist es einfach das bloße Auftauchen von Warren Buffett, das Hoffnung macht. Doch wäre damit klar, dass in der zweiten Wochenhälfte, wenn sich Buffett wieder in seinem Büro in Omaha, Nebraske verkrochen hat, eine sofortige Korrektur droht.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 13-02-2008 20:26

Sex, Drugs... und riskante Trades

Schon früh im neuen Jahr steht ein Mann fest, der im Dezember in keinem Jahresrückblick fehlen wird: der französische Banker Jerome Kerviel, der mit seinen Milliarden-Zockereien die Sociéte General in eine Krise gestürzt hat. Während dessen Machenschaften an der Wall Street mittlerweile abgehakt sind, stürzen sich jetzt Psychologen auf den Fall.

Den jungen Mann als Ausnahmeerscheinung abzutun, warnen amerikanische Wissenschaftler den Rest der Finanzbranche, könnte ein fataler Fehler sein. Vielmehr seien bei Banken und Brokerhäusern die Überwachungsstrukturen zu verbessern, um einen zweiten Fall „SocGen“ zu verhindern. Denn: In jedem Händler stecke ein kleiner Kerviel.

Viele Trader auf dem New Yorker Parkett können das nachvollziehen. Selbst dass die französischen Ermittlungsbehörden den jungen Mann mit einem Drogenabhängigen verglichen haben, dessen Trades ihm stets einen neuen Kick verschafft haben, ist ihnen völlig klar. Den meisten ergeht es nämlich ähnlich.

Das meint zumindest Brian Knutson, seines Zeichens Professor für Neurologie und Psychologie an der renommierten Universität von Stanford. Knutson ist anerkannter Vorreiter auf dem Gebiet der „Neurofinanz“, die sich mit dem Zusammenspiel von Wirtschaft, Finanz und dem Gehirn befasst.

Knutson hat bei zahlreichen Untersuchungen festgestellt: Die Gier nach Geld ist dem Menschen ins Gehirn gemeißelt. Folglich reagiert das Gehirn auf Glückspiel, Wetten und eben den Einsatz an der Börse – in Einzelfällen mit einer Intensität, die Wissenschaftler sonst nur bei der Lust auf Sex gemessen haben.

Jason Zweig, der zu dem Thema ein 350 Seiten starkes Buch verfasst hat, bestätigt den Kick durch Trading nach eigenen Untersuchungen. Gehirnscans von Drogenabhängigen beim Schuss und entsprechende Bilder von Bankern beim Handeln seien nicht voneinander zu unterscheiden gewesen, so Zweig. Folgerung: Das Geschäft mit der Börse ist eine Sucht. Je länger und tiefer ein Händler drin ist, desto schwerer fällt der Ausstieg.

Das wiederum hat böse Folgen, wie nicht zuletzt der Fall Kerviel beweist. Der junge Franzose soll vor allem süchtig geworden sein, weil sein Spiel am Anfang so gut lief. Immerhin hatte der Banker mit seinen hochriskanten Geschäften zeitweise einen Gewinn von 2 Milliarden Dollar angehäuft. Dann wiederum verpasste er den Ausstieg, als es in die roten Zahlen ging. Gegen jeden wirtschaftlichen Verstand und gegen die goldene Börsenregel „Cut your losses“, zockte Kerviel weiter – bis seine Machenschaften aufflogen und ein Verlust von 7 Milliarden Dollar zu Buche stand.

Dieses Verhalten sieht der Bostoner Psychologie-Professor Andrew Lo wiederum evolutionär bedingt. „Wer vom Aussterben bedroht ist“, so Lo, verhalte sich nicht immer gemäß logischer Regeln, sondern ganz „als hätte er nichts mehr zu verlieren.“

Einige amerikanische Investmenthäuser schützen sich und ihre Mitarbeiter bereits gegen die Suchtgefahren des alltäglichen Geschäfts. Wall-Street-Legende Steven Cohen, dessen Firma SAC Capital Advisors 15 Milliarden Dollar verwaltet, hat einen Psychiater auf Abruf, der sich den Sorgen und Nöten der Trader annehmen kann. Und Julian Robertson, dessen Tiger Management Anlagen von 22 Milliarden Dollar betreut, lässt die eigenen Strategien regelmäßig von einem Psychoanalytiker untersuchen.

Die meisten Händler auf dem New Yorker Parkett sind hingegen ihre eigenen Therapeuten. Ein großer Teil zieht nach guten und schlechten Tagen ein paar Blocks weiter in die Kneipe – da gibt´s helfende Gespräche und ein Bier.

Markus Koch - © Wall Street Correspondents Inc.

Starlight 15-02-2008 20:59

Steuerhinterziehung kostet Washington Milliarden
Freitag, 15. Februar 2008

Je höher die Gehälter, desto größer die Gier – das gilt in Deutschland und in den USA gleichermaßen. So beobachtet die Wall Street den Fall Zumwinkel mit einigem Interesse und erinnert sich an zahlreiche Fälle, bei denen amerikanische CEOs Millionen am Fiskus vorbeigeschleust haben – die meisten sitzen für Jahre im Knast.

Zwei besonders große Fälle haben die Wall Street erst in den letzten Monaten beschäftigt: Erst im Dezember wurde der frühere kanadische Zeitungsbaron und jetzt amerikanische Staatsbürger Conrad Black wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu sechs Jahren Haft verurteilt. Der Telekom-Unternehmer Walter Anderson sitzt für neun Jahre ein. Er soll Einnahmen von rund 500 Millionen Dollar nicht gemeldet und versteuert haben.

Mit Wal-Mart war vor zwei Jahren das weltgrößte Unternehmen selbst Nebendarsteller in einem Steuerskandal. Allerdings ging es nicht um den Einzelhändler selbst, sondern um dessen Vize-Chairman Tom Coughlin, der sich neben Hinterziehung auch noch der Bestechung und des Betrugs mit Geschenkgutscheinen schuldig gemacht hatte. Coughlin wurde ursprünglich zu 28 Jahren Haft verurteilt, ist wegen schlechter Gesundheit allerdings zur Zeit auf Bewährung entlassen.

Damit dürfte John Rigas zur Zeit der am längsten inhaftierte US-Steuersünder sein. Der Gründer und Chef des Telekomkonzerns Adelphia stand vor drei Jahren im Mittelpunkt eines spektakulären Skandals, in dem es nicht nur um Steuerhinterziehung, sondern auch um Veruntreuung und Bilanzbetrug ging. Rigas verbüßt zur Zeit eine Haftstrafe von 15 Jahren, seine Söhne und Co-Manager sitzen ebenfalls für mehrere Jahre ein.

Doch sind es nicht nur die Bosse aus Industrie und Wirtschaft, die Steuerhinterziehung zu einem teuren Problem für die US-Regierung machen. Auch im politischen Umfeld gibt es manchen, der sein Geld gerne am Fiskus vorbeiführt. Der republikanische Abgeordnete Duke Cunningham aus Kalifornien machte mit seinem Bestechungs- und Steuerskandal vor zwei Jahren Schlagzeilen; er sitzt zur Zeit für mehr als acht Jahre im Gefängnis.

Eine Haftstrafe von sechs Jahren verbüßt Jack Abramoff, einer der wichtigsten republikanischen Lobbyisten der letzten Jahre. Abramoff vertrat unter anderem die Casino-Interessen einiger Indianerstämme, unterhielt Geschäftsbeziehungen nach Russland, Malaysia und Sudan, verschaffte dem Industrieriesen Tyco Gehör bei Politikern und gehörte bis zum Bekanntwerden des Skandals zum Umfeld von George W. Bush.

Ob Politiker oder Manager, die amerikanischen Steuersünder reihen sich in einer prominenten Verbrechergruppe ein, deren größte Namen legendär sind: Schon die Mobster-Legenden Al Capone, Meyer Lansky und John Gotti hatten keine Lust, den Staat an ihren Einnahmen zu beteiligen.

Die Kosten der Steuerhinterziehung in den USA sind enorm. Satte 14 Prozent der gesamten Steuereinnahmen entgehen dem Staat jährlich; im abgelaufenen Jahr beziffert die amerikanische Steuerbehörde IRS den Schaden auf 345 Milliarden Dollar.
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Starlight 19-02-2008 22:16

US-Konzerne warten auf Wende in Kuba
Dienstag, 19. Februar 2008

Fünf Jahrzehnte lang war Fidel Castro den USA ein Dorn im Auge. Er stritt mit neun Präsidenten, war unter fünf Generalsekretären ein treuer Alliierter der kommunistischen Sowjetunion und überstand in den Sechzigerjahren die Kubakrise, die fast einen Nuklearkrieg ausgelöst hätte. Jetzt ist Castro zurückgetreten – die USA atmet auf.

Auch an der Wall Street wird Castros Rücktritt gefeiert. Schließlich waren an dessen Herrschaft in Kuba seit den Sechzigerjahren strenge Sanktionen geknüpft, darunter ein radikales Handelsverbot mit dem Agrarstaat in der Karibik. Was die Börsen bislang aber nicht berücksichtigt haben: Auch nach Castros Abgang denkt Washington nicht an eine baldige Aufhebung des Embargos. Das wäre auch verfrüht – immerhin ist Kuba nach Castro nicht etwa auf dem Weg zu einer freien Demokratie, sondern wird von Castros Bruder Raul gelenkt.

Und darin liegt das Problem: Washington rechnet nicht mit großen Veränderungen in Havanna, und die Analysten sehen das ähnlich: Um wirlick einen Regimewechsel auszulösen, bräuchte es schon einen klareren Schnitt, meint Andrew Busch von BMO Capital Markets, der etwa an ein Attentat auf die kubanische Führung denkt.

Solange drastische Schritte nicht feststellbar sind, will der stellvertretende US-Außenminister John Negroponte unterdessen am Embargo festhalten. Das ist schlecht für viele Unternehmen, die seit langem darauf warten, Geschäfte mit Kuba zu tätigen. Immerhin hat die Insel 11 Millionen Einwohner. Wäre sie ein US-Bundesstaat, wäre sie der siebtgrößte und damit ein nicht zu unterschätzender Markt.

Zumal in Kuba mehr als etwa in US-Bundesstaaten hoher Konsumbedarf herrscht. Autos, Kühlschränke, Möbel, Kleidung sind extrem veraltet, Computer und Hightechgeräte so gut wie nicht präsent. Auf der Insel ließe sich also manches verkaufen – von der minimalen Kaufkraft der Einwohner einmal abgesehen.

Dass sich langfristig eine politische Trendwende abzeichnet und die USA wieder in Kontakt mit Kuba treten, halten Insider aber für wahrscheinlich. Spätestens wenn beide Castro-Brüder dem aktuellen Wirtschaftsminister Carlos Lage mehr Macht einräumen, könnten sich die Wogen glätten. Lage, ein 56-jähriger Karrierepolitker ohne militärischen Hintergrund, könnte laut Einschätzung des Wall Street Journals einmal an der Spitze des Inselstaates stehen. Unter ihm könnte das politische System kommunistisch bleiben, die Wirtschaft aber gegenüber dem Westen angepasst und geöffnet werden.

Unter den amerikanischen Konzernen, die von wirtschaftlichen Beziehungen zu Kuba profitieren könnten, wären zunächst die Unternehmen der Lebensmittel-Branche. Die liefern mit Sondergenehmigungen bereits seit sieben Jahren Hühnerfleisch, Mais und andere Grundnahrungsmittel, könnten ihr Sortiment aber gewaltig erweitern. Ansonsten dürften Öl-Unternehmen profitieren, die vor der Küste Kubas bohren wollen. Und ferner wäre Kuba für amerikanische Touristen ein nahezu unbekanntes Ziel, was Fluggesellschaft, Hotels und anderen Unternehmen der Branche zuarbeiten könnte.
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