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Alt 31-03-2004, 09:45   #1
OMI
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Zinsen - langfristige Wende?

[ Dienstag, 30.03.2004, 14:34 ]
Die Zinsspekulanten
++ Perfektes Timing ++

Von Claus Vogt

Erinnern Sie sich an das Jahr 1980? Gold kostete 850 US-Dollar pro Feinunze. Die Inflationsraten waren ebenso im zweistelligen Bereich wie die Zinsen. Und die schon lange totgesagten Aktien waren fundamental unterbewertet. Im nachhinein wissen wir, daß es damals richtig, um nicht zu sagen genial gewesen wäre, Gold zu verkaufen, Aktien zu erwerben und sich zu alledem noch variabel zu verschulden, um von den in Zukunft fallenden Zinsen zu profitieren. Damals dachten weder die Politiker jener Tage noch ihre Notenbankbürokraten im Traum daran, den ihnen anvertrauten Goldschatz in ungedecktes Papiergeld, Schuldverschreibungen des Staates oder gar Aktien zu tauschen. Sie wußten um die monetäre Rolle des Edelmetalles und waren vielleicht zu gebildet, um das Gold für einen dubiosen Bildungsfonds zu opfern. Die Politiker finanzierten die auch damals bereits von ihnen großzügig angehäuften Staatsschulden aufgrund ihres langfristigen Charakters nicht kurzfristig oder variabel, sondern langfristig. Fast niemand wäre auf die Idee gekommen, die Ausgaben des Staates oder den Bau eines Hauses kurzfristig oder variabel verzinslich zu finanzieren. Dergleichen galt damals als riskante Zinsspekulation, die keine Basis für eine verläßliche langfristige Kalkulation liefern kann.

Jetzt, fast ein Vierteljahrhundert später, sieht die Welt ganz anders aus. Gold notiert bei 400 Dollar, die offiziell ausgewiesenen Inflationsraten sind ebenso niedrig wie die Zinsen, und die allseits geliebten Aktien sind fundamental überbewertet wie selten zuvor.

Bereits seit mehreren Jahren setzen sich führende Notenbanker europäischer Länder dafür ein, das Gold ihres Volkes doch endlich zu verkaufen. Die Bank von England kann bereits stolz verkünden, einen Großteil des über Jahrhunderte angehäuften Goldschatzes in der Nähe der Tiefstkurse der vergangenen 25 Jahre verschleudert zu haben. Neidisch schielen deutsche Notenbanker und Politiker zu ihren glücklichen Kollegen in Großbritannien. Fast fürchten wir, daß die trägen Deutschen die wundervolle Chance, am Tiefpunkt zu verkaufen, ungenutzt haben verstreichen lassen. Es kann eben nicht jeder die Gunst der Stunde nutzen und zu Tiefstkursen auf der Verkäuferseite stehen.

Die in bundespolitischen Dingen stets vorzüglich informierte Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ berichtete Anfang März über einen vertraulichen Sparplan des Bundesfinanzministers. Der riesige Schuldenberg des Bundes, dessen Zinslast sich derzeit laut Spiegel auf 38 Milliarden Euro per annum beläuft, soll neustrukturiert, das heißt, die Laufzeiten sollen verkürzt werden. Dank dem derzeit sehr niedrigen Zinsniveau würde diese Maßnahme kurzfristig zu einer deutlichen Verringerung der Zinsausgaben führen. Mittel- bis langfristig entstehen auf diese Weise natürlich erhebliche Risiken, denn steigende Zinsen würden diesen positiven Effekt sehr schnell umkehren. Im Unterschied zu uns normalsterblichen Zinsspekulanten kann der Zinsspekulationsminister aber gelassen bleiben. Erstens riskiert er natürlich nicht sein eigenes Vermögen, und fremder Leute Geld gibt sich bekanntlich sehr viel einfacher aus als das eigene. Zweitens ist die Wahrscheinlichkeit außerordentlich hoch, daß der Minister zu dem Zeitpunkt, an dem die Spekulation nach hinten losgehen wird, nur noch ein mit üppigen Pensionen versorgter Minister a.D. ist.

Quelle: instock
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