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Alt 23-07-2004, 22:10   #17
crazy_coco
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Ein Seiltanz über unsicherem Boden

Der Freitagshandel ist ein Seiltanz. Der Dow bewegt sich Schritt für Schritt entlang der 10 000-Punkte-Linie, mal tritt er nach rechts und mal nach links – zur Mittagsstunde hat sich der Leitindex der amerikanischen Börsen immer wieder gefangen. Von der Dow-Notierung zum Wochenschluss könnte Signalwirkung für die kommende Woche ausgehen.

Sollte der Dow vierstellig aus der Woche gehen, dann dürften auch die Ergebnisse der nächsten Woche nicht mehr viel Schwung auf das Parkett bringen. Im Gegenteil: So undurchsichtig manche Quartalszahlen zuletzt waren, so unklar ist, wie Aktien von ihnen profitieren könnten. Denn wo Anleger dieser Tage die Fakten nicht kennen, neiden sie eher zu Pessimismus als zu Optimismus.

Dieser Trend lässt sich im Freitagshandel an der Aktie von Microsoft erkennen. Die Umsatz- und Gewinndaten für die zurückligenden drei Monate sind gut, und ein bereits am Mittwoch angekündigtes Milliardengeschenk an die Anleger dürfte die Aktie sowieso in den Himmel treiben. Allein, die Prognose für die nächsten drei Monate kommt völlig vernebelt daher: Das Management der Software-Schmiede rechnet allerlei Sonderkosten ein und kommt auf einen unerwartet schwachen Quartalsausblick.

Vielleicht steckt eine eigennützige Strategie hinter dem Phänomen: Immerhin hat Microsoft einen Aktienrückkauf über 30 Milliarden Dollar angekündigt. Dem Unternehmen kommt es – wie jedem normalen Anleger – gelegen, wenn die Aktie am Kauftag niedrig notiert und danach erst steigt. Durch einen vernebelten Ausblick sorgt das Management für zunächst niedrige Kurse und Zweifel an der Unternehmens-Performance. Nach Ablauf des Quartals werden die jetzt einbezogenen Sonderkosten, darunter bizarre Posten wie geringere Zinserträge, aus der Bilanz gerechnet mit einer logischen Folge: Das operative Ergebnis schlägt die bis dahin an der Wall Street gesenkten Prognosen.

Dass dieses Taktieren zur Vertrauensbildung beiträgt, darf bezweifelt werden. Wie auch immer, bislang geht das Konzept auf: Trotz der entlarvenden Kommentare von Seiten der UBS notiert die Software-Aktie im Minus.

Eine schwache Woche haben indes auch alle anderen Branchen, und das macht Beobachtern Sorge: Neben den zuletzt schwächeren Zyklikern sind in den vergangenen Tagen auch die Konusmwerte eingebrochen. Defensive Aktien wie Gilette und Procter & Gamble, Anheuser-Busch oder Colgate stehen tief im roten Bereich, und das lässt wiederum Rückschlüsse zu auf das weitere Verhalten des Verbrauchers in der zweiten Jahreshälfte.

Offensichtlich rechnen Unternehmen und Volkswirte gleichermaßen damit, dass die Konsumausgaben weiter rückläufig sind. Doch so sehr ausgerechnet der Verbraucher zuletzt die wichtigste Stütze der konjunkturellen Erholung – zum Beispiel zwischen Mai 2003 und Mai 2004 – war, so sehr könnte mit seinem Rückzug ein dramatischer Einbruch an den Börsen einhergehen.

© Wall Street Correspondents Inc.
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