Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 13-04-2002, 13:17   #4
PC-Oldie-Udo
TBB Family
 
Benutzerbild von PC-Oldie-Udo
 
Registriert seit: Sep 2000
Beiträge: 18.001
ANALYSE: 2002 wird kein Spaziergang für die US-Wirtschaft




Eine Erholung hat begonnen - Das Ausmaß ist weiter unklar

Obwohl viele Ökonomen den jüngsten wirtschaftlichen Abschwung in den Vereinigten Staaten nicht als wirkliche Rezession qualifizieren, war das vergangene Jahr für die Unternehmen ein einziges Desaster. Nach neun Jahren ständigen Wachstums ist der operative Gewinn der im S&P 500 notierten Firmen 2001 im Schnitt um 31 Prozent eingebrochen. Nun aber mehren sich die Stimmen von Analystenseite, die eine freundlichere Zukunft erwarten. Vor allem das überraschend robuste Produktivitätswachstum sollte nach deren Ansicht stärker als erwartet steigenden Unternehmensgewinnen führen. Das stabile Produktivitätswachstum senkt die Kosten für jede produzierte Einheit – und hebt damit die Gewinnmargen an.

Das bestätigen auch die jüngsten von der US-Regierung veröffentlichten Zahlen. Im vierten Quartal schoss die Produktivität der amerikanischen Unternehmen um 5,4 Prozent nach oben, während die Produktionskosten um 2,7 Prozent fielen. Und obwohl sich die Preise insgesamt kaum verändert haben, sorgten so höher Margen und eine gestiegen Nachfrage für einen Anstieg der Gewinne gegenüber dem dritten Quartal von 17,9 Prozent. Das liegt immer noch knapp 3 Prozent unter dem Resultat des Vorjahresquartals, deutet aber doch einen Umschwung bei den Gewinnen an.
Diese Entwicklung setzte sich zunächst auch im ersten Quartal fort. Der Arbeitsmarktbericht für März deutet darauf hin, dass die Produktivität auch in den vergangenen drei Monaten wieder deutlich gestiegen ist und die Produktionskosten pro Einheit fielen das zweite Quartal in Folge, was so seit fast zwei Jahrzehnten nicht geschehen ist. Das heißt, eine eventuelle Erholung würde sich direkt in den Ergebnissen der Unternehmen auswirken. Und die Wall Street scheint diese Annahmen zu unterstützen. Wie der Marktforscher First Call berichtet, gehen die amerikanischen Analysten für das zweite Quartal im Schnitt von einem Anstieg der Unternehmensgewinne von 9 Prozent aus und erwarten für den Rest des Jahres zweistellige Wachstumsraten.

Skepsis ist angebracht

Das scheinen hervorragende Aussichten zu sein. Doch viele Unternehmer glauben nicht an dieses rosige Szenario, da für sie noch keine Erholung in Sicht ist. Das trifft insbesondere auf den Segmente Telekom, Technologie und die Ausrüster der Schwerindustrie zu. Dort sind die Preise immer noch schwach und die Nachfrage noch schwächer. Hinzu kommen die hohen Energiekosten und die Unsicherheit, die aus dem Enron / Andersen-Skandal resultiert. Und die jüngsten Ereignisse scheinen die Zweifler zu bestätigen. Erst vor kurzem hat IBM die Anleger mit einer Ergebniswarnung geschockt . Und in den vergangenen Tagen haben sich mehrere große Namen wie beispielsweise Nortel Networks oder Bristol-Myers angeschlossen.

Doch nicht nur die üblichen Verdächtigen haben Problem, ein anständiges Wachstum zu erreichen. Aus allen Bereichen der US-Wirtschaft klagen Unternehmen, dass es kaum möglich ist, die Preise stabil zu halten, geschweige denn, sie anzuheben. Und es sind auch längst nicht aller Ökonomen und Investment-Strategen mit der These einverstanden, dass der Gewinnaufschwung so bald kommen wird. Zu den Skeptikern gehört auch Standard & Poor’s, die sich erst noch überzeugen lassen wollen, das die Zukunft wirklich rosig ist.

Die Frage ist, welche Sektoren werden die größten Schwierigkeiten haben, ihre Gewinne zu steigern? Ganz oben auf der Liste dürften die Automobilwerte stehen. Es stimmt, dass die Verkaufszahlen unerwartet hoch sind, doch verlieren die großen Drei kontinuierlich an Marktanteilen und die weiter steigenden Kaufanreize drücken auf die Preise . Mit Hilfe großangelegter Restrukturierungsmaßnahmen wollen Ford und Chrysler dieses Jahr ein ausgeglichenes Ergebnis vorlegen – nach riesigen Verlusten im Jahr 2001. Eine Ausnahme stellt General Motors dar. Der Konzern, der bereits im großen Stil seine Kosten gesenkt hat, hat erst vor kurzem die Gewinnprognosen für 2002 angehoben.

Noch mehr Zweifel dürfte es um die Aussichten für den Techsektor geben. In der ersten Gewinnwarnung seit elf Jahren erklärt IBM, dass man erwartet, dass die Umsätze im ersten Quartal um 12 Prozent gefallen sind. Was dazu führen soll, dass der Gewinn 22 Prozent unter den Erwartungen der Analysten liegen wird. Das sieht auch IBM-Konkurrent Dell als Anzeichen dafür, dass die Investition in Informations-Technologie nicht so schnell wieder steigen werden. Dell erwartet im ersten Quartal einen Umsatzrückgang von 1,6 Prozent und einen um 8 Prozent niedrigeren Gewinn. Eine Erholung könne noch bis zu sechs Monate dauern, heißt es gleichzeitig.

Und auch die Telekom-Carrier sitzen noch immer auf riesigen Überkapazitäten. Nach Angaben von Merrill Lynch werden die Netze im Schnitt nur zu 6,6 Prozent ausgenutzt, weshalb die Analysten auch keine signifikante Erholung vor Ende 2003 oder sogar bis 2004 erwarten.

Die Diskussionen über das Ausmaß der Wirtschaftserholung dürften noch eine ganze Weile andauern, doch zwei Dinge sind klar. Erstens: Eine wie auch immer geartete Erholung der Gewinne amerikanischer Unternehmen hat begonnen. Und zweitens: Selbst die größten Optimisten geben zu, dass die Ergebnisse in diesem Jahr weit unter dem Hoch Ende 2000 liegen werden. Um sich von dem damaligen Absturz zu erholen, ist wohl doch mindestens ein Jahr nötig.



Quelle: http://www.wallstreet-online.de
__________________
Es grüßt euch
Udo

Sei immer ehrlich zu deinem Nächsten, auch wenn er es nicht gerne hört

PC-Oldie-Udo ist offline   Mit Zitat antworten