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Alt 02-12-2004, 18:00   #7
Starlight
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Dem Ölboom sei Dank

Von John Myers

Amerika ist schon extrem abhängig vom Öl, und der Rest der Welt entwickelt Jahr für Jahr einen steigenden Appetit für Öl. China verbraucht Rekordvolumina an Öl, den größten Teil davon aus dem Mittleren Osten. Die chinesischen Ölkäufer haben die Welt nach neuen Ölquellen abgesucht, und China kauft jetzt auch von nicht-traditionellen Anbietern wie Kanada und Australien.

Chinesische Ölunternehmen – die von Büros in Handelszentren wie London, New York, Hongkong, Singapur und Peking aus arbeiten – nutzen zahlreiche Mechanismen, um ihren Ölbedarf an den internationalen Märkten zu sichern. Sie nutzen Käufe am Kassamarkt, am Terminmarkt, und auch Bartergeschäfte.

Gleichzeitig sind die chinesischen Ölunternehmen fleißig dabei, in existierende und neue Ölfelder zu investieren, um auch in der Zukunft Öl zu haben.

"Wir müssen der schnell wachsenden Wirtschaft Power geben", so ein Sprecher von China National United Oil Co., der zweitgrößten chinesischen Öl importierenden Gesellschaft (der Trading-Arm von PetroChina).

Chinas Ölnachfrage steigt seit dem Jahr 2000. Aber sie hat immer noch erst einen Bruchteil der Größe erreicht, die sie schließlich erreichen wird.

Und die chinesischen Erdölreserven reichen nur für sieben Tage, verglichen mit 60 Tagen in den USA. Es gibt eine wachsende Lücke zwischen der chinesischen Erdölproduktion und der chinesischen Nachfrage. Peking wird immer stärker von Importen aus dem Mittleren Osten abhängig werden, um diese Lücke schließen zu können.

Dr. Marc Faber meint dazu: "Asien wird die Geopolitik rund um die Öl produzierenden Länder der Region revolutionieren."

Wieder einmal kommt der Mittlere Osten in den Fokus. Und das Bild dieser Region ist einfach hässlich. Irak ist ein Chaos. Niemand weiß, auf wessen Seite Saudi Arabien steht, aber eins ist sicher – es steht nicht auf der Seite von Washington.

In einer kanadischen Fernsehsendung ("The Passionate Eye") bemerkte der amerikanische Historiker Joseph Trento: "Wir haben das falsche Land angegriffen. Wenn wir den Terror hätten stoppen wollen, dann hätten wir Saudi Arabien angreifen sollen."

Saudi Arabien und seine 8.000 Prinzen haben die Seiten gegeneinander ausgespielt. Die saudische Regierung hat in Washington eine sehr große Lobby, und sie gibt jedes Jahr Dutzende Millionen Dollar aus, um die US-Bundesregierung zu beeinflussen. Sie ging sogar so weit, ein Ölunternehmen von George W. Bush zu retten, bevor er Präsident war. Zur gleichen Zeit haben die Saudis an al-Qaeda Hunderte von Milliarden von Dollar an "Schutzgeld" gezahlt.

Aber lassen wir die Politik beiseite und sehen wir uns nur die wirtschaftliche Seite an. Selbst wenn die königliche saudische Familie aus lauter netten Leuten bestehen würde, die Frieden und Demokratie für den Mittleren Osten wollen, dann bleibt noch die Frage: Hat das Königreich die Mengen an Öl, die notwendig sind, um die steigende Nachfrage der Welt befriedigen zu können? Die Antwort: Wahrscheinlich nicht.

Die saudischen Ölreserven von über 250 Milliarden Barrel sind ein Viertel der gesamten Weltölreserven. Das größte Ölfeld ist das in Ghawar. Es wurde 1948 in der Nähe des persischen Golfes entdeckt. Es ist für die Hälfte der täglichen saudischen Produktion von 9,8 Millionen Barrel verantwortlich.

Aber ein kanadischer Ölexperte sagte zu mir: "Die Saudis haben in Ghawar das getan, was im Osten von Texas ebenso gemacht wurde: Sie haben zu hart und zu schnell nach Öl gebohrt."

Das ist ein Besorgnis erregender Gedanke, wenn man bedenkt, dass heute einige Pumpen im Osten von Texas nur noch 5 Barrel pro Tag fördern.

Der Ölpreis ist also aus einem fundamentalen Grund auf 55 Dollar je Barrel gestiegen – denn Öl wird eine seltene Ressource. Dieser fundamentale Fakt kann noch eine Zeit lang ignoriert werden. Aber da in Asien die Nachfrage steigt, muss man sich nicht fragen, ob der Ölpreis auf 100 Dollar je Barrel steigen wird. Die Frage ist nicht ob, sondern wann.


John Myers schreibt als US-Korrespondent für den kostenlosen Newsletter "Investor's Daily".

Quelle: Instock.de
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